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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 13.09.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-09-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192609138
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19260913
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19260913
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-09
- Tag 1926-09-13
-
Monat
1926-09
-
Jahr
1926
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 13.09.1926
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K Te»»tr»tifche Saadtdatealiftr. Der »ablkreisverband Osisachse» der »euttcken Demokratisch«» V«rtet nahm am 11. September tn einer Gertreterversamniluna unter dem Vorft» von Sinanzuftnift«r Dr. Drbn» zur Frag« der Kandldatenaufstelluno für die Landtagswahl Stellung. Die blsberio»» Abgeordneten Finantminifter Lr. Lehn« und Syndlku« Prof.»«. Kasi»«r »urden unter grobem Beifall der versawmluna für die erste und »weite Stell, der Wahlkrrislift« einstimmig wieder« gewählt. DI« «eiteren Stellen der wahlkrrislift« wurden M folgender Reihenfolge besetzt: 3) Fran Dr. Ulich Beil. Dresden; 4) Stadtverordneter WilippWstugzSittaur v> Bundesdirektor Hugo Schubert, Brette»; S) Malermeister Salm, Freital: 7) Dr. med. Grill, Sebnitz: 8) Gewerbeschuloberlehrer Daßler, Meißen r S) «ewerkschattssekretär Beter, Zittau; 10> SleNriiitäts- wrrksdirektor Uudeutsch, Dippoldiswalde; 11) Bäckermeister Must, Klrtiiröbrsdorf; IS) VerufSscbullebrer Leberecht Wchul»«, Dresden; IS) Fabrikbesitzer Rudolph, Walddorf. Di« Bertretervrrsammlung sprach ftch erneut für die ' Schaffung einer LandeSltfte au», für di« di« Wablkreislifte mit der Abänderung gelten soll, daß der Frauenkandidatur die viert« Stell« der Landeslifte Vorbehalten bleibt. Dem bisherigen Abgeordneten Pfarrer Webrmann. der infolge der Uebernahme der Leitung de« Schwesternhauses Arns« dorf eine Wiederwahl abgelehnt hatte, sprach der Vorsitzende für seine verdienstvolle Tätigkeit den Dank der Partei au«, dem sich die Versammlung mit lebhaftem Beifall anschloß. MM« Wi iic Leis»)» Ain. Wie verlautet, ist als Ergebnis des Lokaltermins bet Leisere da» Vorverfahren gegen die Täter Schlesinger «end Weber, das bisher wegen Gefährdung eine» Eisenbahn transporte« geführt wurde, auf Mord ausgedehnt worden. Der Verlauf des Lokaltermins hat ergebe», daß sich die beiden Verbrecher über die Folgen ihres Beginnen» voll kommen im Klaren waren. Vermischtes. Die Explosion auf der Gleiwrtzer Dtein- kohlengrube. Zu der bereit» gemeldeten Explosion auf der Gleiwrtzer Steinkohlengrube teilt die Kokswerke und Chemische Fabriken Aktiengesellschaft, Berlin, zu der die Grube gehört, mit: Die Explosion erfolgte in der vergangenen Nacht in einer Molanlage der Kokerei. Von der Belegschaft wurden »Wei Mann getötet. Der Schaden ist durch Versicherung gedeckt. Die Betriebsstörung dürste in einigen Tagen behoben sein. Feuergefecht »wischen Einbrechern und Polizei in Essen. In der Sonnabend-Nacht über raschte eine Polizeistreife in einem Schuhgeschäft mehrere Einbrecher, die sofort ein lebhaftes Feuer auf die Be amten eröffneten, das von diesen erwidert wurde. Hier bei wurde ein Einbrecher erschossen und ein Polizei