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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.01.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-01-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000112018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900011201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900011201
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-01
- Tag 1900-01-12
-
Monat
1900-01
-
Jahr
1900
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NWger TagMM Anzeiger Druck und Berlag vou E. Pol» kn Leipzig. Si. Jahrgang. ^°2V Freitag den 12. Januar 1900. o» ll.S9ü. ltv» en >> i.v. ». t>. Ti« Morgen-Ausgabe «scheint um '/,? Uhr, die Abenb-AuSgabe Wochentags um 5 Uhr. en. i. O. I 0. i . 0. , 0. r I) I 0 i l- « v ».0 Rußland wird nicht zögern, sein Vorrecht im Reiche des Schah nach Möglichkeit auszunutzen. Zunächst wohl weniger in wirthschaftlicher Hinsicht, obwohl eS auch hierin bemerkens' werthe Fortschritte macht. Schon bei früheren Gelegenheiten ist darauf hingewiesen worden, daß der russische Kaufmann den Engländer in Nordpersien zu verdrängen beginnt. Die neu erbaute Straße von Ensely bezw. Rescht, über Kaswin nach Teheran, wird der wirthschaftlichen Erstarkung des Zarenreiches gute Dienste leisten und das Ihrige zur Verdrängung der Briten beitragen. Auf diese Anlage legt man aber in den maßgebenden Kreisen Petersburgs nicht das Hauptgewicht. Man richtet viel mehr seine Aufmerksamkeit in erster Linie auf die Vollendung der verschiedenen strategischenBahnen,diedie Truppen transporte nach Persien fördern und einen möglichen Vorstoß nach Indien erleichtern sollen. Der Anschluß Teherans an das russische Eisenbahnnetz ist dabei in sichere Aus sicht genommen. Zunächst sollen von Orenburg und Alexandropol zwei Linien eine zweckmäßigere Verbindung des Kaukasus und Ural mit der Transkaspischen Eisenbahn Herstellen. Die Vorarbeiten hierzu sind bereits im Gange; Ingenieure des Kricgsministeriums untersuchen das Ge biet und treffen ihre Vorkehrungen, um den wirklichen Bau in absehbarer Zukunft beginnen zu können. Sobald dieses aber geschehen ist, wird man nicht zögern und die Verbindung der persischen Hauptstadt mit den einzelnen Linien Herstellen. Die geplante Richtung soll zunächst von Alexandropol über Kars und Eriwan nach Taebris und Teheran führen. Dabei wird es aber kaum bleiben. Die Weiterfllhrung zum Indischen Ocean über Ispahan und Schiras, mit dem wahrscheinlichen Endpunkte in Bender-Abbas, ist sicher nur noch eine Frage der Zeit. Wer will Rußland auch an der Ausführung dieser Pläne hin dern? Wäre es nicht thöricht, wenn es mit der Vollendung seiner strategischen Eisenbahnen gerade jetzt zögern würde, wo England lahm gelegt ist und Niemand dem Zarenreiche während einer Reihe von Jahren in allen seinen Unternehmungen in Persien drein reden darf? Wird Bender-Abbas als Schlußstation thatsächlich gesichert, bevor die Verlegenheiten Englands aufhören, so hat Rußland ohne einen Schwertstreich erlangt, wonach es lange strebt: einen Hafen am Persischen Golfe. Wir halten es für wahrscheinlich, daß die russische Diplomatie ihre gegen wärtige günstige Lage in diesem Sinne ausnutzt. Der eben geschloffene Eisenbahnvertrag Rußlands und Persiens würde da mit seinen ursprünglich wirthschaftlichen Charakter verlieren und eine Bedeutung gewinnen, die einen hervorragenden Einfluß auf die große Politik in Asien ausübt. Filiale«: Alfred Hahn vorm. v. Klemm'» Svrttm. UnivresitätSstraße 3 (Paulinum), Laut» Lösche, Äätharinenstr. 