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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 30.12.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-12-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192212302
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19221230
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19221230
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-12
- Tag 1922-12-30
-
Monat
1922-12
-
Jahr
1922
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 30.12.1922
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8VS. 1. Vesie,« ,n» «leserr eomw-e»»», 80. rezeultr ISA, adeeds. 7S. J-Hr«. nickt lebensnotwendige Befre ung auf ^ "> man uns, sondern, unter Nets und Erpressung, kärglichsten Wackren- »fisiwtt« Iw» «»»sch««. - «n de« Anfang ,«L«r der Zeitspannen, au« der«, Folge sich da« Veden der Menschen und der Menschheit . «rsammensetzt, liebt man es, unter Wschüttelung alter SnttLuschung den Wunsch und die Hoffnuni aufzup bin en. „Glück" schlechthin wünschte man sich »um JanreSwechfet in «ner «eit, deren äußerer «Sian» un« heute fast die Verkörperung der Glückteligkeik selbst dünlr und dle nun wie ein «rschlosseneS HavadieS hmter un« liegt. Heute tragen alle Wünsche einen wehmütig, aut Vouerfüllung verzichtenden Unterton. Da« deutsche Volk ,n seiner da« eigentliche Deutschland d wenden, breit al e Schichten durch« wachsenden Gesamtheit hat feine Ansprüche an da» Leden auf ein zum nackten Dasein notwendige« Mindestmaß -er« abgemmdert, e« hat sich innerlich damit abgesunden, daß 1« nächster Folgezeit nur die anderen vom goldenen Ueber- iluß genießen. Ditte« Mindestmaß au« der Leben-schale fordern auch b,e Wünsche der meisten heute vom neuen Jahre: Essen auf dem Tisch, warme» Zimmer, Kleidung. Gibt e« doch daneben Güter, die nicht mit Geld gekauft und daher auch nicht in der Armut verloren werden kön ne», die Schüße de« Geiste« und Gemütes, wie sie dem Inneren Menschen sich offenbaren. Freilich, auch d ese Schätze können nur gehoben werde«, wen« da« physische Leben in seinen natürlichsten Bedürfnissen befriedigt ist. Heute aber, darüber hat uN» da« vergangene Jahr be lehrt, möchte man selbst da« LebenSmmdestmaß dem Kör per streitig' machen, um Geist und Seele dadurch mit- zutresfen. Da« an Erlebnissen und Erfahrungen vielleicht trau rigste Jahr in der an Talwanderunaen und mühsamen Aufstiegen so reichen, an sorglosem Höhen gang in Wärme und Licht so armen deutschen Geschichte liegt hinter uns. Al« Frankreich in Versailles die Erfüllung seiner letzten Wünsche am Widerstand der Alliierten scheitern sah, als ihm das Saargebiet nicht unmittelbar, das üdr gs links rheinische Land nicht in der „freistaatlichen" Form zu gesprochen wurde, setzte Clemenceau durch, daß der so'e- nannte „Friedensvertrag" nicht Selbstzweck (zum Zustande deS Frieden»), sondern Mittel zum Zweck (der Durch setzung seiner machtpolitischen Ziele) wurde. Dieser „Ver trag" hat gehalten, was der „Tiger" sich von ihm ver sprach. Das vergangene Jahr gab unwiderlegliches Zeug- »iS gegen den Wahn, man könne mir Gutwilligkeit zum Erfüllen selbst über eigene Kraft sich aus den Fesseln eme« Diktat» befreien, dessen innerster Sinn eben mcht Befreiung, sondern Verkriech ung, Völkermord ist. Deutsch- land mußte, wre alle Einsichtigen drinnen und draußen es vorausgesagt, seine Unfähigkeit zur Weiterle stung er klären und ward nun — wer nennt die Namen ? — von Konferenz zu Konferenz geschleppt, schrittweise immer tie fer in Verstrickung, Schuld und Verschuldung geratend. Nicht Erleichterung, nich' weitgespannte