wachtmeister schwer verlebt. Zwei verdächtige Personen wurden festgenommen. Zusammenstoß mit der Polizei in Dort mund. In -er Nacht zum Sonntag wurden Beamte einer Polizeiwache im Verlause einer Schlägerei von der Menge tätlich angegriffen. In der Notwehr mußten 1i« blank ziehen. Dabei erhielt ein Arbeiter einen Stich ßn die Brust, der semen Lod herbeiführte. „Nur wir wollen uns setzt nicht mit artigen Redens- irten aufhalten, mein lieber Henninger! Ich kann mich « diesem Augenblick nicht so rückhalllos aussprechen, els ich es möchte; heute abend jedoch wird Ihnen alles klar werden. Es ist möglich, daß Sie mich selbst nicht mehr »ntreffen. Aber Sie werden in diesem Fall auf meinem Schreibtisch außer dem bereits erwähnten Briefe auch ein für Sie bestimmtes Schriftstück vorfinden, das Ihnen alle oünschenswerten Aufklärungen gibt. Wenn Sie es ge lesen haben, werden Sie erkennen, von wie großer Be deutung namentlich die Ratschläge sind, die ich Ihnen in bezug auf Ihr ferneres Berhalten gegen eine gewisse, mit «userer Bank bisher engoerbundene Persönlichkeit zu er- leiken gedenke. Also pünktlich um zehn Uhr, nicht wahr?" „Ich werde mit dem Glockenschlage zur Stelle sein." Strahlendorf reichte dem Prokuristen die Hand. „Ich tanke Ihnen, denn ich weiß, daß ich die Angelegenheit, bie mir so sehr am Herzen liegt, keinen zuverlässigeren Händen übergeben kann, als den Ihrigen. Aber ich möchte jhnen gern jede überflüssige Unbequemlichkeit ersparen. Sie wissen, daß mein Arbeitszimmer außer dem Zugang rom Hauptkontor noch einen zweiten von der Straße her hat, und ich bitte Sie, diesen zu benutzen. Hier ist »er Schlüssel für den Fall, daß Sie die Tür bereits ver zerrt finden sollten. Ist es mir möglich, so werde ich Sie erwarten — sollte ich aber durch zwingende Umstände daran verhindert sein, so bitte ich Sie, mir während meiner Abwesenheit ein freundliche» Gedenken zu be wahren." Henninger, der seinem Vorgesetzten gegenüber von einer merkwürdigen Schweigsamkeit und Zurückhaltung zu sein schien, beschränkte sich auch jetzt auf eine stumme Verbeugung. Sein Gesicht war während der ganzen Dauer des Gespräches so unbeweglich geblieben wie das Antlitz einer Puppe, und die seltsame Ausdrucksweise Strahlendorss, die doch sicherlich jedem anderen Anlaß zur Verwunderung und zu allerlei bedenklichen Ver mutungen gegeben haben würde, hatte ihn offenbar nicht Im mindesten befremdet. Er nahm nun auch den dar gereichten Schlüffe! entgegen, ohne daß sich auch nur da» leiseste Erstaunen in seinen Zügen gespiegelt hätte. Aber als Strahlendorf ihn dann verlassen hatte, al» er sich allein und ganz unbeobachtet wußte, da flammte es in seinen bisher so müden und gleichgültig blickenden Augen auf, da richtete er sich aus seiner nachlässigen Haltung straff empor, und während er sich in allen Ge lenken reckte wie jemand, der eben eine schwere, an strengende Arbeit verrichtet hat, verzog er die schmalen Lippen zu einem Lächeln, da» sein Gesicht für eine Sekunde in ein höchst widerwärtiges verwandelte. Don den Kirchtürmen der argentinischen Hauptstadt herab ertönte eben der Schlag der zehnten Stunde, als Henninger pünktlich, wie er es versprochen hatte, an der kleinen Seitentür des Bankgebäudes in der Calle San Martin