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WA Wäre mir nicht -«Schaden in die Augen gesprungen. Ah bitt sch-N, lieb« Graf, rufen Sie den Franz zurück!" Kaunitz zuckte die Achseln. -Majestät verzeihen, daß ich dem Befehle nicht so ohne weiteres nachkommen kann. Wasau ist von feiner Exzellenz dem Grafen Herrn von Brühk engagiert worden." -,Und wenn ihn der König von Polen engagiert Mite," rief die Kaiserin- „er muß zurückkommen!" Wieder zuckte Kaunitz die Achseln. -Majestät, der Franz ist «in gescheiter Kops, solche Leute, hm, hm, wie soll ich nur sagen, daß ich richtig verstanden werde? Solche Leute schickt man nicht ohne Absicht an einen fremde« Hof." Die Kaiserin begriff. „So ist der Franz als Ihr Spion nach Dresden gegangen?" fragte sie. -.Majestät," rief Kaunitz eifrig, „mit dergleichen Titeln sollte man ein wenig sparsamer umgehen. Ach wollte nur sagen, daß Dresden immerhin näher an Pots dam liegt, als Potsdam an Wien ist." -.Potsdam?" fragte die Kaiserin «staunt. „Was soll ' daS heißen?" . „Hm, Majestät, man must Kleinigkeiten berücksich tige«. Majestät-wissen, daß wir nm Potsdmner Hofe wenig treue Leute- oder wenn wir eimnäl offen sprechen wollen- wenig gute Spione haben. LS wäre für uns von größter Wichtigkeit, dort einen zuverlässigen Men schen zu wisse«, eine« Beobachter, der mir treu ergeben ist. Das istS, was ich beabsichtige: eine» Spion in König Friedrichs allernäMer Nähe. Ich bin auf dem besten Wege dazu. Run, wenn sich erst Glasau in Dresden befindet, kann er sich mit ein wenig Geschicklichkeit in die Reihe der königlichen Diener in Potsdam ein schmuggeln. Der Erfolg ist immer nur von seinen Vor bereitungen abhängig, und ich denke, ich habe in dieser Beziehung gut vorbereitet. Es geziemt sich nur, der Saat Zeit zu geben, zu reifen." Die Kaiserin hatte aufmerksam zugehört. Und als Kaunitz jetzt fragte: „Befehlen Majestät noch, daß ich den Glasau zurückrufe?" entgegnete sie: „Rein, geben wir der Saat Zeit zum Reifen." Und damit war Kaunitz entlassen. L Kapitel. Sonniges Maiwett«. Die Wüt voll Tust, Ganz und fröhlicher Feststinnnung. In Dresden war «S. Die Fliederbäume, die vor dem sogenannte» Zwinger standen- jene« Lustschloß, in dessen großem Hofe man einst Bärenhatzen veranstaltete, standen in Blüte. Ganze Woge» voll Dust fluteten durch die Straßen der sächsischen Residenz. Dresden ist schön. Allein, wenn der Weder blüht, das ist seine schönste Zeit. Und wie herrlich Var nwc heute der Fernblick von der Augustusbrücke- die der König von Pokm und Kur fürst von Sachsen, August, den man den Starken hieß, errichtet und der er Leinen Namen gegeben hatte. Mit ihren kühngeschwungenen Strebepfeilern bildete sie ein wahres Wunder der Baukunst und war der Stolz der .Stadt. Bon hier sah man in blauer Ferne in zarten Konturen die Basaltkegel der Sächsischen Schweiz auf- tauchen. Unweit der Elbe, nahe der Bastion- lag das vom Grafen Mansfeld Erbaute Schloß, das jetzt dem sächsi schen Premierminister, dem allvermögenden Grafen Brühl gehörte. Der reichste Mann seines Landes, hatte er in diesem Palais Kostbarkeiten über Kostbarkeiten angehäuft, sodaß jeder Raum einem Kunstwerke glich. Sr war der Mann feines Jahrhunderts- der, wie König Friedrich von ! Preußen gespottet- die