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68 Na, mach nun, daß Du fortkommst. Ter Forster wartet guf Dich. Er ist ejnem famioftn Rehbock auf der Sipur." Hasslos Ungen leuchteten. Biele Worte machte er nicht, aber der Vater wußte, Laß er ihn? fts leicht keine größere Freude Hütte machen können. - Er sah ihm nach, wie er ins Haus eilte, um sein Gewehr zu Men. Dann blieb er noch um geöffneten Fenster stehen. Nachdenklich sah er in Len Frühlings- abend Hinaus, und'unmerMch, fast wider seinen Willen, führte ihn die Erinnerung um Jahre zurück, hin zu dem Abend, wi0 Elisabeth hier zu ihm getreten war. Die Mr ging auf. „Hast Mn Koch immer kein Licht?" fragte Anni, wie sie eintrat. Wilf wandte sich Hastig Um. „Rein, Kind, wir Wollen heute mal ein bißchen langer faulenzen. Konim/setze Dich zu mir ans Fensterl" Sie gehiorchte, und er nahm ihr« kleine etwas arbeitsharts Hand in die seine. Ihre Lebenswärme sollte die traumhaften Bilder verscheuchen, die der FrüHlingSMber und eine Nachricht, die er eben in Klenkendorf erfahren, geweckt hatten. „Wir find nun achtzehn Jahre rerheiratet, Anni, und ich meine, wir sind recht glücklich miteinander geiMrden," hob er an. „Oder hast Du etwas gegen Deine» Alten einzuwenden . » Sie lachte. „Wie Dir nur foi fragen kannst! Ich wüßte wirklich nicht, daß ich mir je etwas anderes gewünscht hätte." > , „Vor Jahren hast Du mir einmal erklärt, das ein zige, was Du nicht ertragen könntest, wäre, mich mit der Freifrau Von Hagenow zusaimnen zu sehn,." „Ja, Wolf, ich Weitz, das hab« ich gesagt, und —. und ..." Sie rückte unruhig hin und hm. „Uno jetzt hast Du die kleinliche Eifersucht be graben" vollendete Wolf ihren Satz. „Jetzt würdest Du dich selbst freuen, jene Elisabeth kennen zu lernens die Deinen Mann ihrin treuesten Freund nannte." Aber die kleine Frau Martens, die frust keinen Widerspruch kannte, murmelte ein sehr entschiedenes „Rein," senkte aber dabei Loch schuldbewußt den Kopf. Wolf zog di« Stirn in Falten. „Das ist DrrGit, Anni, Du wirst anders denken, wenn Du Elisabeth von Hagenom kennen lernst. Sie kommt diesen Sommer mit ihren Ändern zu ihren Verwandten. Ich hörte es diesen Nachmittag in Klenkendorf." Er wartete auf ein« Antwort, aber erst als er »ragte: „Hast Du mir daraus gar nichts zu sagen?" murmjelte sie: „Run wirst Du sie Wiedersehen, die wunderschöne Elisabeth, und dann kannst Du dir nicht helft», dann ist die alte Lieb« wieder da, und mit unserm Glück ist s aus." „Nein, so wird's nicht sein. Kannst Du an meiner Treue zweifeln?" Sie kämpfte mit den Tränen, und wieder entstand eine Pause, dam^ sagte sie traurig: „Es bleibt Loch wahr. Tu kannst sie nicht vergessen." Diesmal wär es Mols, der nicht gleich antwortete. Kom Garten her tönte das Schluchzen der Nachtigall, genau so wie damals an jenem Frühlingsabend, und er fragte sich — konnte er sagen, daß er Elisabeth vergessen habe? Er war zu ehrlich, um sich selbst, und zu wahr, um Anni zu täuschen. „Kind," sagte ec, „bin ich nicht offen zu Dir gekommen und habe Dir alles gebeichtet^ Was ich durchgekämpft habe, damit Du Bescheid in meinem Herzen wußtest, ehe Du mein Weib wurdest?" >,Ja, Wolf, das