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81. eilage znm „Riesaer Tageblatt«. Rolattoa»dn»ck und «eriaa »an Lanqer t «lnterll» tu «lila. — Für dl, Aidaktlon »erantworMcb Arthur Hähnrl In Rtela. Dienstag, 7. Mbraar lillt, abends. «4. Jahr«. Deutscher Reichstag. '120. Sitzung, Montag, de» 6. Februar, 2 Uhr. Am Tische des BundeSratS: Tr. Delbrück, Dr. LiSco. Di» Interpellation Graf Sanitz «der die fremde» Wertpapiere steht an erster Stelle der Tagesordnung. Staatssekretär Dr. Delbrück erklärt, er werde die Interpellation Ende dieser oder Anfang nächster Woche beantworten. Tie Interpellation wird infolgedessen abgesetzt. Die »weite Lesung de« ««richt«verfass»«g«gesetzes. Berichterstatter ist Abg. Dr. Heintze (nl). Es wird sofort in die Einzelberatung eingetreten. Nach einem KommissionSzusatz darf die Zulassung zur Vor bereitung für den Justizdienst nicht vom Nachweis eines be stimmten Vermögens oder Einkommens abhängig gemacht wer den. Die Sozialdemokraten wollen das auch ausdrücklich auf die politische und konfessionelle Gesinnung und Betätigung auSdehnen und verlangen weiter eine Vorschrift, wonach die Entfernung aus dem Vorbereitungsdienst nur auf Grund eines TisziPlinargesetzeS erfolgen darf. Abg. Dr. Brunstermann (Rp.): Wir wünschen eine rasche Verabschiedung der Vorlage und lehnen alle Anträge- die über die Kommiffionsbeschlüsse hinausgehcn, ab. Abg. Stadthagen (Soz.): Wir sind gegen die Praxis der JustizverwalNmg mißtrauisch geworden. Die Zugehörigkeit zur jüdischen Konfession ist oft der Grund zu Zurücksetzungen. Alle Parteien leiden darunter, daß politische und religiöse Unterschiede gemacht werden. Politische Gesinnungsriccherei wird auch in die Rechtspflege hineiugetragen. Wohin das führt, haben wir ja jetzt wieder erfahren, als jenes schauerliche Urteil im Essener MeineidSprozeß wieder aufgehoben wurde. Abg. Dr. Müller-Meiningen (Vp.): Wir stimmen de» sozialdemokratischen Anträgen zu. ES ist vielleicht ganz gut bas Selbstverständliche zu unterstreichen, weil man sich in der Praxis vielfach nicht darum kümmert. Es ist doch sehr sonderbar, daß in den Personalbogen der Referendare eins Spalte für die Religion enthalten ist, worin auch ein eventueller Religiouswechscl einzutragen ist. Tas sieht doch aus wie Prosc- lhtheninachcrci oder Bezahlung für ReligionLwechsel. Abg. Dr. von Dziembowsky (Pole): Selbstverständ lich stimmen wir den Anträgen zu.. DaS Reich würde nicht zugrunde gehen, wenn man auch polnische Richter anstelle» wurde. Abg. Well st ein (Z.): Wir lehnen die sozialdemökratische» Anträge ab. Was Sie wollen, steht bereits in den Verfassungen aller Bundesstaaten, nämlich, daß lediglich der Grundsatz der Befähigung maßgebend sein soll. Mg. Dr. Müller-Meiningen (Vp.): ES wird häufig vergessen, die Verfassungen nachzuschlagen. Darum schadet es nichts, wenn diese Bestimmungen in das vorliegende Gesetz hineiniommen. Abg. Heine (Soz.): Schon um eine Verknöcherung unserer Justiz zu vermeiden, sollte man möglichst ans allen Kreisen Anwärter zulasscn. Abg. Tr. Heinze (ul.) warnt davor, Materien zu be handeln, die über den- Rahmen dieser Vorlage hinausgchen- Auch sozialdemokratische Referendare wurden bisher zugelassen. Dieser Teil des sozialdemokratischen Antrages wäre also über flüssig. Eine maßlose politische Betätigung darf aber keines wegs gestattet werden. Sämtliche Abündcrungsanträge werden gegen die Linke und die Polen abgclehnt und die LommissionSbeschlüsse aufrecht erhalten. Zum 8 8 liegt ein sozialdemokratischer Antrag vor- daß .Richter wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung ihres Amtes enthoben und in den Ruhestand versetzt werden können. Auch sollen Richter wider ihren Willen nicht an eine andere Stelle