Frist gab erneuter Bedrohung und ausschub, an dessen Ende die alte, verstärkt betonte For- derung stand. Im Volksleben rmaS im Lande begannen w'r, die wir durch Kriegs- und Nachkriegszeit wahrhaftig nicht ver wöhnt worden sind, eigentlich erst vom Beginn d?s nun zum Ende gegangenen Jahres an zu erkennen, was das, wie eine Sphinx vor den deutschen Toren lauernde Para- graphenungeheuer des Versailler Diktates eigentlich mit uns vorhat: Opfer. Verzicht, Arbeit ohne Frucht, Elend, Unfreiheit. Entfesselung niedrigster Instinkte, Demütigung, Hoffnungslosigkeit.... Die Zersetzung von Währung und Wirtschaft, ein m der früheren Geschichte in diesem Ausmaße nie erlebter Vorgang, wurde zur Zersetzung des Charakters, bei der Volksgesamtheit wie beim Einzelnen. Mord und Verbrechen, aus schnödem Eigennutz oder aus »rreaeführtcm politi schen Fanatismus, wurden zu einer zahlre che Opfer for dernden Volkskrankheit, alle Hemmungen lösten sich. Die Schicht, deren Arbeitsamkeit, gesundem Sinn und Auf opferungsfähigkeit das neue deutsche Reich seinen Au«- schwung um die Jahrhundertwende in erster Lime zu danken hat. der breite Mittelstand, wurde der Frucht se.ner Sparsamkeit durch die tückische Geldverdünnung beraubt. Eine Umschichtung, wie sie gegen Kriegsende und in der Zett unmittelbar nach dem Kriege m den ersten Anzeichen sich anbahnte, wurde im letzten Jahr zur grauenvollen Tatsache. Der Wohlstand von ernst geriet ohne ei ene unmittelbare Schuld an den Bettelstab, die ge.stigen Ar beiter wurden ins Elendsproletariat hmabgedrückt und ein neuer, aller sittlichen Werte spottender, rücksichtslos die Not deS Volkes ausbeutender Reichtum kam hoch. Ein Schmarotzertum aus allen Himmelsrichtungen des Arts- landes sorgte darüber hinaus noch auf Kosten des ver elendeten deutschen Volke- für das eigene herausfordernd zur Schau gestellte Wohlbefinden. So liegen die Dinge »n dielen bangen Augenblicken, in denen wir zögernden Schrittes die Tür ins neue Jahr aufstoßen und mit unseren Augen das weithin.sich brei tende Dunkel zu durchdringen suchen: Ist irgendwo ein Lichtschimmer, der Vorschein einer Schicksalsoämmerung- Wir haben uns, eigener Kraft beraubt, daran gewöhnt, im mer von außen Rettung und Wundertat zu erwarten. Gewiß, die Tatsache der durch die Alleinherrschaft Frank reichs auf dem Festlande heraufbeschworenen Gegnerschaft Englands gegen unfern Erbfeind ist ,m Laufe des ver gangenen Jahres immer wieder unabweisbar bestätigt und kann uns m nicht so ferner Zeit eininal die Wegs ins Freie ebnen. Auch Amerika und die diesem Erdteil beherrschende Finanzmacht ist nicht abgeneigt, uns den Stecken einer Geldunterstützung ,n die Hand zu geben. Aber gehen, Kräfte sammeln zum Weg m die Freiheit, müssen »vir allein. Und diese« Wiedererstarken der inneren Kräfte unsere« Volke« hängt nur von un« ab, die Veräußerlichung unseres Lebenszuschnittes, die n cht eme Tat,ach: von gestern und heute ist, sondern m ihren Anfängen bis weit in die Vorkriegszeit, ia m die Werdejahre deS jun ien Reiche«, zurückreicht, muß, wenn auch nicht gleich von den breitesten Massen, so doch von den nationalbildenden Führerschichten de« Volke« überwunden werden zugunsten einer schöpferischen Bejahung de« sittlichen WefenSkern« deutsche Entwicklung. Anfänge hierzu find schon im Lande zu spüren. Wenn der Sinn unserer jüngsterlebten Geschichte — und die Geschichte hat einen Sinn! — oie nur im tiefsten Leid und bitterer Erfahrung mögliche Läuterung unsere» VolkSwesen« ist, dann wollen wir mit trotzig zusammen- «Eenen Zähnen aber letzter Hoffnung sicher in- neue Mächtige