erschien. Das Pförtchen war verschlossen, und der Prokurist zögerte eine Weile, ehe er sich des mitgebrachten Ochlüffels bediente. Dann aber, nachdem er einen Blick zu btn erleuchteten Fenstern des ersten Stockwerkes «mpor- aeworfen, stieß er ihn mit einem energischen Ruck in das Schloß, indem er vor sich Hinmurmette: „Und wenn er es getan hätte — was weiteri Man wird nicht gleich an dem Anblick sterben." Henninger stieg die schmal« Rebentreppe empor, durch schritt ein erleuchtete» Doraemach und tläötte an eia« Tür. Bin schwerer Berkehrsunsalk. ym srowen Berlin» geriet ein Lastkraftwagen, der einem entgegen kommenden Fuhrwerk ausweichen wollte, aus den Bür gersteig und fuhr in erne Gruppe spielender Kinder hin- ein. Ein 11 jähriger Knabe wurde sofort getötet. Zwei andere Kinder wurden schwer verletzt. Ti» Aut» von einem Zuge üderfayren. Gestern nachmittag wurde auf der Strecke Simmern-Bop pard an einem schrankenlosen Sisenbaknüberaana ein mit sieben Personen besetztes Aut» von einem Personenzuge Überfahren .Sin Dr. Jakob au» Kreuznach wurde ge tötet, zwei Personen schwer und drei Personen leicht verlebt. Das Großfeuer in Lanke. Gestern vormittag ist in der Nähe von Lanke bei Bernau ,wo eine große Scheune mit Srntevorräten abdrannte, auf dem Gute Hettmüble der Frau de» Kommerzienrate« Friebländer- Fuld ebenfalls eine Scheune mit Erntevorräten bi« auf die Grundmauern niedergebrannt. Al» Entstehungsursache de» Brandes in Lanke wird Brandstiftung angenommen. Zwei Schnitter au» Landsberg an der Warthe sind unter dem Verdacht der Täterschaft verhastet worden. Genickstarre in Bremervoerde. Gestern wurde hier in zwei Fällen Genickstarre festgestellt. Die Erkrankten wurden in der Isolierbaracke des KreiSkmn- kenhauseS Bremervoerde untergebracht. Umfassende Matz, nahmen gegen eine Ausbreitung der Krankheit sind ge troffen. Ein Auto in den Kanal gefahren. Heute früh gegen 4 Uhr fuhr in Berlin eme Kraftdroschke am Lühowufer Ecke Genthiner Stratze in den Landwehrkanal. Der Führer wurde gerettet, da» Auto von der Feuerwehr herauSgezogen. Das Unglück soll auf Steuerdelikt zurück zuführen sein. Ein Meeresbewohner tm Rhein. Im Val lendarer Rheinarm hält sich, wie au» Niederwerth ge- meldet wird, seit längerer Zeit ein ungewöhnlich gro ßer Frsch, ein etwa 1,60 Meter langer Stör, auf, der unter dem dortigen Fischbestand großen Schaden an richtet. Trotz aller Bemühungen war eS bis jetzt nicht möglich, den MeereSbewohner zu erlegen. Sechseinhalbjähriger Brandstifter. An Borr im Rheinland brannten m der Nähe de» Friedhofes »wei Fruchtsveicher ab. Sie bargen da« Erträgnis von SV Morgen Weizen und Hafer. M» Brandstifter wurde Jung« ermittelt, der sich Streichhölzer verschafft hatte und ein „Feuerchen" machen wollte. „„^Ächt Erwerbslose als Lotteriegewinner. Acht Erwerbslose in Jxheim, die zusammen in der Preu- Asch-Süddeutschen Klassenlotterie spielten, gewannen 10000 RM. So glücklich wie der HandwerkSbursche Schrö der, der die für die Benennung der Urheber der Leiserder Eisenbahnkatastrophe ausgesetzten 27000 RM. erhält, wer- den sie ia nicht sein, aber immerhin sich ihre» Glücke» freuen. Ai ne. Ochse »flucht. In Bendorf i. Rhld. ritz kub em lunger, kräftiger Ochse auf dem Wege »um Schlachthaus loS