Volltext Seite (XML)
Wiederkehr »er WeihnechtSkrihhe. vo« Han» vea«. Der ltchtftrablenbe, geschmückte Tannenbaum hat sich fast Li« ganze Erbe erobert. Ueberall, wo Christen wohnen und besonders dort, wo die deutsche Zunge klingt, findet man ihn. TS haben sich daneben aber noch ander« Ge bräuche zur Feier der JesuSgeburt erhalten, die nicht minder sinnig und durch ihr« vtelhunbertjährtg« Geschichte auch nicht minder ehrwürdig sind alt di« Lichtcrtanne. Der schönste dieser Bräuche, der »um Teil an Stelle, -um Teil in Ergänzung de» ChrtstbaumeS in vielen Län- Lern geübt wird, ist die Aufstellung einer Weihnachtskrippe, h. die gemalte ober viel öfter »och plastisch autgeführte Darstellung der Vorgänge der heiligen Nacht nach den biblische» Ueberltefcrungen. In Deutschland hat sich dieser Brauch wohl am lebhaftesten im Erzgebirge und in Ober bayern erhalten. Die Abhaltung «inet eigenen Krippen marktet tn München während der Adventzett ist ein sprechender Beweis dafür, das, hier viele Familien zur Weihnachtszeit eine Krippe ansbauen, die jedes Jahr neu aufgeputzt und weiter auSgebaut wirb. Auf diesem Weih- nachttmarkt werde» die zur Ergänzung serttger Krippen dienenden Gegenstände, zum Teil aber auch fertige Krippen verkauft. Man findet dort Darstellungen von Jesn Geburt tn der allerprtmitivsten Art aus alten Ktftendeckeln vo» armen Leuten als Heimarbeit zusammengezimmert, die mit den dürftigsten Figuren und Tieren im Stil der Nürn berger Tptelzengkasten belebt sind, bis zu kostspieligsten Aufbauten. Die einfachen und billigen Sachen überwiegen aber, und nur selten verirrt sich tn die elenden Bretter buden des heutigen Münchener Krtppeumarkte» noch mal eine gute Holzschnitzerei auS älterer Zett. Früher war es anders. Tüchtige Bildschnitzer lieben ihre Ware scllhalten und weitere Kreise der Bevölkerung als heutzutage baute» um Weihnachten ihre Krippe auf. Die Bcrgangcnhett lehrt aber, dab, wenn die Borliebe für Krtppenbautcn einmal eine Reihe von Jahren oder Jahrzehnten fast bis zu», völligen Verschwinden zurirckging, sie stets wieder auflevte und dann immer von neiicm zn hoher Blüte gelangte. Mancherlei Vorzeichen sprechen dafür, dab eine solche Blütezeit wieder für die Weihnachtskrippe herankommen will. In mehreren gröberen Ladengeschäften Münchens findet man heute gut anSgcführte Gegenstände für den Krippenaufban. Wirtlich künstlerische Figuren liefert das Lurch seine Passionsspiele bekannte Bildschniherdorf Ober ammergau, dessen Gemeinde für den Vertrieb ihrer Er zeugnisse seit Jahren ein eigenes Ausstellung»- und Ver kaufslokal in München unterhält. Die Weihnachtskrippe hat ihre sehr interessante und kulturhistorisch bedeutende Geschichte. AufS engste ist sie mit der Kunstgeschichte des Mittelalters und der neueren Zeit verbunden. Ein ganz besonderes Verdienst hat sich der jetzt verstorbene Münchener Kommerzienrat Max Schmedcrer und der Münchener Gelehrte Dr. Georg Hager um die Geschichte der Weihnachtskrippe erworben. Schmedcrer hat durch Sammeln aller Arten vo» Krippen darstellungen die uralte Sitte der Nachwelt erhalten und zeigt uns, wie viel Schones und Wertvolles auf diesem Gebiete geschaffen wurde. Seine großartige Sammlung befindet sich im Neuen Bayerischen Nationalmuseum tn München und bat, einzig in ihrer Vollständigkeit und Art, mit Recht einen Weltruf. Sie ist eine Quelle des Ent zückens für jeden Bcsncher, ob grob, ob klein, ein wert voller Beitrag zur Volkskunde und zur Geschichte der volkstümlichen Kunst geworden. Die Krippen sind in einer langen