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2. Beilage znm „Riesaer Tageblatt". R-«a«,n»dnu» «i» ««ja, L»«a«r » »,«t„ll» w «,«,«. — Mr »», «rdaktlon Arthur Hähnel 1, Rial» 87. Loanabenb, IS. April I»11, abenbS. «4 Jahrg. Ta» Wüftenlavoratorinm. Die weiten, wasserarmen und wüsten Gebiete, die sich 1S00 englische Meilen lang zwischen San Antonio im Mittelpunkt des südlichen Texas und San Bernardino im südlichen Kalifornien erstrecken, bereiten den Land- w-irten der Bereinigten Staaten große Sorge. Man müht sich, mit allen Mitteln moderner Wissenschaft, diese« Land dem allgemeinen Wohl zu erschließen und seinen bisher unfruchtbaren Boden nutzbringend zu verwerten. Zu diesem Zwecke ist ein ganz einzigartiges Institut gegründet worden, das Wüstenlaboratorium der Carnegie Institution von Washington, da« in der Niihe von Tucson, der größten Stadt Arizonas, errichtet wurde und sich damit beschäftigt, die Beziehungen der Pflanzen . zu ihrer physikalischen Umgebung zu studieren. Änen Besuch in diesem Laboratorium, bei dem er von dem Direktor D. T. MaeTougal über die wichtig sten bisherigen Resultate unterrichtet wurde, schildert EllSworth Huntington in Harpers Magazine. Die Stu dien, die hier gepflogen werden, haben zunächst nur ein rein wissenschaftliches Ziel, doch hasst man letzten Endes dadurch auch großen praktischen Nutzen zu erreichen. Seit acht Jahren bereits wird hier im stillen eine eifrige Tätigkeit entfaltet, um abstrakte Probleme des Pflanzen- lebenS zu ergründen; aber Vie Anatomie und Pathologie der Heilkunde genützt haben, so erwartet man auch, daß diese „Anatomie" der Pflanzen die großartigsten prak tischen Erfolge begründen wird. Ein Gebiet, dem das Wüstenlaboratorium seine Auf merksamkeit -»gewendet, ist die Verteilung der Wurzeln in trockenen Gegenden, verglichen mit der in feuchten. Gewöhnlich nimmt man an, daß die Wurzeln der Pflan zen sich in wasserarmem Boden sehr tief eingraben, um einen beständigen Vorrat von Grundwasser zu errei chen. DaS ist aber nur in beschränktem Maße der Fall. In großen Teilen der Wüsten ist Wasser erst Dutzende und Hunderte Fuß unter der Oberfläche, sodaß die Wur zeln es unmöglich erreichen können. So breiten sich denn die Wurzeln horizontal sehr wett aus, um aus der Oberfläche so viel Wasser wie möglich zu saugen, mit dem gelegentliche Regen den Boden in einer Tiefe von wenigen Zoll oder höchstens wenigen Fuß befeuchten. Da her kommt es, daß die Wüstenpflanzen so weit von ein ander verstreut scheinen. In Wirklichkeit wachsen sie so dicht nebeneinander wie in nassen Gegenden, aber jedes Individuum braucht 10—20 Fuß für sich, um sich mit seinen Wurzeln weit unter dem Boden hin ausdehnen zu können. Sehnliche Untersuchungen sind von dem Labora torium von Tucson auch in der nordafrikanischen Wüste angestellt worden, und man hofst aus diesem Studium der Wurzeln wichtige Resultate für den Ackerbau in trok- kenen Gegenden zu gewinnen. Das große Ziel der ameri kanischen Agritulturbehörden geht ja auf die Auffin dung einer Weizenart hin, die sehr wenig Wasser braucht und schnell reif wird. Bisher ist man mit dem Suchen nach diesem Weizen rein empirisch vorgegangen; eine Art nach der anderen wurde durchprobiert, jedoch ohne Erfolg. Die Kenntnis der Wurzelsysteme des Wei zens, das Studium des Schaftes und der Blattform, der Zellenstruktur, der chemischen Zusammensetzrmg und zahl reicher anderer Eigenschaften wird nun in rein abstrakt wissenschaftlicher Weise durchgesührt, und eS steht zu hoffen, daß man aus diese Weise in einiger Zeit eine solche für wasserarme Gegenden geeignete Weizenart aus findig gemacht haben wird. Eine weitere Arbeit des Wüstenlaboratoriums ist die Erforschung der gesamten Flora in trockenen Gegenden. Dabei hat sich ergeben, daß nichts falscher ist, als anzunehmen, es gebe in wasserarmen Gegenden