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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.04.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-04-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000411019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900041101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900041101
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-04
- Tag 1900-04-11
-
Monat
1900-04
-
Jahr
1900
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Von berufenster Seite ist zwar diese Behauptung un zählige Male widerlegt worden — wir erinnern heute nur an die Ausführungen, die eine erste Autorität, wie A d o l f W a gn e r, wiederholt gemacht hat —, aber immerhin dürfte es nicht über flüssig erscheinen, an der Hand neuerer Publicationen noch ein mal auf die Frage zurückzukommen. In dem soeben erschienenen Buch von Nauticus, „Bei träge zur Flotiennovelle", wird in dem Artikel „Volksein kommen und Consum" ausgeführt, daß in Bezug auf Nationaleinkommen und Consum durch die Verschiebungen der letzten Jahrzehnte Deutschland Frankreich bereits überflügelt habe und auch hinter England nicht mehr allzuweit zurückstehe. Deutschland ist „Gläubigerstaat" geworden; schon 1892 wurde sein Besitz an fremden Werthpapieren auf 10 bis 12 Milliarden Mark geschätzt, und in Folge weiteren Anwachsens dieses Besitzes wird Deutschland in diesem Puncte schwerlich noch hinter Frank reich zurllckstehen. Auch in den deutschen Unternehmungen im Auslande, die 1898 allein für die außereuropäischen Länder sich auf 7 Milliarden Mark bezifferten, arbeiten heute größere Summen, als in denen Frankreichs. „Die deutschen Kauf manns- und Rhedereigewinne sind, wie es schon ein Blick auf den stärkeren 'Außenhandel und die größere Handelsflotte wahr scheinlich macht, sicher höher als die französischen. Die gesammte Mehreinfuhr im Betrage von nahezu einer Milliarde Mark jähr lich muß ja aus den Schuldzinsen, 'dem Handels- und Schrff- fahrtsgewinn bestritten werden, ja, diese Gewinne müssen noch mehr als di« Differenz zwischen Ein- und Ausfuhr betragen, weil der Besitz an fremden Effecten bezw. die Verschuldung des Aus landes an Deutschland noch wächst." In den weiteren Ausführungen des erwähnten Aufsatzes wird dann mit aller Vorsicht eine Berechnung des Gesammt- einkommens des deutschen Volkes für 1898 angestellt, mit dem Ergebniß, daß für das erwähnte Jahr das Volkseinkommen etwas über 22 Milliarden Mark betragen habe. Diese Be rechnung dürfte aber hinter der Wirklichkeit Zurückbleiben. Der Statistiker May z. B. schätzte bereits für 1895/96 das ge sammte deutsche Volkseinkommen auf 25^ Milliarden Mark, und der Amerikaner Mulhall ebenso auf 25,8 Milliarden Mark. Dabei sei noch erwähnt, daß dieZn den letzten Jahren ein getretene Einkommensteigerung für das Gesammteinkommen im deutschen Reich wahrscheinlich 3 bis 4 Milliarden beträgt. Ent sprechend diesem höheren Einkommen ist auch die Lebens haltung des deutschen Volkes erheblich gestiegen. So wurde, um nur einige wenige Beispiele anzuführen, der Fleischkonsum in Deutschland Ende der 70er Jahre auf 35 Kilogramm pro Kopf geschätzt, 1899 bereits auf 46 Kilogramm. In Bezug auf den Butter- und Milchconsum scheint heute Deutschland Groß britannien gleichzukommrn, dagegen Frankreich um ein Bedeuten- des zu übertreffen. Der Weizenconsum ist in Deutschland von 50 Kilogramm im Durchschnitt der Jahre 1879/84 auf 81 Kilo gramm 1896/98 gestiegen, der Roggenconsum