14, pari, und König-Platz 7. Ve-action und Lr-edittou: Johannisgaste 8. Ti« Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Der Eisenbahnvertrag zwischen Nußland uud Persien. V. 8. Der englisch-russische Gegensatz in Vorderasien ist neuerdings schärfer hervorgetreten. Die zarisch« und die persische Regierung haben den Vertrag erneuert, der ersterer das ausschließliche Recht verleiht, Eisenbahnen und Straßen im Reiche des Schah zu bauen. Es heißt, daß die Wirkung des neuen Abkommens bis zum Jahre 1904 währen soll. Damit hat Rußland seinen Einfluß in Teheran abermals ge festigt und einen bedeutenden Vorsprung vor England gewonnen. Die Errungenschaft des Zaren Alexander HI. ist gesichert und hat von den Briten zunächst nichts zu befürchten. Der Versuch der letzteren, sich wirtschaftlich und politisch in Persien sest- zusetzen, ist dadurch so wirksam durchkreuzt worden, daß er schwerlich so bald erneuert werden dürfte. In London sah man den Vertragsabschluß lange voraus und suchte ihn auf alle Weise zu verhüten. In Südpersien wurden die Unruhen zum Eingreifen benutzt; englische Truppen landeten auf persischem Gebiete und besetzten die Stadt Lingeh, um angeblich die „eigenen Staatsangehörigen" vor den Ueber- griffen der Asiaten zu „schützen". Der wirkliche Zweck aber war oie Einschüchterung des Schah Muffafer-Eddin. Das gleiche Ziel verfolgte die kürzlich bewirkte Erwerbung des Nuschki-Ge bietes im Norden des Beludschistan, welche eine Bedrohung Persiens von Westen bedeutet. In der Hauptstadt des Landes entwickelte sich gleichzeitig ein stiller, aber desto lebhafterer diplo matischer Kampf zwischen dem russischen und englischen Ge sandten, in dem jeder den anderen aus der Gunst des Herrschers zu verdrängen und die persische Regierung seinen eigenen Vor schlägen geneigt zu machen suchte. Der ganze Apparat, den England aufgeboten, hat nun schließlich doch versagt. Das Zarenreich ist als vorläufiger Sieger aus dem Wettkampfe hervorgcgangen. Die Errungenschaft Rußlands ist für England aus einem be stimmten Grunde geradezu verhängnisvoll. Schon lange planen die Londoner Staatsmänner den Bau einer Bahn, die von Port Said über Arabien durch Persien und Beludschistan nach Indien führen soll. Letzteres würde dadurch mit Egypten in unmittel bare Verbindung gesetzt. Der Werth einer solchen Linie für England, sowohl in wirthschaftlicher als politischer Hinsicht, ist in die Augen springend und würde der Machtstellung der Briten in Vorderasien und Afrika einen sicheren und festen Stützpunkt verleihen. Die Verwirklichung dieses Gedankens muß jetzt indeß als bis zum Jahre 1904 vertagt angesehen werden, denn die Russen werden niemals ihre Einwilligung dazu geben, 2aß ihre bittersten Feinde eine neue Verkehrsverbindung er- balten, die die russischen Interessen empfindlich schädigt. Das ist aber nicht der einzige Nachtheil, der Großbritannien aus vem russischen Eisenbahnmonopol in Persien erwächst. Jedes eng lische Verkehrsproject, auch das unbedeutendste, muß der Ent scheidung des Zarenreiches unterliegen und darf nicht eher in Ausführung gebracht werden, als bis der Vertreter des Zaren sein ausdrückliches Einverständniß erklärt hat. Den Briten wird im Grunde jede wirthschaftliche Ausbreitung in Persien zur Un möglichkeit gemacht. Die Sache ist so ernst, daß man wahr scheinlich in London zu Gewaltmaßregeln greifen würde, wenn nicht der unglückliche Krieg in Südafrika den Gedanken an einen Feldzug in Persien oder China ertödten müßte. i. v. i. v. i o. >k Uurlc MN i. o. l. o. I. o. > t>. Annahmeschlvß fiir Aryei-en: Abeub-Au-gab«: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag» »Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestelle« je eine halbe Stnad« früher. Anzeigen sind stet« an di« Oxtzetzttten zu richten. o. o. v. v. i>. . o. . o. v . D. . v. Extra« Bella,«n (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne PostbefördekMig »ck SO.