Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.04.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-04-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000425019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900042501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900042501
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-04
- Tag 1900-04-25
-
Monat
1900-04
-
Jahr
1900
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-PreiS t» dir Hauptrzpedition oder den im Stadt« bezirk und den Vororten errichteten AuS- oavestellen abgeholt: vierteljährlich-64.50, bet zweimaliger täglicher Zustellung in» Lau» -- b.b0. Durch die Post bezogen sür Deutschland und Oesterreich: viertrstädrlich ^l 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandienvung tut Au-Iand: monatlich .6 7.S0. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr, di« Abend-Ausgabe Wochentag- um b Uhr. Re-action und Expedition: Johanni»,affe 8. Dir Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abend» 7 Uhr. Filialen: Alfred Hahn vorm. v. klemm'» Corti«. Universitat-straße 3 (Paulinum), LoniS Lösche, Ratharinenstr. 14, Part, und König-Platz 7. Morgen-Ausgabe. MMcr TagMM Anzeiger. Amtsblatt des Aönigttchen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Molizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Reklamen unter dem Redaction-strich (4 g— spalten) ül)^, vor den Familien Nachrichten (6 gespalten) 40/ij. Gröbere Schriften laut unserem Preis» vrrzeichniß. Tabellarischer und Ziffrrnsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mrt Postbeförderung ^l 70.—. Annahmeschlnß für Anzeigen: Abtnd-Au»gabe: Lormittag» 10 Uh». Morgen-Aa-gabr: Nachmittag- 4Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde frither. Anteilen sind stet» au die Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. Polz tn Leipzig. Z M. Mittwoch den 25. April 1900. 91. Jahrgang. Handel und Handelspolitik. Ein bemerkenswerthes Buch wird Anfang Mai im Verlag von K. L. Hirschfeld in Leipzig erscheinen; es trägt den Titel „Handel und Handelspolitik" und ist von dem Professor der Nationalökonomie an der Technischen Hoch schule zu Aachen, Or. N. vanderBorght, verfaßt, der auch als Mitglied der nationalliberalen Fraktion des preußischen Landtags angehört und sich im Abgeordnetenhause als ein hervor ragender Kenner der wirthschaftlichen Verhältnisse, insbesondere des Handels, bethätigt hat. Seine langjährige Thätigkeit als Sekretär, zuerst der Aachener, dann der Kölner Handelskammer hat den Verfasser stets in enger Fühlung mit dem praktischen Wirtschaftsleben gehalten, und so ist ein Wert entstanden, das ein weitangelegtes Material prägnant zusammenfaßt, zahlreiche der bisherigen Begriffsbestimmungen richtig stellt und zugleich einer gemeinverständlichen Sprache sich befleißigt, die es zu einem werthvollen Hilfsmittel für den Studirenden macht und zu einen: sicheren Führer für den Praktiker, der sich aus dem Interessen standpunkt ans den allgemeinen volkswirthschaftlichen Stand punkt und wirthschaftspolitischen Standpunkt dadurch gehoben fühlt. Eine allgemeine Beinerkung, die an die gegenwärtigen wirth schaftspolitischen Streitigkeiten anknüpft, sei aus dem Capitel hervorgehoben, das die volkswirthschaftliche Bedeutung des Handels darlegt. Gerade jetzt ist der alte Streit wieder lebhafter, und zwar durch die Agraragitation, hervorgetreten, ob der Handel productiv sei. Das ist ein Streit um Worte, sagt van der Borght, weil unter „Production" und „productiv" von den einzelnen Beurtheilern sehr verschiedene Dinge verstanden werden. Versteht man unter Production nur die Sachgütererzeugung, so ist der Handel nicht productiv, weder seiner Wirkung, noch seiner Tendenz nach, denn Sachgüter erzeugt er nicht. Sucht man das Wesentliche all' der Thätigkeiten