ist mit 125 Kilo gramm pro Kopf sich annähernd gleich geblieben. Der Verbrauch von Webstoffen ist innerhalb der letzten 25 Jahre um etwa 60 Procent, von 2,4 auf 4,1 Kilogramm pro Kopf, ge wachsen, der Verbrauch von Wollengeweben hat von etwa 1,1 auf 1,3 Kilogramm zugenommen. Wohin man auch blickt, überall zeigt sich eine erfreuliche Aufwärtsbewegung in der Lebenshaltung der Bevölkerung. Wie nun vornehmlich die Denkschrift über die Steigerung der deutschen Seeinteressrn nachgewiesen hat, beruht dieser Wohl stand zum wesentlichen Theile auf den Handelsbeziehungen mit den überseeischen Ländern. Daraus ergiebt sich mit Nothwendig- keit der Schluß, daß Deutschland Alles thun muß, um diese Handelsbeziehungen weiter auszubauen, aber auch 'durch eine aus reichende Wehr gegen gewaltsame Erschütterungen zu schützen. Daraus ergiebt sich weiter die Frage, wie hoch der Auf wand sein kann, welche Mittel Deutschland aufzubringen in der Lage ist, um diesen nothwendigen Schutz ausüben zu können. Hierauf finden wir eine präcise Antwort in zwei Auf sätzen, die der bekannte Statistiker Or. Ballod über die Frage der Leistungsfähigkeit des deutschen Volkes in Bkzug auf den Schuhaufwand zur Erhaltung seines Wohlstandes in -der volks- wirthschaftlichen Beilage der Münchener „Allgemeinen Zeitung" veröffentlicht hat. Er führt aus, daß in Ze.iten unentwickelter oder abgeschlossener Technik gesteigerte Ausgaben für di« Wehr kraft zu einer Zurückdrängunq der Culturaufgaben und zu einer Schädigung des Volkswohlstandes führen müßten. Heute aber lägen die Dinge so, daß man ohne Bedenken aus dem vollen Born der Technik schöpfen könnte. Ja, in der Industrie läge nicht die Gefahr vor, daß man durch «ine gesteigerte Inanspruch nahme der Arbeiterbevölkerung für Marinebauten der Production von Eulturbedürfnissen zu viel Arbeitskräfte entzöge, als viel mehr, daß bei einer Einschränkung 'des aufblühenden Schiffbaues es zu einer Krisis auf dem Arbeitsmarkte kommen könnte. Unter diesen Umständen ist es eine völlig ungereimt« Gegenüberstellung, wenn man -den Militär- bezw. Marine-Aufwand als hinderlich für die Culturaufgaben ansieht. Der Mehraufwand für die Wehrkraft, und im vorliegendes Falle für die Schaffung einer leistungsfähigen Flotte, ist daher nicht unter dem Gesichtspunkte der Einschränkung -der sonstigen Bedürfnisse der Nation zu betrachten, sondern unter dem der Mehrarbeit, welche daS Volk zur Aufrechterhaltung seines Wohlstandes leisten muß; und dakaüs ergiebt sich der Schluß, daß diese Mehrarbeit in keiner Weise «in« zu starte Belastung deS Wohlstandes der Nation darstelle. Ballod berechnet, 'daß für da» laufend« Jahr Frankreich oa. 4,37 Procent, England (ohne Einrechnung der Kosten deS Transvaalkrieges) 3,60 Procent, Deutschland aber nur 3,40 Procent seine» gefammten Volks einkommen» für militärische Zwecke opfere. „Berücksichtigt man aber noch di« Verzinsung der Staatsschuld, so kommt für Frank reich hinzu eine „unproduktive" Ausgabe von einer Milliarde Mark, für England eine solche von 485 Millionen uno für Deutschland von nur circa 75 Millionen; die Rate der Ausgaben für mili tärische Zwecke und Schulden erhöht sich also in Frankreich auf 9,37 Procent, in England auf 6,1 Procent und in Deutschland blos auf 3,7 Procent seines Nationaleinkommens." Bullod be rechnet weiter, daß, wenn das Nationaleinkommen nur in gleicher Progression mit der Bevölkerungszunahme wüchse, der gesammte M i l i t ä r a u f wa nd 1916 3,4 bis 3,3 Procent des