Reihe von Einzelkabinetttn untergebracht. Jedes Kabinett ist anders als das vorhergehende. Einige zeigen fertig ausgestellte Krtppenbilber, meistens von eigenartigem stimmungsvollen Retz. Andere wieder GlaSschränke, die die einzelnen Bestandteile der Krippen enthalten. Da sieht Der kleitte Herrgottsschnitzer. Eine Weihnachtsgeschichte aus Oberbayern. Von Helene Schede. Der Dezember breitete seine weiten, wetben Fittiche Über bas Schnitzerdorf am Fuh des KofelS auS und malte funkelnde Kronen und phantastische Palmenwebel in die glitzernden Scheiben. Flocke auf Flocke siel der Schnee, polsterte Dachrinnen und Türrahmen und legte sich so schwer über die tief hcrabhängenden Giebel, daß die ge malten frommen Heiligenbilder unter dem First wir auS weitzem Hermelin hervorzulugen schiene». Die Strohe, an der die Tiroler Häuser breit mit gespreizten Röcken saßen, war ein schimmerndes, von tausend Sternen sprühendes Band, in dem LaS Knarren und Poltern des Alltags erstickte. Es war die Zett der langen, geheimnis vollen, vom Schellengeläute heimkehrenber Schlitten klin genden Abende. Am Ende des Dorfes, wo die Berge schroff und steil in weißen Rüstungen standen und den AuSgang des Tals be wachten, lag still und gebückt das bescheidene HauS des Schnitzers Matthias Lenz. Der kleine Wastel drinnen tn der Stube fürchtete die Riesen nicht, die so finster und drohend hinter den niedrigen Fenstern aufstiegen; er wußte, von des höchsten Helmes Spitz« blickte man im Frühling weit über grünendes Land und droben erhob sich als Wahrzeichen seiner Heimat der gekreuzigte Heiland. Der zehnjährige Knabe war anders als feine Gespielen. Während sie Burgen bauten, sich rauften, Räuber und Prin zessinnen waren, trieb eS ihn tn die Werkstatt der alten be rühmten Schnitzer, die ihm wundersame Dinge au» de» OrteS Vergangenheit erzählten. Wie der Schwarze Tod in dem stillen Tal gewütet habe, wie die Bewohner «in heiliges Gelöbnis taten, die Passion des lieben Heilands aufzuführen, wenn die Geißel von ihnen genommen würbe. Und weiter, wie die Kunst des Schnitzens seit Jahrhunderten hoch gehalten wurde und die HerrgottS- figuren überall bis über» große Meer verschickt werden mußten. Da weiteten sich des Kindes Auge». Seine Seele warb klar wie der Bergbach, der von den blauen Eisfeldern kam, und in ihrer Tiefe spiegelten sich die hundert güldenen Sterne wieder, die seine Mutter gemalt hatte, als sie ihn unter dem Herzen trug. Es war daheim in der Dämmer stunde immer dasselbe traute Bild. AuS deS VaterS ge schickten Händen erstanden fromme biblische Gestalten, Heilige und Apostel, Jesusknäblein, sanfte Madonnen; die Mutter saß am Fenster, wo Sommer wie Winter Blumen blühten, wiegte mit dem Fuß das Brüderchen und trug mit schmalen Pinseln di« Farben auf — scharlachrot und saphir blau, weiß und golb. Und Wastel, der schon fleißig bei der Arbeit war und große Begabung zeigte, wünschte sich nichts sehnlicher, als selber einmal ein berühmter Schnitzer zu werden und aus dem rohen Holz die lieblichste Mnttet Gottes und das schönste Herrgöttle zu formen. Seit einigen Tagen aber hatte sein Leben einen zweiten Brennpunkt gefunden, -en seine Gedanken wie gelbe und weiße FrühltngSfaltcr umkreisten. Das kleine Evchen vom nachbarlichen Schloß war in der Dämmer stunde mit ihrer Mutter zu allerlei Einkäufen tn die Gchnitzerwerkstatt gekommen. Draußen stand -er Schlitten mit warmen Decken und schweren Pelzen, die Pferde wieherten, und jedeSmal, wenn sie den Kopf hoben, klang e» in der Stube wie fernes, silbernes