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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 01.11.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-11-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-191311011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19131101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19131101
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-11
- Tag 1913-11-01
-
Monat
1913-11
-
Jahr
1913
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 01.11.1913
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deschloffen. Der Etammanteil des Staates an brr Vst- preußischen Landgesellschast wurde zu di^e» Auwcke um 500000 viark erhöh». Di« Dividende, hi« darauf entfällt, soll für ländlich, Wohlfahrtspflege aufgewandt werde«. Di» Stichwahl«« in Vaden ergeh«« sllr die Zasammeusetzung de« neuen Parlamente» «in überaus un klare« vild. Zwar hat der GroßbloL nominell wieder di« Vormacht. Es wurden nämlich 80 Zentrumlkandidaten, ü konservativ« und 1 Wildliberaler aus der«»»««, IS Raltoaal- iiberale, 5 Fortschrittler und 13 Sozialdemokraten aus der anderen Seite gewählt. Es sind also von den 73 Sitzen de» Landtage« 87 in den Händen de« Srotzblock«, da« Mandat der Wildliberalen ist al» vollkommen unsicher an» zusehen. E« kommt jedoch Hinz«, daß mehrer« National liberal«, davon allein zwei in den Stichwahlen mit Hllf« der rechtsstehenden Parteien gewählt wurde« und ihr« Haltung im Parlament aller Wahrscheinlichkeit nach nicht ganz unbeeinflußt von der Art ihr« Wahl sich gestalten wird. Vom Flug Pari« — Kairo. Der französisch« Flieger Deaueourt, der gestern vormittag um V.1V Uhr mit seinem Passagier Roux in München aufg«sti«geu »ar, ist. heut« mittag um 12.45 Uhr aus dem Flugfeld« Aspern' glatt gelandet. Die Schlußsitzung der Fleischenquete- kom Mission. Di« »Nordd. Allg. Ltg.* meldet: Di« Fleischenquetekommisflon hat in ihrer gestrigen Schluß, fitzung aus Antrag ihre« Vorsitzenden, de« Staatssekretärs Delbrück, beschlossen, ihr ganze« Material der vessentlichkeit zu übergeben. Der Auszug de« Herzog-Negenten au« Braunschweig. Der Auszug de« Herzog-Negenten und der Frau Herzogin «rsolgt« gestern nachmittag bei präch tigem Herbstwettrr. All« öffentlichen und viel« Prtvatge- bäude Braunschweig« halten zum Abschied«gruße reich ge flaggt. vom Schloss« bi« zum Hagenmarkt bildeten Militär, ferner dt« Bürgerschulen, Innungen, vereiu« «tr. Spalter. Der Salawagen de« Regentenpaare« wurde von einem prächtig aufgeschirrten Sechegespann gefahren, eSkorttirt von einer halben Etkadron Husaren. In wetteren wagen folg ten da« Befolge und der Hofstaat. Auf dem ganzen Weg« wurden die hohen Herrschaften von dem überall« zahlreichen Publikum stürmisch begrüß». Am Bahnhof« erwies «in» Kompagnie des 02. Jnf.-Rgts. mit Fahne und Musik die militärischen Ehren. Der Herzog Regent schritt die Front ab und nahm sodann den Vorbeimarsch der Ehrenkompagnie entgegen. Nach herzlicher Verabschiedung erfolgt« um 4 Uhr 42 Min. die Abfahrt nach Willigrad. Stimmung der Berliner Börse vom 31. Oktober 1913. Di« Börse setzte nach Erledigung de« UltimotermineS ruhiger «in, schwächte sich jedoch später etwa« ab, doch trat ln der zweiten Börsenstunde wieder «in« Befestigung ein. Da« Interest« wendete sich vor allen Dingen Hansa-Nktien zu. Der Kaflamarkt hielt sich bester, doch traten größere KurSoeränderungen nicht «in. Der