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Riesaer G Tageblatt und Anzeiger Wttlatt Md Anzeiger). Amtsblatt der Königl. Amtshauptmannschast Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadlraths zu Riesa. 48. Jahrg Montag, 7 Januar 189S, Abends Gthr. und den guten Willen, ihre Pflicht zu thun, bekunden wer den. Die Anwesenheit der fremdmächtlichen Geschwader in den chinesischen Gewässern erscheint daher, so lange der Krieg dauert, unerläßlich. Im Inten rsse des Kulturfortschritts aber ist zu wünschen, daß dieser Krieg dem Chinesenreiche Bedingungen auferlegt, die frische Luft, Licht und Sonne auch dem Osten Asiens zu theil werden lassen, der bisher eine versteinerte 20000jährige Eigenkultur unter dem Symbol des Zopsthums kannte. Das Niemer Tageblatt erschaut Tag 'Abends mit Ausnahme der Sonn- uns Festtag. Äkrltljäbrltchrr Bezugspreis bei Abholung in den Expedition«» in Riesa und Strehla, de» MMMPchMA sowie am Schalter der kunerl. Ponansialten 1 Mart 25 Ps., durch die Träger irei int- Haus 1 Mark 50 Ps., durch den Briestrüger frei in» Hau» 1 Marl SS Pf. Snzeigen-Unuah»« pr dl« M»»Wr des Ausgabetages bis Vormittag 9 Uhr ohne Gewähr. Druck und Verlag von Langer k Winterlich in Mtela. — SeickästSitell«: rlauuntenjtrahe SS. — Hü, die Redactiou oerantwortltch: Her». Gchmidt in Nt«i«. Der Krieg in Ostasien ist durch den plötzlich hereingebrvchenen strengen Winter zum Stillstände gekommen. Was die Lage der kämpfenden Par teien anlangt, so sind die Japaner im Vortheile, da sie dem Gegner eine Reihe strategisch sehr werthooller Positionen entrissen Und ihr moralisches Uebergewicht bis in die aller jüngste Zeit hinein behauptet haben. Anderseits ist den Ja panern weder die Erreichung Mukdens gelungen, noch sind ihre Operationen im Petschiligolf weit genug vorgeschritten, um die chinesische Hauptstadt Peking mit unmittelbarer Ge fahr zu bedrohen. Chinas Lage ist also — wenn man alle Umstände be rücksichtigt — noch keineswegs so verzweifelt, daß die dor tigen Machthaber dem Gedanken einer unbedingten Unter- werfung un:er alle etwa von Japan zu stellenden Friedens bedingungen zugänglich wären. Ein Friede, wie Japan ihn will, wird daher von China kaum gewährt werden, und da mit erschien das Schicksal der eventuell zu gewärtigenden Verhandlungen zwischen beiden Theilen schon im Voraus be siegelt. Immerhin brauchen dieselben darum nicht absolut nutzlos zu sein, da ihr Verlauf hüben und drüben aufklärend und über die beim Gegner herrschenden Gesinnungen beleh rend wirken kann. Die chinesischen Diplomaten gelten gleich den türkischen als sehr schlaue Leute, deren Hauptstärke darin besteht, die Gegner, mit denen sie zu thun haben, hinzuhalten und da durch Zeit zu gewinnen. Das haben denn auch diejenigen Herren Chinesen zu thun verstanden, die jetzt mit Japan wegen des Friedensschlusses verhandeln. Darum sind auch diese Verhandlungen ziemlich aussichtslos. Der deutsche Hauptmann Hanneken, der schon seit Jahren als Instruk teur der Armee in China lebt, und der während des Krieges verschiedene Male persönlich heldenhaft hervorgetreten ist, findet in dem verrotteten China nicht ne genügende Unter stützung. L>ein Bestreben, eine neue Armee im Westen Pekings zu bilden, scheitert an dem Mangel verfügbarer Geldmittel. Aber wie man