Jahr schreiten: „Wir mehren eigenen Wesen» Wert, Einst, Brüder, kommt der Tag! Wie glühend Stahl auf Gotte- Hertz Leid sn un- Hammerschlag." Lte äußerliche „varsitzliche NichterkLlluus". Gon zuständiger Seite in Berlin wird mttgetetlt: In der gestrigen Morgenpresse ist ein aus Pari» gemeldete« Communiquee der Reparat»on«komnriss1on veröffentluht worden, wonach diese beschlossen habe, daß da» Wort „Nichterfüllung" ,m Paragraphen 17 der zweiten Anlage zum Reparation-kapitel de» Versailler Vertrags HMuba» Stt» Hude, «e der Ausdruck «vortLtzlrche Die englischen Barsch age Aber «tr halte« e« für notwendig, daß die Retch»regieru«g zum Au«druck bringt, baß die acht Punkte Bonar LawS auch für sie ein« Grundlage bilde», cmf der eine Verständigung leicht zu erreiche« wäre."' Die deutsche« vsrschlLße tzsr dem Abschluß. Di« Besprechungen innerhalb der Reichsregierung über ", Reparation»»»«-« nnd die neuen Vorschläge sind gestern ' ' Freitag nachmittag fand im Reichs. letzte Besprechung mit den Sachver- 'kann "mit Bestimmtheit damit gerechnet werden, bah die werd«».", TS steht ab« noch keineswegs fest, wann und in ,Da- ReichSkabtuett wird die enb- «itzuuß de» esßltscheu «a«uett». Au« London wirb gemeldet: Da« Kabinett erörterte gestern nachmittag t» einer Sitzung die Zusammeuknnft der alliierten Premierminister, LI« nächste Woche in Part« statt- finden wird, und di« Haltung der brittfchen Regierung in der Neparation-sragr. E» steht endgültig fest, daß Mussolini nicht nach Pari» geben wirb, aber er wird durch die Ua. lieuischen Botschafter in London und Part« und de» tta- ltenischen Vertreter in der ReparattonSkommission vertreten sein. Blättermeldungen zufolge erörtert« da» britische Kabinett einen neu«» britische» RrparatiouSplan, der der Pariser Konferenz der alliierten Premtermiulster unter- breitet werden soll. Einzelheiten de» Plane» seien »och nicht bekannt, e« heißt jedoch, daß Bonar Law bereit sei, große Opfer zu bringen, um «tue endgültige Regelung zu erzielen. Möglicherweise sei gestern auch die Frage der interalliierten Schulden vom britischen Kabinett erörtert die Reparation-^ fortgesetzt worben. I_ finanzmtntsterium die letzte Besprechung mit den Sac ständige« au» der Industrie und der Bankwelt statt. deutschen Vorschläge "heute ihre "endgültige Form erhalten I... II I.H i ( I. i - I Ii welcher Form sie der Pariser Konferenz übermittelt werden. Der „Tag" berichtet: »Da» ReichSkabtuett wird die end gültige Fassung der deutschen Vorschläge erst am Sonnabend vormittag besprechen. Im Anschluß daran werden dann die Parteiführer entweder vom Reichskanzler oder vom Außen minister über ihren Inhalt unterrichtet werden. Die Ucber- senbung nach Pari- wird wahrscheinlich im Lause des Sonn- tages erfolge»». Dr. Helsfeeich beschäftigt sich in der „Kreuz-Zeitung" mit der Frage der Sanktionen und kommt zu folgendem Schluß: „Kann »ran diesen Sankiionswahnstnn länger dulden? — Nein und nein! Und wenn die ganze Welt sich zum Mitschuldigen diese- Frevel» macht, so sollten wir Deutsche endlich eS unS und unseren Kindern schuldig sein, den Männern der Sanktionen den Schleier der Heiligkeit vom Kopf zu reiben und die Tinge beim rechten Namen zu nennen." Tie gestrige Litz««, der Reparations- I« der gestrigen offiziellen Sitzung der Reparation-, kommission wurde die Beratung des Gesetzentwurfes über die Verteilung der Schulde» der früheren österreichisch, ungarische« Monarchie zu Ende geführt. Es wurde ein völliges Einvernehmen erzielt. Eine endgültige Entscheidung ohne Vorbehalt konnte festgelcgt werden. Aus Gefälligkeit für