Volkseinkommens betragen wiivde. Thatsächlich aber wächst der Nationalstan'd schneller als di« Bevölkerung. Jeder Staat wird nur 'dann dieser feiner Wohlstandquellen sicher sein, wenn sie innerhalb seiner Machtsphäre liegen, d. h. bei überseeischen Absatzgebieten, wenn er sie jederzeit durch seine maritimen Machtmittel beherrschen kann. Gewiß kann die Flotte fremde Nationen nicht zwingen, uns unsere Produkte ab- zunchmen, über sie kann neben dem Schutz des Transports der Maaren zur See die Einhaltung eingegangener Verpflichtungen überwachen und dem in fremden Ländern -arbeitenden deutschen Capital ein erhöhtes Sicherheitsgefühl gewähren. So ist zur 'Aufrechterhaltung unserer überseeischen Beziehungen eine starke Flotte für Deutschland zur Nothwendigkeit geworden für die Aufrechterhaltung seines nationalen Wohlstandes. Die hohen Summen, die gefordert werden, reduciren sich auf recht bescheidene Größen, wenn man sie auf ihr Ver- hältnißgum gefammten Volkseinkommen be trachtet, und werden reichlich wieder ausgeglichen durch den weiter steigenden Wohlstand, den eine Sicherung unseres über seeischen Handels im Gefolge haben würde. Der Krieg in Südafrika. „Feinde rings»»»'." kann heute Lord Robert» mit Recht auSrufen. Die Frei- staatler haben ihre Einkreisungs-Operationen fast zu»» Ab schluß gebracht, ihre Geschütze beherrschen bereits an mehr denn einer Stelle die Verbindungslinien des Feld marschalls, die Telegraphenlinien selbst sind bereits an zwei Stellen durchschnitten und die fliegenden Com- mandoS der Föderirten operiren bereits, fast ohne Wider stand zu finden, wieder von der Modder bis zum Oranje fluß hinab. In den wenigen vorher von den Engländern besetzten Orten, welche inzwischen bereits wieder geräumt wurden, ist daS britische Banner vou der Bevölkerung selbst entfernt, und in zwei Fällen sind die von den Engländern eben erst eingesetzten Beamten hinter den abziehenden Truppen hiriAeslohen. Rouxville ist von den Briten eiligst wieder geräumt. Die zum Friedenhalten eingesckworenen Freistaatler haben sich selbst in nächster Nähe der Eisenbahnlinie wieder erhoben und die zum Schutze derselben echelonirten Truppen haben auf wenige Hauptpuncte concentrirt werden müssen, die ihrerseits auck wieder bedroht sind. Selbst Ali mal North am Oranjeflusse ist bereits so bedroht, daß die Eng länder auS der dortigen Bevölkerung britischer Abstammung eine Stadtwache zum Schutze deS Ortes bilden und eine erst gestern in London eingegangene Depesche vom 6. ds. Mts. signalisirte bereits „zahlreiche Boeren 34 km südlich am Oranjeflusse". Ueber die Lage um Bloemfontein fehlen heute weitere zuverlässige Nachrichten, wie überhaupt die meisten Kabel berichte bis zum 5. April zurückdatiren, an welchem Tage unter Anderem der Correspondent der „Morning Post" meldet: „Sie brauchen um die Sicherheit Bloemfonteins nicht in Angst zu sein, obwohl cs dem Feind gelingen mag, eine kürzere Periode hindurch unsere telegraphische Verbindung abzuschneiden und die Eisenbahn-Verbindung zu unterbrechen." Dieses Telegramm läßt die Lage am 5. d. M. ernst genug erscheinen. An eine Belagerung Bloemfonteins, so wie Ladysmith und .Mmberley belagert wurden, Hal bisher wobl Niemand gedacht, und eS muß also schon sehr schlecht stehen, wenn vie KriegScorrespondenten in der Stadt glauben, man könne in London in Angst um deren Schicksal blcibcn. Schwere Sorge veranlaßt die dortige Lage den Londoner maßgebenden Kreisen allerdings. Die letzten Meldungen, weiche