die Sache auch drehen und wenden mag, — der Vorrheil, den Japan bisher über die Chinesen errungen, kann nicht oder doch wenigstens noch nicht in politische Münze umgesetzt werden. Die Mandschu-Dy- nastie, die in China herrscht und bei den Chinesen verhaßt ist, wackelt zwar und es soll im Lande selbst eine große Ver schwörung g gen sie existiren. Aber die Chinesen sind zu wenig thatkräflig, um sich von der Fremdherrschaft zu be freien, und die Mandarinen, die um die Staatskrippe stehen, haben kein allzu lebhaftes Interesse an einer Aenderung. Vielleicht wäre der Hof von Peking den Friedensbe strebungen zugänglicher, wenn ihm nur wenigstens die „Ret tung der Waffenehre" gelänge. Vielleicht rechnet man auch darauf, daß Japan an den starken Stellungen, die gegen wärtig zum Schutze der Hauptstadt vorbereitet werden, sich den Schädel einrennen soll, jedenfalls dürfte das Frühjahr eine Wiederaufnahme der Operationen größeren Stil« erleben. In Peking hält man übrigens nach wie vor daran fest, daß, wenn alles schief gehen sollte, die europäischen Mächte sich ins Mittel legen und das Aeußerste hintanhalten werden. Es ist dies mit ein Grund, weshalb die Behörden in Peking und in den VertragShäfen so streng darüber wachen, daß den dort wohnenden Europäern bezw. Amerikanern vom Pökel keine Unbill widerfahre. Wenn man auf die guten Dienste des Auslandes spekulirt, gebietet die alltägliche Weisheit, das Ausland möglichst bei guter Laune zu erhalten, und dazu gehört in erster Linie die stritte Einhaltung der China in Betreff des Schutzes von Leib und Leben der auf Grund völkerrechtlicher Verträge innerhalb seiner Grenzen lebenden fremden Staatsangehörigen obliegenden Verpflichtungen. Die Aufrichtigkeit der diesbezüglichen an die unteren Behörden von oben herab ergangenen Instruktionen kann daher eine« Zweifel nicht unterliegen. Eine andere Fraae ist rS freilich, ob die untergeord neten Organe in kritischen Momenten die nöthige Einsicht Bekanntmachung. Am 23. Dezember dieses Jahres ist in diesiger Stadt ein Portemonnaie mit Inhalt gefunden worden. Der rechtmäßige Eigenthüiner kann diesen Fundgegenstand in der hiesigen Nathsexpedition zurückerhalten, Riesa, den 29. Dezember 1894. Der Stadtrath. Klötzer. TaseSgeschichte. In seiner Sonnabends-Nummer giebt der „Vorwärts" einen Erlaß des preußischen Ministers des Innern vom 24. November vor. Js. betreffend die Agitation der Sozialdemo kratie auf dem Gebiete des Turnwesens im Auszuge wieder. Der Erlaß lautet folgendermaßen: Berlin, den 24. November 1894. ES ist zur Sprache gebracht worden, daß die An hänger der Sozialdemokratie neuerdings auch das Turnwesen als ein Mittel benutzen, ihren Einfluß auf immer weitere Kreise auszudehnen und insbesondere die soeben erst aus der Schule entlassenen jugendlichen Personen für ihre Anschauungen zu gewinnen. Es sollen zu dem Zweck an vielen Orten unter den Namen „freier Turnverein", „Arbeiter-Turnverein" u. a. oder als besondere Abtheilungen eines „Volksvereins", „Arbeitervereins', „Bolksbildungsvereins" und ähnlicher sozial demokratischer Verbindungen Vereine entstanden fett', die sich angeblich nur mit dem Turnen beschäftigen, in Wahrheit aber ! der sozialdemokratischen Organisation und Agitation dienen. ' Von der deutschen Turnerschaft sollen diese