Montanaktien-Markt entwickelt« sich nicht einheitlich, neben geringeren Kursverlusten konnten zahlreiche Papiere ihren Kurl um »/, bi« 1»/^ erhöhen. Matt lagen die Bank aktien. Der Markt der Eisenbahnaktien zeigte sich schwan kend. Hansaaktien gaben etwa 2°/, nach, Lloyd erholten sich. Bon deutschen Anleihen notierten Z prozentige KonsolS V,1O°/, niedriger. Der PrivatdtSkont hielt sich auf 4'/,°/,. Italien. Die erste Abänderung, die das neue italienisch« Wahl gesetz erfahren wird, dürste voraussichtlich di« Einführung de» obligatorischen Votum« für alle wahlberechtigten sein. Bei den jetzigen Wahlen ist ein großer Teil der sozialisti schen Erfolge auf die Wohlenthaltungen von bürgerlicher Sette zurilckzuführe», und die» will man in der Zukunft, durch Einführung de» Wahlzwanges verhindern. vom valka«. Schon schien «S, al« sollten dl« türkisch-griechischen FrirdenSoerhandlungen, die bisher sehr glücklich verliefen, in allernächster Zeit zum endgültigen Abschluß kommen, da zeigt e« sich, daß doch noch nicht alle« in Ordnung ist. Da« vorläufige Abkommen, da« in der Wakuffrage und in einzelnen anderen noch strittigen Punkten zwischen den tür- Aschen und griechischen Delegierten getroffen wurde, hat bi« setzt selten» der Pforte noch keine Bestätigung erfahren. Infolgedessen müssen die Sitzungen, die jetzt stattfind«« sollten, auf längere Zelt htnauSgeschoben werden. Dt« Frist, um die sich der Abschluß de« Frieden« verzögern muß, wird mindesten» zwei Wochen betragen. Die griechisch« Regie- rung fordert von der Pforte eine klar« endgültig« Stellung nahme in den noch zu erledigenden Fragen. Daß e» nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlungen «och zu einem Konflikt kommen wird, der den Abschluß de» Frieden» un möglich macht, ist jedoch nicht wahrscheinlich. Dt« Arbeiten der Kontrollkommission, die die albanischen Erenzen sestlegen sollte, machen nur langsam Fortschritte. Zurtickzusühren ist die« vor allem aus den Widerstand Ertrchenland«, da« einen Teil de» albanischen Gebiete» immer noch mit seinen Truppen besetzt hält. Da« wird jetzt den Großmächten, insbesondere Italien zu bunt. In einem offiziösen Artikel der römischen Zeitung .Tribuns' wird jetzt ganz energisch gefordert, daß Griechenland da« noch besetzte Gebiet innerhalb der oorgeschriebenen Frist bi« zum 81. Dezember räum« und den widerstand gegen dt« Kontrollkommission aufgrbe. wie verlautet, stehen in dieser Frage hinter Italien auch Deutschland, vor allem aber Oesterreich-Ungarn. Obwohl von der Pforte an» die Sach lage noch ziemlich günstig beurteilt wird, scheint nach den Aeußerungrn maßgebender Italienischer Diplomaten nicht au»g«schloffen, daß Italien und Oesterreich Maßregeln Ireffen, «in« Entscheidung Herbrizuführen. Ma« rechne» mit einer Flottendemonstration Italien«. Mer»,. Huerta ist unter dem Druck« der Regierung zum Präsidenten und Krieglminister Vlanqurt zum vlzrpräst- deuten von Mexiko gewählt worden. Die endgültig« Ent- schetbuug wirb Ende November durch den neuen Kongreß gMtzMm werd«. Der Konflikt zwischen de« vereinigten Staate« und Mexiko fpttzt sich dadurch bedenNlch zu. Zwar fa« erst das bi» jetzt »och nicht feststehende Nesvltet der Mahle» aߧ,wartet werb«, hoch scheint man sich ans ba» Schlimmst« gefaßt zu mache«. Wie englisch, Vlättn wisse» »ollen, wird in Amerika mit fieberhafter Haft daran ge- arbeitet, Laudheer und Marin, in