der Production herauszuschälen, so liegt die Sache ganz anders. Alle diese Thätigkeiten laufen darauf hinaus, vor Steigerung der Tauglichkeit zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse die Werthfähigkeit der Güter zu steigern, d. h. sie fähig zu machen, daß sie von den Menschen höher be- werthet werden. Daß der Handel durch die Art, wie er sein Ziel erreichen will, ganz erheblich abweicht von den anderen Zweigen der productiven Thätigkeit, insbesondere auch von der Sach gütererzeugung, versteht sich von selbst. Aber sein Ziel ist das selbe, wie bei den übrigen Arten, und darauf allein kommt es an. Wenn man sich gewöhnen wollte, schärfer zwischen „Werth" und „Werthfähigkeit" zu unterscheiden, wenn man insbesondere die natürliche Nutzbarkeit nicht schon als Gebrauchswcrth, sondern als Voraussetzung für die Werthschätzung, als „Werthfähigkeit", be handeln wollte, wenn man überhaupt die ganze Lehre vom Werth und von der Production mehr an die praktischen Verhältnisse an knüpfen wollte, so hätte die hier vertretene ungezwungene und einfache Auffassung Aussicht, sich allgemein festzusetzen. Auf die Beantwortung der Frage, ob der Handel productiv sei, hat man wohl auch eine bestimmte Rangordnung der wirthschaftlichen Thätigkeiten stützen wollen, die dann auch dem Handel eine unter geordnete Stellung zuwies. Faßt man aber das gemeinsame Ziel, die Steigerung der Werthfähigkeit, ins Auge, so wird man solche Versuche von vornherein als fruchtlos und überflüssig auf geben müssen. Diese und ähnliche Erwägungen haben van der Borght ver anlaßt, dem ganzen Werke eine eingehende Untersuchung über Begriff und Wesen des Handels voranzuschicken und die bis herigen Begriffs-Bestimmungen, die viel zu enge gehalten sind, durch eine neue, zutreffendere, zu ersetzen. Er untersucht die einzelnen Arten deS Handels, den Fabrikhandel, wobei der Fabrikant die eigenen Erzeugnisse kaufmännisch abzusetzen sucht, dem dann gleichen Wesens der Handwerkshandel zur Seite tritt, sofern der Betrieb des Handwerks mit dem Feil bieten der ohne unmittelbare Bestellung erzeugten Waare ver bunden und ohne diese Verknüpfung nicht durchzuführen ist. Dazu tritt diejenige Form des Handels, welche nicht mit selbst hergestellten Maaren zu thun hat und welche den bisherigen engen Begriffsbestimmungen zu Grunde liegt, eine Form, die man als Kaufmannshandel bezeichnen kann: das ge werbsmäßige Feilbieten von Gegenständen, die der Feilbietendc nicht selbst erzeugt, sondern von dem Producenten unmittelbar oder mittelbar bezogen oder eingekauft hat, ohne daß der Be zug durch eine unmittelbare Bestellung seitens der Abnehmer veranlaßt ist. Hier ist das Wort „Handel" im engsten Sinne genommen. Die Begriffe, Handel im weiteren Sinne, Fabrik- und Hand werkshandel und Kaufmannshandel, liegen anscheinend weit aus einander, aber sie werden doch durch ein gemeinsames Band zu sammengehalten. Fabrik- und Kaufmannshandel stimmen darin überein, daß sie ohne unmittelbare Bestellung Gütermengen auf häufen und sie allen beliebigen Personen, die Bedarf danach haben, feilbieten, und daß dieses Feilbieten den Zweck hat, die persönliche, räumliche und zeitliche Trennung deS Konsumenten vom Producenten für die Bedarfsversorgung unschädlich zu machen. Genau demselben Zwecke dient auch der Handel im weiteren Sinne. „Dieser gleichartige Zweck ist das Bindeglied zwischen den einzelnen Stufen des Handels; von hier aus können wir auch den allgemeinen Begriff des Handels finden." Und damit kommt van der Borght zu der Definition: Handel im Allgemeinen ist die Ueberwindung der persönlichen, räumlichen und zeitlichen Tren nung del Lonsumenten vom Produernten; Fabrikhandel, Kaufmann-Handel und Handel im weiteren Sinne sind nur verschiedene Ausstrahlungen diese» Handels im All gemeinen. Von dieser