Vereine sich ge trennt halten und auf dem zu Pfingsten 1893 in Gera ab- gebaltenen Turnertage zu einem „Deutschen Turnerbunde" zusammengeteten sein, dessen Organisation sich bereits über einen großen Theil der Deutschen Bundesstaaten erstrecke. Das Reich sei in Kreise, jeder Kreis in Bezirke getheilt; an der Spitze eines jeden Kreises stehe ein Kreisturnrath, dessen Mitglieder — der Kreisvertreter als Vorsitzender, zwei Kassenrevisoren und vier von den Delegirten der Bundes vereine gewählte Beisitzer — aus der Kreiskasse besoldet werden, aber nicht selbst Delegirte eines Bundesvereins sein dürfen, dieben den jährlich ein- oder zweimal stattfindenden Kreisturntagen sollen in. den einzelnen Bezirken besondere Gau- oder Bezirks-Turntage abgehalten werden. Der Bund soll ein eigenes Organ in der zu Leipzig erscheinenden „Arbeiter-Turner-Zeitung" (Redaktion und Verlag Moritz Fromm, Leipzig-Neuschönfeld) besitzen und der Inhalt dieser Zeitschrift außer Zweifel stellen, daß die Turnerei nur der Vorwand, die Förderung sozialistischer Umtriebe aber der eigentliche Zweck dieser Vereinigungen sei. — Euer Hoch wohlgeboren ersuche ich ergebenst um eine gefällige Aeußerung darüber, ob ähnliche Erfahrungen auch schon im dortseitigen Verwaltungsbezirke gemacht sind und in welcher Richtung nach Euer Hochwohlgeboren Ansicht etwa gegen den Arbeiter- Turner-Bund vorzugehen sein möchte und welche Gesichtspunkte dabei hauptsächlich ins Auge zu fassen sein würden. — Bei dieser Gelegenheit bemerke ich nach Benehmen mit dem Herrn Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Ange- legenheiten über den Charakter und die Tendenzen ver schiedener Turnvcreinigungen im Allgemeinen Folgendes: Zu unterscheiden sind drei Gruppen von Turnvereinen: 1. Die Deutsche Turnerschaft, die in gesicherter Organisation alle diejenigen Turnvereine umfaßt, welche die Pflege vater ländischer Gesinnung al« VereinSzweck anerkennen. Die bei ihr in dieser Hinsicht geltenden Grundsätze sind neuerdings zu klarem Ausdruck gelangt in dem Aufrufe „an die Turn vereine", der am 1. September ds. Js. erlassen und u. A. in dem Hefte L0 der „Monatsschrift für das Turnwesen" 1894 S. 310 ff. abgedruckt ist. 2. Der Deutsche Turnerbund umfaßt in einer der Turnerschaft nachgr- bildeten Organisation vorzugsweise diejenigen Vereine, welche seiner Zett wegen ausgesprochener antisemitischer Tendenzen «-»on der Turnerschast ausgeschloffen wurden. Mittelpunkt ist Wien. 3. Der Ärbeiter-Turn.erbund DeutschF lands, welcher ähnlich wie 5ie beiden vorgenannten Gruppen organisirt ist, aber durchaus im Dienste der sozialdemo kratischen Agitation steht. Dies zeigen verschiedene Druck sachen, wie „die Entwickelung der Turnerei in Deutschland" und „Werth und Bedeutung des Arbeiter-Turnerbundes", beide von H. Rauh, die Nummer der „Arbeiter-Turnzeitunq" vom 15. Oktober 1894, und besonder« das in dem Bunde gebrauchte Liederbuch „Der freie Turner", welches u. A. ia den Liedern Nr. 49 und 71 beweist, wie wenig die Be hauptung zutrifft, daß der Arbeitcr-Turnerbund sich von aller Politik fernhalte. — Nach Mittheilung de« Herrn Minister« der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten ist von Seiten der Untcrrichtsverwaltung gegen das Treiben ^staatsgefährlicher Turnvereine durch drei