Kriegsbereitschaft zu setze». Humta soll ousgesordert werben, mit den Rebellen «in«, Vaffmstillftond »bzaschließen und neu« Mahl« für bi« Präfibmtschaft »orznnehmm. die nicht wie bi« letzt« unter dem Druck« der alten Negierung sich vollziehen sollen. E» find Gerücht« in, Umlauf, baß gegen Huerta, Anschläge unlumoulmm würbe», bi« jedoch vereitel» wurden. Felix Dia, soll auf «tue« amertkoutschen Dampfer nach Newark gebracht werden. Mn« Auerkennung Huerta» zu« Präsidenten soll nach den Hoffnungen der Amerikaner unter keinen Um- ständen erfolgen. Ob es angeficht» der Halt«», Gngland», da« sich bekanntlich für Hanta ««»gesprochen hat, zu einer «eiteren Verschärfung de» Konflikt» komm«, wird, bleibt abzuwartm. Doch ist der Ernst der Lag« nicht zu verkennen. v. pezsxd t» Dres»e». zz Der jung« Dresdner Flugplatz hatte gestern seinen größten Lag. Der Auf, der dem kühnen Tturzflteger Peaoud vorau« geht, hatte Hunderttausende auf dt« Vein« gebracht. In unermetzlschen Strömen gossen sich di« Menschrnmassrn nach Kaditz. Die Züge, Straßenbahnen, Dampfschiff«, vollgepfropft von Menschen und doch mußten auf allen Stationen noch ungezählt« Scharen zurückblriben. Schwa»« Menschrnmauern umgaben den von dem bekannten Osfizierflieaer Leutnant Meyer sachkundig geleiteten städtischen Flug- platz und ote in die höchsten Gipfel der Bäum« waren Neugierig« geklettert. Auf allen Lippen lag nur ein Nam« — Pegoud. Kurz vor »/,« Uhr wurde sein« niedlich« Maschine au« dem Schuppen auf die Anlaufbahn gebracht. Der französische „Purzelbaumpilot' — so di« scherzhast« Bezeichnung, die man dem kühnen Flieger in Fachkreisen gegeben hat — kennt außer der französischen kein Wort einer anderen Sprach« und e» tut ihm riesig leid, daß er die zahl reichen parfümierten Briefchen nicht verstehen kann, welch« er in seinem Hotel vorfand. Bon den Eingängen de» Flugfelde» her war die gewaltige Symphonie de» Massenverkehr» zu hören, Brausen der Stimmen und Räver, Hupensignale in allen Tonarten. Der Matador, den diese hunderttausend Menschen sehen wollten, ging endlich lächelnd zu oem Gessel in der Ecke, der sein« Garderobe war, legte den Rock ab, so daß er nur im weißen Sweater dastand, und stülpt« ein« dünn« braune Lederhaube über den Kopf, an welchem die Damen nicht di« Schönheit lieben, sondern den Manne«- mut. Am meisten aber liebt diesen Kopf der alte Mechaniker der Blöriotwerke, der den Stolz seine» Hause» wie ein Vater behandelt. Der rauhe Mann zupfte an Pegoud» Toilette herum und gab eifrig gute Ratschläge. Der Pilot aber klopfte seinem getreuen Eckort lächelnd und begütigend auf die Schulter und gab da« Zeichen zum Beginn. — Pegoud selbst ist gar nicht nervo». Al» sein« Zeit gekommen war, gab er dem Mechaniker ein Fingerzeichen zum Anwerfen der Schraube, und in wenigen Sekunden, nach wenigen Metern Anlauf, erhob sich der Apparat leicht und frei vom Boden, während der Pilot da» Steuer mit der Linken führte und mit der Rechten dem Publikum und seinen Freunden Grüße winkte. Die Maschine stieg und stieg in die klare blaue Luft, aber man sah schon, daß sie mit nicht sehr günstigen Windverhältnissen zu tun hatte. Da» für den Spaziergänger so günstige Herbstwetter ist nichts für die Aviatik. Die Sonnenstrahlung erzeugt Luftwirbel und außerdem strich ein frischer Wind über da» Feld. Das sind keine Hinderniise für einen gewöhnlichen Aufstieg, aber was wird der schwankend« Apparat