Glockenläuten. Die Gräfin, deren Güte man im ganzen Ort pries, sprach lange mit den Eltern, legte Wastel die seine schmale Hand auf den Kopf und sagte, er solle in die Schnitzrrfchnle gehen und »au gdnze Fächer völl EMstk vM MA «vn -en verE- bensten Typen de» Gefolge» der Weifen au» dem Moraen- laude oder au» der alten Geschichte. Dann wieder Dar stellungen einzelner Svenen au» der heiligen Geschichte oder Bilder au» dem Volksleben. Wieder andere sind an- gefüllt mit den verschiedensten Tieren, Geräten, Bauten usw., da» metste aufs kunstvollste und charakteristische au», geführt. Jede Eintönigkeit ist vermieden. Der vesucher lernt den lieblichen Reiz der Krippe kennen und verstehen, begreist ihre Bedeutung für die volksksrnbe und für die Volksseele. Die Krippenbtlber sind alle verschieben, sowohl wa» die Szenerie anbelangt, al» auch in Karbe, Grüße und veleuch- tuNg. Gezeigt «erben deutsch«, Tiroler und italienische Krtpvrnbilber und Krtppensiguren. All« die deutschen und Tiroler Figuren sind wundervoll ausgesührt und charakte risiert, sie geben klar den Charakter der vvrzustellenbcn Persönlichkeit wieder. So ist zum Beispiel von den unend lich vielen Engeln keiner dem andern gleich tn Ausdruck und Gebärde, keiner vom Gefolge der drei Könige, welcher Raste er auch sei, gleicht dem andern. Immer wieder neue charakteristisch« Züge »eigen sich, immer wieder neue Ge stalten und Gebärden. Dazu kommt ein« ausgeglichen« schöne Muhe. Die italienischen Figuren dagegen sind in der Ausführung gröber und meisten» lange nicht so fein charakterisiert. Dagegen liegt «ine größer« Lebendigkeit und Beweglichkeit über den Figuren und den Krippenauf- bauten, die diesen ein interessante» Lebe» verleiht. Alle Forschungen über Ursprung und Geschichte der Krippe beweisen, wie zähe «nb fest da» christliche Volk vieler Gegenden an dem alten Brauch sestgehalte» hat und noch immer Ginn dafür zeigt, ihn weiter auszubauen. Rührend ist die tiefe gemütvolle Auffassung de» Volke», bi« sich in den Krippenbauten äußert. Und köstlich die Naivität, mit der oftmals Heiliges und UnhciligcS, Komisches, Humo ristisches nnd Tragisches zuiammengrstellt wird. Groß ist auch die Bedeutung der Krippe für die Kulturgeschichte. Die Krippe hält vieles im Bilde fest, wa» sonst längst ver- loren und nntcrgegangen wäre, wie die Wiedergabe der alten Volkstrachten, Bauernhäuser usw. Welchen großen Wert man früher ans die künstlerische Gestaltung der Krippe legte, lassen die vielen alten Figuren erkennen, die man tn der Schmeberschen Sammlung in den verschiedensten Techniken sinbet. Sie lassen auch erkennen, daß man srüher diese Werke der Klcinplasttk mit derselben Sorgfalt arbeitete wie die großen Werke der Bildhauerkunst. Hielten rS doch große Künstler nicht unter ihrer Würbe, für die Krippe zu arbeiten. Architekten und Maler beschäftigten veksiml vlrä V»lL vullk keklamer lLsvrler» Im Duzsblstt l ein rechter Künstler werden. Die Mutter hatte ganz selt sam feuchte Augen, und ein Glanz war darinnen, so tief und blau wie der Mantel der himmlischen Madonna droben auf dem Berg. ES war alle» so feierlich, und Wastel war eS ganz beklommen zu Mut. Aber da faßte ihn Evchen am Arm, er sollte ihr die Messer, die Laubsägen, die Leim tiegel zeigen; sie klatschte vor lauter Freude in die kleinen, dick behandschuhten Hände, als sie die Schafe, die Hunde, die Hirten und die rosigen Christkinde! erkstickt«. Wastel wagte kaum, ihr nah zu kommen, so zerbrechlich und zart erschien sie ihm, ganz wie die Elfen und Prinzessinnen in