die österreichische und die ungarische Regierung, die die Kommission gebeten hatten, gehört zu werden, soll diese Entscheidung erst 14 Tage nach Anhörung ihrer Vertreter veröffentlicht werden. Hardiug gegen de« Antrag Borah. Reuter meldet auS Washington, Präsident Har bins habe in einem Briese an den Senator Lodg: den Senat aufgefordert, den Antrag Borah über eine neue Abrüstungskonferenz nickt anzunetzmen. w.kl ibn dies bei den Verhandlungen behindern würde, die bereits wegen einer internationalen Wirtichastskonsercnz geiührl würden. Der Brief besagt, der Senat könne in ange messener Weise bezüglich internationaler Verliandlun en seinen Rar erteilen, aber ein Beschluß rm Sinns Barahs könne bei den europäischen Mächten einen falschen Ein druck erzeugen. Die Ne rerung bemühe sich, bei der Rege lung der europäischen Lage, die seit vielen Atonalen in eingehender und wohlüberlegter Werse erwogen worden sei, behilflich zu sein. Der Präsident erklärte weiter, dr? Re- Varationsrrage sei die Grundursache der europäischen Schwierigkeiten. Amerika könne aber n-.chr das Recht für sich in Anspruch nehmen, einer Nation zu sagen, was sie an Reparationen bezahlen müsse, oder einer anderen, was sie annehmen müsse. DaS Versprechen neuer Verhandlungen über die Ent waffnung können nicht verwirk! chr werden, bevor die inter» essierten Großmächte ihren Willen zur Mitarbeit kundge geben hätten. Im Verlaufe der Debatte, die der Verlesung dieses Briefes gefolgt sei, habe Lodge erklärt, ec könne sich nickt in deutlicher Form über die von dem Präsidenten eingeleiteten Verhandlungen ausivrechen, aber -auf keinen Fall würden sie sich auf die Annullierung der Schulden er strecken. Der Präsident sei jedoch geneigt, eine längere Periode für die Amortisierung und die Zahlung de: Zinsen zu erwägen. Wie weiter gemeldet wird, erklärte sich Ma c Narn, daS republikanische Mitglied der agrarischen Partei, für die Resolution Borah und sprach sich gegen die ameri kanische Jsolierungspolitik -ans. Borah erklärte, der Plan der Regierung bestehe also rn Wirklichkeit dann, die Forderungen der Vereinigten Staaten an das Ausland zu annullieren ober für mehrere Generationen die Zah lung des Kapitals und der Zinsen aufzuschieben. große Opfer zu bringen, um «ine endgültige Reg« erzielen. Möglicherweise sei gestern auch die Fi interalliierten Schulden vom britische« Kabinett worden. M« Hauptgrund»-«« der englische« Vorschläge bestehen nach der „Daily News" in folgenden Punkten: 1. Herab setzung der ReparatiousvrrpsUchtuugeu Deutschlands auf eine Summe, die innerhalb der Leistungsfähigkeit Deutsch lands lieg«, und energisch« Maßnahme» für de» Fall eines deutschen Verzüge«. S. Zusammenfassung aller deutschen Verpflichtungen gegenüder den Alliierten in einem einzige» Zahlungsplan, b. Befreiung Deutschlands von allen Zah lungen während der ersten drei »der vier Jahr« und Er, Mäßigung der Zahlungen während einer wettere» kurze» Periode. 4. Diese Befreiung brauche sicht ei« vollftäudiger Erlaß zu sein. 8. Eine Summe von Sü Milliarden Gold mark, verteilt auf eine gewiss« Zahl von Jahre», könne al« angemessen gelten. 