Pegoud» machen können? Hm Licht der Herbstsonne leuchtete er, wie wenn er aus Gold wäre, und die Konturen wurden unscharf durch «inen leichten Höhennebel. Ge spannt folgten alle Blicke dem Piloten, der zehn Minuten lang nur aufwärts strebte. Da kehrte er plötzlich mit der Maschine um und nun sah man wie einen Blitz die erste der erwarteten Künste Pegoud«. Ganz senkrecht auf den Flügel gestellt, wendet« er in einem fast unmerklichrtt Bogen, stürzt« plötzlich senkrecht um hundert und mehr Meter ab und nun merkt« man, daß er zum großen Schlage auSholte. Die Maschine stand zeitweilig scheinbar ganz still wie ein Adler über seiner Beute, der Motor de» Piloten setzte au», «in Absturz durch di« blaue Leere in einem ganz steilen Winkel und nun hörte man «» au« dem Publikum laut aufschreien: „Jetzt — di« Räder sind oben!' Wie ein Pferd, da» sich bäumt und dann «ach rückwärt» überschlägt, nur mit dem Unterschied, daß diese» hier den Retter nicht begräbt, bäumt« sich auch der Pegasus einer neuen Poesie, vom Gegenwind de« Absturz«» in die Höhe gebogen, auf, und durch da« Anreißen de» HShenstrurr» überschlug er sich, flog einige Sekunden lang in dieser Lage und vollendete nun den Krei« nach unten, währens Hüte und Tücher geschwenkt wurden und lauter Jubel bi» zu dem Tollkühnen «mvordrang, der nun die Flügel seiner Maschine nach recht» und link» senkrecht in dir Tief« stellt^ stieg und stürzt«, wendet« und schließlich zierliche Spiralen zum Boden hinunter beschrieb, auf den der Apparat sich so leicht und kurz aufsetzte, wie ein Vogel auf «inen Ast. — Der erste Flug war aber nur da« Vorspiel de» großen Schauspiele». Nur ein« ganz kurze Nachprüfung de» Apparate« und schon stieg er wieder knatternd auf, diesmal nicht so hoch al» Leim ersten Aufstieg. Bald fing dann dem Aviatiker auch an da» Temperament seine» Mute« zu steigen und sein« Vorführungen nahmen ein be ängstigende» Tempo an. Bald von oben, bald von unten leuchteten dir braunen Tragflächen der Maschine im Sonnenschein aus wie et« Blinkfeuer, wenn der Apparat nach der Seit« stürzt«. Dann senkt« sich da« Eteuerende senkrecht nach unten und der Apparat drohte lotrecht zu fallen, kam aber nur bl« in di« Gerade. Wieder der Stillstand und da« Rütteln und mit seitlich geneigter Trag- fläch« ging Pegoud kopfüber in dt« Tiefe, überschlug sich und produziert« nun seinen weltberühmten Glritflug aus der Rückseite der Tragfläche über mehrer« hundert Meter. Unter denen, dt« am meisten in die Hände klatschten, waren dt« anwesenden Flieger. Al« ob er sich nm» «st dt«s«n Applau» verdienen wollte, legte Pegoud mit seinen große« Stücken lo», welch« alle« weit in den Schatten stellen, wa« Eheortvard und sein« französischen Konkurrenten im Kunstflug geleistet haben, wa» damal« Entsetzen erregt« und von Pegoud nur so nebenbei prodmiert wurde, obn, sonderliche Beachtung zu finden. Dt« Aviatik schien auf dem Hohepuntt ihrer Vollendung, ab» et« Märchen der Tatsachen, wie Peaoud eine seiner Toderschleisen knapp aus di« andere folgen Netz. Viermal ging er im Sturzflug nieder uno viermal folgt« der Ueberschlag, den man mit wirbelnde« Gefühlen betrachtet«. Dabet hielt sich der Pilot genau über dem leewn Flugfeld, damit sein Untergang nicht etwa noch den ein,« andere« mitrtff«. — Man brauchte neue Worte, um den Eindruck de» neuen Ereignisse» zu beschreiben, da» sich wie rin Spiel in mehreren hundert Metern Höhe