seinem Märchenbuch. Beim Fortgehen lud ihn die Gräfin ein, am Weihnachtsabend aufS Schloß zu kommen und Evchen» Tannenbaum zu sehen. Seither blühten in -er schimmernden Christnacht seiner Seele di« weißen Lilien, die die Engel in himmlische Ge filde pflanzen. Die Gräfin erschien ihm geheimnisvoll, unerreichbar wie eine mild lächelnd« Maria und an da» kleine Mädchen hing sich sein ganze» Knabrnherz. Ein Kripperl wollte er ihr zu Weihnachten machen. Er ganz allein. Mit einem Himmel und einem Stall voller Tiere und einem Gärtletn davor, in dem ein wahrhaftiger Brunnen rauschen sollte. So hatte er es In München auf dem Chrtstktndelmarkt gesehen, wo Bude an Bude sich schloß und er in -cm Flimmern der Lichter und Glitzern der Glaskugeln wie tn einem Wunderbuch geblättert und Hundert« von Krippen bestaunt hatte. Boller Eifer ging er an die Arbeit. Eine kleine, mit MooS auSgestopfte Kiste ergab den Bethlehem-Stall, dar über spannte er eine blaue, mit vielen goldenen Sternen beklebte Leinwand, suchte seine besten Figuren aus, schnitzte noch etliche bazm sägte, bastelt«, klebte, lebt« nur noch seiner Ueberraschung, bi- die schönste aller Krippen vor ihm stand. Darüber war der Advent vergangen, und auf einmal, er wußte nicht wie, war der 24. Dezember angebrochen. Das Geschenk wurde sorgsam in viel graues Papier eingehüllt, und al» der Nachmittag leise in den Abend zu verebben begann, machte sich Wastel auf den Weg nach dem Schloß. Eine Ungeduld und Spannung war in ihm, wie er sie nie empfunden hatte. Sogar die Erwartung der eigenen Be scherung daheim, des neuen Werkzeugs und Malkastens, die er sich so heiß gewünscht hatte, trat zurück vor dem Glück dieser Stunde. Immer fester krampften sich die Finger in die dicke Schnur, während er über den Schnee wie über eine schimmernde Milchstraße glitt. Ihm war, als sausten ans Tausenden von unsichtbaren Schlitten de» Herrgott» liebe Engel die weißen Berghänge hinunter, al» hingen die schweren Tannen voller GoÜddukaten unk» funkelnden Kerzen, al» schritte er dahin zwischen schlanken Lilien und leise singenden Harfen. Während unter seinen Füßen der feine Schnee pulvernd zerstob und die Sonne ihre vranb- sackeln auf allen Gipfeln entzündete, malte er sich EvchenS Freude au», wenn sie den Stall, da» Christkind, die zarten, wie au» Sonnenstrahlen gesponnenen Heiligenscheine, das Gärtchen, den Brunnen mit dem glitzernden Silberpapier al» Wasserstrahl sehen würde — alles, alle- wa» er für sie in drei langen Wochen gearbeitet hatte. Jetzt hatte er den mächtigen Bau, dessen Türme daS Tal weithin beherrschten, erreicht. Pfeiler an Pfeiler, wie in einem weiten Dom, erhoben sich die verschneiten Bäume im Park, duftige Spttzengewebe, Ranken voll glitzernder Wtnterrosen, schlangen sich Uber die Wege. DaS Herz klopfte ihm bis an die Kehle; er hätte später nie sagen können, wie er in daS Schloß gelangte. Jemand hatte ihm Mantel und Mütze nnd sein graue» Paket abgenommen, und aus einmal war er im Saal, wo Evchen und ihre , Mutter standen. Eine Flut von Helligkeit strömt« thm ent gegen. ES war wie ein Blick au- dnnklem Wald in eine sich mit den Entwarfen »e» szenisch«» «pparare» uns »es Ausstellung. I» Deutschland und Tirol waren die große« Krippen größlrntetl» auf di« Kirchen und Klöster beschränkt, in Ita lien ieboch, vor allem tn Neapel, hielten sie im 17. und 18. Jahrhundert ihren Etn»ua tn di« Häuser. In Neapel gab cs Paläste, wo tn einer Flucht von Zimmern Szenen an Szenen gereiht waren. Auch ans die flachen Dächer der Häuser baute man tn Rom