weniger Pflanzen als in feuchten. Drei Begetationstypen bevölkern die Wüste. Da sind zunächst die hydrophytischen oder wasserlieben den Pflanzen, die während der kurzen Regenzeit auf schießen und häufig klein bleiben, im Prinzip sich aber nur auf wasserreichen Stellen sestsetzen, wie sie natür lich auch hier und da in der Wüste Vorkommen. Beschei dener sind schon die mesophytischen Pflanzen, die in ihren Wasseransprüchen eine Mittelstellung einnehmen. Sie sind hier und da über die ganze Wüste verstreut. Den eigentlichen Schwerpunkt der Wüstenflora bilden jedoch die xerophytischen oder Trockenheit liebenden Pflanzen, von denen manche, wie die Kakteen und einige Arten der Akazien, manchmal zum Wachstum eine er staunlich wringe Menge von Wasser nötig haben. Die Kakteen z. B. bewahren stets einen Wasservorrat; sie gehen selbst auf trockenem Boden nicht ein, wenn man ihnen auch nach und nach eine bestimmte Menge von ihrem Wasser entzieht. Nach den Untersuchungen MacDougalS kann eine solche Pflanze wenigstens zwanzig Jahre leben, wenn man ihr nur immer weniger Wasser raubt, je älter sie wird, und zwar auch dann noch, wenn man sie mit den Wurzeln ausgräbt und in einem trockenen Raum aufhängt. Zahlreiche Pflanzen wurden von dem Laboratorium in eine völlig neue Umgebung gebracht, zu welchem Zweck verschiedene „AkklimatisierungSstationen" einge richtet wurden. Viele der Pflanzen kamen nicht sort, andere entwickelten sich nur -werghaft, doch haben einige sich auch weit üppiger und besser entfaltet, al- in dem ihnen von der Natur angewiesenen Milieu. Werden durch diese „Luftveränderung" schon manche Spielarten erzeugt, so bleibt das doch zurück hinter dem großartigsten Re sultat, das MacDouga! gelungen, neue Pflanz en- specieS zu erzeugen. Er injizierte Lösungen von Zinksulpbgt, Calziumnitrat und anderen Chemikalien in die Fruchtknoten der Pflanze, sodaß die Pollen zur Be fruchtung durch die Lösung hindurchgehen mußten. Viel fach mißglückte ihm der Versuch, aber in einigen Fällen war doch die Lösung wirksam genug, um in den Geweben der Fruchtknoten Veränderungen hervorzurufen, sodaß die Pflanze sich gut entwickelte und einen neuen Typus ausbildete. Als man den Samen dieser neuen Pflanze wieder zum Keimen brachte, entwickelten sich wieder Exemplare der neuen Art sogar durch sechs und mehr Generationen hin. Es waren also wirkliche neue Pflanzen- specteS entstanden, die von den altbekannten in der An- ordnung und Form der Blätter stark abwichen. Besonders markant sind die Unterschiede der neuen und der alten Typen bei den beiden Pflanzen Oenothera biennis und Raimannia odorata, von denen die letztere sich ans einer zweijährig blühenden Pflanze in eine einjährig blühende verwandelte. 8is la AM ii Sim Wei. Die Bedeutung der Bambusstaude ist für die tropi schen Länder außerordentlich groß; von der Wiege bis zur Bahre begleitet diese Pflanze den Lebensgang deS Menschen, ist ihm ein treuer Genosse, ein stets hilfs bereiter Freund, der ihm das wichtigste Werkzeug für seine täglichen Arbeiten darbietet; ja sie umschließt noch den Toten mit einem dichten, schützenden Geflecht, bevor er in den schweren hölzernen Sarg gelegt wird. Ein anschauliches Beispiel für diese Hauptrolle, die der Bambus zu spielen vermag, gibt Dr. Carl Curt Hos- seus in einer Abhandlung des Archivs für Anthropologie, in der er auf Grund eigner Beobachtungen und Studien ausführlich darstellt, was der Bambus in Siam alles leistet. Die Pflanze, die schon von den alten Aegyptern, Indern und Griechen als ein tvertvolles Geschenk der Götter wegen ihrer Schönheit und ihres Nutzens poetisch besungen wurde, liefert dem Siamesen das wichtigste Ma terial für seine Häuserbauten auf dem Lande. Im In nern Siams sind fast alle Hütten nur aus Bambus her gestellt, während auch bei größeren Bauten das Bambus holz als Dachibedeckung