vollzog und der höchst« Ernst ist, den »tr von d« Aviatik verlangen können. Die stürmisch« Vewrgung in den Menschenmaffen, der Jubel und da» Feiern galten in erster Linie dem kühnen Piloten, dann aber auch dem großen Lehrmeister de» Flieger», dessen Produktionen in Sekunden der Not, von vielen Aviatikern nachgeahmt und dadurch viele Mensch«» retten «erd,«. Um « Uhr wohnt« Pegoud auf dem Kgl. Belvedere einem ihm zu Ehren vom König!. Sächs. Verein sür Luftschiffahrt ver anstalteten TheeaLend bet, wo Hauptmann »so» Funk« in Ber- tretuna de» erkrankten Vorstande« dem kühnen Flieg« in Herz- ltchen Worten nochmal» seinen Dank au»s»rach und Generalleutnant v. Llsstrt ein« kurz, Ansprache htelt, dt» in einem Hoch auf den Förderer der Luftschiffahrt den König von Sachsen au»klang. Um 8 Uhr abend» begab sich Peaoud nach dem Vrrein»haus«, woselbst er unter dem Beifall der versammelten in einem intereffanten Vortrag« über sein« Erfahrungen in der Luftschiffahrt sprach. Pegoud »erNeß noch in »orig« Nacht Dre»d«n, um sich mit der vaßn nach Hannover zu beiden vrauuschWetg. Lar Name Vvamckchweig, der jetzt in aller Munde ist, ra»r,t dem nachdeAMch Htnhsrchenden wie aus einer seltsamen und tiefen Vergangenheit herauf, wie etwa», das heute gar nicht «ehe ist und bet dem man nicht an elektrisches Acht, Fahrstühle und ähnliches ,« dentzrn vermag. Es liegt eine alte, wundervolle Kultur mn da» Wort. Es ist et« Name, der xu unsere« Besitz gehört, der aber nicht SegenwartSwerte zu haben schämt. Da ist da» Land: Niedersä«Mch«s Land, nieder- sächsische» Volk, f-steinges-ssen, aus der Scholle kommend, auf der Scholle wurzelnd. Im Herzogtume Braunschweig haben die Städte noch geringeren Wert, das weite Land gilt dort, und in dem weiten Lande Bauern. Es gibt keinen alten braunschweigische« Uradel mehr. Tie Re genten von Braunschweig mußten ihre Kammerherren sich au- Preußen holen. Da liegt schon ein Teil der Eigenart des Volkes, ba» für sich blieb, wie umhütet von seine» natürlichen Grenzen, dem Harze bi» zu den Wasser läufen, und das Für-sich-bleiben kommt au» Trotz und aus Stärk«, Solch Volk geht weniger im großen Geräusche mit, es hat seine Arbeit im Stillen, aber zäh und weiß, was es leistet. Die Spuren der Werke sind überall. Eine ange stammte, stetig entwickelte Kultur für sich spricht aus den niedersächsischen Bauernhäusern mit ihrer besonderen Anlage, ihrem Fachwerkbau. von der großen Täle in der Mitte gehen die Ställe ab und im Hintergründe erst die Wohnräume. In vielen Orten findet man noch die alte schöne Bauerntracht, wie immer von den Frauen treuer bewahrt als von den Männern, und die Sprache, die Lieder, die Sprüche sind alte Kulturdokument« für sich. Die Stadt Braunschweig, die dem Herzogtume den Namen gab, ist noch nicht lange Residenzstadt, erst seit 1753, bis dahin war eS Wolfenbüttel. Braunschweig war reichsunmittelbar. 1031 wird eS zum ersten Male ur kundlich erwähnt, gegründet wurde eS wahrscheinlich in der zweiten Hälfte deS 9. Jahrhunderts, geschützt von einer Burg, die ein Dankward, Wohl Bruder eines Sachsen- herzogS, errichtete und an den auch heute das Schloß Tankwarderode erinnert. Tie Silhouette der Stadt ist bekannt wegen ihrer Schönheit. Tie alten Wälle und Tore hat Braunschweig fallen lassen, um sich ungehemmt ausdehnen zu können. Doch im Innern, in langen Straßenzeilen, scheint die Zeit stillgestanden zu haben, und das 