in den militärischen ElubS durchsickerten, ließen Lord Methuen bei BoShof und General Tucker wenige Kilometer nördlich vor Bloemfontein von feindlichen Com- mandoS abgeschnitten, resp. eingeschlossen und beide im Gefecht sein, während der den Capitulanten von Redder Sb urg eiligst zur Hilfe gesandte GeneralGatacrc nichts mehr von sich hatte hören lassen und auch dort die Befürchtung vorlag, cS hätten sich Bocrencommandos bei Caalspruit-Station zwischen ibn und der Stadt geschoben. Die Wasserfrage für die Stadt liegt offenbar viel ernster als bisher zugegeben worden, denn bereits am 6. wird telegraphirt: „Ein schwerer Regensturm brach gestern über die Gegend und suchte die schon so leidenden Truppen, welche immer noch keine Zelte haben, sehr heim. Aber er war überaus willkommen, da er unseren Wasservorrath erneuerte." Die WasserSnoth muß schon arg sein, wenn man für Regen- wasser dankbar ist, selbst um den Preis der Verschlechterung der hygienischen Verhältnisse und der Gesundheit der schutz los den bitteren Winternächten preiSgegebenen Truppen, deren Winterkleiduag ebknso wenig eingetrvffen ist, wie die Zelte. Wie ernst Lord Robert» selbst die Lage der Stadt auf faßt und die Abschneidung derselben vom äußeren Verkehr als unmittelbar bevorstehend ansieht, zeigt sein Befehl an alle Civilisten und Damen, unverzüglich die Stadt zu ver lassen «ad sich jenseits de» OranieflusseS zurückzuziehen. Selbst seine eigene Gattin, Lady Edward Cecil, Lady Charles und Lady Henry Bentynck, welche eben erst au» England eingetroffen waren, um zu ihren Gatten zu stoßen, mußten sich diesem Befehle fügen und sind bereits abgereist. Die Räumung der Stadt Rouxville war eine flucht artige. Dort standen 6 Compagnien Infanterie und berittene Freiwillige, also etwa 800 bi» 1000 Mann, mit Geschützen, und trotz dieser Stärke wagten dieselben nicht allein die kurze Streck« nach Aliwal North zurückzulegen, sondern erbaten Hilfe, die ihnen auch durch General Brabant gesandt wurde, und ohne welche auch die Garnison Roux- villes Gefahr gelaufen wäre, abgeschnitten und aufgehoben zu werden. Der Feind stand bereits so nabe, daß es zu einem leichten Nachhut-Gefechte kam, bei welchem die Engländer einige Todte und Verwundete verloren, während ein Leutnant und 12 Mann den Freistaatlern gefangen in die Hände fielen. Auch hier kommt, wie aus allen anderen Theilen des Freistaats die Meldung, daß die auf ihre Farmen zurück gekehrten Leute wieder die Waffen ergriffen und in diesem besonderen Falle scheint die Garnison nicht etwa vor einem von Norden gekommenen Föderirten-Commando geflohen zu sein, sondern vor einein bei Wallse Kop aus den Bauern der Umgegend gebildeten Commando. Nun sind die Engländer auch in Wep en er eingeschlossen. Hier ist es zu Zusammenstößen am 9. April gekommen, worüber folgende Nachrichten vorliegen: * London, 10. April. (Telegramm.) „Renter's Bureau" berichtet aus Aliwal North unter dem 9. April: Bei Wepener war den ganzen Tag ein heftiges Gefecht. Der Feind erlitt eine Niederlage, die Verluste waren aus beiden Seiten ziemlich schwer. Ein weiteres Commando ist auf dem Vormarsche von Dewertsdorp nach Wepener begriffen. — Eine weitere Depesche des „Reuter'schen Bureaus" au» Aliwal North vom 9. April besagt: Bei dem heutigen Gefechte richteten zuerst die Maximgeschütze der Boeren großen Schaden an, die britischen Geschütze trafen aber bald die richtige Schußweite und fügten dem Feinde schwere Verluste zu. Das Commando von Rouxville