und Neapel die Krtppensiguren aus, benutzte dabei die nächste Umgebung al» architektonische Stasfage und den Blick in die Landschaft als stimmungs vollen Hintergrund. Goeth« berichtet uns von dieser Sitte in seiner italienischen Reis« unterm 27. Mat 1787. SS gab bamal» in Neapel tm Prtoatbesttz Präsepten, wie der Fta- ltencr diese KrtppenauSstellungrn nennt, deren Wert auf vo ovo di» 80 MV Franken geschätzt wurde. Dt« frühesten Hin» weife aus Krippen sind mit -en kirchlichen WethnachtSsptelen verknüpft, die man freilich in erhaltene» Beispielen nur bis in» 11. Jahrhundert »urückversolgen kann, die tn Wirklich- keit aber boch wohl bi» tn da» erste Jahrhundert zurück gehen. Sehen wir von den Klöstern ab «nb von der Ver bindung mit dem geistlichen Schauspiel, so scheint tn Ober bayern die Sttte, tn den Pfarrkirchen «rippen mit größerem Apparat aufzubaue», gegen da» End« deS 16. Jahrhundert» znerst ausgetreten zn sein. Der Brauch, die Geburt de» Herrn tn einigen Ftgnrcn barzustellen, hat aber auch wohl hier schon viel srüher bestanden. Pfarrer Leeb tn Alt-Oetttng vat auf Grund einer alten Ktrchenrechnung vom Jahre 160» da» Leven und Treiben, wie e» sich vor 860 Jahren tn dem alten, viel« malerische Archttekturbilder bietenden Jnnstäbt- chcn absptelte, tn so lebendiger und srtscher Weise geschildert, daß man sich mitte» tn die damalige» Zetten htnetnversetzt glaubt. > Im 18. Jahrhundert, tm Zeitalter de» Rokoko, war die Krippe am weitesten verbreitet. Dann trat ein Rückschlag ein. Ma» spottete nicht nur über bas Komische und Burleske, sondern überhaupt über die volkstümlich- Auffassung der Krippe. Die Folge war, -aß 1803 nnd 1864 die Aufstellung der Krippen in den Kirchen Bayerns verboten wnrbe. Man versuchte dann auf alle Art, dieses . Verbot rückgängig z« machen, zunächst aber ohne Erfolg. Später machten sich dann wieder mildere Anschauungen geltend. Und jetzt wird schon längst wieder die Krippe alljährlich in den Kirchen Bayerns aufgcvaut. Ganz nnvekannt ist die Weihnachtskrippe übrigens auch in Norddentschland nicht, wenn ihr dort auch nur selten die Pflege zuteil wirb wie in den katholischen Ländern. Immer hin machen sich in niedersächsischen Gegenden die Knaben und Mädchen zum Weihnachtsseste einen Ausbau der Geburt deS ChrtstkinbleinS im Stalle z» Bethlehem. Meistens freilich begnügen sie sich mit dem Ausschneiden und Zusammen kleben von Modellierbogen. Vcrschiedne Bräuche knüpfen sich an die Krippen. In Nom und Neapel kommen am heiligen Abend die Hirten auö den Bergen und blasen singend vor der Krippe. Aehn- lichcs wird ans Prag berichtet. In den Familien singen die Kinder vor den beleuchteten Krippen Weihnachtsltedcr. Viel fach wurden auch früher kleine Krippen durch Städte und Dörfer getragen, begleitet von Wcihnachtsliebcr Singenden, z. B. in Tirol, Altbanern und Nicdcröstcrrcich. Auch ii> Hamburg hat diese Sitte bestanden. Tic hcruinzichenden Sänger pflegten dabet Gaben ctnznsamincln, die manchmal sehr reichlich auSftelen. So hat die Weihnachtskrippe ihre eigene Geschichte, und nimmt auch bei unserer deutschen Weihnachtsfeier der über dem Gabentisch funkelnde Chrtstbaum, der seinen harzigen Duft durchs ganze HauS sendet, die erste Stelle ein, so wird er boch die Freude an der kindlich-naiven Krippendarstellung nicht verdrängen können. ES wäre auch schade drum, Senn von beiden Weihnachtsbräuchen geht eine herzerhcbcnbe Poesie auS, und keiner von beiden ist der Gegner des ande ren. Sie können neben einander bestehen zur Freude von alt und jung. plötzlich