meisten Uhren, Tabatieren, Pre- Hiosen und Stiefel besaß. Ja seine» Stötten stampften zweihundert Rosse, drek- Mmdert Diener standen- seines Winkes gewärtig, zum Dienste erlauchten Exzellenz" bereit. Diesen Titel hatte er sich in seiner maUojrn Eitelkeit beilegen lassen. Er, der bereits August dem Starken gedient, hatte sich auch dessen Sohn und Rachfolger unentbehrlich zu machen verstanden. Es w nicht leicht, sich in der Gunst zweier Könige zu erhalten, zweier. Könige- die an Tem perament und Charakter so verschieben waren wie August der Starke und sein Sohu August M. Brühl aber hatte auch diese Kunst verimnden. Heute war das Palais festlich mit Fahnen und Girlanden geschmückt, mit kostbaren Teppichen waren die Brüstungen der Balkone behangen und die große Halle und da- Treppenhaus mit den Orangerien aus den Gewächshäusern geschmückt. In den Rischen standen kostbare Base» Meißner Porzellans mit blühende» Blumen. Ueberckll sah man das Walten fleißiger Hände- die nichts gespart hatten, um das Palais auSzuschmücken und für den Empfang erlauchter Gäste vorzubereiteu. Und hohe Gäste wurden erwartet. Die Majestäten König August von Polen, Kurfürst von Sachsen, und seine Gemahlin Maria Josepha hatten für heute eine Einladung dS Ministers Heinrich von Brüht zum Diner angenommen. Im .Speisesaale waren bereits alle Borbereitungen vollendet. Auf den mit zartem, feidenglänzendenr Damast bürgten Tischen blitzte Kristall und Silber und stand herr liches Mseißner Po^ellan. Die kostbarsten Stücke befan den sich auf den Gedecken der Majestäten. Die Dienerschaft war bereits im Gala-Anzug. Mein eS gab für den Empfang so hoher Gäste doch noch immer viel zu tun. Der Herr Minister- ein kleiner behäbiger Herr- stand in einem braunen, über und über mit Goldstickereien besetzten Rock im Treppenhause, um noch einmal mit kritischen Augen die Ausschmückung zu besichtigen. Er entdeckte Fehler, die eri» aller Eile gut zumachen suchte. Er ließ hier eine Girlande tiefer, dort ein wenig höh« hängen ließ hi« einen Orangenbaum fortnehmen und dort einen neuen hinstellen. Der Gärtner, d« die Ausschmückung besorgt, bekam Schelte und der Haushofmeister, dem fortwährend Befehle an de« gepuderten Kops flogen, wußte schließlich nicht mehr, wo ein noch aus und sah so aus, alS wäre er am liebsten» in die Elbe gesprungen. Heinrich von Brühl war erregt, und die Launen des Herrn mußten di« Dien« ausbaden. Ter einzige, mit dem « zufrieden schien, war d« neue, vor wenig Wochen aus Men eingetroffene Lakai. Das war ein merkwürdig« Mensch. Dem Küchenchef hatte « zu dem heutigen Din« Rezepte zu Preisen gegeben- die sich als heäwrragend im Geschmack «wiesen, jck « hatte selbst die Bereitung ein« Pastete übernommen- die der Minister, ein Feinschmecker ersten RangeS- für ausge zeichnet «klärte. Dann hatte Frantz Glasau beim Decke» der FesttasÜ ausgqüchneten Geschmack bewiesen- und jetzt bei d« Handanlegung der letzten Vorbereitungen war er an seinem Platz. Er sich alles, er bemerkte alles, jeden Augenwink seines Herrn verstand « und «füllte ihn prompt . (Fortsetzung folgt.) Deal- uud Siuusprüche. Es ist kein Vöglein so gemein, E« spürt geheime Schauer, Wenn draußen streift der Sonnenschein vergoldend seinen Bauer. Und du haft eS vergessen