Verwendung findet. Bei der Er richtung der Tempel und Altäre muß der Bambus als Helfer dienen, ja in manchen Provinzen hat man sogar einen gewissen künstlerischen Stil dabei zu entwickeln ge wußt; in der mittleren Pitsanulokprovinz und in der östlichen Provinz Petschabun stößt man auf elegante Häu ser, deren Seitenwände reich und kunstvoll verziert sind. Nicht minder muß die Pflanze das Hauptmaterial für die Erbauung der berühmten schwimmenden Häuser SiamS liefern. Ein solches Haus ruht auf drei bis fünf Bündeln mit 30—10 Bambusstangen. ES ist also nur eine kompliziertere Form des Bambussloßes, das das HauptbeförderunOmittel in dem reichen Flußgebiet SiamS darstellt. Die Hausboote, in denen so viele Be wohner des Landes leben, sind fast ganz aus Bambus verfertigt, nur der Boden dec Fahrzeuge besteht gewöhn lich aus Teakholz; natürlich sind auch die Ruder Bambusstangen. Allgemeine Verwendung findet ferner die Bambus staude bei den vielen Fischfangvorrichtungen, indem Bam- buSgerüste als Fischreusen verwandt werden und so als eine Art von Flußsperren dienen. Die Stiele dec Fisch netze, die beim Fischfang benutzten Körbe bestehen alle aus dem gleichen LieblingSmaterial des Siamesen. Eine große Rolle spielt der Bambus auch bei dem Schmiede handwerk, denn das Gebläse wird aus seinen Stangen hergestellt. Die Branntweinbrennerei, die dem Siamesen seinen geliebten Reisbranntwein liefert, geht vermittels Bambusröhren und Bambusstangen vor sich. Beim Ent hülsen der Reiskörner und beim Reistrocknen verwendet man ebenfalls aus Bambus verfertigte Rinnen; der Reis wird zum Trocknen an langen Bambusstangen aufgehängt. Wer könnte in Siam reisen, ohne sich des Bambus zu bedienen? Ein großer Teil der Brückenanlagen besteht aus Bambusstauden, die mit BambuSgeflecht bedeckt sind. Die eingeborenen Baumeister haben äne große Geschick lichkeit in der Ausführung dieser sehr dauerhaften, aber etwas wackligen Uebergänge. Doch auch der Europäer muß für die bei den s chlechten Verkehrswegen bisweilen unvermeidlichen Notbrücken beim Bambus Rat und Hilfe suchen. Wichtig ist die Staude sodann für ein künstliches Kanalisierungssystem, das aber in Siam noch nicht so ausgebildet ist wie in China. Vermittels auSgehöhlter, halbierter Bambusstangen werden primitive Wasserlei tungen von der Höhe zum Tal hergestellt. Umgekehrt wird durch Räderpumpwerke, die aus Bambus gemacht sind, das Wasser in die Gärten hochgeleitet. Als Gießkannen dienen große BambuStörbe, die außen und innen mit Pech verschmiert sind. Und dann die Zäune: Non der einfachsten Umhegung -iS zum Pallisadenzaun, der Zaunwand und dem Maner zaun sind sie alle aus Bambus hergestellt. Im täglichen Leben des Siamesen isk die hilfreiche Pflanze wirklich das „Mädchen für alles"; sie liefert Tisch, Stühle, Bänke, Matten. Tabakspfeifen und Pfeifen, in denen man das überaus verbreitete Opium raucht, Spazierstöcke und Sonnenschirme sind aus Bambus; ja selbst die Hüte haben sehr ost ein Gestell aus Bambusstäben. Tragstöcke und zahlreiche Formen von Tragekörben w-rden aus ihm gemacht. Sogar bei den Volksbelustigungen muß.der Bambus vertreten sein; bei den Hahnentämpfen werden die Cham pions in Bambuskörben herbeigebracht, und ihr Schlacht feld ist ein großes rundes Bambusgeflecht. Bei den sehr beliebten Boxerkämpseu dient die Bambusstaude als Waffe: ein Mann sucht mit einer längen Bambusstange seinem Gegner bcizulommcn, dessen Arme mit Bambus schienen geschützt sind. Früher wurden vielfach Waffen aus Bambus gearbeitet, Pfeil und Bogen, auch Speere; hellle sind aber diese primitiven Waffen fast überall durch das Gewehr und das Messer verdrängt. Selbst in das Reich des Mystischen führen uns die BambuSstau- den. Bambusstöcke mit einem bestimmten Zeichen lassen erkennen, daß in einem Hause „die Teufel" wohnen: gewöhnlich sind die Bewohner krank, denn