und rannte in tollen Sätzen davon, die Metzger ihm »ach. Plötzlich blieb das wütende Tier vor dem Aufgang zu einer Konditorei stehen, em kurze» Besinnen und dann stürmte e» die Treppe hinauf und in da» Gastzimmer hinein. Zum Glück befand sich niemand darin: denn der rabiate Gast »ertrümmerte alles, wa» ihm im Weg- stand. Dann klirrten die Spiegelscheiben und der wlderspentzge Bierbeinige genoß vom ersten Stock au» die Aussicht. Nur mit allergrößter Mühe konnte er > weiteres TobeSovser »Haus ist die Schwe- Pilzvergiftungen sind oeftern und der Gärt- Behandlung, b .. müssen und die nur ganz kui ' "st, wenn Hundertt von wen sie lange Znt frisch erhalten. Die gesamte Ernte eines uer verni - - verbotene» Ko«,eri Än yrankental ist da» an- «sagte Konzert de» russischen.Geiger» Soermu« vom Bürgermeisteramt unter Hinweis auf.die von SoermuS verschiedentlich bei seinen Konzerten betriebene Sowjet- Propaganda Verbote« worben. Soermu» war seinerzeit auch in München das Auftreten untersagt worben. Ein achte» Todesopfer der Falkenheraer Pilz ver gif tu n gen Die Piltzvergistungen m dem Falkenberger Kmderyeim haben em weiteres TodeSovser gefordert. Im Eberswalder Krankenhaus ist die Schwe ster Käthe Nagel gestorben. Den Pilzvergiftungen sind nunmehr acht Menschen, sieben Schwestern Und der Gärt ner de» Heimes zum Opfer gefalle«. Eine Erfindung. Der Zimmerer Frode Steffrn- sen in Apenrade hat einen von ihm erfundenen Schrank mft Einrichtung zum Präservieren von Eiern »um Patent angemeldet. Der Schrank ist so eingerichtet, daß die Eier übereinander in Reihen gelegt werden und daß man die Rethem, ohne den Schrank zu öffnen, umdrehen kann. Die Sier stehen senkrecht und durch eine ganz einfache Behandlung, der sie jeden Tag unterworfen werben ' lrze Zeit in Anspruch nunmt, Eiern im Schrank« liegen. Die gesa'mke Ernte eines Dorfe« durch Feuer vernichtet. Au» Neuwied witd gemeldet: Bei dem AuSdreschen de» Getreide» mit Dreschmaschinen ent stand «in Riesenbrand, der die gesamte Ernte de» Dor fes Kezzig vernichtete. Die Stühflamme erne» Motor griff auf mehrere Getreidebarren über und in wenigen Minuten wurden bei der Unmöglichkeit, die Flammen zu bekämpfen, insgesamt KO Barren über je 30 Zentner «in Raub der Flammen. Der Schaden beläuft sich auf ISO OVO Mart und ist durch Versicherung nicht gedeckt. Großfeuer aus dem städtischen Gut«hof n Lanke. Am Sonnabend »achnnttag brach auf dem tLdtischen GutSbofe in Lanke bei Bernau m einer mas- iven mit Getreide gefüllte» Scheune Feuer au», das s«or cknell um sich griff. Die Scheune, deren Grundfläche 600 Quadratmeter mißt, brannte vollständig nieder. E» gelang jedoch, ein Uevergreisen de» Feuer- auf die an deren Gebäude, die durch Funkenftug stark gefährdet waren, zu verhindern. WasierstSnde der Moldau, Eger n«d Elbe. s Sept. Moldau Eger Slbe Ka- maik Mo- dran Laun Mm- bürg U» Mei nst Lett-1 Aus- meritz, sig Dre«. Len Mesa 12. 18. 29 -i- 29 - 28 - 82 - 18 - IS — S — 7 2S -I- 18 -s, bO -s- 4S -l- S2l^- 14 4- »814- 1» -ISS -184 - 70 — 74 Statisches Elbbad. - Wafferwärme IS» v. Mesimtgerr der »eteor. Station 481. (Oberrealschule Riesa). 