6. Deutschland müße durch günstige DiskontierungSvereinbarungen, die möglicherweise den gegenwärtigen Wert der gesamten Summe auf die von einer bekannten französischen Finanzautorität vorgeschlagenen SO Milliarden vermindern könnte, jeder Beweggrund ge geben werben, seine Verpflichtungen richtig zu erfüllen. Dies könne Deutschland natürlich nur mit Hilfe von äußere« Anleihen tun. 7. Frankreichs besondere Nolle bei einer Regelung würde in der Annahme deutscher RevarattonS- bons, vielleicht solcher einer besonderen Kategorie, analog den Bons der Serie 0, zum Zwecke der Bezahlung der alliierten Schulden an Großbritannien bestehen und vielleicht außerdem auch darin, daß ihm seine Schulden teilweise gestrichen werben. Mit Bezug auf die nicht gestrichenen Schulden könne eine Abänderung des Grund satzes der Balfour-Note, wodurch eine gewisse Beziehung zwischen den Zahlungen an Amerika und den Forderungen an die alliierten Schuldner geschaffen werde, angenommen werden. 8. Frankreich müsse seinerseits ebeusalls biS zu einem gewissen Maße die ihm von seinen europäischen Alliierten geschuldeten Summen erlasse». Einige der hier angeführten Vorschläge würden viel leicht noch vor der Eröffnung der Pariser Erörterungen ab geändert werden. Außerdem können sich die Ereignisse in Paris oder in Washington so entwickeln. Laß der britische Plan überhaupt nicht oorgelegt werde. Zu den der englischen Regierung zugeschriebenen Vor- schlügen schreibt der „Temps", die Frage der interalliierte« Schulde« sei sicher von großer Bedeutung, aber sie habe weder auf die Lage Les französischen Fiskus »och auf den Eingang der Reparationszahlungen Einfluß. Sie könne deshalb die Frage der Pfänder für Frankreich nicht in den Hintergrund drängen. Auch die Finanzresorm und die Kontrolle, die man in England Deutschland aufzuerlegen bereit wäre, sei nicht ohne Tragweite: da aber alle Schritte dieser Art — ohne die Lage für den Augenblick grundlegend wesentlich zu ändern — die beteiligten Regierungen mit schwerer Verantwortung gegenüber ihren eigenen Ländern belasten, so werde man in Frankreich, wenn man vor die Wahl -er einen ober der anderen Verantwortlichkeit gestellt werde, zweifellos derjenigen den Vorzug geben, die sich auS der Beschlagnahme der Pfänder ergebe. Der „Vorwärts" schreibt: „Die acht Punkte Bonar LawS bedeuten gegenüber dem Londoner Ultimatum vom Mai 1921 einen ungeheuere« Fortschritt, und ihre Aufstellung allein ist ein greifbarer bedeutender Erfolg der Erfüllungs politik der früheren Retchsregierung. Sie berücksichtigen nicht nur in genügendem Maße das Verlangen Deutsch lands nach einem mehrjährigen Moratorium, sondern sie entsprechen ungefähr dem, was die Regierung Fehrenbach- SimonS in leider so unklarer und ungeschickter Form im Mär- 1921 in London angeboten hatte. Allerdings ist der Gegensatz zwischen diesem Plane Bonar Laws und der Politik Potncarss so groß» daß man kaum zu hoffen vermag, er könnte auf der Pariser Konferenz überbrückt werden. Die Unruhe unter de« Etseußahueru. Zu der Streikgesahr Sei der Eisenbahn gibt die „Rhei nische Zeitung" folgenden Beschluß LeS Deutschen Eisen- bahnerverbande« der Bezirke Esse«, Elberfeld und Köln wieder, der die gefährliche Situation im Westen klar er, kenne» läßt: „Die am 28. Dezember in Elberfeld ver. sammelten Vertreter de« Deutschen Eisenbahnerverbandes der Bezirke Essen, Elberfeld und Köln sind nach eingehender Aussprache zu der Ueberzeugung gekommen, daß eine weitere Hinauszögerung der neuen Lohnfestsetzung nur in einer unerträglichen Verarmung der Arbeiter und Beamte» sich auSwtrken kann. Sie fordern daher die Reichsregierung dringend auf, sofort eine Neuregelung der Löhne und Ge. hälter sowie der örtliche» Lohnzulagen herbeizuführen, da die Organisation nicht mehr in der Lage ist, die Bediensteten von Arbeitsniederlegungen abzuhalten. Bei etwa aus. brechenden Bewegungen erklären die Angestellte» de« Deutschen SisenbahnerverbandeS, sich an die Spitze der Bo- weguug zu stellen: alle hieraus sich ergebenden Folgerungen bat die Negierung