versetzt werden können. Abg. Heine (Soz.): Die Vorgänge in Moabit rechtfertigen unseren Antrag. Ter Laudgerichtsdirektor Unger ist von dem preußischen Justizministcr regelrecht vernommen worden. Wo ist übrigens Herr Bcselcr? Er hat hier zu sein, wenn es sich mir die preußische Justiz handelt. Aber auch darin ist er seinem Vorgänger ein würdiger Nachfolger. Was in Moabit an ver reckter und offener Beeinflussung geleistet wurde, war bisher unerhört. Die Richter und Geschworenen, die uns gewiß politisch scrnstchcu, mußten unter dem Eindruck an die Sache Herangehen, als ob es sich um eine sozialdemokratische Revolution ge handelt babe. Selbst der höchste Beamte des Reiches versuchte Des Mters Ehre. Roman von Ewald August König. 47 «Ach was, schlag' Dir das aus dem Sinn. Mit Drohun gen richtest Du nichts aus, lieber Bruder. UcberdieZ tritt nun auch eine andere und sehr ernste Frage an Dich heran, die Dir genug zu schaffen machen wird, die Frage, wovon Du nun le ben willst." „Ich denke, der Notar Ringhard wird mich beschäftigen, ich werde morgen früh zu ihm hingehen. Er hat an meinem Sohne einen Schreiber verloren, den er nicht entbehren kann, meine Handschrift ist noch fest und sauber, vielleicht genüge ich ihm, dann reicht meine Einnahme zur Bestreitung meiner be scheidenen Bedürfnisse hin." „Nun, der Himmel möge cs geben," sagte Onkel Ludwig. „Natürlich werde ich Dich unterstützen, so lange ich selbst et was habe, das bedarf ja gar keiner Frage, ich fürchte nur, daß auch ich bald auf dem Trocknen sitze." „Du?" fragte sein Bruder bestürzt. „Stehst Du nicht mehr so fest in der Gunst des Präsidenten." „Das wäre mein geringster Kummer, nein, nein, ich ge nieße volles Vertrauen in dem Hause, und ich weiß, daß man mich schmerzlich vermissen würde, wenn man sich genötigt sähe, mich zu entlassen, aber ich fürchte, die Verhältnisse werden sie dazu zwingen. Unter uns gesagt, die Gläubiger drohen be reits mit der Exekution, die Herrschaft wird alles verlieren, wenn diese Drohung zur Ausführung kommt, und daß sie mich dann nicht länger besolden kann, wirst Du cinschen." „Und dennoch hast Du meinem Sohne einen großen, viel leicht den größten Teil Deiner Notpfennige gegeben?" „Sollteich ihm meine Hilfe verweigern? Ich werde wohl eine neue Stelle finden, ein empfehlendes Zeugnis kann man mir nicht verweigern und einen alten, erprobten Diener aus einem guten Hause engagiert jede Herrschaft gerne. Es fragt sich eben nur, wie lange es dauern wird, bis ich eine neue Stelle gefunden habe, und dieser Frage wegen würde es mir zur Beruhigung gereichen,wenn ichDich in sicherem Bcrdienstwüßte." „Sei meinetwegen nur ohne Sorge, ich winde mich schon durch. UebriaenS kann ich nicht wohl glauben, daß man den von hier'aus die Richter zu beeinflussen. Die Dinge wandelte» sich aber zusehends. Mit einer Schärfe, die nur auf eine Einmütigkeit des Kollegiums beruhen kann, stellte das Moabiter Gericht fest, daß die Polizei sich zahlreiche »Überschreitungen hat zuschulden kommen lasse». Die Richter waren taub und blind gegen die Worte, die ihnen von dieser Stelle aus vom Reichskanzler diktiert wurden. Wo bleibt da die Unabhängigkeit der Richter? Es kann einem LandgerichtLdirektor nicht gleich sein, wenn er vom Justizminister in dieser Weise koramiert wird. Diese Koramierung ist eine Einschüchterung der Richter, die bei den besten Richtern eine wahre Entrüstung hervoraerusen hat. Unser Antrag will ähnlichen Zuständen, ttir die Zukunft Vorbeugen. (Beifall bei den Soz. und Vp.) Staatsminister Dr. LiSco: Da» Abgeordnetenhaus beräk heute den Justizetat, und der Justizminister kann nur hier oder dort anwesend sein. Er konnte aber auch nicht erwarten, daß diese Sache heute hier zur Sprache kommen