10. s. bi» 12. v. 1V26: Kein Niederschlag. IS. V. 1S2S: VS,7 «m Niederschlag. Don dringen wurve ihm keine Antwort zuteil, und es blieb ganz still, auch als er zum zweiten und dritten Male gepocht hatte. Es war das Arbeitsgemach de« Bankdirek- tors, da» sich vor ihm auftat. Beim ersten Blick hätte der Eintretende versucht sein können, zu glauben, daß Paul Strahlendorf mitten in seiner Arbeit von der Müdigkeit überwältigt worden sei; denn er lag gleich einem Schlafenden in seinen Schreibseffel zurückgelehnt. Der Kopf war nach hinten auf die Lehne gesunken, und das Licht der über ihm brennenden Gas flamme fiel hell auf das farblose, doch vollkommen ruhige Antlitz. Aber es beleuchtete auch den unheimlichen schwarzen Fleck an der rechten Schläfe und die kleine, fast kreisrunde Wunde, von der sich ein schmaler Streifen geronnenen Blutes über die Wange hinabzog —, es glitzerte in den weit geöffneten, starren, verglasten Augen, und es keß den Lauf des Revolvers, der neben der schlaff herabhängenden Hand des Toten auf dem Tevpich lag, in mattem, metallischem Glanze schimmern. Unschlüssig war Georg Henninger auf der Schwelle stehen geblieben, aber sein Zögern war nicht von langer Dauer. Noch einmal streifte sein Blick kalt und prüfend über den Regungslosen hin, dann ging er an ihm vorbei zu dem Schreibtisch und begann die auf der Platte liegenden Schriftstücke einer genauen Musterung zu unterziehen. Einige der verschlossenen und versiegelten Briefe, mit deren Abfassung der Selbstmörder allem Anschein nach seine letzten Lebensstunden verbracht hatte, verbarg er in der Brusttasch« seines Ueberrocke«, und erst, als er vollkommen gewiß sein konnte, daß nicht» Bedeutsame» mehr feiner Aufmerksamkeit entgangen war, drückte er auf den Knopf der elektrischen Klingel, die den im Hause wohnenden Pförtner der Bank alarmieren sollte. 2. Kapitel. Dumpf dröhnend rollte der Donner eines Kanonen schusses über die weite Wasserfläche de» „Silbernen Stromes", des mächtigen La Plata, dahin. Ein leichte» Erzittern ging durch den gewaltigen Schiffsleib de» Aus- wandererdampsers, und mit weithin vernehmlichem Ketten gerassel sanken die beiden Anker in die Tiefe. Die wochen lange Seefahrt der „Italia" war zu Ende; denn der dunkle Streifen, der sich weit in der Ferne al» ein un bestimmtes Etwas au» den Schleiern de» ««Hüllenden Morgennebels hob, war das ersehnte Ziel der Reise, die argentinische Hauptstadt Buenos Aires. Wa» sich von Passagieren an Bord des Dampfer» be fand, stand dicht gedrängt auf der jenem dunklen Streifen zugekehrten Seite des Verdecks. Fast auf all den Hunder ten von Menschengesichtern, die seltsam bleich erschienen in dem fahlen Lichte des anbrechenden Tage», lag ein Aus druck erwartungsvoller Spannung; denn di« meisten der Ankömmlinge gingen ja einem neuen Leben, einer dunklen, ungewissen Zukunft entgegen, und es war wohl kaum einer unter ihnen, dessen Herz nicht höher geschlagen hätte beim Anblick jene» unbekannten Lande», darin er schneller als in der fernen Heimat die heiß umworbenen Güter de» menschlichen Lebens, das Glück und den Reichtum, zu erjagen gedachte. Fast an der äußersten Spitze der Schiffe» lehnte mit über der Brust verschränkten Armen ein junger Mann von hohem, wett über das Mittelmaß hinausragendem Wuchs an dem Deckgeländer. Während die übrigen ü rlla- giere fast ausnahmslos den italienischen Typus