wohl," murmelte sie. „Und glücklich sind wir gewesen, Anni, Jahr um Jahr. Unsere aufrichtige Lieb« ist fest begründet, bleibt unantastbar, wenn ich Luch Elisabeth nicht vergessen habe. Der Mansch ist kleinlich angelegt, der die Spuren zu verwischen sucht Vicht dem, was einst gewesen ist und was ihch teuer War. Mir ging die Sache damals tief, ich würde, mir selbst untreu werden, wollte ich nicht die Er innerung daran bewahren als einen schönen, aber abge schlossenen Traum." ' , Er stand auf, ging gn seinen Schreibtisch und ent zündete das elektrisch« Licht jn seiner .Arbeitslampe. Schweigend vertieft« er sich in seine RechnungSbüchcr. Eine Weile verharrte auch Anni noch stumm auf ihrem Fensterplätze, dann trat sie leise an den Schreib tisch heran. Wlolf sah von seiner Arbeit auf. „Du sollst oft, sehr oft mit Elisabeth zusammen sein, wenn sie Hier ist,"- sagte seine kleine Frau langsam und! stocrend. „Ich kann ja alles verstehen, MV behalt« mich immer lieb so wie jetzt." Er zog sie fest an sich. „Immer, Kind, imMer, Un8 Gott helft, daß ich Dich, stets glücklich machen kann!" 6. Kapitel. ' Di« nächsten Wochen war Martens'Zeit nach allen Richtungen hin in Anspruch genommen, und ihm blieb' wenig Muße, seinen Gedanken nachzuhängen. Für ein kürzlich verstorbenes Reichstagsmitglied mußte Ersatz ge schaffen werden, und die Wahlbewegungen waren in vollem Gange. Wolfs Stirn zeigt« in diesen Tagen ost' eine finstere Falte. Cs wurmte ihn, daß er die Be merkung machen mußte, wie seit kurzem ein ganz' an derer Geist in seine Leute gefahren zu sein schien. Wo her kam dieser plötzliche Umschwung? Welch böses Ele- rn«nt hatte hier heimlich eine Drachensaat gesä^ die NM zu schnell aufging? Cs lag in Wolfs Natur, jeder Sache, die er in die Hand nahm, auf Len Grund zu 'gehen, und' so war er auch jetzt willens, dem Atzest auf die jSpur zu kommen, der seinen braven Leuten die Köpfe verdreht Hatte. Seine Menschenkenntnis brachte ihn auf die rich tige Fäh-rte. Fritz Heller, der Sohn Les verstorbenen Gärtners in Rauschebach war seit Jähren nach der Großstadt verzogen, arbeitete dort in einer Fabrik und kam ah und zu zum Besuch in di« Heimat. Er wußte dann immer Ungeheuerliches zu erzählen vioN allem, waS er leistete und verdiente. Dabei verstand er, Len Leuten durch einen gewissen Schliff, den er sich angeeignek hatte, zu imponieren und ihnen seine Aufschneidereien mundgerecht und 'glaubwürdig Lorzutragen. Auch jetzt Hütt: Fritz Heller sein Heimatdorf wieder durch seine Gegenwart beglückt, und Wolf erklärte seiner Frau: „Ich wette darauf, daß der Kvrl Unter dieser ganzen Aufwiegelei steckt." Er fand denn auch bald verschiedene Pllnkte, die seine Annahme rechtfertigten, und sobald er Beweise genug gegen Heller in Händen hattet ließ er diesen zu sich kommen. - (Fortsetzung folgt.;. Denk- nutz Giuusprüch« Verlasse dich auf dich, allein. Und niemals auf die andern, Dann du wirst immer bei Lir sein, Indes die Freunde wandern. * Der Vogel singt — und fragt nicht, wer ihm lauscht. Die Quelle rinnt — und fragt nicht, ivem sie rauscht. Die Blume blüht — und fragt nicht, »der sie pflückt: O, sorge Herz, daß