würde. Er mußte aber annehmen, daß die Angelegenheit im Abgeordneten hause beim Justizetat erörtert werden würde. Darum mußte er sich informieren. Ter Justizminister weiß wohl, daß die Rechtsbelehrung in keiner Weise zum Gegenstand eines An griffs gemacht werden kann. Von diesem Standpunkt aus werde ich mich hüten, auf diese Frage hier weiter einzugehen. Der Vorwurf, daß der Reichskanzler von hier aus eine ungesetzliche Beeinflussung des NiHtcrstandes versucht hat, ist durchaus un berechtigt. Der Reichskanzler steht viel zu hoch, als daß er etwas Derartiges versuchen sollte. (Rufe links: Sollte er!) Er denkt gar nicht an derartige Dinge. Er hat auch nicht behauptet, daß die Polizei nur ihre Pflicht getan habe. Er hat gesagt: Solchen Vorwürfen steht das öffentliche Anerkenntnis entgegen baß die Polizei ihre Pflicht getan habe. Es hat sich nachher erwiesen, daß nicht nur einzelne Mißgriffe, sondern mehrere vorgekommen sind, die der Reichskanzler damals noch nicht gekannt hat. Die Behauptung, daß der Justizminister unk der Reichskanzler irgendeinen Richter in - ungesetzlicher Weise beeinflussen wollten, muß ich auf das. entschiedenste zurück weisen. (Beifall rechts.) Abg. Heine (Soz.): Schon damals, als der Reichskanzler sich hier äußerte, war eine ganze Reihe von Gewalttaten von Schutzleuten uachgewiesen. Wenn da der Reichskanzler nichts Besseres zu tun wußte, als die Beamten zu loben, so ist das eine ganz evidente Beeinflussung der Gerichte. Wäre die Entrüstung der bürgerlichen Kreise uns nicht zur Hilfe ge kommen, dann hätte Mväbit ein zweites Essen werden können. Ter preußischen Anklagebehörde ist das jedenfalls nicht zu danken. Sie hat Kniffe angewendet, die man, wenn das ein Rechtsanwalt getan hätte, als gemeine Advokatenkniffe be zeichnet hätte. Die Behörden vom Justizminister bis zum Ministerpräsidenten hinauf, vom Polizeipräsidenten bis zum Schutzmann hinunter haben so gehandelt, daß sie niemand hindern konnten, zu denken, daß sie die richterliche Unabhängig keit nicht gewollt haben. (Verfall bei den Soz.) Abg. Dr. Wagner (k.): Wenn den Sozialdemokraten ein Gerichtsurteil nicht paßt, dann kritisieren sie tüchtig darauf los. Der preußische Justizminister hat nur seine Pflicht getan- Der sozialdemokratische Antrag will die Richter de» Land gerichtsräten in bezug auf Unabhängigkeit gleichstellen. Tie Reichsgerichtsräte sind die Auslese aus den Besten. Bei den anderen Richtern muß aber mit menschlichen Schwächen ge rechnet werden. Soll ein Mann Richter bleiben, der Trinker ist und täglich im Rinnstein liegt? Abg. Tr. Ablaß (Vp.): Man sollte keine Prozesse zu politi sche» stempeln, die cs nicht sind. Tas gilt auch von Moabit. Ter Reichskanzler und der Justizminister haben sich bei ihren Aeußerungen die Tragweite nicht klargemacht. Der Justiz minister hätte sich im Abgeordnetenhause der angegriffenen Richter ebenso aniiehmen sollen, wie der Minister des Innern die Land räte verteidigt hat. Als der Berichterstatter Abg. Dr. Heinze (nl.) sich energisch gegen die sozialdemokratischen Anträge ausspricht, erheben die Abgg. Tr. Müller- Meiningen (Vp.) und Lcbebour (Soz.) Widerspruch. Ter Berichterstatter habe nur darüber zu be richten, was in der Kommission geschehen sei. Tie Abgg. Dr. Well stein (Z-), Basser mann (nl.), Tr. Wagner (k.), Gröber (Z.) und Vizepräsident Schulz erklären überein stimmend, daß der Berichterstatter seine .Befugnisse keineswegs überschritten habe. Tie sozialdemokratischen Anträge werben abgelebut. S 8 bleibt unverändert. Abg. Stadthagen (Soz.) veanrragt einen § Sa, wonach zum Richter nicht ernannt werden kann, der länger als fünf Jahre ein Verwaltungsamt oder das Amt eines Staatsanwalts Präsidenten seiner Schulden wegen fallen