dann in jeder Form zu verantworte» Um der Regierung noch einmal de« ganzen Ernst vor Augen zu führen und Abhilfe zu bewirkeu, wurde «ine au» den Vertretern der drei Bezirke bestehe«-« Kommission gebildet» die am Dienstag, ». Januar, i» Berlin den maßgebende« Jnstanaeu über di« Laar tta RnLraobiet« Vetticht «GaUal Rechtsgrundlage geschissen wäre. Von deutscher Seite ist wiederholt mit den klarsten Gründen nachgewicfcn, und von der Gegenseite ist niemals widerlegt worden, daß der Ver trag den Alliierten unter keiner wie immer gearteten Vor aussetzung em Recht zu territorialen Sanktionen g.bt. Silles, was tue Alliierten im unbesetzten Gebiet tun, oder was sre im besetzten Gebiet über die ihnen im Rhemiandsabkommen gegebenen Befugnisse hinaus tun, wäre ein Eingriff m die territorialen Hvheitsrechte Deutschlands, der durch den Pa ragraphen 18 nicht gedeckt unrd. Nach K 18 würden selbst im Falle der Feststellung einer „vorsätzlichen Nichterfül lung" nur Maßnahmen wirtschaftlicher oder finanzieller Art in Betracht kommen, die von den Alliierten ohne Hebelgriff aus das deutsche Territorium verwirklicht wer den tonnen. Nichterfüllung" im Paragraph 18 dieser Anlage. Wenn dieses Communiquee authentisch sem sollte, so würde damit der Borwurf erhoben werden, daß Deutsckland mit den Holzlieferungen absichtlich hinter seinen Berpfltchtun- en zurückgeblieben wäre. Daß dieser Borwurf sachl ch eine völ lige Entstellung der Tatsachen bedeuten würde, kann nach den gestrigen ausführlichen Darlegungen als bekannt vor ausgesetzt werden. Ganz abgesehen hiervon, müßte jedoch gegen den Beschluß aus allgemeinen Gründen Verwah rung eingelegt werden. Die beiden angesührten Paragraphen des Vertrags unterscheiden ganz unzweideutig zwischen der .Nichter füllung" und der ,vorsätzlichen Nichterjüllung". Für den Fall der einfachen Nichterfüllung wird in 8 17 vorgesehen, baß die ReparationSkommtssion e.ne solche Nichterfüllung unverzüglich den beteiligten alliierten Mächten anzergt und ihnen«.eichzeitig Vorschläge über die angebracht ersck. inen den Maßnahmen mitteilt. In 8 18 wird dagegen für den Fall der vorsätzlichen Nichterfüllung bestimmt, daß die alli ierten und assoziierten Regierungen zu gewissen Sverr- und Vergeltungsmaßnahmen berechtigt sein sollen. Wenn so in zwei unmittelbar aufeinander folgenden Best mmungen einmal von einer Nichterfüllung und dann von einer vorsätz lichen Nichterfüllung gesprochen tv.rd, und »nenn dabet für den Fall der vorsätzlichen Nichterfüllung besonders schwere Maßnahmen vorgesehen werden, so würde es nicht nur den elementarsten Regeln der Auslegung von Vertragsbestim mungen, sondern überhaupt jeder Logik widersprechen, die beiden im VertragStext unterschiedenen Fälle nachträglich als gleichbedeutend hinzustellen. LS wird auch den subtilsten AuSIegungSkünsten nicht gelingen, diesen klaren Sachver halt zu verdunkeln. Nun ist es zwar richtig, daß der Der- sailler Vertrag die Reparationskommission zur Auslegung der Bestimmungen des ReparationstapitelS ermächtigt. Diese Ermächtigung gibt der Kommission aber n.cht daS Recht, den Sinn der Vertragsbestimmungen in sei» Gegen teil zu verkehren. DaS wäre nicht mehr eine Auslegung, sondern eine willkürliche Aenderung deS Vertrags. Im übrigen muß auch be» dieser Gelegenheit -auf da« Nachdrücklichste darauf hingewiesen wetden, daß, »elbst wenn die Reparation-kommission formell eins vorsätzlich: Nicht erfüllung festgestellt hätte, damit kür die Anordnung von Sanfttonen «n besetzten oder unbesetzten Gebiet noch kerne
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