gleiches Tun dir glückt. - Was gut ist, wird im Kampf bestehen, . - Nie kann das Gute untergehen, . - / Die Spreu nur wird des Sturmes Spiel. Druck und Verlag von Langer L Winterlich, Riesa — Kür die Redaktion verantwortlich: Hermann Schmidt, Riesa. GrMler an der Elbe. Bellet». Gratisdetlage;«« „Riesaer Tageblatt". m. u. »»r«. ,„il 1»«». «. z»e» < Der Pflicht getreu. Von A. v. Lilirncron. Fortsetzung. Der Brief, den er LaM eigenhändig zur Post be sorgte, lautete: „Lieber "Vetter! ( Meine schwere Krankheit entschuldigt mein Schweigen. Ich! war Koch lang« nachher so an gegriffen, daß es mir bst unmöglich war, meine Ge danke» zu sammeln. IM habe Von der Summe erfahren, die mein Onkel in seinem! Testament erwähnt, di« aber in seinem! Nachlaß nicht äuszusinden ist. Da der alte Herr aber äußerst genau mit feinen Geldgeschäften kW sein Pflegte, so kann es sich hier nur darum! Händeln, väh die Summe entweder zu der Zeit fort- gekommen ist, wo ich nach feinem Tode als Hüter feines Vermögens in Rauschebach war, oder di« breißigtauftnd Mark sind damit gemeint, die mir der Onkel Vor kur jem einhändigte, vielleicht nur als ein Därlehü. In jedem Fälle halte ich mir für verpflichtet. Ihnen die Summe zurüätzuerstatten, was ich mit gleicher Post tue. Daß die Regelung dieser Angelegenheit nicht früher geschehen ist, müssen Li mit meiner schweren Krankheit entschuldigen. Ihrer Frau Gemahlin sage ich meine Empfeh lungen.' ! Ihr ergebener Vetter. Wolf Martens. "Kartuschen, Len 15. September 1877." Auf diesen Bries erhielt Wolf, wie zu erwarten stand, bald Antwort. DaS Schreiben war in der lässigen Meise gehalten, die Len jetzigen Besitzer Von Räuschebach kennzeichnete. Er nahm die Sache wie etwas sich Von selbst Verstehendes an und quittierte lohne viel Märte. Nach den Erregungen, die die letzten Tage Wolf gebracht hatten, kam jetzt eine gewisse Ruhe über ihn, die aber »»ehr einer Abspannung glich, aus der er sich jedoch energisch herausriß. Erst mußte alles bis auf das letzte abgewickelt sein , ehe er einen Strich durch die Vergangenheit machen konnte. Sobald er von Jobst die creißigtauftnd Mark erhalten hatte, fuhr er sofort zur Stadt und besorgte dort eigenhändig die Absendung les Gelbes. Wch an demselben Nachmittage bestellte er sein Pferd zu einem Ritt nach AalLhügel. Einmal — und das sollte das letzte Mal sei» — Wollte. er noch Elisabeth sprechen. Was er ihr zu sagen hatte, meinte er nicht einem Brief anvertrauen zu können, in der Sorge, das Schreiben möchte durch irgend einen Zufall in unrechte Hände fallen. Langsam ritt er den. Waldweg, der zu dem Wartha scheu Gute führte. IN ernsten Gedanken überlegte er fich jedes Wort, das er Elisabeth sagen lvällte. Nicht vorsichtig und zart genug konnte er ihr die Tatsache beibrinqen, daß die verhängnisvolle Schuld durch ihn gelöscht sei, und somit aie quälende Geschichte der Vergessenheit übergeben werden könnte. Nisäbeth von Martha sollte aber, nie die leiseste Ahnung davon haben, durch welchen Schritt es ihm' möglich geworden wär, die Schuld zu decken. So weit war er mit seinen Gedanken gekommen , als däs tiefe Bellen einer Dogge ihn jäh ausschreckte. Er