Definition geht das gesammtr Werk aus, um in anziehender Darstellung in etwa fünfhundert Seiten die Gliederung de» Handel», seine volkswirthschaftliche Bedeutung, seine Entwickelung, die Gegenstände des Handel» und die ein zelnen Elemente, die im Handel wirksam sind, wie menschliche Arbeit, Capital, Credit und Concurrrnz, zu erörtern. Längere Capitel sind dem Betrieb de» Waarenhandels und dem Börsen handel gewidmet. Der zweite Theil des Buches beschäftigt sich mit der Handelspolitik, der inneren und der äußeren, und be handelt zum Schluß dir Zollpolitik und die Seeschifffahrts politik. Wir behalten uns vor, auf einzelne Capitel noch besonders zurückzukommen und fassen unser Gesammturtheil dahin zu sammen, daß dieses Werk gerade in diesem Augenblick außer ordentlich willkommen und nützlich ist, um in dem wirthschafts politischen Wirrwarr zu klären, das Zusammengehörigkeitsgefühl aller Elemente der nationalen Production zu stärken und für die kommenden wirthschaftspolitischen Aufgaben des Staates fachgemäß vorzubereiten. Dem deutschen Kaufmannstande aber ist in diesem Werke ein werthvolles Hilfsmittel geboten zur Wahrung seiner Berufsinteressen und zur Hebung des gesummten Standes. Die Auswanderung aus Finland. Schon seit 23 Jahren geht, wie die „Finländische Corresp." schreibt, eine ununterbrochene Auswanderung aus Finland vor sich, deren Umfang jedoch zu verschiedenen Zeiten bedeutenden Schwankungen unterworfen gewesen ist. Anfangs ausschließlich durch die Lust an Abenteuern und den Wunsch, einen besseren Verdienst zu finden, veranlaßt, stieg die Auswanderung ganz be deutend, als im Jahre 1878 die allgemeine Wehrpflicht in Fin land eingeführt wurde. Die Bauernbevölkerung von Oester botten (der Küstenlandschaft am Bottnischen Meerbusen), welcher Landestheil bis dahin das größte Contingent an Auswanderern geliefert hatte, konnte sich mit dem Gedanken an eine erzwungene Militärpflicht nicht versöhnen, und ließ sich daher leichter als früher bewegen, ihr Glück in fremdem Lande zu versuchen. Nach dem man aber eingesehen, daß die befürchtete Militärlast in Wirklichkeit nicht so drückend war, wie man zuerst gedacht hatte, begann die Auswanderung von Jünglingen, die im wehrpflich tigen Alter standen, wieder abzunehmen. Und gleichzeitig fingen auch solche, die früher ausgewandert waren, an, in die Heimath zurückzukehren, manchmal zu längerem oder kürzerem Besuch, oft auch, um für immer zu Hause zu bleiben. Das eigentliche Aus- wanderungsbedürfniß schien sich in eine mehr oder weniger leb hafte Wanderlust zu verwandeln, welche die Leute für einige Zeit in die weite Welt hinaustrieb, ohne daß sie damit die Absicht verbanden, ihr Heicktathland für immer zu verlassen. Die Fluctuationen in der Anzahl der Auswanderer war deshalb sehr bedeutend. Wenn die Arbeitslöhne in Amerika hoch waren, stieg die Zahl sofort, besonders wenn gleichzeitig die Kon junktur in Finland weniger günstig war. Und in demselben Maße wie diese in den letzten Jahren sich verbesserte, verringerte sich auch die Zahl der Auswanderer, während gleichzeitig die Zahl der zurückkehrenden Emigranten stetig wuchs. Gegen Ende der achtziger Jahre erreichte die Emigration in einem Jahre die Ziffer 8000; während der neunziger Jahre schwankte sie zwischen 6000 und 2600, aber dank der immer wachsenden Anzahl zu- rücktehrender Emigranten, die 1898 sogar 2200 betrug, wurde der wirkliche Nettoverlust für Finland immer geringer, so daß er während des letztgenannten Jahres nicht mehr als circa 400 Individuen betrug. Die in Finland herrschenden guten wirthschaftlichen Verhält nisse besserten sich während des Jahres 1898 noch mehr und hatten eine Steigerung sämmtlicher Arbeitslöhne zur Folge, bis dies? eine Höhe erreichten, wie noch nie zuvor. Es war also ganz natürlich, daß einerseits