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— 7S Hassos Augen blitzten. „Zn jung, um für meinen Vater einzulreten!" fuhr er aus. „Nein und tausendmal nein! Ich sehne mich nur danach, den Leuten zu zeigen, wie stolz ich auf meinen Vater bin dem ich nicht ein Haar krümmen lasse." Welch freudiges Aufleuchten lag in den Augen des ernsten Mannes, wie er seinen Sohn anblickte. Während er noch tinen Augenblick dessen Vorschlag überlegte, fuhr dieser bittend fort: „Uelcrtrage mir doch auch mal ein Stück ernster Arbeit, Ick bin ja kein Kind mehr. Glaube mir's, Vater, es macht mich glücklich, wenn ich Tir einmal etwas abnehmen kann." Martens legte ihm die Hand auf die Schulter. „Ich danke Tir, mein Junge, daß Du Dich so inS - Zeug wirfst für Deinen Vater. TV, wozu Dein. Herz Dich treibt. Ls ist vielleicht ganz gut, wenn Du Dich früh daran gewöhnst, peinlichen Dingen die Stirn zu bieten. Und nun komm, ich werd« Tir genau aus- einanderfctzen, was Tu Eschenbron mitzuteilen hast." 9. Kapitel. Am nächsten Morgen ritt Hasso nach Klenkendorf. Kurz vor dem Hofbore sah er den ältesten Sohn des Hauses mit einem schlanken, blonde» Mädchen gehen. Er wirkte, dieser junge Mann im Jagdanzuge mußte A»«x von Eschenbron sein, den hatte er in Ranschxbach einmal gesehen, als er dort an der Seite seines Later durchfuhr. Er selbst war dem jung« Eschenbron nicht bekannt. So sprang er denn vom Pferde, lüftete den Hut und trat an di« beiden heran. „Mein Name ist Hasso Marten's," stellte er sich vor. „Darf ich bitt«, Herr von Eschenbron, mich srcu.ldtichst zu Ihrem Herrn Vater führ« zu wollen?" Der Ton, in dem die Wort« gesprochen wurden, war ruhig. 2och einem aufmerksam« Beobachter wäre es ni?.,' entgangen, daß eine hohe Erregung sich dahinter verbarg und nur in den tvechselnden Farben der jugend lichen Züge ihren Ausdruck fand. Ter Augenblick feines Kommens tvar unglücklich gewällt. Alex fühlte sich verstimmt, weil er eben einen Streit mit Ursula gehabt hatte. Seit jenem Gespräch über die M artenSsche Angelegenheit hielt sie auch heute noch einem Manne die Stange, über dessen mehr als fragliches Verbalten es so ziemlich nur eine Stimme in» Kreise gab, und trotzdem sie blutwenig von der ganzen Geschichte verstand, wie er ihr eben vor fünf Minuten ärgerlich erklärt hatte. Sie hatte dazu die Achseln gezuckt und gemeint: „Ich verstehe gerade genug davon, um zu wissen, daß ich den Her« Mar»ens ganz besonders gut leiden mag, weil er so fest sein Versprechen hält." In dies--»» Augenblicke war^ gewesen, daß Hasso unvermutet dazwischen geplatzt wär. Ter junge Eschenbron wünschte ihn ans Aide der Welt. Einerseits widerstrebt« es seinem Stolze, dem Mädchen insofern nachzugebe», daß er dem Sohn eines Mannes liebenswürdig begegnen sollte, über den er eben so abgeurteilt hattH anderseits wollte er aber auch Ursula nicht noch mehr erzürnen durch sein Ver halten. „Bas wünschen Sie von meinem Vater ?" fragt« er gedehnt. „Ich habe verschiedene Auseinandersetzungen, mit denen mein Vater mich beauftragt hat, um sie Herrn von Eschen! ron persönlich mitzuteilen." „TaS lönntc besser schriftlich geschehen." Alex wußte, daß seinem Vater jedes Zusammen treffen mit der Familie jetzt peinlich war. Er kam also nur dessen Wünschen zuvor, wenn er diesen Besuch abschnitt, und zugleich brachte er dies« Störenfried sofort aus Ursulas Nähe. Man konnte bei ihrer Per sönlichkeit nie darauf rechnen, zu welchem ungewöhn lichen Schritte sie sich noch hinreißen lassen würde durch ihre impulsive Natur. „Wäre das möglich gelvesen, so hätte mein Vater das sicher getan", so lautete die rasche Erwiderung. „Mein Vater ist zu beschäftigt, um Sie empfangen zu können, ich glaub« auch kaum, daß er zu Hause ist." „Also nicht vorgelasj« soll ich werden," fuhr es durch HassoS Sinn. Seine Augen blitzt«, er sah Alex herausfordernd an. Doch ehe er noch das rechte Wort gefunden halte, mischte Ursula sich hinein. „Aber ich weiß, daß der Onkel zu Hause ist, und kann Sie ja selbst zu ihm führ«, wenn der Vetter es nicht tut." Diesem stieg das Blut zu Kopfe, Ursula trieb den Mderspnlch doch schließlich zu weit. Er mußte ein lenken, wenn sie nicht etwa ganz selbständig die Sache in die Hand nehmen sollte. „Versuchen wir, ob meine Kusine recht hat," sagte er u>nd wies auf das Gittertor, „ich bitte, daß Sie mit uns kommen." Hasso, den sein Auftrag und alles, was damit zu sammenhing, völlig beschäftigte, hatte zuerst kaum aus das schlanke Mädchen in tiefer Trauerkleidung ge- achtct, jetzt aber, als sie so plötzlich eingriff, starrte er sie ganz verwundert an. Ter große Schutzhut, der bisher ihr Gesicht verborgen, hatte sich bei der raschen Bewegung, mit der sie vortrat, in den Nacken ge schoben, nnd nun blickte er auf flimmerndes Goldhaar und in ein Paar herzige Braunaugen. Diese Begegnung stand keineswegs auf dem Pro- grannn, daS der Vater mit Hasso durchgesprochen hatte, sie machte ihn ein« Augenblick ganz verwirrt, denn welcher Jüngling, der im achtzehnten Jahre steht, bleibk wohl unberührt, wenn ihm plötzlich ein so reizender Backfisch gegenübersteht, der noch dazu für ihn cintritt? (Fortsetzung folgt.) Hanmblüte. Die Bäume »löhn! Wie Schnee liest» «ns den 8w*i««n So z«rt ««p weiß, so tznstt» ehae-letchen, — St« Anblick ist es, der da» Her» «rynickt! I« Blütenschuer scheint die Wett versunken, S» klavft da» Herr defekt»», freudetrunken — J«deß da» Auge auf die» Wunder blickt. Mr ist, al» wäre« al' die vlüteufterne. Die mich t« Meu»e grüße« »aß and ferne. viel Halde Au»« sehnsuchtsvoll und schön; O- Al» mirrn Träne» al die las« Blätter, Die lei» vom Sonnenschein und Krühliugsmetter Lautlos zuweilen saust hernieder weh«. W« Strauß von Baumvlntjweige« müßt beglücke«. Wen« man ih« eigenhändig dürste pflücken — vnd doch wär's großer Frevel gegen Gott! — Nicht znm Vernichte« schenkte er die Blüte», Mit Schöpferhnld will gnödig er behüte» I« ihnen knnft'ge Früchte gelb nnd rot! Die Bäume blüh«! Wie Schnee liegt» ans den Zweige» So zart und weiß, — so duftig ohnegleichen, Und Vögel finge» mitten drin ihr Lied. Vor Frende selig möcht' ich fest umfasse» Die ganzen schneeig weißen Blütcumafieu, Damit die Pracht nicht allznrasch entflieht! Martha Grundmaim. Druck und Verlag von Langer L Winterlich, Ricsa. — Für die Redaktion verantwortlich: Hermann Schmidt, Riesa. CrMIer an der Elbe. Belletr. Gratisbeilage zu» „Riesaer Tageblatt". «>. i». Der Pflicht getreu. Von A. v. Liliencron. Fortsetzung. Mit zusammengezogenen Brauen, festen Blickes ließ Martens die Augen von einem zu dem ander« der Herr« gleiten. Er zuckte nicht, nur daS Beben seiner Stimme verriet seine gewaltige Erregung, als^ar sagte; „Sollte in diesem Kreise mich einer der Herr« einer solchen gemeinen Handlung fähig halt«, dann ver lange ich eine offene Erklärung, wir werden «ns dann mit der Waffe in der Hand weiter sprech«." „Nein, einen so krassen Abschluß sollte die Sache denn Loch nicht nehmen. Die Herren beeilten sich, be ruhigende Worte zu sagen, aber Martens fühlte, daß es Worte war«, denen die Wärme fehlte, Reden, die nur verhüten sollten, daß es nicht zum Aeußersten kam. Rur der alte Herr drückte ihm herzlich die Hand. „Es wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird," meinte er, „seien Sie kein Hitzkopf, schmeißen Sie nicht so mir nichts dir nichts hier Ihre Arbeit hin." Einen Augenblick durchbrach ein freieres Aufatmen die eisige Haltung, die Martens in Bann hielt. Er erwiderte den Druck der Hand. „Ich dank« Ihnen für Ihre freundlichen Gesinnungen, aber ich bleibe bei meinem Entschluß. Ich bin ein schroffer Charakter und nicht imstande, über die Kluft fortzusehen, die diese Stunde gerissen hat." Mit kurzem Gruße ging er zur Tür. Die Muke in der Hano wandte er sich noch einmal um. „UebrigenS wollte ich bemerken, daß mein Vetter von mir, sobald ich von: TyphnS genesen war, dreißigtausend Mark erhalten hat, seine Erbschaft also nicht um einen Pfennig verkürzt wurde. Ich war, als mein Onkel die Ang« geschlossen hatte, der Hüter seines Eigentum», daher hielt ich mich verpflichtet, zu ersetz«, was etwa verloren gegangen tvar." Noch bevor einer her Herren ein Wort erwidern konnte, hatte er das Zimmer verlassen. Auch nach seinem Fortgänge herrschte einen Augenblick Schweigen, dann aber wurden die Meinungen um so lebhafter ansgetanscht. Der alte Herr versuchte, zum Guten zu reden, aber er drang nicht durch. Es dauerte nicht lange, so war man nntec den Versammelte» mit seinem Urteil über Nivrtens fertig. Die einen drückten ihre Ansicht milder, die anocren schärfer aus. Der Stab wurde aber, lvenn auch in aller Shille, über den Besitzer von Raufchebach gebrochen. Das Gericht, so sagte man sich toohl, würde Martens nichts anhaben können, aber seine gesellschaft liche Stellung hatte diese Geschichte erschüttert. Freiherr von Eschenbron war von dem eben Erlebten noch ganz erfüllt, als er heimkam. In Klenkendorf mar die Familie auf der schattigen Veranda versammelt nnd gcuoß die Abendkühle nach dein heißen Tage. Klenkendorf bot seit wenigen Tagen den mutterlosen Kindern dec verstorbenen Frau von Hagenow ein: Heimat für die Zeit der großen Feri«. Ter tief gebeugte Witwer hatte cs nicht über sich vermocht, jetzt ohne seines Hauses Krone die Kinder nur sich zu versammeln, er war nach der Schweiz gereift nnd hatte Eschenbrons Vorschlag angenommen, die Seinen nach Klenkendorf zu schicken und sie dort am Schlüsse der Ferien abzuholen. Söhne und Töchter gab es genug in diese,» Gutshause, die den Verwaisten liebevolle Gefährten wurden. Alle waren sie jetzt auf der Veranda versammelt, nur Ursula, die jüngste de« Hagenowschen Töchter, fehlte. Sie faß in einem vor springend« Erker -er Veranda in ein Buch vertieft und hatte Welt und Mensch« um sich her vergess«. MS der Hausherr ankam, wurde er «ft Frag« bestürmt, was er weiter über den Fall Mart«» ge hört hake Rückhaltlos erzählte er die ganz« SÄ- einandersetzungen und wiederholte eingehend da- Ler? hör, das mit Martens angestellt worden war. „Wenn di« Sache Nipp und klar wäre, und e» dck nichts zu verheimlichen gäbe, würde der Rauschebacher sich nicht in ein so geheimnisvolle» Schweig« hüllen", meinte der älteste Sohn de» Hause». „Mit der Dame, die er nicht nennen will, wird re wol> unter einer Decke gespielt hab«, und sein letzte» Mort an sie — Schweig« wie da» Grab — ist wohl so viel gewesen wie ein Versprech«, daß er nichts verraten würde", suchte der älteste Hagenow sich die Sache zu erklären. „Aber der Herr Martens darf e» doch gar nicht sag«, wenn er einem andern versprochen hat, es nicht zu tun", klang da plötzlich eine hülle Stimme au» dem Geranke der Kletterrosen heran». Aller Augen wandt« sich dahin. Ursula hatte längst ihren Srkerplatz verlass« ge habt und war herangetreten, um der Unterhaltung besser folg« zu können. Die hängend« Rosenzweigr hatte sie vorsichtig zur Seite geschoben und sich eine Oefsnung für ihren Kopf gebahnt. Da lugte sie nun heraus, umstrahlt von dem flimmernden Eoldhaar, die ernsten Braunangen vor wurfsvoll aus den Onkel gerichtet Dieser nickte ihr zu. Ursula, da» wunderschöne dreizehnjährige Mädchen, war sein erklärter Liebling und sah noch dazu in diesem Rahmen blühender Rss« ganz besonders reizend aus, daher antwortete er ihr nur mit einem Scherze, während jeder andere bei einet ähnlichen Veranlassung eine deutliche Abfertigung epi halten haben würde. „Natürlich, Prinzeßchen mutz sich gleich zunt Verteidiger aufwerfen, wenn einer angegriffen wird", neckte er. j „Ihr alle macht ihn schlecht, nnd e» hat nicht einet ein gutes Wort für ihn geretet", schmollte sie, und es war, als ob in den groß« dunklen Ang« ein feuchter Schimmer sich zeigte. Fräulein Winterfeld , die Erzieherin, mischte sich hinein. „Ursula, Du bist viel zu jung, um Dir ei« Urteil erlauben zu dürfen", tadelte sie, „eS handelt sich hier um Dinge, die Tu noch nicht verstehst." Der blonde Lockenkopf hob sich höher. „Ich iveiß ganz genau, daß man halt« muß, was mn eine« Menschen versprochen hat, und das lasse ich mir auch von niemand ausreden," erklärte sie. Die schön« Augen blitzten und sahen kampfbereit zu dem Fräulein hinüber. . Tas zuckte die Achseln und meinte halb entschuldigend, halb ankla-lend : „Tas Sind hat leider zu sehr sein« eigenen Kopf: cs ist schwer, ihr eine Sache klar z« machen, toenn sie sie nicht verstehe» will." Der Hansherr lachte. „Lassen Sie mir die Ursel ungeschoren. Diesmal habe ich dem Töchterchen die Laune verdorben. Die Geschichte war nicht für ihre Ohl« bestimmt. Wer kann denn aber zimmer wissen