sich öffnende, golbdurchrieselte Lichtung. Bis zur Deck« ragte der Baum, funkelnd von Kerzen, bunten Kugeln, Eiszapfen und Engelshaar. Zahllose Sterne flammten am Kronleuchter auf, singen sich in den hohen, blanken Spiegeln, hüllten den Knaben in ihren Glanz. Als die Gräfin ihm vom Baum eine große Schokoladen bretzel herunterschnitt, fiel ihm die Krippe ein, die irgend wo draußen auf dem Flur stehen mußte. Er wollte hinaus eilen, aber schon hatte ihn Evchen an der Hand gepackt und ihn durch den wetten Raum bis an einen tannenumkränztcn Erker geführt, der wie «ine kleine Kapelle aussah. Ja, und da stand eine große, herrliche, den ganzen Platz ausfüllende Krippe, die aus urgroßväterltchcm Besitz stammte. Da schwebte» von der blauen Kuppelbccke des Erkers pausbäckige Engel mit goldenen Flügeln herab. Hirten hüteten ihre Schafe ans dem Feld. Zwischen Palmen sprudelte ein Brunnen mit wahrhaftigem Wasser. Die Könige und Weisen, prächtige Barockgestaltcn, standen in reichen Gewändern zwischen den einfachen Hirten, Joseph voll schlichter Frömmigkeit, Maria in wunderbarer Rein heit beugten sich über das Jesuskind. Mit seiner ganzen schwingenden jungen Künstlerseele empfand Wastel die Schönheit dieser altbaycrtschen Krippe; und jetzt sang noch mit feiner Stimme eine Spieldose das „Stille Nacht, Heilige Nacht." Da dachte der Knabe plötzlich an das graue Paket — an seine Krippe, die draußen frierend tm Gang stand. Wie lächerlich klein und unvollkommen sie ihm diesem Kunst werk gegenüber erschien! Nie würde er wagen, sie dem feinen Komteßchen anzubieten. Seine Augen stillten sich mit Tränen. Der goldene Faden, an -en sein Knabenherz Perle an Perle gereiht hatte, war jäh zerrissen. Ihm war, al» habe der Himmel sich Über thm geschlossen, und als seien die Lichter am Baum alle verloschen. Es drängte ihn mit aller Macht nach Hause, fort aus dem Saal, in dem er sich verlor, von dem engelSblonben Mädchen, das sich nie an seiner Gabe freuen würbe. Die Gräfin betrachtete ihn mit gütig besorgte« Blicken und konnte sich seine Tränen und seine Erregung nicht erklären. Zu Hause fiel er der Mutter schluchzend um den HalS. Sie quälte ihn mit keiner Frage, ließ den ersten Sturm, der seine Kinberseele erschütterte, sich auStoben. Am Abend aber, als die Lichter an dem kleinen Baum längst abgebrannt waren und Wastel verträumt vor seinem neuen Werkzeugkasten saß, klopfte eS an der Schnitzers Tür. ES war der Gchloßdiener, der für Wastel ein großes Leb kuchenherz und einen Brief der Krau Gräfin brachte. Darin stand, baß -er Chrtstengcl noch einmal zu ihnen her- etngeslogen sei und auf dem Flur ein graues Paket hinter lassen habe. Darinnen steckte eine wunberltrbe, schöne Krtppe, die Evchen bi« größte Freude bereitet habe, und von der sie sich gar nicht trennen möchte... Da füllte ein jähe» Entzücke» des KindcS Herz. Die armselige Schnitzcrstube weitete sich zu einem Bethlehem- Stall, auf den tausend brennende Sterne ihr Licht herab gossen. In -en Fenstern saßen Gottes liebe Engel und lächelten ihn an. Wie Joseph und Maria standen Vater und Mutter vor der Wiege, in der das Brüderchen gleich einem JesuSkindletn schlief. So selig duftete es nach Wachs und frischen Pfefferkuchen. Auf dem Lisch funkelten dir neuen Messer im ersehnten Werkzeugkasten, die Farven blühten und glühten, und weithin hörbar, von HauS zu Haus, von Berggipfel zu Berggipfel, klang tn jubelnde» Akkorden, tausendsach vom Echo znrückgeworfen, daS alte Lied: „O, Du fröhliche, o, D« selige, gnabenbringende Weih nachtszeit ..."