ist nach Wepener abgegangen. (Wiederholt.) * Loudon, 10. April. (Telegramm.) Dem „Reuterschen Bureau" wird aus Aliwal North unter dem 10. April be richtet: Wie verlautet, ist es bei Wepener wieder zu einem heftigen Gefecht gekommen, Lessen Ausgang unbekannt ist. Die Streitkräfte der Boeren bestehen aus drei Commandos und führen Vickers-Maximgeschütze und andere Geschütze mit sich. Die „Niederlage" der Boeren kann keine besonders schwere sein, wenn sie den Kampf wieder ausgenommen haben. Alle übrigen Nachrichten beschränken sich auf den Rückzug einzelner Truppentheile und die Bedrohung der Eisenbahn linien an den verschiedensten Stellen. Besonders vor Springfontein und Smithfield werden starke Boeren- commandos signalisirt. Von den Generalen Gatacre, Metbucn und Tucker fehlen bis zur Stunde noch immer alle Nach richten. Ein gestern veröffentlichtes offizielles Telegramm läßt denselben allerdings am 5. nach Springfontein zurückkehren, aber eine spätere Meldung vom 7. dementirt das mit dem Bemerken, „General Gatacre hat sein Hauptquartier ver legt", ohne aber anzugeben, wohin sich derselbe gewendet. Ein Telegramm der „Daily News" aus Ladysmith bestätigt die Meldung, daß die Boeren in Natal weiter vor zudringen beabsichtigen. Sie pflanzten schwere Kanonen am Knightshügel, vier Meilen nördlich von Elandslaagte, auf und verschanzten sich auch in der Nachbarschaft von WesselSnek. Täglich fänden Vorpostengefechte statt. Folgende Meldung ist noch anzufügen: * London, 10. April. „Reuter s Bureau" berichtet aus Cap- stadt: General Rund le machte mit der 8. Division eine Diversion nach Springfontein. — Carrington ist in Capstadt an- gekommen nnd begiebt sich sofort nach Beira. Tie Stärke der beiderseitigen Heere. Lord Roberts verfügt, nach soeben ausgegebenen officiösen Daten, in Bloemfontein über 4 Infanterie-Divisionen, be stehend aus 32 Bataillonen mit 16 Feldbatterien, 3 Haubitzer- Batterien und einer Anzahl Marine- und Belagerungskanonen. Er bat 12 Cavallerie-Regimenter, in 4 Brigaden formirt, 2 Brigaden reguläre und coloniale berittene Infanterie, welche gegenwärtig unter Oberst Jan Hamilton in eine besondere Garnison formirt werden. Diese Division hat mit der übrigen Cavallerie 8—9 reitende Batterien. Die Gesammt- zahl dieser Truppen beziffert sich auf 50 000 Mann, obne die angeblichen 20 000 Mann Lord Methuen'S (diese Ziffer ist alt und heute wahrscheinlich nicht entfernt mehr zu zutreffend), die etwa 4000 Mann General Gatacre's und die 2000 Mann General Brabant s. Die diesen gegenüber stehenden Boerenstreitkräfte sind überaus schwer einzuschätzen. Die Engländer selbst ließen noch 12 000 Boeren in Natal selbst in dem Augenblicke stehen, wo die Foderirten nach den Pässen flüchteten. Und heute, wo die BoerencommandoS auch bereits wieder mit ihren Spitzen dicht vor Ladysmith erschienen sind, darf man wohl annehmen, daß sie über wenigstens 10 000 Mann dort verfügen, da sie eS sonst kaum wagen könnten, gegen die mindestens 40000 Mann General Buller'S so weit vor zugeben. Da die Gesammtstreitkräfte der Föderirten notorisch 38 000 Mann nicht überstiegen, von denen noch sämmtliche Verluste derselben während des Krieges in Abzug zu bringen wären, so bleiben nach Abzug von 10 000 Mann für Natal und 5000 Mann für Verluste höchstens noch 23 000 Mann übrig. Selbst wenn man annebmen will, daß ihre Haupttruppen die Stellungen bei Kroonstad - Brandfort hinter sich gelassen, so könnten doch allerhöchstenS 20 000 Mann sich