die Auswanderung abnehmen, und andererseits die Anzahl Zurückkehrender zunehmen mußte. Und da die guten Conjuncturen die Tendenz zeigten, bei stetig steigenden Arbeits löhnen auch im folgenden Jahre bestehen zu bleiben, hatte man Anlaß genug, zu hoffen, daß die Emigrationsziffer noch mehr sinken würde. Am 15. Februar ward aber durch das bekannte Staatsstreich manifest gegen die Rechtsordnung von Finland ein Schlag ge richtet, der sämmtliche bisherigen Berechnungen über den Haufen warf. In allen Schichten der Bevölkerung sah man sofort ein, daß der nächste Zweck des Manifestes war, eine gewaltsame Pro- mulgirung des neuen Wehrpflichtgesetzes vorzubereiten, über deren Ablehnung durch den außerordentlichen finländischen Landtag auch die russische Regierung sich keine Illusionen machen konnte. Die Aussicht eines erzwungenen fünfjährigen Militär dienstes außerhalb der Grenzen des eigenen Landes erschien dem finländischen Bauer als „der Anfang vom Ende" — vom Ende der jahrhundertealten freien Rechtsordnung, die jedem finlän dischen Staatsbürger, Hoch wie Niedrig, Jung wie Alt, Reich wie Arm, zu einer Lebensbedingung geworden war. Die Un ruhe im Lande wurde allgemein und ihre Folgen ließen nicht lange auf sich warten. Am schnellsten und heftigsten äußerten sich die Wirkungen dieser Russificirungspolitik in den LandeStheilen, von wo von altersher eine Auswanderung vor sich gegangen war, und wo man in Folge dessen am besten über die Verhältnisse in anderen Welttheilen unterrichtet war. Schon im März stieg die Aus wanderung plötzlich auf 500 Individuen per Woche, eine Ziffer, die bi» dahin noch nie ein Monat aufzuweisen gehabt. Im April stieg die Anzahl noch mehr — über 600 per Woche —, und während des übrigen Theiles des Jahres ging die Auswanderung mit solcher Intensität vor sich, daß die Totalsumme für elf Monate 15 000 bis 16 000 Individuen betrug; ganz exakt kann die Summe nicht angegeben werden, da eine große Anzahl von Jünglingen sich ohne Paß oder andere Formalitäten über die Grenze begab. Gleichzeitig fiel die Anzahl der zurückkehrenden Emigranten so stark, daß im Ganzen nur «in paar Hundert Per sonen im Verlauf des ganzen Jahre» nach Finland zurllckkehrten, die meisten nur zu kürzerem Besuch. Während de» laufenden Jahre» ist die Auswanderung noch immer sehr stark gewesen, wenn auch nicht so stark, wie zu Anfang des vorigen Jahres. Die Verzögerung in der definitiven Entscheidung der Wehrpflichtfrage hat dazu beigetragen, die Ge- mllther ein wenig zu beruhigen, und dies wäre ohne Zweifel in noch höherem Grade der Fall gewesen, wenn der höchste Vertreter der russischen Staatsmacht in Finland, der Gcneralgouverneur Bobrikoff, es unterlassen hätte, bet jeder Gelegenheit und auf allen Gebieten seine destruktiven Absichten an den Tag zu legen, die, so sagt die „Finländische Corresp." wörtlich, darauf hinaus laufen, „statt der früheren gesetzlich gebundenen, gesicherten Rechtsordnung in Finland ein System einzuführen, das sich auf Beamtenwillkür und zufällige, persönliche Einfalle der Macht haber stützt." Diese für jeden Finländer ganz ungewohnte Er scheinung ist nichts weniger als dazu angethan, seine Befürch tungen für die Zukunft zu beschwichtigen. Der Gedanke an die Auswanderung als das einzige Mittel, der drohenden Russi- ficirung zu entgehen, greift deshalb im Lande immer mehr um sich. Aus Gegenden, wo früher kein Mensch an Auswanderung dachte, begeben sich jetzt mit jedem Dampfboot Leute ins Ausland. Und bestätigen sich die Befürchtungen hinsichtlich einer auf Machtsprüche begründeten Durchführung der russischen Militär reform, so kann kein Zweifel darüber herrschen, daß tausend und aber tausend junger Männer jedes Jahr Finland verlassen werden, um lieber in freiwilliger Verbannung zu leben, als sich dem unerträglichen Zwang