15., das 17. Jahr hundert sind noch lebendig. Braunschweig ist reich an schönen Baudenkmälern. Viele gehen direkt noch auf Hein rich den Löwen zurück. Ta ist die Burg Tankwarderode, die er aus der Stätte der ersten errichten ließ, und die leider jetzt völlig umgebaut ist und nur die alten Grund züge erhalten hat. Auch der.Tom und die drei Haupt kirchen Andreas, Martini und Katharinen reichen auf ihn zurück. Tie Martinikirche liegt am Altstadt-Markte neben dem Rathause, vor ihnen steht der gotische Markt- brunnen, zu einem selten schönen mittelalterlichen Bilde gerundet. Charakteristisch ist die Bauart sämtlicher Kir chen, über deren Entstehung und Fertigstellung lange Zeiträume verstrichen, von denen jeder etwas zum Bau stiftete. Romanisches, Gotisches, in der Variante, welche der laufende Zeitgeschmack gab, vereinen sich zu einem Ganzen voll Schönheit. Braunschweig ist eine der Stätten, an der man es besonders stark empfindet, wie sich die Zeiten gewandelt haben. Jetzt ist die Kunst in aller Munde, aber sie wird kein Gut, damals war sie etwas Selbstverständliches, das da war, wurde und Freude gab. Tas Gekünstelte war nicht darin. In Braunschweig kann man es sehen, wie arm wir geworden sind. A-rch hier in den alten Straßen finden sich die charakteristischen Fachwerkhäuser mit ihrem interessanten figürlichen Schmucke, mit prächtigen Friesen, Figuren konsolen und Inschriften, lateinischen, mittelhochdeutschen und vor allem niederdeutschen. LvS bekannte Gewandhaus ist ein sehr bemerkens werter Renaissancebau, der sich als neue Schale um einen alten Kern legte. In seinen Grundzügen war es schon im 13. Jahrhundert vorhanden und wurde im 16. Jahrhundert in seiner neuen Gestalt ferttggestellt. Es ist voll Pomp und Pracht der Ausführung, dabei von sel tener Vornehmheit, daß e» unter den Renaissancebauten Deutschlands einen der ersten Plätze beansprucht. Erwähnenswert ist noch Lessings SterbehauS, das er bezog, als er 1770 nach Braunschweig berufen wurde und in dem er bi» zu seinem Tode wohnte. An die neueste Zeit gemahnt un» Wilhelm Raabest HauS, in dem er viele seiner Werke schrieb, vielleicht den Haupttetl seiner Lebensarbeit. Von den aufgestellten Denkmälern ist der Löwe von Braunschweig, das berühmte Wahrzeichen, das bekannteste. Er ist ein schönes Zeugnis mittelalterlicher Gußkunst, die auch zumal in Hildesheim ihre Pflegstätte hatte. Da» Bronzewerk war ursprünglich vergoldet und zeigt eine erstaunlich hohe Kunst der Naturanschauung, die in der ganzen Haltung des Tieres, das sich beutewitternd hebt, auSgedrttckt ist. AIS Kunststadt genoß Braunschweig ein besonderes Ansehen. Die Gemäldegalerien des herzoglichen Müseums sind eine Freude des Kenners. Sechs Rembrandt sind darin vorhanden, vor allem ei« wunderbares Familien- bild. Dann die Eheverschretbung von Jan Steen, viel- leicht das beste seiner Bilder. Daneben Gerard Don van Goyen, RuiSdael, van Dyck, Rubens, Teniers, Palma Vecchio und Holvetn, um nur einige Namen herauszu- greifen. In der Literatur gebührt Braunschweig ein ehrender Platz der Theatergeschichte, denn in seinem Hoftheater kam im Januar 1829 zum ersten Wale der ganze Faust erster Teil zur Aufführung. ES ist einer der besten Namen im Reich, den man jetzt so häufig hört, ein Name für besondere Manschen jedoch, in bene» «t- Milten aujklingt von alter deutsch« Kultur.
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