zwischen Brandfort, Kimberley, der Modder und dem Oranjefluß befinden und diese würden also den 70—80 000 Mann des Lord Roberts und seiner Unter generale gegenüberstehen. Wenn diese letzteren trotz ihrer großen quantitativen Ueberlegenheit an Artillerie und obgleich sie über sämmtliche Bahnlinien verfügen, diesen vierfach schwächeren Feind nicht einmal so weit im Zaume halten können, daß sie die VerbiudungS- Linien unter ihren HauptcorpS aufrecht zu erhalten vermögen, so müssen die englischen Truppen sich in einem weit trost loseren Zustande befinden, al» selbst die pessimistischesten Berichte erwarten ließen. Und wenn Lord Roberts jetzt sogar die völlige Jsolirung seines HauptbeereS, ja fast dessen Einschließung zu befürchten scheint, so ist es schwer, sich ein Urtheil zu bilden, daS nicht gleichzeitig auf die Qualifikation der commandirenden Officiere sich erstreckte. Jeder andere Heerführer würde, sobald er seine Ver bindungslinien im Rücken bedroht sähe, dem Feinde entgegen gehen und diesen zur Schlacht zwingen. Wenn er das nicht thut, so beweist das, daß er eine Niederlage befürchtet, die für ibn allerdings dann leicht zur Katastrophe werden könnte, denn jeder Rückzug wäre ihm abgeschnitten, außer derjenige nach Bloemfontein zurück, wo er dann warten müßte, bis ein neues Entsatzheer ihn befreite, wie er General White die Freiheit wiedergegeben. Aber für ihn würde eS dann keinen Blitzableiter wie Kimberley mehr geben und eS fragt sich, ob ein neues Entsatzheer überhaupt noch ausgetrieben werden könnte. Wenn Lord Roberts zu dem zweiten Mittel, der Be drohung seiner Verbindungslinien vorzubeugen, nickt greift, nämlich demjenigen, ein starkes Cavalleriecorps dem Feinde entgegen zu werfen und durch dasselbe den Bahnkörper schützen zu lassen, so ist daS erklärlich: Seine Cavallerie ist notorisch nicht im Stande, auck nur einen vollen Tagesmarsch zu machen. Erst heute wieder wird be richtet, daß in Bloemfontein selbst in der letzten Woche über 1000 Pferde eingegangen sind. Die englischen Schätzungen der Boerencommandos find augenscheinlich übertrieben, denn auch heute wieder beziffern ihre sachlichsten Berichterstatter die Stärke der verschiedenen Äoerencorps auf 5000 bis 8000 bei Glen Siding, 5000 bei den Wasserwerken, 5000 bei Paardeberg und 12—18 000 südlich nm Bloemfontein. Dazu kommen noch die be» Bcthanie, bei Springfontein, vor Rouxville, am Oranje flusse entlang und im Norden bei Ladybrand, BoShof, Fourteen Streams und Kimberley stehenden Com mandos , die immerhin je einige tausend Mann stark sein müssen, um Lord Methuen und den Generälen Gatacre t»nd Brabant zu so schleunigem Rückzüge veranlaßt zu haben. Wahrscheinlich ist die Haupterklärung wieder in der außer ordentlichen Beweglichkeit der Boeren zu suchen, die diesmal angeblich ganz ohne Wagen und Train operiren. Das kann nur bedingt richtig sein, da sie mindestens Munition mitführen müssen und übrigens notorisch in allen bisherigen Gefechten Artillerie hatten. Ob die Meldung wahr ist, daß in Pretoria jetzt auch Bajonette gefertigt werden, muß ab gewartet werden? Lberst VilleboiS-Mareuil Graf Christian de Villebois-Mareuil, der eine Zeit lang Ab geordneter für Mayenne war, erzählte einem Mitarbeiter des „Matin", Laß er von seinem Bruder, dem bei Boshof gefallenen Oberst Pillebois-Mareuil 4 bis 5 Briefe vom Kriegsschauplatz« erhalten habe, in denen er ihm von seinen Thaken erzählt«. Man hat übrigens schon lange befürchtet, daß dem Obersten etwas Schlimmes