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1. Beilage znm „Riesaer Tagedlatt". «ottUionSdm« u«ch «rrlag »oa L-«,«r t «In,«rltch.tn ««»!». — Utt dl« A«daM»n «mmn»»rtl«chi Arthur->d» et ü««iela-^ S86. Mittwich, 1V Tczc*btr 1018 «deudS. " «S. Aehrz. rSchftscher Sandte,. Zweite Kammer. AM Regierungstische Kinanzmtnister v. Seydelbttz. Auf der Tagesordnung der gestrigen Sitzung steht zu- nächst die Schlußberatung über Kapitel 3 des Etats Kaliwerke betreffend. Abg. Däbritz (Kons.) er stattet den Bericht der Finanzdeputation A, und bean tragt, das Kapitel nach der Vorlage zu genehmigen. Abg. Müller (Soz.): Der Ertrag der Kalkwerke sei ständig zurückgegangen. Teilweise würden sogar die nötigen Mittel zur Betriebsführung verweigert. Tie Staatsverwaltung scheine eine Konkurrenz mit den privaten Werken zu vermeiden. Die Ueberschüsse würden wahrscheinlich durch niedrige Löhne erzielt. Finanz minister v. Seydewitz tritt den Angriffen des Vor- redners entgegen. Der Betrieb der Werke vollziehe sich nach kaufmännischen Grundsätzen. Die Verwaltung suche, die Rente nach Möglichkeit zu heben, und scheue auch keine Konkurrenz. Die Arbeiterlöhnc seien angemessen und letzthin wiederholt erhöht worden. Die Mittel zur Beschaffung der nötigen Sprengstoffe seien niemals verweigert worden. Abg. Göpfert (Natl.): Trotz der Minister-Erklärung könne er von seinem Vorwurfe der Verweigerung von Betriebsmitteln nichts zurücknehmen. Der Minister scheine falsch unterrichtet zu sein. Abg. Müller (Soz.): Ein Arbeiterlohn von 1040 Mark könne für Sachsen nicht als angemessen bezeichnet werden. Finanzminister v. Seydewitz: Auch im Jahre 1913 seien erneut Lohnerhöhungen eingetreten. Die Rente sei allerdings nicht erheblich. Wenn die Verwaltung trotz dem den Betrieb aufrecht erhalte, so geschehe es im Interesse der Arbeiter. Seine Auskunft über die angeb liche Verweigerung von Sprengstoffen, beruhe auf amt- lichen Unterlagen. Er bitte den Abgeordneten Göpfert jedoch, ihm seine Unterlagen zugehen zu lassen, damit er die Sache prüfen könne. Hierauf wird das Kapitel ein stimmig nach dem Anträge der Deputation genehmigt. Zum Etatskapitel 17 die Landeslotteric be treffend erstattet den Bericht Abg. Döhler (Natl.). Er beantragt, das Kapitel nach der Vorlage zu ge- genehmigen, wenngleich sich der Staatsvertrag bezüg lich der Lotterie erst als nachteilig erwiesen hatte. Abg. Singer (Natl): Er teile das Bedenken der Linken be züglich der Staatslotterie. Ter finanzielle Erfolg könne ihn nicht befriedigen. Auch werde der Partikularismus durch die Lotterie gefördert, wie die Vorgänge in Bayern bewiesen. Man sollte die Staatslotterie ganz abschaffen. Nach kurzen Bemerkungen des Berichterstatters wird das Kapitel gegen die Stimmen der Sozialdemokraten so wie der Abgeordneten Singer und Zöphel (Natl.) ange nommen. Es folgt die Schlußberatung über Kapitel 25 und 26 die Verzinsung und Tilgung der Staats schulden betreffend. Abg. Anders erstattet den Deputationsbericht und beantragt die Genehmigung der beiden Kapitel nach der Vorlage. Abg. Brodaus (Fortschr.): Seine Freunde lehnten eine Schuldentilgung ab, die über das gesetzlich Notwendige hinausgehe. Tie Abgg. Merkel und Günther schließen sich dem Vor redner an, da unter zu starker Schuldentilgung die Kul- turaufgaben litten. Abg. Anders (Kons.): Die er hobenen Bedenken seien bereits in der Deputation er örtert und entkräftet worden. Finanzminister v. S e y d e- witz tritt der Legende entgegen, als ob die Ausgabe der 30-Millionen-Anleihe nicht nötig sei, wovon bereits 26 in