eines mehrjährigen Militärdienstes in Rußland zu unterwerfen. In diesem Augenblick giebt es kein anderes Mittel, der überhandnehmenden Emigration aus Fin land zu wehren, als eine vollständige Umkehr in der von der russischen Regierung Finland gegenüber beliebten Politik. Je eher die Machthaber dies einsehen, desto leichter wird es ihnen werden, der Verödung vorzubeugcn, die in Folge der Auswande rung weiten Gegenden des bestgeordneten, wohlhabendsten und in kräftigster Bliithe stehenden Theils des russischen Weltreiches droht. Der Krieg in Südafrika. —p. Nach unseren Privatmeldungen ist der erste von Bloemfontein und Bethanie unternommene Borstoß zum Entsatz Wepener» beim Leuwkop auf dem Wege zwischen Bloemfontein nach Dewetsdorp gescheitert, während eine amtliche Depesche Lord Robert-, nach welcher General Pole-Carew's berittene In fanterie den vom Feind in Eile verlassenen Leuwkop besetzte, glauben machen will, daß die Boeren au- ihren Stellungen im Südosten von Bloemfontein vertrieben seien. So stellt auch folgende Meldung die Sache dar: * London, 24. April. (Telegramm.) „Neuter's Bureau" meldet auS Leuwkop vom 23. d. M.: Die Division des Generals Pole Karew rückte gestern gleichzeitig in zweiTheilen ostwärts und südwärts vor, um die Boeren von der Ver- theidigungslinie südlich der Wasserwerke zn ver treiben. Eine Cavalleriebrigade unter Dickson machte eine weite Schwenkung auf der Linken des Generals Stephenson während die berittene Infanterie unter Oberst Alverson auf feiner Rechten vorging. Die Brigade Stephenson vertrieb die Boeren von dem Kopje, während Alderson Leeuwkop auf der äußersten Linken der B oeren umging. Montag früh erwies sich Leuwkop als geräumt. Dicksonsand den weiteren Vormarsch durch eine starke Stellung der Boer en gesperrt und konnte daher die Umg ehungsbewegung nicht vollenden. ES heißt, daß die Wasserwerke von einer starken Streitmacht der Boeren unter General Dewet besetzt gehalten werden. Diese Nachricht aber gebt weiter, als da- Telegramm des Höchstcommandirenden. Nach ihm haben die Boeren Leuwkop zwar am Montag früh geräumt — aber nur um einer Um gehung durch den Feind sich zu entziehen und diese zu ver eiteln. In starker Stellung hinter Leuwkop erwarten sie nach dieser Meldung Pole-Carew von Neuem. Eine weitere Aufklärung giebt der nachstehende Bericht: * London, 24. April. „Standard" meldet auS Bloemfontein vom 23. April: Bei Tagesanbruch am Sonntag ritt die vierte Reiterbrigade von Springfield nach der Basutolaudgrenze mit der Absicht, den Höhrnzug im Osten der Straße von Bloemfontein nach DewetSdorp zu umgehen, gleichzeitig marjchirte die achtzehnte Jnfanteriebrigade von Springfield nach Rietsontein, um die Ber- bindung mit der von Ferreira kommenden Gardebrigade zu be werkstelligen. Die vereinigten Streitkräfte sollten die Kopjes säubern und womöglich die Boeren einschließen. Die Flanken bewegung der Lavallerie mißglückte inFolge des hef tigen Gesch ützfeuerS der Boeren von Leuwkop, worau« General Pole-Carew mit Stephenson's Brigade im Halbkreise von Westen vorrückte, um die Kopjes einzuhüllen. Der Angriff begann mit der Beschießung der Barm bei Kromspruit. Da das Feuer un- wirksam blieb, rückten di» Regimenter Welsh, Warwickshire, Essex und Porkshir« in ausgedehnter Linie vor, wodurch sie den Westen deckten, während di« Gardebrigade mit zwei Feldbattrrien und den SchiffSkanonen Stellung nach Süden zu einnahm. Unter der Deckung der Felsen eröffnete der Feind «in heftige» Feuer au» Mausergewrhren und schweren Geschützen. Da die Dunkelheit eintrat, schienen die Boeren im Besitz ihrer Stellung bleiben zu sollen, aber kurz vor Sonnenuntergang vertrieb das Regiment Essex die Boeren von Paardekraal, einem Borsprung deS Leuwkop. (Boss. Ztg.) De» RäthselS Lösung ist also die, daß die englischen