die religiöse Anschauung der Siamesen hält Krankheit für ein Weck der Dämonen. Wird der Siamese, in ein dichtes Bambus geflecht gehüllt, zur Verbrcnnungsstätte gebracht, um seine sterblichen Reste iu das reine Feuer aufzulösen, dann liegt der Leichnam auf großen turmartigen Bauten aus Bambuswerk, und mächtige BambuSfackeln beleuch ten die nächtliche malerische Szenerie. Auch als Nah rungsmittel ist die Bambusstaude nicht unwichtig, denn ihr Samen wird gegessen, und die jüngeren Schößlinge werden zwei bis drei Hand breit über dem Boden ab geschnitten und geben ein ganz ausgezeichnetes Gemüse. Nme KinUk, Sir Mim« ,«> Vor kurzem wurde bekannt, daß ein bejahrter eng lischer Osenfabrikant, der ein neues Verfahren zur Her stellung von Salz erfunden hat, seine Entdeckung für 20 Millionen Mark an ein amerikanisches Syndikat ver lauste. In diesem Falle waren freilich eine ganze Reihe von Jahren stiller und rastloser Arbeit vergangen, ehe die Erfindung so vervollkommnet war, daß sie für die Industrie einen Wert von ungezählten Millionen gewann. Aber die Fälle sind keineswegs selten, iu denen ein flüch tiger kleiner Einfall zum Erfinder und dann zum Millio när werden läßt, ohne daß Zeit und Arbeit geopfert werden müssen. Einfache Spiclgeräte haben ihre Schöpfer schon oft zu reichen Leuten gemacht; der Mann z. B., der die Kinderklapper erfand, jene einfache, an einem Stiel befestigte Blechlügcl, in deren Innerem einige Steine enthalten sind, lebte in bescheidenen Verhältnissen, bis er eines Tages aus die Idee kam, für sein Kind ein solches Spielzeug herzustellen. Beiläufig kam er dann darauf, diese Klapper fabrilmäßig in großen Massen un fertigen zu lassen, und in wenigen Jahren war er da durch der glückliche Besitzer eines Vermögens von rund 5 Millionen Mark geworden. Auch der Mann, der den immer wiederkehrenden Ball erfand, hat erfahren, wie kleine Einfälle sich loh nen können. Er kam auf die Idee, an einem gewöhn lichen Holz- oder Gummiball eine lange dünne Gummi- schnür zu befestigen: das Ergebnis war ein Gewinn vou vielen Hunderttausendeu Von Mark; die ersten Jahre über verdiente der „Erfinder" jährlich mehr als 200000 Mark. Vor nicht allzulanger Zeit war der Bürger noch gezwungen, sich allmorgendlich seine Schuhe mühsam zu- sammenzuschnürcn, indem er das Schuhband durch Oese und Oese steckte. Kein Mensch war auf die Idee gekommen, die Herrenstiefel mit jenen einfachen kleinen Haken zu versehen, die das Zuschnüren so erleichtern und die uns längst zur Gewohnheit geworden sind. Die „Erfindung", so berichtet eine englische Wochenschrift, stammt von einem gewissen Herrn H. A. Snipp, der sich freilich über die Bedeutung seiner Entdeckung nicht recht klar geworden sein muß, sonst hätte er kaum das Patent für die lum pige Summe von tausend Mark verkauft. Hie Unter nehmer, die die Ausbeutung der Idee begannen, haben dann in wenigen Jahren damit Millionen verdient. Der Erfinder deS Schuhbandes, Harvey Kennedy, hat mit seinem Einfall nicht weniger als zehn Millionen Mark verdient, und ähnliche Höhe erreicht auch die Einnahme, die Mr. Plimpton, der Erfinder des heute überall so populären Rollschuhs, mit feiner „Entdeckung" erzielte. Bor einigen Jahren erregte in London ein Prozeß großes Aufsehen, in den der Erfinder der Metallsohle» ver wickelt war. Er hatte jene kleinen Metallplatten ringe- führt, die dazu dienen, das rasche Abtragen der Schuh sohlen zu verhindern. Bei dem Prozesse erfuhr man, daß im ersten Jahre des Vertriebes, im Jahre 187S, 12 Millionen solcher Platten verkauft worden waren; tm Jahre 1887 betrug der Gesamtumsatz 143 Millionen, die den Fabrikanten in jenem Jahre 4600000 Mark Rein gewinn einbrachten. Doch nicht immer vergönnt eS das Schicksal dem Erfinder, die Frucht s-' rer Arbeit und seiner Phantasie Anzeige« aller Art vorteilhafteste beste Verbreitung.