Anspruch genommen wurden. Die Kulturaufgaben litten in keiner Weise. Die gegenwärtige Schuldentil gung bedeute keine Mehrbelastung der Bevölkerung. Inzwischen ist ein fortschrittlicher Antrag eingegangen, die Beschlußfassung über die Kapitel 25 und 26 solange auszusetzen, bis durch die Weiterberatung des Etats völlige Klarstellung über die Gesamteinstellungen geschaf fen sei. An der weiteren Debatte, die sich vornehmlich um die Frage dreht, ob eS zweckmäßig sei, jn der Schuldentilgung über daS gesetzlich vorgeschriebene Maß hinauszugehen, beteiligen sich noch die Abgg. Klein- Hempel (Natl.), Fleißner (Soz), Hähnel (Kons.) und Sindermann (Svz ), sowie der Finanzminister v. Seydewitz. Nach einem Schlußworte deS Bericht erstatters wird zunächst der fortschrittliche Antrag auf Aussetzung der Beschlußfassung abgelehnt und darauf die beiden Kapitel gegen die 9 Stimmen der Fort schrittler angenommen. Es folgt die Schlußberatung über Kapitel 29 des Etats „Land tags kosten", wo rüber ebenfalls Abg. Anders (Kons.) den Bericht er- stattet. Abg. Brodaus (Fortschr.): Ter Minister des Innern habe in der Landtagsbetlage des „Tresdn. Journals" über die Verhandlrmgen vom 17., Mai 1912, die sich mit der Zittauer Oberbürgermeisterwahl be- schäftigten, eine Schiebung vorgenommen. Er habe seine damalige Rede, die scharfe Angriffe gegen seinen Fraktionsgenossen Roth enthielten, in zwei Teile ge teilt und den zweiten Teil erst an viel späterer Stelle eingefügt, wodurch der Anschein erweckt werde, als ob die scharfen Worte des Ministers erst durch die Vorredner veranlaßt worden seien. Er bedauere leb haft, daß der Minister des Inneren nicht persönlich an wesend sei. Finanzminister v. Seydewitz: Bei der fraglichen Angelegenheit handle es sich weder um einen erstaunlichen Fall noch um eine Schiebung; doch müsse er das weitere dem Minister des Inneren überlassen. Mehrere Redner bringen hierauf verschiedene Wünsche inbezug auf die Einrichtungen im Ständehause und namentlich eine bessere Besoldung der Landtagsdiencr vor. Präsident Dr.' Vogel erklärt, daß eine Aufbesse rung der Landtagsdiener bereits vom 1. Januar ab eintreten werde. Tas Kapitel wird darauf antragsge mäß angenommen. Präsident Dr. Vogel macht Mit teilung von einer schweren Erkrankung deS Abg. Riem, der heute ins Jöhannstäoter Krankenhaus eingeliefert wurde. Er wünscht ihm baldige Genesung. Nächste Sitzung Donnerstag 1 Uhr: Interpellation Castan über Arbeitslosenunterstützung und Interpella tion Schönfeld betr. Arbeitermangel auf dem Lande. Schluß 7 Uhr. — Ter KWuzln Sin iie «Mche Wtil mi idn Vs MWmssM«. BD. Wenn der frühere österreichische Auslands minister, Graf Goluchowsky, den österreichischen Dele gationen seine Darlegung der internationalen Politik machte, pflegte man zu sagen, jede Nation habe nun ihr Fett abbckommen. Von dieser aktiven, um nicht zu sagen kampflustigen Stimmung war in der Rede des Reichskanzlers nichts zu bemerken. Eine klare nüch terne Aufzählung der Tatsachen. Eine fast bescheidene Erwähnung der Ergebnisse, unter denen Erfolge nicht fehlen. Kein Haschen nach billigem Lorbeer durch Auf bauschung von überwundenen Schwierigkeiten. Anderer seits aber auch keinerlei markante Züge, die dem In- und Auslände zum Bewußtsein brächten, daß auf dem Stuhle Bismarcks ein Mann süße, der durch seine Per sönlichkeit Beachtung oder gar Einfluß erzwingt. Rosenrot malt der Kanzler die internationale Lage nicht, wie Fürst Bülow das so meisterhaft verstand, ohne allerdings, damit mehr zu erreichen, als über manche Fehler und Misterfolge augenblicklich