Ent- satztruppen nicht den Leuwkop selbst, sondern nur ein Borkopje desselben besetzt Haden. In einem unserer letzten Londoner Privattelegramme ist ja auch klar gesagt, daß der Leuwkop nickt ein einzelner Berg, sondern ein 10 Kilometer sich östlich erstreckender Bergrücken ist, von dem die Boeren keineswegs „vertrieben" worden sind, ebensowenig wir s. Zt. vom Spionkop, sondern nur von einem Borsprung desselben. Jetzt fragt e» sich noch, wa« weiter geworden ist. Robert», „Reuter" und „Standard" brechen plötzlich ab. Nach ihnen wäre die Lage die, daß beide Gegner sich noch jenseits deS Lewberge« kampfbereit gegenüber stehen, während nach unseren Londoner Privatmitlheilungrn Centrum und beide Flügel Pole-Carew'S am Sonntag nach heftigem Kampfe zurückgeschlagen wurden. E» muß sich ja sehr bald Herausstellen, ob diese Meldung den Thatsachen vorauöeilt, oder ob da» Kriegsamt sie verschweigt. Nach einem Telegramm au- Maseru hätten die Boeren in der Nacht vom 22. auf den 23. Busch m an »kop, süd östlich von Wepener, geräumt nnd sich am 23. den ganzen Tag über langsam zurückgezogen, den anrückenden Truppen der Generale Brabant und Hart au-weickend. Die englischen Truppen wollten, so verlautet, in Maseru in der Nacht zum 24. acht Meilen von Wepener Halt machen. Da» heißt: hier werden sie von den Boeren in iesten Stellungen erwartet. General Hart war vor wenigen Tagen bei BuschmanSkop zurückgeschlagen worden und erst, nachdem er von Brabant Verstärkungen erhalten, war er zu weiterem Vormarsch fähig. So drängt auch hier Alle» auf eine Entscheidung bin, auch bei dem IammerSberger Lager, wo dir eingeschlossenen englischen Colonialtruppen heftig beschossen werben. Wir verzeichnen noch folgende Meldungen: * London, 24. April. Die „Times" berichten aus Lour«»;o Marques unter dem 23. April: Ausländischen Artilleriesachleuten ist es gelungen, in Pretoria eine Geschützgteßerei ein- zurichten, in der große Geschütze hergestellt werden. DaS erste davon ist jetzt nach dem Lranje-Freistaate abgegangen. (DaS ist von wesentlichem Belang sür den Fortgang de» FeldzugeS. D. Red.) * London, 24. April. (Telegramm.) Die Morgenblätter melden aus Durban: General Warren ist zum Administrator von Betschuanaland ernannt worden. — „Reutrr's Bureau" meldet aus Capstadt vom 23. d. M.: 37 Aufständische, die in Sunnyside gefangen genommen worden waren, wurden von dem obersten Gerichtshof sür schuldig befunden. Drei Rädelsführer wurden zu 5 Jahren Gefängniß, die meisten übrigen zu 3 Jahren Gefängniß verurtheilt. (Der erste Theil der Meldung bedeutet die Kaltstellung Warrens. Mit der Berurtheilung der Auf ständischen zu so hohen Gefängnißstrafen dürften die Engländer Wind säen und Sturm ernten. D. Red.) Die kritisirte» Generäle. In der „Münchener Allg. Ztg." lesen wir folgende instruktive Ausführungen: Die englischen Militärkreise vermögen sich noch nicht von der Bestürzung zu erholen, welche die Veröffentlichung der herben Kritik des Generalfeldmarschalls Roberts allenthalben verursacht hat. In den vornehmen Londoner Clubs, im Navy und Armh, United Service, Carltone, National-Liberal Club u. a. m., be kommt mau schlimme Bemerkungen über das Vorgehen von Roberts zu hören; die Entrüstung über die nach vollen zwei Monaten erfolgte Veröffentlichung jener Kritik ruft in den hohen Kreisen lebhaften Unwillen hervor. Man muß jene Kreise kennen, man muß wissen, daß das harte Urtheil von Roberts nicht etwa untergeordnete Officiere, sondern Namen getroffen hat, welche zu den glänzendsten der englischen Armee gehört haben, Männer, zu denen auch die vornehme Gesellschaft mit Ehr erbietung aufzuschauen gewöhnt war. Und diesen Männern wirft der Höchstcommandirende in Südafrika nun Unfähigkeit, Nachlässigkeit und Dummheit vor! Kaiser Wilhelm I. stellte bekanntlich an sich selbst als Militär