blickte Um sich und sah seitivarts durch die Baumstämme ein Helles Kleid schjmmern. Das war Elisabeths schlanke Gestalt Der. Fußpfad, auf dem! sie ging, mündete in Len breitere« Weg, und nur Noch wenige Schritte, so mußte sie ihn erreicht haben Rasch sprang er vom Pferde, nahm Las Tier aM Zügel und ging Elisabeth entgegen, tvie sie eben an» dem! AaMunkel des schmalen Weges in die Lichtung hinaustrat. Einen Augenblick standen sie sich wortlos gegenüber. Beide fühlten die Erregung, die sie durchzitterte, beide rangen danach, die stürmischen Gefühle za bemeisterN. In rascher Erkenntnis hätte Wolf die volle Gefahr ersaßt, dir in dieser unerwarteten Begegnung lag, ab« Willensstark zwang er sich A»r Ruhe. Gemessen, wir er ihr in einem Kreise von Fremde« gegenüber ge treten wäre, nahm er ihre Hand und führt« sie ist ritterlicher Artigkeit an seine Lippen. - „Nehmen Sie meinen Glückwunsch, Fräulein Elisabeth, und seien Sie überzeugt, wärmer wünscht es Ihnen niemänd als der, den Sie Ihren treuesten Freund nannten " „Ich weiß cs, und ich Lanke Ihnen," antwortete sie leise. - !! Seite an Seite schritten sie weiter, die Richtung nach dem Gutsyof einhaltenL. Lauschiger Wgldsried« ringsumher und geheimnisvolle Stille weit und -reit. Lols wandte sich zur Seite, Elisabeth zu. Es mußte ihm Loch irgend ein« gleichgültige Richtigkeit einfallen, mit der er Las Gespräch fortfetzen konnte. Doch, sein Blick, der den gesenkten Kops des Mädchens gestreift hätte, blieb an ihrem bockigen Haare haften, da», wie gesponnenes Gold in l er Lonne glänzte. Eö war, al» ob für ihn ein Zauber ausginge von diesem losen Ge ringer, mit dem ein Lustzug sein Spiel trieb. Er fühlt« es und zugleich die Notwendigkeit, sich diesem Banne zu entziehen. „Ich wollte mir erlauben, Ihren Eltern meinet» Besuch zu machen und meinen Pflichtschuldigen Glück- Wunsch auSMprechen," brach er LaS Schweigen, da immer drückender wurde. Neber Elisabeths zartes Gesicht z0g ein leichtes Räf. „Ihre Wünsche werde ich übermitteln," antwortete sie, „in Waidhügel ist niemand zu Hause. Sie sind alle ausgesahren." Sollte ihn das freuen , oder sollte er es beklag«»? Er wußte es selbst nicht und wurde sich nur darüber klar, daß sie beide jetzt nicht imstande waren, ein gleich gültiges Gespräch »veiterzuführen. So' durste er denn nach Pflicht und Gewissen dieses letzte Beisammensein nicht länger ausdehnen, als nötig war. „Sie werden es mir gestatftn, Laß ich Ihnen »koch das Geleite bis zum Waldessaume gebe," bat er, ,,dänn — sollen sich unsere Wäge trennen." > Ev halte die letzten Worte mit zusammengezogenen Brauen gesprochen, der Seelenkampf, der ihn erfüllte, gab seiner Stimme einen herben Klang! Elisabeth sah zu ihm aus, scheu "und wortlos,' Tränen standen in ihren Augen. Er bemerkte cs, uM> Las hätte ihn fast um seine Fassung gebracht. ! : . „Unsere Wege trennen sich Heute für immer," wieder holte er langsam, ohne sie anzUfthen, „Wer weiß, ob wir uns jemals Wiedersehen werden — da ist mir Wohl in der Abschiedsstunde eine Bitte gestattet." Er machte eine kurze Pause und atmete schwer, dänu sagte er hastig: „Elisabeth, ich möchte ein Bild Von Ihne«