hinwegzutäuschen. Aber optimistisch in seiner Darstellung ist auch der Nach, folger. Er soll eS sein, denn ein fröhlicher Optimismus ist die notwendige Voraussetzung deS Erfolges. Aller- 8e»rSI»«» — Vordstnxs Store» — älwckr«» — «»rwltarvi» SettckeolLvo — SteppSeelrei» Vepplol»« in viels«, neuen Llustvra H«ekckeolrvi» — Soknckvelrea »vttvorloxe». OI»li»e»>«oI»v Ltexookell« in eilen OröLsu. LelneckeolLvi» — Selrlnkckeelrett IL»i>»evII»»»rckevlLei» i?terSeckeoIreL. LnrSolL8«»et»1« VoppkeLv Liters Auster oäsr mit kleinen ^Vodekskisrü teilweise kür äis LLIkts äsr kruderen kreise. WM« lck. W Ind. 8. Lasse. Lek« Kosllis- um! 8edll1rslls1rärs«. Anter schwerem Aerdacht. Roman von F. Arnefeld. 51 Helmers stimmte ihr durch eine sehr ausdrucksvolle Be- wegnng des Kopfes zu nnd es ward nunmehr »och au die Angeklagten die Frage gerichtet, auf welche Weise sie denn glaubten, daß die Vergiftung geschehen sei. Beide stimmten darin überein, der Verstorbene habe eS sich selbst beigebracht und die Tat schon von langer Hand vorbe reitet. „Er hat mir nur deshalb den Schreibtisch geschenkt, um in dessen Geheimfach das Gift verbergen zu können, es hat sich gewiß von Anfang an darin befunden!" fügte Karla hinzu. DiesevoreiligeAeußerungtrugihr eine» mißbilligenden Blick deS Rechtsanwalts Köppen ein. Erhalte sich diesen Drückerfür seine Verteidigungsrede als sehr wirksam zurückgelegt, mäh rend die Mutmaßung im Munde des jungen Mädchens durch aus keinen guten Eindruck heroorbrachte. DaS Verhör der Angeklagten war vorläufig geschlossen und baS der Sachverständigen und Zeugen begann. DaS Schneegestöber draußen dauerte unvermindert fort, die vor den Fenstern deS Sitzungssaales stehenden Bäume bra chen beinahe zusammen unter der auf ihnen liegenden Last, im Innern aber war die Temperatur eine sehr hohe gewor den, da man, obgleich eS noch nicht weit über die Mittags stunde war, doch schon die Gasflammen hatte anzünden müs sen. Trotzdem wich und wankte niemand von den Zuhören«. Je weiter die Verhandlung vorschritt, desto dramatischer ge staltete sie sich, desto mehr Zwischenfälle durfte man erwarten. Wie eS zwischen Schauspielern und Zuschauenden, zwischen Vortragenden und deren Zuhörern ein gewisses unerklärliches Etwas gibt, das erwärmend und anfeuernd oder erkältend nnd lähmend wirkt, so ist dies auch der Fall in den Gerichts- fälen, und bei dieser Gelegenheit empfanden Angeklagte und Verteidiger mit schwer entmutigender Deutlichkeit, daß ihre Sache durch daS soeben stattaehabt« Verhör nichts gewonnen habe. Besonders schien der Versuch der Entlastung durch Hel- ulrrS nachträglicher Geständnis völlig mißglückt zu sein. Die Stimmung ward keine wesentlich andere während der vernebinnna der Lena en und Sachverständigem Die Aerzte. welche die Obduktion gemacht, sowie der Chemiker, der die innere,« Teile des Toten untersuchte, berichteten über den Be fund, nach welchem es feststaud, daß der Tod durch den Ge nuß eines recht reichlichen QuantumS Arsenik herbeigeführt worden war. Der letztere» dem auch die Untersuchung der in der Haus apotheke vorgefundenen Medikamente übertragen worden, be zeugte, daß darunter nichts Schädliches oder Bedenkliches ge wesen sei. Alle schüttelten aber ungläubig den Kopf zu der Aus sage Helmers, von der ihnen durch de» Präsidenten Mittei lung gemacht wurde. Die Geschichte, besonders da sie nach träglich oorgebracht wurde, klaug doch zu unwahrscheinlich. Die Aussage deS Möbelhändlers, von dein Hafner den Schreibtisch für die Schwester gekauft, lautete dagegen etwas günstiger für