fast In deines Kerkers Spangen, O Menschlein, daß du Flügel hast Und daß du hier gefangen. Frhr. v. Eichendorff. Wer immer singt und immer flennt Bon Liebesglück und Schmerz, Dem fehlt, wa» er am meisten nennt, Dem fehlt Gemüt uüd Herz. Badenstedt. Druck und Verlag von Langer t Winterlich, Mesa. — Für die Redaktion verantwortlich: Arthur Hähnel. Riesa. EMlrr an der Este. velletr. Gratisbeilage zr» „Riesaer Tageblatt". Nr. M. »a«, «er U. Ao« 1»U. S-O» Wetterwolke». Roman von M. v. Buch. — Nachdruck »«bot«. 1. Kapitel. Hui — hui — sausten die Stürme üb« da» Land. Arühlingsstürme waren es, denn der Tag Mariä Licht meß, nach dem bekanntlich kein FuchS dem Eise traut, war längst vorüber. Zwar lgg die Landschaft «och im .Schnee begraben, aber das war nicht mehr der Schnee, iaus dem jeder Sonnenstrahl tausend schimmernde Funken weckte. Ties« brütete sich aS ,eine, zähe Masse üb« Widse und Feld. König Winter lag ft» Sterben; ab« «he der alte Gebieter nicht tot ist- durste der junge süne Herrschaft nicht antreten. Das ist uralt heilige- Gesetz, dar befolgt werden mußte. Ab« König Lenz war un geduldig, darum schickte et feine Boten, die Stürme, iauS, zu «künden, ob seine ZÜt nicht bald gekommen sei. > Blauschwarz breitete sich d« Himmel Sb« der Stadt Lien. In den Straßen lag ün fahles Licht, es war fast, pW sei es noch nicht Tag geworden, obgleich die llhr wm StephanSturme die zehnte Stunde angab. I» der Kaiserlichen Hofburg in ihn«» Ankleidezimmer befand sich die Kaiserin Maria Theresia, eine reife lurd üppige sFrauentzestatt, die soeben den Händen iW« geschickte» Mmnnerfrau entschlüpft war. Sie trug ün dunkles, mit Weißem Schwan verbrämtes Samtkleid, daS den schönen Weißen Hals und einen Lül der Büste frei ließ. ToS steichtgewellte Haar war gu ein« kunstvolle« Frisur auf graut «nd V« Sitte d« güt entsprechend gepudert. Die Fürstin schien mit Wem Aussehen zufrieden. Sie betrachtete sich in dem großen venezianische» Spiegel, der üb« ihrem rüchvergvldete« Toilettentische hing, mit freundlichen Augen. Ja- je läng« sie schaute, Ze strahlend« würden ihre Blicke, und ein reizendes, liebenswürdiges Lächeln umspielte den vollen Mund- der bas Charakteristische der Habsburg«, die stark entwickelte Unterlippe, zügte. ! -,SS ist gut," sagte sie zu der Kammerfrau, die einige Schritte vor ihr« kaiserlichen Herrin stand. --Run das letzte," und dmnit schleuderte sie die roten Wafsiänpantösfelchen von den mit wüßseidenen Strümpfen jumspannten Füßchen. -Lieh mir die Schuhe an." Die Kammerfrau gehorchte schweigend. Die hohen Stöckelschuhe wurden der Kaiserin angezogen. -,Endlich, Mirzl," plauderte die lebensfrohe Fürstin, „endlich, lang genug hast mich drangsaliert. Wie glücklich könnte doch »unsereiner sein, wenn ihm dir Mühe deS LoilettemachenS «spart bliebe! Und Du, schlechte Seele, kannst mir in dies« Beziehung nimm« genug tun. Immer schöner willst Du mich haben. Schäm Dich »ms! Eine alte Frau, Wie ich bin!" DaS letzte kam lächelnd heraus. Tie Kaiserin wollte alles andere sein, und war es auch in der Tat, denn eine alte Frau. „Schon gut," meinte sie, als die Dienerin, leicht verneinend, den Kops schüttelte und vorwurfsvoll zu -hrer schönen Herrin aufsah, „schon gut, ich weiß ja. Wie Du eS meinst." i Tie