lassen wird, er hat dem Fürsten so lange Jahre treue Dienste geleistet.. „Sein Stern ist im Sinken," sagte der Kammerdiener leise. „Die Gründe kenne ich nicht, aber sichere Anzeichen deuten da rauf hin, daß er nicht mehr so fest steht, wie früher. Aber mag es kommen, wie es will, ich halte den Kopf oben, wenn ich nur Dich versorgt weiß." Er war an einer Straßenecke stehen geblieben, mit treu herzigem Blick reichte er dem Bruder die Hand. „Ich wäre gern diesen Abend bei Dir geblieben, aber wir erwarten Gäste, da darf ich nicht fehlen." „Gäste? Trotz der Schulden „Trotz alledem und alledem! Denk aber nur nicht, daß die Geschichte so sehr viel kostet, die Gäste müssen entweder von der Ehre falt werden oder später in einer Restauration den knurrenden Magen befriedigen. Gute Nacht, Norbert, denk nicht weiter an den alten Wucherer und Deine Papiere, Du schaffst Dir selbst nur Ungelegenheiten." Norbert Klausner gab keine Antwort auf diesen wohlge meinten Rat, den zu befolgen er keineswegs gesonnen war. Mit der Erinnerung an Hilarius Poppert erwachte auch wie der der Haß in seinem Innern, der jäh auflodernd keine Beden ken, keine Bernunftgründe gelten ließ. Jetzt, nachdem das junge Paar abgereist war, und der Mak ler an ihm seine Wut nicht mehr auslassen konnte, glaubte Klausner, alle Rücksichten beiseite setzen zu dürfen; um so mehr ärgerte eS ihn, daß er die Papiere in seinem Pult zurückge- lafscn hakte. Mochte Hilarius Poppert sie inzwischen gelesen und sogar schon vernichtet haben, er konnte nicht wissen, ob sein Schreiber nicht noch andere, ebenso gefährliche Beweise be- saß, und auf die Veröffentlichung dieser Beweise durfte er es nicht ankommen lassen, wenn er nicht sein Vermögen, seine Ehre und seine Freiheit gefährden wollte. Mit dem Entschluß, nötigenfalls Gewalt anzuwenden, nm dem Makler die Papiere zu enti eißen, zog er am Hanse Pop- perts die Glocke, er wollte zuerst versuchen, ans dem geraden Wege Einlaß zu erhalten, bevor er auf einem ihm bekannten heimlichen Wege durch die Hintertüre eindrang. Er läutete mehrmals, niemand öffnete, der alte Mann glaubte daraus entnehmen zu dürfe», daß der Makler aus gegangen sei. bekleidet' hat. Ferner soll de» pitcytern die Annahme von Orden nnd Titulaturen verboten sein. Abg. Tr. Müller-Mciningcn (Vp.) tvendet sich gegen den ersten Teil drS sozialdemokratischen Antrags. In Bayern habe man mit dem Wechsel zwischen VerivaltungS-StantSanwalts- und Richtcrstellcn die besten Erfahrungen gemacht. Ter Redner empfiehlt einen Antrag seiner Partei, wonach Richter neue Orden mit Ausnahme der Ehrenzeichen für kriegerische Ver dienste nnd Rettungsmedaillen nicht nnnehmen dürfen, bereits erhaltene aber wciterführen können. Sämtliche Anträge werden abgelchnt. TaS HauS^vertaat sich. Mcitcrberatuna Dienstag 1 Uhr. Schluß Uhr. Der Wert »es HanSweris. Man schreibt uns: Wieder naht der Termin, wo sich zahlreiche Eltern uni» Vormünder vor die Frage gestellt sehen, welchem Be rufe sie ihre aus der Schule entlassene» Söhne und Pfleg linge zuführcn sollen. Da ist cs wohl angczcigt, wieder einmal unserm Volke den Hoheit Mert des Handwerks vvr .Augen zu führen. Die Berufszählung von 1S07 hat Ergebnisse zutage gefördert, durch die der unwiderlegliche Beweis geliefert wird, daß von einer starken Verdrängung oder gar völligen Vernichtung des .Handwerks nicht die Rede sein kann. Vielmehr stellt das Handwerk nach wie vor einen frisch grünenden und lebenskräftigen Zweig am Baum des nationalen Wirtschaftslebens dar. Diese Tatsache ist aber hocherfreulich und muß von allen denjenigen, denen das Wohl des Vaterlandes am Herzen liegt, mit aufrichtigster und lebhaftester Genugtuung begrüßt werden. Denn das Handwerk verkörpert in sich Werte