zustoßen werde, .denn er hatte es sich in den Kopf ge setzt, die gefährlichsten Vorpostendienste selbst zu leisten und dabei bereits vielfach sich den größten Gefahren ausgesetzt. Die fran zösische Aristokratie betheiligt sich in hervorragender Weise an Sen Trauerkundgebungen, da der Gefallene einer uralten, unter Philippe-Auguste geadelten Familie entstammte. Nicht lange vor seinem Lode hatte lxr Oberst aus Kroonstadt folgendes Manifest an die französische Legionim Boerenheere ge richtet: „Den Legionären, die mich als Kameraden gekannt haben. Officiere, Unterofficiere und Mannschaften! Ich weiß, daß Ihr mich nicht vergessen habt, und daß wir einander ver stehen, und darum appellire ich an Euch. Es befindet sich hier vor dem Vaal ein Volk, das man seiner Rechte, seines Eigen tums und seiner Freiheit berauben will, um durch ihren Zu sammenbruch einige Capitalisten zu befriedigen. Das Blut, welches in den Adern dieses Volkes fließt, ist zum Lheil fran zösisches Blut. Frankreich schuldet ihm daher einen schlagenden Beweis der Hilfe. Nun wohl: Ihr seid die Leute, welche sich, abgesehen von allen großen Verpflichtungen der Nationalitäl, ans Temperament eines Soldaten unter die Fahne eines Volkes gestellt haben, und möge nun diese Fahne das beste Glück bringen. Für mich seid Ihr der vollendetste Typus einer Truppe, die an greift .ucka keinen Rückzug kennt." — Wie bereits gemeldet wurde, bestand der größte Theil der 71 Mann starken Truppe, welche von Lord Methuen umzingelt worden, aus Franzosen. Aus den Lagern vor Ladysmith. * London, 7. April. Schilderungen von Boe ren- lagern werden fast täglich von den KriegScorrespondenten in englischen Blättern gebracht. So bringt z. B. heute der „Globe" einen recht anschaulichen Bericht über die verlassenen Wälle der Boeren vor Ladysmith. Da heißt es: Eine ungeheure Menge von Munition lng allerorten umher. Da lagen Kugeln, wo ich sie noch ni« gesehen hatte, die mit einer grünen Wachsmasse überzogen waren. Ich weiß nicht, woraus diese sonderbare Mass« bestand, jedenfalls war cs kein Grün span. In den Wällen waren auch Frauen und Kinder gewesen. Unsere Leut« begruben ein junges Weib von ungefähr 21 Jahren, das von einem Schuß niedergestreckt worden wär. Hinter einem erstürmten Wall fand ich einen Gedenkstein, der zum Theil voll endet war. Auf einer rohen Platt« stand die Inschrift: „Zum Andenken an Capitän Maitland, den Gori" — damit war es zu Ende. Di« letzte Ehre, si« man hier einem treuen Kameraden, oder einem geachteten Offioier erweisen wollte, mußte durch ein« heftige Störung unterbrochen worden sein. Ich konnte auch den Damm beobachten, den die Boeren am Flusse bauen wollten. Er war ein schweres Stück Arbeit und legte für die zähe, unermüd- licke Energie der Boeren ein deutliches Zeugniß ab. Tausende von Sandsäcken waren schon hevbeigeschafft worden, aber noch viele Tausende mehr wären nöthig gSnKsen, daS Werk zu doll- enden. »rletzntffe eine» «rtcgSgesankenc» bei den Vvere». * London, 9. April. Dem „Star" wirb aus Bloem fontein gemeldet, daß der dem RobertSsschen Kundschafter- corpS zugehörige amerikanische Kundschafter Burnham, der am vorletzten Sonnabend von den Boeren gefangen ge nommen wurde, am Montag früh entkommen und die englischen Linien ganz erschöpft erreicht hat. Burnham hat drei Tage lang nur von einem Zwieback und einer indischen Kornähre gelebt. Er berichtet, daß 1400 Boeren den Train und die Kanonen ge-
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