sie. Er bezeugte, daß der Verstorbene besonderen Wert darauf legte, daß sich ein Geheimfach darin befände, und daß er ihn, da ein solches Stück nicht auf Lager gewesen, eigens habe anfertigen lallen müßen. Die Frage des Vertei digers, womit denn der Käufer dieses Verlangen begründet habe, beantwortete er in sehr charakteristischer Weise mit dem Ausruf: „Als ob Herr Hafner sich jemals über dergleichen aus gesprochen oder man ihn hätte danach fragen dürfen! Man muß zufrieden sem, wenn ihm etwas gefiel und er eS kaufte. Feilschte er dann doch nie um den Preis." Auf Verlangen der Verteidiger waren die vom Untersu chungsrichter belauschten und bereits in der Voruntersuchung vernommenen Mitglieder der damaligen Tafelrunde im Mül- lerschen Restaurant auch wieder zur Haüptoerhaudlung gela den, wogegen sie in Uebereinstimmung mit dem Staatsanwalt auf das Zeugnis der alten Frau Helmers verzichtet hatten. Warum sollte man die unglückliche Mutter vor die Schranken zerren, da man nicht erwarten durfte, Dinge von ihr zu er fahren, die von wesentlichem Einfluß auf den Gang der Ver handlungen sein würden! Hatten die Verteidiger gehofft, unter der Müllerschen Ge sellschaft Entlastungszeugen zu finde», so sahen sie sich be trogen. Wohl traten einige von ihnen, wie der DerlagSbuch- Händler Döring, sehr entschieden für die Angeklagten ein, aber e» war ja gerade das Verhängnisvolle in diesem Prozeß, daß das. was zu ibr-n Gunsten gesagt war. »n ihrem Nach teil gedeutet werden konnte. Auch jetzt fiel durch alle Schilde rungen wieder ein so ungünstiges Licht auf Hafner, daß im Zuschauerraum wie auf der Geschworenenbauk, die Tat der Verzweiflung seitens der Schwester nicht so unglaublich klang und es gar nicht selten war, daß man sich gegenseitig Bemer kungen zuflüsterte, wie: „Der Wurm krümmt sich, wenn er ge treten wird; man kann es ihr gar nicht verdenken, wenn sie sich endlich zu helfen gesucht hat." Belastend und verhängnisvoll wurde«« auch dK Aussagen der beiden Dienstmädchen, obwohl besonders dH Köchin sich Mühe gab, für ihr Fräulein einzutreten. Auch fUschlug dazu den verkehrten Weg ein, indem sie den Verstorbenen in einer Weise malte, daß, wie sie sich gegen Vertraute auSließ, kein Hund ein Stück Brot von ihm genommen haben würde. Der Erfolg, den sie davor« erwartete, schlug in daS Gegenteil um , sie hatte sich durch ihr unbefugtes Aufräumen und Reinigen des im Schlafzimmer vorhanden gewesenen Geschirres ohnehin schor« verdächtig gemacht, und es war erwogen roorden, ob «na«« sie vereidigen solle. Noch weit schwerer fiel aber die Aussage GraupnerS ins Gewicht. Auch er schilderte daS Verhältnis zwischen den Ge schwistern als kein gutes und schonte seinen verstorbenen Herr» keineswegs, unterließ aber doch nicht, ihn mit seiner Krankheit zu entschuldigen, hervorzuheben, daß Fräulein Edelberg trotz dem ein sehr gutes, bequemes Leben gehabt und daraus hinzu weisen, daß es einen Menschen wohl aufbringen könne, dervon einer schleichende,« Krankheit ergriffen, sehen müsse, wie anders den Verliebten spielten und auf seinen Tod lauerten. Bei diese«« Worten fuhr Karla auf und wollte ihn unter brechen; der Vorsitzende gebot ihr jedoch Schweigen und fragte, was er von dem Testament wiße. „Nich viel, aber doch genug, mn zu wissen, daß er da« Fräu lein enterben wollte," war die Antwort. „Aber daS Testament war nicht rechtsgültig." Graupner zuckte die Achseln. „WaS verstehe ich davon und was geht'L mich an ? Der Herr sprach immer davon." „Und auch noch am letzten Abends" fragte Rechtsanwalt Schleiden. ^Gewiß." 21» Sy