sittlicher, staatlicher, nationaler und sozialer Art, die schlechterdings unersetzbar sind. Dieser lleberzeugnng hat vor einiger Zeit der preußische Minister für Handel und Gewerbe Sydow bei einem festlichen Anlasse init den anerkennenden Worten Ausdruck geliehen: „Wenn die verbündeten Regierungeil in Uebcceinstimmung mit den Vertretern des Handwerks sich zu gesetzgeberischen Maßnahmen entschlossen haben, so waren sie geleitet von dec NeLerzeugung, daß die Existenz eines kräftigen Handwerkerstandes eine Not wendigkeit für den Staat sei. Cs gilt heute, gegenüber den alles nivellierenden und Vieles wegführenden Wellen unseres industriellen Zeitalters Persönlichkeit nnd Selb ständigkeit zu erhalten. Wir »vollen Männer, denen die Arbeit nicht lediglich Mittel zum Geldverdienst ist, son dern die zu dem Produkte ihrer Tätigkeit in einem persönlichen Verhältnisse stehen, weil cs ihnen das liebe Kind ihres Geistes und ihrer Kunsttätigkeit ist. Solche Kräfte bildet das Handwerk heran. Darum ist auch der Handwerkerstand ein so wichtiger Teil des breiten Mittel standes." Es gibt kaum eine» zweite« Stand, iu dem ein solches Zusammenwirken der körperlichen und geistigen Kräfte, der schaffenden Hand und des denkenden Geistes statt findet wie beim Handwerk. Dieser Bedeutung der Hand werktätigkeit hat seiner Zeit ein deutscher Fürst eine treffende Würdigung zuteil werden lassen. Prinz Ludwig von Bayern sagte gelegentlich einer Ausstellung in München: „Eins ist dem Handwerker doch geblieben. Cs ist die persönliche Mitarbeit an seinem Merk. Was der Handwerker vollbringt, indem er beim Schaffen seines Werkes sein ganzes Denken und Fühlen in sein Werl Vielleicht hatte Poppert die Flucht seiner Tochter schon ent deckt und mit der Verfolgung begonnen .. war nun die Hof türe wirklich unverschlossen, so fand Klausner keine bessere Gele genheit, sich der Papiere zu bemächtigen. Das Schreibpnlt war alt und morsch, mit einer starken Mes serklinge konnte man voraussichtlich daS Schloß ohne große Mühe sprengen, nnd die Folgen dieses Gewaltaktes fürchtete der alte Mann nicht, er nahm ja nur sein Eigentum, das ihm widerrechtlich vorenthalten wurde. In seiner Wohnung angekommen, hätte er am liebsten so fort den Weg über die Mauer angetrcten, aber das durfte er jetzt noch nicht wagen, trotz der anbrechenücn Nacht herrschte aus dem Hofe noch Leben, er mußte sich gedulden und den günstigen Augenblick abwarten. Unterdessen stand Waldemar Bevering an einem Fenster des Vorderhauses und beobachtete unverwandt dic niedrigeMaucr, dicden Hof vom Nachbargarten trennten. Er wußte nichts von der Flucht Irenes und der Abreise des jungen Paares, er wußte nur, daß sein verhaßter Neben buhler heute morgen um die Hand Irenes geworben hatte und samt seinem Vater hinausgeworfen worden war. Hieraus schloß er, daß Amandus an dem heutigen Abend wiederum eine heim liche Zusammenkunft mit Irene suchen werde, um mit ihr die weiteren Schritte zu beraten, nnd cs lag in seiner Absicht diese Zusammenkunft abermals zu stören. Er hatte lange vergeblich gewartet, nnd er wollte schon sei nen Lanscherpostcn verlassen, als er eine dunkle Gestalt aus den: Hinterhause auf den Hof hinauStrctcn sah. An Gang nnd Haltung erkannte er sofort den alten KlauZ- iierjes überraschte ihn im höchsten Grade, als er sah, daß die ser Mann mit einiger Mühe über die Mauer hinübcrstieg und hinter derselben verschwand. WaS wollte der alte Mann drüben? Weshalb Hatto er die sen Weg gewählt? Wo war sein Sohn in diesem Augenblick? Waldemar Bevering fand auf diese Fragen keine Antwort, aber sein Entschluß war sofort gefaßt. Lärm wollte er nicht machen, aber dem alten Mann sollte dieser „Einbruch" morgen durch Zeugen bewiesen werden kön nen. 183,20