Kammerfrau sagte nichts. Sie war ün schweig sames Wesen, und diese ihre Eigenschaft machte sie der Kaiserin besonders wertvoll. Mirzl wußte, daß sie zwei Ohren und einen Münd besaß, daß sie also mehr hören ialS sagen sollte, und das war eine Kenntnis, deren Defolgung für jeden Menschen und besonders fitr den, der an Fürstenhöfen weilt, wertvoll ist. Miql hörte vieles und konnte darüber schweren. Am Hofe gab e» freilich manch et«»- dem die schweig same Kammerfrau gefährlich schien; allein niemand wagte- sie aus unsichere» «erdacht hi» aqullage», denn das Vertrauen, das sie bei der Kaiserin genoß» schien nicht zu «schütter». Während Mtttzl die silberne Schnalle am Sch»h schloß, blickte die Fürstin auf das lüchtgrnü^e Haupt. Etwas in -« Haltung der Fran fiel ihr a»f. Liefe hatte etwas Matte» »ad Müde», ja eS schien fast, al» sei sie üb« Nacht all geworden. Was war das? Miql kniete noch immer vor ihr« Herrin. Maria Theresia sah, waS sie vorher wahrscheinlich überfche» Hatto, deren rotgeweinte Augenlider. -Miql, waS ist Dir, was ist geschehen. Du hast g eweint?" fragte sie erschreckt. Mirzl schüttelte den Kopf. -,Halle« zu «naben, Majestät, ei» bißchen Kopfweh." Die Kaiserin lächelte gütige „Nun, Mirzl, da» Kopfweh ist immer Entschuldi gung- auch wenn da» Herz wch tut. Ich kenne da» Hab' ««trauen, sag mir- waS Dich qnW. Und vor allem sag, kann ich Dir hüfen?" -Majestät sind sehr gütig.. Tie Kaiserin, die leicht ungeduldig Werde« konnte, stampfte mit dem Fuß. ich Dir HÜfe» kann, sollst mir sagen." Mirzl schüttelte den Kopf. -Rein, Majestät." »Geh, Dn bist langwellig mit Leine« „Rei» Maje stät!" «ran ich nur wützt- waS Dir fehlt .. Endlich kam es h«a»S, stockend »nd zagend^ r,Mein Sohn macht mir Sorge," gestand Miql, „ich gräme mich hall um de« Frauzl." „Run, »nn," tröstete die Fürstin, „mit de» junge» Leuten muß man Geduld habe». Jugeud hüt kein» Tugend Ist « in Liebesaffäre» Verwickelt? Was hat d« Schlingel dem» Böses angerjchtet?" > „Böse» grad nit, « sagt sog«, daß ihm Gute? gHcheheu ist. Er güht nach Dresden, wo er durch Ber- mittlnng feine» jetzig«« Herr»- de» Grafe« Kmwitz, «i»e Stelle bei einem vornehmen Herr» angenommen hat." -,Da» ist doch ab« kein Grund zm» Wei»«," rief die Kaiserin- „bist D» närrisch geworden, MiqH od« hast Dn noch etwck» «chere» aüf de« Gewissen?" i - Mcht», Majestät, nein, gar mcht». Wer weiß, ob ich ihn je wiederschau, «ar z» gern hätte ich iHv hi« behalten. Ab« der Schvagül wollt wck. ParwM mußt' er in die Fremde. Warum? Weit « da» Reu» für etwas Besseres hall als da» Alte. Und heute reHt der Franzt ab." ' Damit hatte sie eine genügende Erklärung für ihre roten Angen gegeben. Maria Theresia, die sübst zwölf Sinder besaß, verstand die SVtttergesüPke der MaMin«- frau, die nur diesen eine« Sohu hatte- vollkommen Mein sie, die mächtige Kaiserin, durfte ihre kostbare Zett nicht läng« mit Plaudern versäumen. Pflicht und Arbeit riefen sie. . Der Leibpage «schien und redete, daß d« Kanzlü Graf Kaunitz, »um Bortrag üngetrofte» sei, und wi der Bortrag vorüb«, gält e» AUdiaqe» H» «ledige Dann «st gehörte sie ihr« FmuWe. Maria Theresia nickte «hi« Kannnerfrml gütig g - ehe sie majestätischen Schütts Ser die Schwölle «mschd Lakaien «nd Page« risse» die Mir vor ihr taH s»