konnte man beim Anblick dieser jungen Hümu».,,>st Sekunde lang darüber im Zweifel bleiben, vatz er ein Deutscher sei. Da» leicht gelockt« blond« Haar, der blonde Schnurrbart, di« graublauen Augen sprachen unzweideutig sür seine germanische Abstammung. Etwa» wie ein Schatten der Sorge lag auf seinem hübschen Gesicht, und ein tiefer Atemzug hob seine breite Brust. Da leiste sich eine Hand auf seine Schulter, und eine tiefe, volttönende Stimme sagte in spanischer Sprache: „So ernst, Sennor Rodewaldt? Ist es ein« Enttäuschung, die der Anblick Ihrer neuen Heimat Ihnen bereitet?" Das Gesicht des Angeredeten hatte sich aufgehellt, so bald er in das edel geschnittene, tief gebräunte Antlitz de» Sprechenden, eines graubärtigen Manne» von etwa fünf undfünfzig Jahren, geblickt hatte. „Eine Enttäuschung — nein, gewiß nicht, Doktor Didali Wie sollte mich enttäuschen können, wa» ich gar nicht sehe?" Auch die Erwiderung war in spanischer Sprache er folgt, die der junge Deutsche mit vollkommener Sicherheit zu beherrschen schien, wenngleich der Tonfall jedem geübten Ohr sogleich den Ausländer verraten hätte. Lächelnd blickte der Doktor zn dem dunklen Streifen am Horizont hinüber. „Freilich, wir sind noch sechzehn Seemeilen von der Stadt entfernt; denn die Seichtheit unserer Reede gestattet Dampfern von solchem Tiefgange nicht, sich dem Lande weiter zu uähern. Aber nur ein wenig Geduld I Man kommt bereit», uns au» der langen Schifssgefanaenfchaft zu befreien." Eine Flottille von kleinen Dampfern hatte sich mit vielem Geräusch der „Italia" genähert, um die Reisenden mit ihrem Gepäck aufzunehmen. In dicht gedrängtem Knäuel wälzte sich alles gegen die herabgelassene Schiffstreppe heran, aber der Kapitän, der mit dem Ersten Offizier dort Aufstellung genommen haft«, wies die Anstürmenoen mit gebieterischer H-ndbewegung zurück. „Alles nach der gehörigen Ordnung i Den Vortritt hat Doktor Vidal. Darf ich bitten, Don Jos» l Der Weg ist frei." Der Graubärtige nahm vertraulich den Arm de« jungen Deutschen, und durch die Gaffe, die sich willig vor ihnen geöffnet hatte, schritten die beiden der Treppe zu. Einige Abschiedsworte und ein letzter Händedruck wurden mit dem artigen Kapitän getauscht, dann stiegen sie hinab, und wenige Minuten später schoß die kleine Dampfschaluppe pfeilgeschwind dem Land« zu. Immer schärfer und deutlicher hob sich die Stadt, der sie entgegenstrebten, aus dem zerflatternden Nebel. Ein gewaltige», schier unübersehbares Häusermeer war es, das sich da auf wetter Eben» vor ihnen ausdehnte, und schon vom Flüsse aus ließ sich di« rechtwinklige Anordnung der schnurgeraden Straßen erkennen. „Eie werden ohne Zweifel finden, Sennor Rodewaldt," sagte Doktor Vidal, „daß unser Buenos Aires keine schöne Stadt im Sinn« Ihrer alten europäischen Hauptstädte ist. Aber ich bitte Sie, Mit Ihrem Urteil trotzdem nicht allzu schnell fertig zu sein. Unter den Städten wie unter den Menschen gibt es solche, deren Dorzüge sich erst bei näherer Bekanntschaft offenbaren." „Ich werde mir mit meinem Urteil die größte Zurück haltung auferlegen. Wenn, man seinen Fuß in ein völlig unbekannte» Land setzh ist solch« DoHicht la doppelt (Fortsetzung folgt) -s M .M s
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