Maßnahmen zu wirken versucht worden: 1. durch das Verbot der Theilnahme von Schülern und Schülerinnen an ihnen, 2. durch ablehnende Haltung etwaigen Gesuchen gegenüber um Gestattung der Be nutzung von Turnräumen und Turngeräthen, die Schulen ge hören, 3. durch Fernhaltung solcher Personen von den staat- ' lichen Kursen zur Ausbildung von Turnlehrern und Lehrerinnen sowie von den Turnlehrer- und Turnlehrerinnen-Prüstrngen, die möglicherweise die Leitung des Turnunterrichts in den nicht zur Deutschen Turnerschaft gehörenden Vereinen über nehmen könnten. Indem ich auf diese drei Punkte besonders Hinweise, ersuche ich Euer Hochwohlgeboren ergebenst, sorg fältig zu prüfen, ob in diesen Beziehungen überall mit der erforderlichen Aufmerksamkeit verfahren worden ist, und über das Resultat dieser Prüfung zu berichten. — Der Bericht ist durch Vermittelung des Herrn Ober-Präsidenten vorzü- > legen. Der Minister des Innern, v. Köller. An sämmt- l liche Herren Regierungs-Präsidenten (jeden besonders) und den königlichen Polizei-Präsidenten in Berlin. Deutsches Reich. Die Bekleidungsämter der preu ßischen Armeecorps treffen nach der „Scbles. Ztg." Anstalten, um auch die Mannschaften mit grauen Mänteln zu versehen. Die Farbe derselben ist etwas dunkler, als die des Mantel stoff s der Offiziere. Von den angelieferten Stücken grauen Tuches haben die Bekleidungsämter bisher sehr viele zurück gewiesen, weil es der Fabrikation nicht gelungen war, jedes mal den richtigen Farbenton zu treffen. Der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten, j Thielen, hat eine Besichtigung der durch die letzten Stürme der Nordsee namentlich auf Helgoland angerichteten Schäden vorgenommen. Die vorliegenden Nachrichten ergeben, daß leider auch andere Nordseeinseln, wie Norderney, Amrüm, Borkum u. s. w. ebenso wie einzelne Küstenorte zum Theil recht erhebliche Beschädigungen erlitten haben. Nach der Rückkehr des Ministers der öffentlichen Arbeiten wird die preußische Staatsregierung sich wohl schlüssig machen, ob zur Beseitigung der durch die Sturmfluth hervorgerufenen Noth- lage an den genannten Plätzen außerordentliche Staatsmittel in Anspruch zu nehmen sein werden. Eine Berliner Zuschrift der „Pester Correspondenz" aus „diplomatischen Kreisen" berichtet, daß die Reffen des Reichskanzlers Fürsten Hohenlohe zum Fürsten Bismarck nach Friedrichsruh auf ausdrücklichen Wunsch des Kaisers Wilhelm erfolge und Fürst Hohenlohe der Träger von per sönlichen Mittheilungen des Kaisers an den Alt-ReichSkanzler sei. „Der Kaiser ist immer noch ernstlich besorgt um hie Gesundheit des Fürsten Bismarck, dessen Physische und geistige Widerstandskraft durch den Tod der Fürstin Bismarck einen so schweren Schlag erlitten hat, daß Fürst Bismarck über den Verlust seiner treuen Lebensgefährtin untröstlich bleibt. Es ist den Bemühungen der Familie des Küchen noch nicht gelungen, ihn zu Gunsten einer ruhigeren Stimmung zu beeinflussen. Wenn auch directe neue Krankheitserscheinungen bei dem Fürsten Bismarck von seinem Leibarzt, Professor Schweninger, nicht constatirt wurden, so hat doch der Leib arzt und die Familie noch die schwierige Aufgabe zu Über winden, die hochgradige physische Depression u» besser«, welche stch de« Fürsten seit dem Hinschriden seiner Grmahli« bemächtigt