stets die höchsten Anforderungen und gab damit seiner Armee und ihren Führern jenes herrliche Beispiel, das hoffentlich für lange Zeit noch wirksam bleiben wird. Aber er verlangte auch von seinen Generälen das Höchste, und so heftete er den Sieg an seine Fahnen, wo sie auf der Wahlstatt erschienen; so erwarb er uns das Reich! Wer ihm aber unter seinen Heerführern an dern einen oder dem anderen Grunde nicht mehr geeignet schien, den erhielt er aus bloßen Gefühlsrücksichten nicht in seiner Stel lung, wie man aus den bekannten Fällen der Generäle Vogel von Falkenstein und Steinmetz ersehen kann. Feldmarschall Lord Roberts hat nun geglaubt, ähnlich handeln zu dürfen, wie Wilhelm I., aber, wer weiß, ob für ihn jenes erhabene Bei spiel nicht gefährlich werden kann. Roberts hat die Armee, die er befehligt, nicht organisirt. Er fand etwa» vor, mit dem er zu arbeiten hatte. Er sah die höchsten Posten von Generälen besetzt, die er sich nicht selbst ausgesucht, die er nicht auf jene Posten gestellt hatte: er war gezwungen, mit den Cliqueverhält nissen zu rechnen, die in der englischen Armee leider nicht selten sich finden, sowie mit der von altersher bestehenden Rivalität zwischen der englischen und der indischen Armee, mit dem Gegen satz zwischen den „wissenschaftlichen" Officieren und den Herren aus den Garderegimentern, für deren Besetzung die Hocharisto kratie ein Monopol hat. Roberts selbst ist ein „Wissenschaftler"; er ist Artillerist, er verkörpert diese Waffe ebenso wie Kitchener, der Pionier, die der Royal Engineers. Er gilt, wie dieser, trotz seines heutigen Titels, der Hocharistokratie nicht ganz für „voll". Und nun sieht man plötzlich über die Köpfe der alten berühmten Generäle hinweg diese beiden Heerführer zur leitenden Stelle be rufen. Schon das erregte Erbitterung, und nun kommt jene scharfe, vernichtende Kritik. Wie gesagt, es sind keine niederen Elemente, sondern es ist „bis same", Hochwild, das von dem harten Tadel niidergestreckt wird. Da ist zunächst Gatacre, der seit Stormberg von Unglück zu Unglück eilte, dessen Name selbst schon Unheil zu künden schien. Sir William Forbes Gatacre ist Generalmajor, Ritter des Bath-Ordens und vieler anderer im Felde erworbener Ehren zeichen. Er machte 1888 den Feldzug gegen den räuberischen Afghanenstamm der Hazara mit, kämpfte im Jahre darauf in Birma und erwarb sich 1895 durch die Niederwerfung des Tschitral-Aufstandes im Dschanbatai- und Lowari-Paß großes Verdienst; 1898 war er mit Kitchener im Sudan-Feldzuge und befehligte die glänzende Atbara-Ättacke, welche Kitchener die Ein nahme Omdurmans möglich machte. Gatacre erhielt darauf telegraphisch den Dank beider Häuser de» Parlament» — um jetzt, im Kampf gegen die Boeren, seinen unrühmlichen Abschied zu erhalten. Auf der westlichen Hälfte de» Krieglschauplahes steht ihm zunächst Lord M e t h u e n, der sich bei Mager»fontein eine so schwere Niederlage holte. Sein Name war bi» dahin einer der glänzendsten im Heere. Baron Paul Sanford Methuen, Generalleutnant, Großcomthur der höchsten Orden, ist ein „alter Afrikaner". Al» junger Leutnant machte er den Feld zug an der Goldküste mit und wurde schon im Aschanti-Feld züge 1874/75 Brigade-Major. Er ist in deutschen Militär- kreisen nicht unbekannt, denn er war von 1877 bi» 1881 Militärattache der britischen Botschaft in Berlin. Im Jahre 1882 war ihm das Kommando des Hauptquartier» in Egypten anvertraut und l884 leitete er den Feldzug gegen die Betschu- anen. Nun ist er wieder in Afrika an führender Stelle ge wesen — aber auch sein Ruf als Anführer ist gebrochen. Man kann sich nur wundern, daß ihm Lord Robert» noch fein Kommando beläßt. Auf dem westlichen Gebiet« operirt auch General Hart. Er ist um ein Jahr jünger al» Methuen —
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite