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Beilage znm „Riesaer Tageblatt". RotaÜouSdruL »d Verlag »an Langer L WinterltL in I^ela. — Mir dt« Redaktlon verantwortltch! i. v.r Arthur Hähne! l« Riesa. S14. Mittwach, IS. September 1808, abeabS. SS. Jahrg. Die Krisis ia Abessinien schleppt sich hin wie die Krankheit des Kaisers Menelik. Rach neueren Nachrichten hat sich der Kaiser zwar körper lich erholt, aber Geist und Willen scheinen schwach und stumpf geblieben zu sein und den Plänen der Kaiserin Daitu keine ernsten Hemmnisse zu bereiten. Sie hatte es durchgesetzt, daß die drei Deutschen, die Menelik in sei nen Dienst genommen hatte, der Kanzler Ziukgras, ein Leibarzt und ein Lehrer für den Thronfolger, kalt gestellt Wurden. Neuerdings soll der deutsche Lehrer den Unter richt des Thronfolgers wieder übernommen haben. Die Kaiserin sucht aber ein^n jungen Mann ihrer Verwandt schaft auf den Thron zu bringen, während der von Mene lik ausersehene Thronfolger der Sohn einer Tochter Mene- lils aus früherer Ehe ist. Wenn Menelik stirbt, werden also wahrscheinlich blutige Kämpfe um den Thron ent brennen. Unter dem beherrschenden Einfluß der Taitu hat sich aber auch eine fremdenfeindliche Strömung in Adis Abeba breit gemacht, die zunächst hauptsächlich für die Fran zosen unbequem geworden ist. Ob die Verträge mit den erwähnten drei Deutschen gehalten werden oder nicht, ist politisch nicht so wichtig, als die Aufhebung der den Franzosen erteilten Konzession für Fortführung der Bahn- linie Dschibuti—Tiredaua 'bis Adis Abeba. Die franzö sische Regierung hat die verkrachte Bahngesellschaft durch staatliche Unterstützung in den Stand gesetzt, die Kon zession für die Strecke von der Grenzstation Diredana bis nach der abessinischen Hauptstadt äuszuführen, und nun ist die Konzession, Weik angeblich, die französische Ge sellschaft gewisse Bedingungen nicht erfüllt habe, annul liert worden. Deutschland geht nicht auf politische Vor teile in Abessinien aus, Frankreich jedoch ist als Grenz- nachbar in hohem Grade politisch interessiert und hat sich in einem Vertrage mit den andern beiden europäischen Grenznachbarn Aethiopiens, Italien und England, gegen deren Konkurrenz bei Vollendung der Bahn Dschibuti— Adis Abeba gesichert. Allerdings hat Menelik noch in seiner guten Zeit diesen Vertrag nicht ausdrücklich an erkannt und eine internationale Verwaltung der Bahn angestrebt. Menelik war glücklich im Kriege gegen Italien, er war glücklich in der Beschränkung der Macht der RaS (Könige) und als Einiger des Reichs, er war auch vor- sichtig-klug in der Zulassung von Fremden zur wirtschaft lichen Entwickelung seines Landes, die noch ganz in den Anfängen steckt. T°rotz Christentum steht das Volk noch auf niedriger Kulturstufe unter grausamen Sitten. Die Unsicherheit über die Thronfolge ist schon ein starkes Element des Zerfalles; würden noch Ausschreitungen des Fremdenhasses und damit zugleich auch auswärtige Ver wicklungen hinzukommen, so wäre eS erst recht fraglich, in welcher Gestalt das Werk l.ieneliks den Schöpfer über leben wird. Tagesgeschichte. Die Kaisermanöver in Süddeutsch!«»!». Testern morgen fanden Borpostengefechte statt. Die Spitzen von Rot marschierten auf Werbach zurück. Die Straßen waren wegen de» Regen» sehr lehmig. Da» Luft schiff „Groß II" stieg vormittags 10 Uhr 30 Min. wieder auf und entschwand in den Wolken in der Richtung aus Mergentheim und Hall und landete glatt kurz nach Mittag bei Gailenkirchen. Der Kaiser begab sich vormittag» auf der Straße nach Crailsheim bis an die Wegegabelung drei Kilometer nördlich von Herbsthausen und ließ hier daS im Vormarsch auf Mergentheim begriffene bayerische und 1. Armeekorp» (blau) unter Befehl des Prinzen Rupprecht von Bayern in der Zeit von 10 bis 1 Uhr an sich vorbei- marschieren. Ungeachtet der bereit» voraufgegangenen starken Marschleistungen — einzelne Truppenteile der zweiten Division waren bereits um 2 Uhr 30 Min. nachts aufge brochen — war die Haltung der Truppen ausgezeichnet und erregte sichtlich die Zufriedenheit des obersten Kriegs herrn. Der Kaiser kehrte mittags nach Mergentheim zurück. Der Regen hat nachgelassen und das Wetter klärt sich setzt auf. Arbeiterschaft and Flotte. Die sozialdemokratischen Agitatoren wissen immer mit Evidenz nachzuweisen, daß unsere Flotte nur gebaut wird, damit Kanonen- und Panzerplattenkönige französischen Sekt in Strömen trinken können. Da ist eS belehrend, einmal zu sehen, wie da» in Wirklichkeit steht. Die deutsch« Marineoerwaltung hat im Rechnungsjahre 1S06 im ganzen 25,7 Millionen Mark an Arbeitslöhnen gezahlt. Auf dt« Arbeiter der Kieler Werft entfielen 10 Millionen Mark, der Wilhelmshavener Werft 8,8 Millionen Mark, der Dan ziger Werft 3,6 Millionen Mark und der Torpedowerkstatt Frledrich»ort 2 Millionen Mark. In eine Summe von 1,8 Millionen Mark teilen sich die Arbeiter der Lazarette, Verpflegung»- und BekleidungSämter sowie der Artillerie-, Munition», und Minendepots. Im ganzen beschäftigte die Marineoerwaltung am 1. November 1906 19670 Arbeiter. Von diesen waren 7147 auf der Werft Kiel, 6684 auf der Werft WilhelmShafen, 2809 auf der Werft Danzig und 1267 auf der Torpedowerkstatt FriedrichSort tätig. 607 waren in den Bekleidung», und VerpflegungSämtern und 1156 in den Artillerie-, Minen- und Munitionsdepot» be schäftigt. Bon den Arbeitern stehen schon 1693 Uber 25 Jahre im Dienste der Marine und 873 sind über 60 Jahre alt. Unter den 19 670 Arbeitern befinden sich 208 Frauen. — Diese Zahlen beweisen, daß der weitere Ausbau der Flotte, der eine regelmäßige Beschäftigung für Zehntausende von Arbeitern gewährleistet, für die deutsche Arbeiterschaft nicht gleichgültig sein kann. Und man muß weiter bedenken, daß hier nur ein verschwindend geringer Bruchteil der Arbeiterschaft aufgezählt ist, der seinen Unter- halt von der Marine bezieht. Denn bekanntlich ist am Bau unserer Schiffe die Privatindustrie weit stärker beteiligt alS eS die StaatSwerften sind. Die Arbeiterschaft muß daher am Flottenbau das größte Interesse haben. —k— Deutsches Reich. Staatssekretär Delbrück hat den deutschen HandelStag ersucht, die Auskünfte über fremde Zolltarife recht vorsichtig au»zuführen und eventuell da» deutsche Konsulat um Auskunft zu bitten. ES heißt in dem Schreiben: „Eine deutsche Firma ist vor einiger Zeit feiten» der französischen Zollbehörde wegen unrichtiger De- klaration in Strafe genommen worden. Die unrichtige Deklaration war, wenigstens teilweise, durch eine unvoll, ständige Auskunft, die eine Handelskammer auf Anfrage der Firma erteilt hatte, veranlaßt worden. Es kann nur dringend empfohlen werden, daß bei Erteilung von AuS- Echte Snmmiuuterlageu, H doppelseitig, allerbeste halt- K ch bareWare,abgepaßt,empfiehlt - Vr»ogvi»io 1 Friede. Büttner, A I Bahnhofstr. 16. — Tel. 336. I vlanon I IckllvII, siMM I««I»»» K«»K empfiehlt in versch. Qual, zu bill. Preisen ötksr MIM Itsellf., Vvrbrüeker 8tr. Lelvpttvi» SSL. 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Fortsetzung^ Machdruck verboten. Nunmehr wurde dem KnaLen doch etwas bange, als er sich dem wildfremden Manne gegenübersah, der einen so furchterregenden Eindruck machte. Erst als er einen Blick nach dem kleinen Mädchen hin warf, welches ihn neugie rig betrachtete und dabei so schelmisch lachte, schwand jedes Bangigkeitsgefühl. „O, verzeihet," entgegnete Kuno von Rauschenburg, „ich bin nur dort dem kleinen Mädchen nachgegangen, die so lieb mit einem bösen Wolf ist, wie ich mit meinem Pluto. Laßt mich denselben doch auch einmal mit der Hand be rühren, wenn es ein wirklicher Wolf ist." Ein kaum merkliches Lächeln flog über das düstere Antlitz des fremden Mannes bei diesen harmlosen Worten. Dann fragte er weiter: „Divara. mein Kind und Wawer, wo hast Du ihre Spur gefunden, um ihnen zu folgen?" „Drüben, jenseits des Waldes, wo der Weg nach der JohanntSkapelle führt, kamen sie gelaufen gerade als der HochzeitSzug des neuen Burghauptmaunes vorüberging," entgegnete der Edelknabe jetzt ganz unbefangen. Der Schwarzbärttge winkte daS Mädchen herbei und indem er liebevoll die Hand auf das Haupt seines Kindes legte, sagte er in vorwurfsvollem Tone: „Aber wie oft habe ich Dir schon gesagt, Divara, Du sollst Dich nicht aus meinem Gesichtskreis und aus den Augen Deiner Mutter entfernen!" „Ach, Väterchen, ich war nur ein ganz wenig in den Wald hinein gegangen, um Beeren zu pflv^n, da hörte ich so schöne Musik und so bin ich noch ein Stück weiter gegangen. Wenn Wawer bet mir ist, braucht ich mich doch nicht zu fürchten." „Mein Kind, es ist nicht allein wegen Deiner Sicher heit, aber Du siehst, wie Du unnötiger Weise die Aufmerk samkeit auf Dich lenkst nnd dadurch unsere Andacht ge stört wird." „Vergib mir, Väterchen, ich will es nicht wieder tun," bat das Mädchen. „Ich hoffe es; und Du mein kleiner Freund," mit die sen Worten wandte sich Divaras Vater an Kuno von RauschenLurg, „kehrest wieder nach Hause zurück, Deine Angehörigen möchten sonst in Sorge um Dich geraten. Dein Wunsch Wawer zu streicheln, sei Dir gewährt. Wa wer hat nichts mehr von der Bösartigkeit und Gefährlich keit seines Geschlechtes an sich. Wir fanden ihn als hilf loses kleines Geschöpf im Walde und haben ihn mit vie ler Mühe großgezogen. Er ist sicher Divara ebenso zuge tan wie Dir Dein Pluto." „Lebt Divara immer im Walde?" fragte der Edelknabe vertoundert. Über das Antlitz des Mannes flog ein leichter Schat ten bei dieser unvermuteten Frage und er fand offenbar nicht gleich die rechte Antwort. „Mein kleiner Freund, Frage nicht weiter nach Di vara, denke nicht weiter an die Begegnung mit ihr, denn eine weite Kluft gähnt zwischen euch beiden, wovon ihr in eurem kindlichem Unverstand beide keinen Begriff habt." Der Edelknabe hörte nur halb auf diese Worte. Er hatte sich dem Wolf genähert, der den Knaben zwar etwas mißtrauisch betrachtete, sich aber doch von ihm streicheln ließ. Kuno von Rauschenburg richtete auch einige Fragen an das Mädchen, welche diese offenbar nicht verstand, denn sie schüttelte nur das Lockenköpfchen und die kirschroten Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, daß zwei Reihen blendend Weitzer Zähnchen sichtbar wurden. Es war wirk lich ein allerliebstes Mädchen, dem die kindliche Unschuld unverhohlen aus den Augen leuchtete mW den günstigen Eindruck noch erhöhte. „Komm!" unterbrach Divaras Vater kur; die Szene. „Ich werde Dir den Weg zurück zeigen, damit Du nicht eine falsche Richtung einschlägst. Der Wald ist sehr groß und ein Ünkundiger kann sich leicht verirren." Der große, starke Mann mit dem mächtigen Bart und dem wirren Haar schritt rasch voran, sodaß der Knabe Mühe hatte ihm zu folgen. Er achtete auch nicht darauf, wie ihm die herabhängenden Zweige in das Gesicht schlu gen. Ihn schien einzig das Bestreben vorwärts zu trei ben, den kleinen Eindringling so schnell wie möglich von hier fortzubringen. Nach einer kurzen Wanderung hatten sie denn auch den Waldessaum erreicht, breitete sich vor ihnen die Wiese aus und ragte in einiger Entfernung der Sparenberg empor. Kein Wort war auf dem ganzen Wege zwischen den beide« so ungleichen Personen gewech selt worden. Erst als sie jetzt am Waldesrand Halt mach ten, unterbrach der Edelknabe das Schweigen, indem er mit der Hand nach dem Sparenberge zeigte: „Dort wohne ich!" „So danke es Deinem Schöpfer, der Dich in einem so stolzen Schloß das Licht der Welt erblicken ließ," ent gegnete Divaras Vater ernst. „Nun aber eile, ehe man Dich daheim vermißt und nach einmal, denke nie wieder an Divara und ihren Wawer!" Nach diesen Worten war der Mann wieder im Walde verschwnnden, nicht ahnend, daß das Schicksal das kleine Mädchen, welches er aus dem Gedächtms des Edelknaben löschen wollte, schon wenige Stunden später in jenes stolze Schloß führen würde. Nicht ahnend, wie hier der Stern des unschuldigen Kindes glänzend am Lebenshimmel emporstei gen sollte, uin schließlich um so rascher in Nacht und Dunkel zu versinken. Als Kuno von Rauschenburg sich alleine sah, kam ihm doch der Gedanke an seine Mutter, die sich nm ihn schon ängstigen würde und er eilte daher mit großen Sprüngen