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«Hilft II«» Wifieilschift. Lpielpia« der «iichftlche» Etaaisitze-ter. Opernhaus: Sonntag t27), außer Anrecht: .Carmen" <7 bis gegen ^11); Montag l28I, Anrechtsreihe B: »Hochzeit im Fasching" t>L8 bis gegen Dienstag, Änrechtsrctln: B: „Unter »ter Augen", „Die Elixiere des Deutel»" <7 bis gegen UN: Mitt woch, für die Freitag-Anrechtsinhaber der Reihe A. vom 25. Dezember: „Der fliegende Holländer" t)-8 bis gegen Ulf: Donnerstag: „Die Fledermaus" t« bis Ui: Freitag, außer Anrecht: „Lvhengrin" fv b. gegen NM: Sonnabend j2. Ian.j a. A. „Ter Cvaiigelimann" <N8 geg. Nil), Sonnt, <3.), außer Anrecht: „Aida" <N7 bis nach NUN; Montag i4.i. Anrechts reihe A: „Martha" fN8 bis nach UN. — Sch a ri s p i e l h a n S: Sonntag <27.i, vorm. Nl2 Uhr, einmalige Wiederholung der Morgenfeier: Weihnachten; nachni.: „Der Froschkünig" fNU bis N5i; abends, außer Anrecht: „Im weißen Rützl" lN8 bis nach UN: Montag <28.i, Anrellftsreibc B: „Der Weg nach Douvcr" fN-8 bis Nlli: Dienstag, AnrcchtSrcihe B: „Der Kaufmann von Venedig" <7 bis NUN; Mittwoch, Anrechts reihe B: „Der mutige Seefahrer" <N8 bis gegen NUN; Don nerstag, außer Anrecht: „Kyritz-Pyritz" <N>7 bis nach U>: Freitag nachm.: „Der Froschkünig" l^-3 bis N5»; abends, Anrechtsreihe B: „Wie es euch gefällt" <8 vis NM; Sonn abend f2. Ian.j, Anrechtsreihe B: „Mein Freund Teddy" t'N8 bis UN; Sonntag (3I nachm.: „Der Froschkönig" (N8 bis NS): abends, außer Anrecht: „Intermezzo" f8 bis nach NM; Montag litt, außer Anrecht: „Der mutige Seefahrer" lN8 bis gegen NUN- Dresdner Musilbries. Im vorigen Sinfonietonzert der Staatskapelle wurde uns als Steilheit die sinfonische Dichtung „Lebenoreise" von Josef Suk als nicht eben schmackhafte Wcihnachtogabc anfgetischt. — Ter Komponist, der einst in dem berühmten Böhmischen Streichquartett als Bratschist tätig war, hat sich durch einige Kammermiisikwerlc den Ruf eines guten Musikers erworben, aber für große sinfonische Dichtung, die das Sehnen, Stürmen und Drängen des zur Reise Heranwachsenden Menschen schildern soll, reichen seine Kräfte nicht ans. Fünfzig Minuten dauert das Werk, aber eS enthält, in einem fori verlausend, erbärmlich wenig Musik, iviidern nur ungeheuer viele und meist recht schlecht klingende Ruten. Ter UU'danteninhalt ist ärmlich und zum Teil aus Wagner und Strauß entlelint, die Instrumentation mehr auf den Effekt zugespiht als sinngemäß und das Ganze gehört trotz aller Schwierigkeiten und raffinierten Orchester tricks doch zn der einzig unerlaubten Art der langweiligen. So blieb denn auch die Ausnahme ziemlich kühl, obwohl Busch sich mit Begeisterung für das Wert cinsetzic. Die Kapelle selbst hätte das Stück am liebsten abgcsetzt, denn in den Orchesterstimmcn waren alle Bvrtragsbezcichnungcn und Erläuterungen in der „tschechischen Weltsprache" geschrieben, wodurch die Musiker sich mit Recht verlebt fühlten. Es hätte wirklich nichts geschadet, wenn man dem Größenwahn de» Tschechen eine Mine Lektion erteilt Hütte. Einen hohen Ge nuß gewährte die stilistische Mitwirkung der Züricher Altistin Ilona Turigv; zwar paßten Mahlers „Kiuder-Tvtcnlieder" nicht in die Weihnachtüstimmung, aber sic sang sie mit so herr licher Stimme und tiefem Gesühl, daß man jeden Einwand vergaß. F. A. G. Das Ergebnis des Literarischen Wettbewerbs für die deutschen Kampsspiclc 1928 in Köln. Das Preisgericht, das über die eingegangeuen 91 Arbeiten zn entscheiden hatte, er kannte in seiner heutigen Schlußsitzung solgcndcu Arbeiten die ausgesetzten Preise zu: Kennwort „Pcrikles", Verfasser Fräulein Elisabeth Poll, stud. phil., Köln, Luxemburgerstr. 39, 1. Preis .',»>> M.; Kennwort „Einhart", Verfasser Dr. Günther Birkenfeld, Berlin-W. 82, Bayreuthcrstraße 19, 2. Preis 190 M.; Kennwort „Heimaterde", Verfasser Julius Wolschcudorss, Hamburg 2k, Hebbclstr. 2, 3. Preis 3M M.; Kennwort „Ver sacrum", Verfasser Wilhelm Flemming, Ber kin-Schöneberg, Hauptstr. IM, 4. Preis 2M M. «amwervirt»»» Pr»sess»r «te»z t»t. Rach kurzer Krank heit verstarb in Dresden im Alter von .'>y Jahren der frühere Cellist der Sächsischen Staatskapellr Kammervirtuos Prof. Arthur Stenz. Im Dresdner Konservatorium war er lange Jahre als Hochschullehrer tätig. Weiteren Kreisen ist er auch bekannt geworden aus seiner Konzcrttätiakcit als Mitglied brr ehemaligen Kamiiirrmiisikvereiniguiig Bachmann-Gunkel- Stenz. Leit t» Jahren lebte er im Ruhestände. «ns d«« Sammlungen für Kunst und Wissenschaft. Am l. Weihnachtsfeiertag sind die Dresdner Lkulpturcnsamm- luug und die Museen sür Tier- und Völkerkunde, am 2. Feiertag dagegen die übrigen Sammlungen wie an Sonn tagen geüfsnet. Handel und Volkswirtschaft. Auswertung »ou Lebensversicherungen. Die nach dem Aufwertungsgesctz vom 15. Juli lU25 am l. Januar >928 ab- lauftnde Frist sür die Anmeldung der auszuwertendcn Hypo theken wird in weiten Kreisen irrtümlicherweise auch ai^ Lebensversicherung bezogen, so daß die Meinung verbreitet ist, Lebensvcrsicherungsansprttche müßten ausdrücklich ange meldet werden, sei es beim zuständigen Amtsgericht oder unmittelbar bei der Gesellschaft. Reuerdings wurde sogar im Briefkasten einer süddeutschen Zeitung ansgelordert, diese Anmeldung unter Einschreiben oder noch zweckmäßiger durch den Gerichtsvollzieher zustcUcn zu lassen. Hieraus be zugnehmeud, teilt die Karlsruher Lcbcnsversichernngsbank Ä.-G. mit, daß Lebensversicherungen im Äuswertungsgesetz eine Ausnahmestellung insofern einnehmcn, als der An- spruchsbercchtigtc keine Anmeldepflicht hat, deren Versäum nis seinen Anspruch gefährden könnte. Die Aufwertung der Lebeusoerstcheruuge« vollzieht sich vielmehr ohne jedes Zu lu« des Versicherte». Die Lebcnsversichernngsgescllschastcn wahren also die Interessen ihrer Versicherten ohne weiteres. — Bei dieser Gelegenheit sei auch die Frage gestreift, bis wann der Aufmertungsansvruch des einzelnen Versicherten sestgestellt werden lann. Voraussetzung dieser Feststellung ist, daß die Lebensversicherungsgcscllschast selbst erst eiumat weiß, was sich als Gesamtbetrag ans der Auswertung ihrer Vermögensteile ergibt. Tiefe Lumme läßt sich aber wegen verschiedener nach dem Auswertungsgesetz noch lausender Fristen vorerst noch nicht bestimmen. So kann z. B. bis zum 1. April 1928 je nach den besonderen Verhältnissen der Hypo ibekengläubsger eine höhere, der Hypoihetenschuldiicr eine niedrigere als 2.">prozcntige Auswertung beantragen. Auch steht die Festlegung der Auswertung der Kommuualauleihcn noch aus. Bis zur Festsetzung der Aunvcrtungsquotc der einzelnen Lebensversicherung werden noch einige Monate ver streichen. Die niichfte Ausgabe vom Riesaer Tageblatt nach dein WeihnacktSfest kommt Montag, den 28. Dezember 1925. nachmittag? heraus. — Anzeigen für die Montagnnmmer werden am zweiten und dritten Feiertag von 11—12 Uhr angenommen in der Tageblatt-Geschäftsstelle Riesa, Goethestratze 59 »u »er Beruuer Bidet« war die Tendenz de» tzknerren- marktes am Mittwoch wefentlich freundlicher als am Tage zuvox. Befestigend wirkte besonders eine Rachricht, wonaä der Westdeutsche Eisentrust seiner Errichtung wcscntlict näher gekommen ist. Rach leichten Schwankungen gewann die seste Haltung immer wieder das ttebergewicht. Am Ren lenmarkt schloß fünfprozcntige Reichsanlcihc mit o,1925o, Lchutzgebietsanleihe mit 4,05. Von srcmden Renten waren Türken gesucht. Eisenbahnakticn zeigten wenig Veränderun gen. Lchissahrtsaktien waren gut gefragt. Stärker gebessert waren besonders Hapag, Norddeutscher Lloyd und Hamburg Süd sowie Roland nm GL—2 Prozent. Bantakiicn hatten kleine Kursrückgänge. Am Montanakiienmarkt gewannen Harpener, Hvesch, Mannesmann, Bochumer und Deutsch- Luxemburger zeitweilig 1—GL Prozent. Essener Steinkohlen und Rvmbachcr verloren Prozent, Stolberger Zink G, Prozent. Farbwerte und chemische Werte konnten sich kräi »ig erholen. Sic erzielten fast durchgängig Knrsvesscrnngcn bis 1 Prozent. Kaliwertc lagen still. Tie Aktien der Ma schinenfabriken schwankten stark im Kurse. Elekirizitätswene hatten nur ganz geringes Geschäft. Ter Latz für tägliches Geld stellte sich aus 7>L—u Prozent, für Mvnatsgcld aus 9' bis kl Prozent. Ter Privatdiskont blieb unverändert. Am Devisenmarkt treu rin neuer Rückgang des französischen Franken ein. — An der Produktenbörse war die Haltung de Getrcidemarttcs fest. Weizen tonnte von den ans dem Ans land eingegangeuen Nachrichten über Preiserhöhung proii- ticrrn. Für Roggen bestand gute Nachfrage. Allerlei Humor. Die Klaue. „Vater, können denn die Löwen wirklich schreiben?" „Wie kommst Tu denn daraus?" „Ra, de> Lehrer hat uns doch heute erzählt, der Löwe hätte ein, mächtige Klane." Mißverstandene Frage. „Eniichnldigen Lie, werter Herr, ich sammle sür nnicrc Weihnachisbeschcrung kür arme Lcnie Was mache» Lie mit ihren alten Lachen?" „'Was ich nu: ihnen mache? IM bürste sic jeden Abend sorgfältig nno lege sic zusammen und am anderen Morgen ffcbr iw sie wieder an." Das schwierige Amt. Tie Rciiverbeiraicten bauen sico einen Truthahn zu Weihnachten gekauft, und da der jnna- Ehemann der Ausgabe der Zerschneidens des großen Vogel noch nicht gewachsen war, so wollte ihn ieiac Fran dnraui vorbcreitcn und zeigte ihm aus einer Zeichnung ui ihrem Kochbuch die punktierten Linien, an denen das Mester ein langgcsührt werden sollte, damit er vor den Gästen Hine llnehre cinlege. Tic Gäste waren versammelt, der Tru: Hahn stand aus dem Tisch, aber der Hausherr war ratlos „Warum schneidest Tu denn den Truthahn nicht gin?" fragt, seine Frau ängstlich. «Ich möchte schon", sagte er stoiicriid, aber ich kann keine von den punktierten "iuicn finden." Unter'dem Mistclzweig. Lie sanden sich unter den: Mistclzwcig am Weihnachtsabend, und sic iagrc errötend: „Sie sind der erste Mann, der mich kiißi." „Tann wüsten Li. aber brieflich Unterricht genommen haben", erwiderte er. „Tenn sie benehmen sich garnicht wie ein Aniängcr." Ein Ausweg. Ein Verleger beklagte ncb einmal bei Laphir,' daß er von einem bekannten Lcßriff'lellcr non aller Bemühungen nicht ein Manuskript erhalten könne, do- cr längst bezahlt hakte. Eben sei er wieder bei ibm gewesen und habe um Lieferung gebeten, aber der Autor habe sich dahin ausgcredet, daß ihn seine Fran '»eben mir einen: Knaben beschenkt habe und die Varcrireude ihm die nouvcn- digc Ltimmung zur Vollendung der Arbeit raube. „Ich weiß einen 'Ausweg", sagte da Laphir. „nehmen He den Knaben, da kriegen Lie ganz gewiß ein Wert, das Hand nnl Fuß hak." nicht ganz unbekannt sei. Sie meinte bas durchaus nicht böse; sie war eben nur aus anderem Holz geschnitzt, wie die zartfühlende Hanne, die nicht begriff, daß man seine Empfindungen so offen zu Markte tragen konnte. „Du", schlängelte sich Male Flick an Hanne heran, „hast du schon gehört: Gerd Paulsen ist wieder hier. Heute nachmittag ist er mit dem „Gellert" von Cuxhaven herauf gekommen. Er und Steuermann Versen haben in Neuyork abgemustert, und nun will er auf Schule gehen." Hanne blieb stehen. Ein freudiger Schreck bannte ihre Glieder. Hinncrk von der „Möwe" abgemustert l Dann war er wohl auch schon hier und hatte womöglich schon nach ihr gefragt, während sie in törichter Einfalt in Cux haven auf der Mole stand. Gewiß, so war es. Er wollte sie überraschen und folgte nun mit Ungeduld dem Kreis lauf des Zeigers auf der Uhr bis zu ihrer Heimkehr. „Und was ich noch sagen wollte," fuhr Male fort, „Steuermann Versen ist in Wilhelmshaven bei den Ma riners eingetreten. Die alte Piepersch hat es heute morgen meiner Mutter erzählt. Und die weiß es von ihrem Sohn. Der hat den Steuermann in Southampton ge troffen." Hanne fühlte, wie alle Farbe aus ihrem Gesichte wich. Sie wankte und wäre gestürzt, hätte Male Flick sie nicht am Arm gefaßt. „Laß nur, es ist schon wieder vorbei," wehrte Hanne ab. „Es — es — ich glaube, ich habe mich erkältet und muß mich ein paar Tage hinlegen." Und mit schleppenden Schritten ging sie hinüber nach ihrer Wohnung. Betroffen sah Male ihr nach. „Wie kann einem so etwas so nahegehen? Sie wird ooch am Ende nicht geglaubt haben, daß der Neff« des reichen Senators Söltjen sie heiratet? Ja, wenn der Herr Steuermann, anstatt von der Uhlenhorst, vom Bill- wärder Deiche stammte, dann wäre es vielleicht was ge worden. Aber so —" Sie schnippte mit den Fingern und pfiff Rieke Paulsen heran, die gerade aus Kaufmann Dachaus Laden trat, um ihr die eben erlebte Szene brühwarm mitzuteilen. Frau Lehnert empfing Hanne mit stummem Vorwurf und reichte ihr wortlos einen Brief. Hastig trat das junge Mädchen an das Fenster. Es war schon zu dunkel im Zimmer, um noch lesen zu können. „Ach!" Ein schmerzliches Stöhnen rang sich von Hannes Lippen. Ein Brief von ihm; ein Brief mit deutscher Marke und oem Poststempel Wilhelmshaven! Das konnte nur das Ende sein. Das Ende eines Traumes, der so reich war an wonnigen Stunden, aber auch an tiefer Bitternis. Dann saß Hanne in der Sofaecke, derselben Sofaecke, die Zeuge war all ihrer Freuden und all ihrer Schmerzen, und las und las. „Und das^aelblicheLicht d»r.Hänge lampe sah in des Mädchens Antlitz eine liess Blasse, ein irres Flackern in den schreckhaft großen Augen. Es war jener Brief, den Hinnerk angefangen, als die „Möwe" sich Neuyork näherte, den er am Abend vor dem Ball auf Corthing-Island vollendete, und zu dessen Absendung er keine Zeit gefunden. Des Steuermanns weitere Zeilen bildeten eine lange Kette von Selbstanklagen und Borwürfen, die sich hundertmal wiederholten; er beschönigte nichts, er nannte sich einen ganz schlechten Menschen und schwor Hanne hoch und teuer, daß er in ihre Arme eilen werde, sobald die Ausbildungszeit vorüber und es ihm möglich sei, einen wenn auch nur fechsunddreißigstündigen Urlaub zu erlangen. Frau Lehnert ging im Zimmer ab und zu, das Herz voller Weh und voller Mitleid. Ohne daß Hamie sich ihr anvertraute, wußte sie, daß der Inhalt des Briefes mit einem Meer von Schmerz das Mädchen überflutete. Der Poststempel Wilhelmshaven war ihr mehr gewesen als alle Erklärungen. „Armes Ding," murmelte sie nur. Hanne war aufgestanden und starrte, die heiße Stirn an die kleinen Scheiben des Fensters gepreßt, hinaus auf die Straße. Der Regen peitschte die Firste der Hgufer, rann nieder an den rorglasterten Fronten und umsäumte die Straßenlaternen mit glitzernden Perlen. Und glitzernde Perlen waren auch in Hannes um florten Blauauaen. Eine tiefe Traurigkeit hatte sich ihrer bemächtigt. Sie mußte den Geliebten freigeben; jetzt, sofort in dieser Stunde, ehe es sie gereute. Sie ging zu ihrer Kommode und entnahm ihr eins kleine Kassette mit Briefpapier. Die kaufte sie damals, als Hinnerk hinausgezogen war; das feinste und beste Papier hatte sie gewählt, das man ihr vorlegte. Ein müdes Lächeln strich über Hannes Antlitz; ein Lächeln, wie es nur der Schmerz eingibt um einen längst verlorenen Toten. Sie war nicht zu oft in die Lage gekommen, von dem schönen Leinenpost Gebrauch zu machen; sie wußte ja fast nie eine genaue Adresse. - Der Wind draußen gebärdete sich immer ungestümer, ' Er schnob pfeifend durch den Kamin, rüttelte an den schlechtverwahrten Fenstern und Türen, drängte sich an jede Ritze und blies boshaft hindurch, daß die Lampe ein um das andere Mal hellauf zuckte. Hanne saß am Tisch, einen leeren Bogen vor sich und die Feder in der Hand. Nur eins kurze Galgenfrist noch, ehe sie die verhäng nisvollen Worte niederschrieb! O, die Stunden, die sie mit Hinnerk verlebt, würde» ewig fortblühen in ihrer Seele. Es war ein frohes, heiteres Wandern gewesen durch buntbesti ten Wiesenplatt sm lachenden Lenz. Doch nun war er da, der rauhe, uner bittliche. Reif, der tötet und vernicklet. Und mit bebender Hand schrieb Hanne die wenige» Worte: Ich gebe Dich frei, Hinncrk, werde glücklich. In fieberhafter Eile kuveriierle sie das "Billett, schrie!: die Adresse und stürzte hinaus in die Regennachr nach dem Briefkasten an Kaufmann Dachau- Ecke. Dumpf fiel der Brief nieder auf den Boden des leeren Kastens; er gab einen Ton, der Hanne erschauern ließ bis ins Mark hinein. Laut schluchzte sic auf und rütteln: in entsetzlicher Angst an dem blauen Ungetüm, das ihr Glück soeben verschlungen. Und um sie herum hohnlachie der Sturm und lärnne durch die Straße mit schmetternden Fanfaren. Als Hanne wieder bei Frau Lehnert eintrat, war sie ganz ruhig. Sie umhalste die alte Frau und küßte ihre rreuen, guten Augen. „Nun bin ich wieder ganz dein, Tanrc Lehnert," sagte sie leise. Allein, als sie in der Kammer in ihrem Lette lag, und das gelöste Goldhaar sie umrieselte, wie ein langer, weicher Mantel, kroch der mühsam niedcrgehaltene Schmerz wieder herauf, und der salzige Quell ihrer Tränen sprang aufs neue. Still weinte sie vor sich hin, weinte um Hinncrk Versen, den ersten, den sie geliebt; weinte, bis der Schlaf kam auf leisen Sohlen und sachte ibr die müden Lider schloß. LI. Kapitel. Wilm Pieper stand auf dem Ponton der Haienfähre zu St. Pauli und wartete auf den kleinen Dampfer, der ihn nach dem andern Ufer der Elbe zu Godefroys Werft bringen sollte. Dort lag in dem mächtigen Schwimmdock, demselben, das vor Jahren die „Möwe" beherbergte, die „Marie", ein ehemaliges Paketboot, das die Hapag ausrangicrc hatte, und das von der Adler-Linie dann angekauft wurde. Sie war ein Riesenkasten, die „Marie"; aber plump und ungeschlacht in ihren Formen, beleidigte sic eines jeden Seemanns Auge, wie von ungeschickten Händen au- Bäumstämmen roh zusammengezimmert sah sie au-. „Die Tante", hatte der Matrosenwitz das Schiff getauft, ob ststses schwerfälligen Ganges und der bräunlichen Farbe seiner Deckaufbauten, die lebhaft an jene eines Kaffee topfes erinnerte, und als Tante war die „Marie" allen Seeleuten bekannt. " Kopfschüttelnd betrachtete Wilm Pieper Las auch in seinem Außenkleide eher einer Kohlenschute, wie einem einstigen Hapagdampfer ähnelnde Schiff, dessen scheußliche Linien in der Härten Herbststimmung sich noch abscheu licher ausnah men, als dies sonst der Fall war. Auf diesem erbärmlichen Prahm sollte er Emil Ferner wiedcrfinden, seinen alten, väterlichen Freund, den er vor zweieinhalb Jahren als ersten Ingenieur eines statt lichen Dampfers der Kingsin-Linie-verließ «Fortsetzung folgt.)