—, mit Bostbeförderung ^tz 70 !. o. i. r». l v- i o. i. r>. o. i.Lsst o. ck Ueilr l.p. > o o. I- > o o. . o. Morgen-Ausgabe Bezugs-Preis k der Houptezprdition oder den im Stadt bezirk und de» Bororten errichteten Au«, aebesiellen abgeholt: vierteljährlich^».kB, bei zweimaltaer täglicher Zustellung in« Hau» SchO. Durch di, Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertelsährltch . Direkte tägliche Kreutdandiendung in» Ausland: monatlich 7 SO stellt und in Uebereinstimmung mit der heutigen Richtung unseres Kunstgewerbes — zum Mindesten eines großen Tl-eiles des selben — einen ausgesprochen präraphaelitischen Charakter hat. Das Tischzeug ist hierbei auS glatter, weißer und ziemlich grober Leinwand geschnitten und nur an den Rändern mit weißer Durchbruchstickerei geziert, deren Muster man den Bildern vor- raphaelischer Maler entnimmt. Die vier Zipfel des Tafeltuches knotet man unten an den Spitzen, wodurch es die Ecken des Tisches bedeutend fester umschließt, die Servietten dagegen legt man zuerst in üblicher Weise quadratisch gefaltet und dann der Länge nach gebrochen, auf die Teller. Für Alles, waS sonst Porzellan ist, kommt Zinn, oder wenn man's dazu hat, Silber in einfachster Form zur Verwendung, die Gläser haben eine primi tive, schlanke Kelchform und unterscheiden sich nur durch ihre Größe; grüne Rheinweingläser giebt's natürlich nicht. Die Mittellinie der Tafel begleiten eine Anzahl unglasirter rother Thonvasrn, in denen je ein Lilienstengel blüht; im Winter muffen eS künstliche thun, da all' die ausländischen Lilienarten nicht für stilvoll gelten. Zwischen den Vasen stehen die Weinflaschen, die in entsprechend geformten, aus Binsen oder sonst etwa« Ähn lichem geflochtenen Hülsen stecken. Statt der Tischkarten dienen etwa fingerlange viereckige Pergamentblättchen mit feinster Aquarellmalerei in Trpptchmanier; zwischen dem bunten, reich mit Gold verzierten Muster schlingen sich die Namen der Gäste in wunderlich verschnörkelten Buchstaben auSgeführt, hindurch. Dir Menukarten, welche nach Art eines Segel» an goldenen Stäbchen aufgehißt sind, müssen natürlich genau zu den Tisch karten paffen. Da» ganze Arrangement beleuchtet ein mit gelblich weißen Wachskerzen besteckter antiker Kronleuchter aus Messing. Eine solche Ausstattung wirkt außerordentlich fremdartig, doch stellt sie sich trotz ihrer scheinbaren Einfachheit verblüffend hoch im Preise. Für da» grobe, leinene Tischzeug könnte man das theuerste seidene haben, da» es überhaupt zu kaufen giebt, denn dir unscheinbaren Durchbruchborten machen unglaubliche Arbeit. Die Kostspieligkeit dieser Mode dürfte ihre Verallgemeinerung hindern, indessen giebt e» immerhin genug nach Absonderlichem haschende reiche Leute, die sich dergleichen nicht entgehen lassen. Die eigentliche Heimath dieser Dekoration ist selbstverständlich England. Den denkbarsten Gegensatz zu derselben — sowohl hinsicht lich der Billigkeit, al» auch wegen ihres blendenden Effects — bildet die japanische. Wenn man jedoch glauben wollte, daß nur japanische» Porzellan dazu verwendet wird, so würde man irren, die Teller und Schüsseln sind vielmehr ganz weiß oder doch nur mit Gold, Silber, Grau, Schwarz oder Braun bemalt. Ja panisch ist nur da» bunt bedruckte Krepppapier, da« in Massen dazu gehört. Die Tischläufer, die Servietten, die Deckchen, aus denen die Weinflaschen stehen — Alle», Alle» ist darau» ge fertigt. Auch die au» Bambus geflochtenen »tagenförmtgrn Amtsblatt -es Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes im- Nolizei-Amtes -er Lta-t Leipzig. Er hatte auf Buller gebaut, nicht Hauser, aber Sieae, „und nun kommt dieser tapferste der englischen Generale" nicht einmal dem armen White zu Hilfe, obwohl dieser ihn noch ausdrücklich in höchster Nolh anruft. Woran soll er danach noch glauben?! Und in der That scheint es nur zwei Erklärungen für Duller'S „Demonstration" zu geben: entweder hat er streng Befehl gehabt, keine Entscheidungsschlacht mehr vor dem Ein treffen Roberts und KitchenerS zu liefern, und da» hat Balfour erst soeben auf daS Emphatischste aeleugnet, öder er ist bereits zu völliger Ohnmacht den Boeren aeqenüber verurtheilt. DaS aber will und kann kein Engländer — die stets in der Minderheit befindlichen „Intellektuellen" aus genommen — zugeben. Aber Buller'» Aufmarsch am Sonn abend bestätigt diese letzte Alternative und bezeichnet sie als die richtige. White machte seinen letzten verzweifelten Durchbruchs versuch — denn um nichts Andere» hat eS sich offenbar gehandelt — über Bester» Farm hinaus, d. h. 17 Kilometer westlick von der Bahnlinie und Hauptstraße nach PieterS und Colenso zwischen den von den Boeren stark mit schwerer Artillerie gehaltenen Flaggtophill und Niddlebill hindurch, also von seinen eigenen stärksten Höhen-Posilionen aus in west-süd-westlicher Richtung. Selbst wenn ihm sein Ausfall gelang, stand ihm dort nur eine einzige Straß? zur Verfügung, und diese führt nur nach einem einzigen Punkte: Springfield, wenn er nicht am Onderrook Spruil links abschwcnken und direkt Joubert in dessen stärkste Ver schanzungen laufen wollte. Davon konnte keine Rede sein. Buller mußte also, wollte er ihm die Hand reichen, fein Hauptcorps gegen Springfield werfen und Joubert'S Eentrum und Rechte durch ein Scheinmanöver beschäftigen. Er tbat daS gerade Gegentbcil. Er führt persönlich seine vier Brigaden und fast seine gesammte Artillerie gegen Joubert'S Linke, d. h. gegen die zwischen dem Blaauw- kranS und BusckmanS - Fluß sich vom Jnblawe-Berg her südwärts verschiebenden Hügel und sendet seine gesammte Cavallerie gegen die Stellungen de» Feinde» aus den Doornkopbergen westlich von Cbieveley, weil er seinen Rückzug von dort und Springfield aus bedroht weiß. Er fühlt sehr klar seine Ohnmacht, er weiß sehr gut, daß er gar nicht Vie Kraft hat, einen wirklichen Kampf zu wagen, ja nicht einmal »inen kräftige» Schlag zu führen, und de-halb begnügt er sich mit einer „Demon stration". Und Joubert enheilt ihm bereitwillig die Quittung über seine Hilflosigkeit, indem er ihm nicht einmal auf sein Artillerie.Grüßen antwortet. DaS ist hart, aber nicht ganz unverdient. Der Einwurf, Buller habe, daS Un mögliche eine» Vorstoßes gegen Springfield einsehend, sich nach der von Weene» über den Tugela an der BuschmanS viver-Mündung gen Ladysmith führenden Straße gewandt, um so die Boeren dahin zu locken, ist nicht stichhaltig, denn die Entfernung von dort nach dem Schauplätze des White'schen Ringens war zu groß, als daß er, am Sonn abend Nachmittag ausbrechend, jenem noch ein Retter bätte erscheinen können. Selbst im Falle eine» vollen Er folges hätte er zurückkebrrn oder di« befestigten Stellungen der Boeren auf dem Bulwana und LombardSkop an^reisen müssen, während ihm Joubert von Eolenso her in gefallen wäre, und all' da» ohne die Aussicht, White zu Der Krieg in Südafrika. Wir können in unserer in den letzten Tagen schon fast bis auf Nichts zusammengeschrumpften Rubrik Vom Kriegsschauplätze heute nur ein, nicht so sehr außerhalb Englands, als in England selbst, wo man mit höchster Spannung auf Auf klärungen über die Lage bei Ladysmith wartet, aufs Pein lichste enttäuschende- Vacat verzeichnen. Wie dies zu deuten ist, läßt sich unschwer ver- muthen, zumal auf Grund der folgenden Correspondenz unseres Londoner Gewährsmannes. - i * » Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzrilr 20 Pf-. Reklamen unter dem Rebactiontstrlch (tü*- spalten) -0-H, vor den Famlllennachrtchk» gespalten) «0-H. Größere Schriften laut unseremPreA- rerzelchnlß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Darif. taugen nicht dafür. Verwendet man Veilchen, die in Italien für den Aukputz der Tafel sehr beliebt sind, so begnügt man sich mit Tischzeug und Porzellan, das eingewebte oder gestickte, respektive gemalte Veilchenborten zieren. Das Glas muß dagegen farblos sein. Da die Dekoration nicht billig ist, hat man versucht, die crystallenen Stäbe durch hölzerne zu ersetzen, die in diesem Falle in sandgefüllte, mit Krepppapier bekleidete Sectgläsrr gesteckt werden. Die Stäbe umwindet man mit harmonirenden seidenen Bändern, die Gläser aber müssen Blumen füllen. Von der Spitze jedes Stäbchens weht eine kleine Fahne. In Frankreich gilt während des Winters weißer Flieder als vornehmster Tafelschmuck. Er wird in ziemlich großen, ver goldeten Weinkörben ausgestellt, die, dem herrschenden Geschmack entsprechend, nicht zu hoch sein dürfen. Außerdem liegt aus dem Touvert jeder Dame ein weißer Fliederzweig mit vergoldetem Bindfaden umwunden. Zu Hochzeitsfesten bestreut man daselbst die ganze Tafel mit Orangrblvthen, während Zweige blühender Orangen in Perlmuscheln auf niedrigen Füßen auf der Mitte de» Tische» ihren Platz finden. Auch bei un» ist e» nicht mehr Mode, den Tisch mit allzu hochaufgethürmten Tafelaufsätzen oder Fruchtschalen zu schmücken. Höchsten» dürfen die Arrangement» in denselben stumpfe Pyra miden bilden. Neuerding» ist e» vielfach Sitte, den Wein nicht mit den übrigen Früchten zusammen, sondern allein für sich in silbernen Schalen, die einen rostartigen Einsatz zum Abläufen de» Saft» haben, zu serviren. Auf einzelnen Ausstellungen sah man während der letzten Jahre lange, etwa armdicke, au» Früchten und grünen Blättern gewundene FestonS, di« der Länge nach auf die Tafel zu legen sind. Den Mittelpunkt bildet eine Melone oder Anana» auf Laub gebettet, an die sich beiderseitig kleinere Früchte anschlirßrn. Ist der Tisch zu voll, so hängt man die Gewinde anfänglich an die Wand des Speisezimmer» und bringt sie erst beim Dessert auf die Tafel. Dir Anwesenden pflücken sich dann die Früchte eigenhändig heraus. Ich sah solche Festons, die, trotzdem sie sich aus keineswegs sehr kostbaren Früchten zusammensetzen, je 60 cSk kosteten. SS gehört eben viel Material dazu. Wenn die Gäste dagegen die Topfobstbäumchen, welche zur Zeit eine diel verwendete Tafelzierde darstellen, plündern wollten, um ihren Appetit zu stillen, so würden die Gastgeber wenig einverstanden damit sein. Sie find, gleich den blühenden Myrihen- resp. Orangebäumchen, die bet Hochzeiten vor da» Brautpaar gestellt werden, lediglich DecorationSobjrcte. Ander» verhält e» sich natürlich mit den mit Confitüren und Nüssen behängten Christbäumchen, die auf WrihnachtStafeln selten fehlen dürfen, klebrigen» sehen diese auch sehr hübsch au», nachdem sie ihre» süßen Ausputzer beraubt sind, da die Lichtlrin und Lameitasädrn ihnen ja bleiben. Dor Allem will ich aber jetzt von einer TafelauSstattung berichten, welch« dir tiv« ttour der neuesten unter den Neuen dar« Moderne Tafelderorationen. Plauderei von M. v. Koschwitz. Na<d»kuck dirbottN. Aus langen, mit seidenen Tischtüchern bedeckten Tafeln liegen kleine, ovale Spiegelplatten, die weiße, beiderseitig von Epheu- vlättern begrenzte Chrysantemen umkränzen; in der Mitte der Spiegel stehen niedrige vergoldete Körbchen oder Füllhörner mit Tulpen, Schneeglöckchen, Maiblumen und Crocus gefüllt, aus denen rothe oder gelbe seidene Sonnenschirmchen emporstreben, lieber diesen aber brennt je ein elektrisches Lämpchen, das, einem farbigen Glühwürmchen gleich, au» Blattgrün und Blumen yervorlruchtet. Das ist die neueste Tafeldecoration. Ob sie allge mein werden wird, bleibt abzuwarten, aber verdienen thut sie'», denn eine apartere und poesievollere läßt sich kaum ersinnen. Wer daS diele Gold nicht Iriden mag, der wählt statt der Körbchen wohl auch kleine, die Mitte zwischen Schale und Vase haltende GlaSgefätze, an denen harmonirende Beleuchtungskörper fest an gebracht sind. Zuweilen haben die letzteren dir Form exotischer Märchenblitthen — indischer PalLvin^a — oder ArLvinda- blumrn, oder auch die kelchartige Gestalt de» blauen Lotu», doch fehlt ihnen dann da» Seidendach. Die Gefäße selbst aber find meist auS Opalglas oder irifirendem Crystall. Ein anderer Lafelschmuck sind Blumenfestons, die an Crystall- siäben befestigt sind und in zwei correspondirenden Reihen die Tafel herablaufen. An den beiden kurzen Enden derselben ver bindet sie je »in Blumenbogen, welcher gleich den übrigen mit der Rundung nach unten hängt. Jeder Bogen schließt zwei Couverts in seinen Rahmen, doch sind sie hoch genug angebracht, um den Sitzenden nicht den Blick auf ihr vis-L-vio zu verdecken. Facettrnförmig geschliffene Crystallspitzen oder elektrische Lämp chen krönen die von Erystallfüßen getragenen Stäbe. DaS Ganze wird hinter den Tellern aufgestellt und bildet gewissermaßen eine Einzäunung, innerhalb deren die Tafelaufsätze, Com- potitzren, Weinflaschen u. s. w. stehen. Auch diese Dekoration macht einen wunderbaren Effert. Sehr eigenartig erscheint sie, wenn sie ganz einfarbig gehalten ist. So erzählt man von einem Fest in Nizza, bei dem Gewinde au» blaßrosa Rö»ch«n an rosa Crhstallstäben hingen, auf denen elektrische» Licht in rosa Glas birnen brannte. Auch da» Porzellan, die Gläser, die Griffe der Messer und Gabeln, die Krone mit TkaSgehängen — kurz, buch stäblich Alles, wa» zur Tafel gehörte, war rosa, mit Ausnahme deß weißseidenen Gedeck», dal nur rosa yransenborten um säumten. Ebenso kann auch jede beliebige andere Farbe genommen werden, doch muß st« immerhin hell und rein sein. Mischtön« Tafelaufsätze, das Bcodkörbchen und weiß Gott, was sonst noch, wird damit ausgelegt. Der Blumenschmuck rombinikt sich nur aus Chrysantemen, den japanischen Wappenblumen, die in der schwenderischer Fülle die Tafel bestreuen, in nach japanischer, arabeslenartiger Weise gewundenen VouquettS in Bambus gefäßen blühen und zu winzigen Sträußchen zfammengebundrn, an bunten Mniaturfächern stecken, von denen jede Dame einen neben ihrem Couvert findet. An Stelle von Lampen hängen Lampions in langer Reihe über der Tafel. Zu erwähnen ist noch die Delfter Ausstattung, die, obgleich nicht mehr ganz neu, doch immer noch ihre Freunde besitzt. Hierbei trifft da» Auge sowohl auf dem Muster des Leinengedecks wie auf der Malerei des Porzellans auf das unvermeidliche Zwiebelmuster. Die Tischläufer zieren dagegen blauweiße Mühlcnlandschaften. Dem letzten Modrgeschmack gemäß, tritt zu dem ewigen Blauweib jedoch noch goldgelb, da» al» schmale seidene Stickereilinie die landschaftlichen Motive umzieht. Auch die Löffel, die Klingen der Messer und di» Zinken der Gabeln, die blauweiße Porzellangriffe haben, erscheinen vergoldet. In der Mitte der Tafel steht eine Delfter Bas« mit blauen und weißen Blumen gefüllt, da an diesen jedoch nicht» Grüne» sein darf, nimmt man meist künstliche Blüthen. Brod, Käse u. s. w. liegt auf Delfter Platten. Natürlich ist die Glock« der gold bronzenen Hängelampe ebenfalls mit dem Zwiebelmuster bemalt. Sehr diel AparteS giebt e» in Tischkarten. Da man der bunt bedruckten jedoch, mag die Industrie auch immer Neue» auf dem Gebiete auf den Markt bringen, einigermaßen müde ge worden, so sucht man nach verschiedentlichem Ersatz für die selben. Er bietet sich unter Anderem in Aepseln, auf welch« im Sommer, bevor sie noch ausgewachsen sind, tstr Namen der Gäste gravirt werden. Später verwächst dir Schrift in der nämlichen Weise, wie eS auf Baumrinden geschieht, aber immerhin bleibt sie kenntlich. Auch hart gekochte Eier, auk denen mit einer be sonders präparirten Säure eine Art Reliefschrift hergestellt wird, dienen dem gleichen Zweck«. In Amerika gilt dir Poinseitk, auch WrilmachlSstern genannt, — eine Blume auS der Familie der Bractaceen — als beliebte Tischkarte. Die Namen der Gäste werden mit Goldtinte auf die rothen Blätter geschrieben. Eine erheiternde Spielerei ist da» GlückSschtff — ein mit voller Takelage versehene» Schiff mit allerhand al» Geväckstiicke maSkirten Confitüren beladen — da» gleichzeitig den Tafelaufsatz ersetzt. Die emballirten Süßigkeiten, welche lauter Tcherzartikl darstellen, werden beim Dessert verloost. Andere bizarr geformte Blumenarrangement», — Lyra», Tauben u. s. w., — wie ste früher Brauch waren, sind zur Zeit nicht Mode. Der gut« Ton verbietet beute, mit geringen Au»nahmen, alle derkünfielten naturalistischen Gewinde al» Schmuck für die Tafel. Ladysmith und Tugela X. 0. London, 10. Januar. (Von unserem Special- Correspondenten.) Wir wissen immer noch nichts Klares, Bestimmtes, EnvgiltigeS über die Ereignisse deS letzten Freitags und Sonnabend- nördlich und südlich vom Tugela. Regierung und Kriegsamt schweigen wie stets nach einem „Unglück" und die Censur läßt nur bis zur Unkrnntlichkeil und Unverständlichkeit verstümmelte Kabeltelezramme durch, die nur das in der Morgendämmerung des Sonntag ver schwommen und in nebelhafter Ferne austauchende Bild des Ringens um die belagerte Stadt noch mehr verzerren. Und doch scheint diesmal die englische öffentliche Meinung gar nicht im Zweifel über das zu sein, WaS wirklich sich dort unten abgespielt: Ladysmith ist gefallen und General Sir Georges White selbst in heroischer Verthei- digung seiner unhaltbar gewordenen Position, ein Helv, ge fallen. DaS ist die einzige bekannte Darstellung, welche in den Kreisen der obersten „Zehntausend" deS WestendS Glau ben gefunden. In all' jenen Familien und Clubs, denen die hohen Militärs, die Mitglieder der Regierung und ihre nächste Umgebung angehören, erzählte man sich noch in den spaten Nachtstunden zum Mittwoch — trotz aller gegen- theiligen officiösenVersicherungen —, der Herzog von Connaught sei besonders auf daS Kriegsamt gerufen worden, uni der greisen und schon so tief gebeugten Monarchin die Trauer mär mit schonender Hand und allmählich bekannt zu macken, und Lady White habe sich sofort nach ihrem letzten Besuche auf dem Kriegsamt, wo Lord Wolscley ibr persönlich die Trauer nachricht von dem Heldentode deS Gatten schonend mitgetheilt, in ihre Zimmer eingeschlossen und seither Niemand empfangen. Aber die Presse, die sonst so allwissende, weiß nichts von alledem; der „Globe" fordert sogar in einem Lener an erster Stelle, daß man den Elenden entdecke und zur Bestrafung ziehe, welcher diese „Erfindungen" in Umlauf gesetzt. Bei dem herrschenden Antagonismus und dem Concurrenz- neid unter den einzelnen Nachrichtenquellen aber ist kaum abzusehen, wie sich diese Darstellung, wäre sie wirklich Vie richtige, so vollständig in jenen hoben Kreisen und so lange versteckt halten könnte, wenn auch bis her die Bestnnterrichteten sich stets gerade in den vornehmen Clubs gefunden haben. Wir selbst haben gerade dort fast immer unsere eigenen Informationen bestätigt und häufig ergänzt und erklärt gefunden. Aber diesmal scheint man weniger Positives zu wissen, als sich dem eigenen logischen Urtheil und der Deduktion auS den Prämissen zu überlassen. Und diese können, abgesehen von dem angeblichen Tode White'«, kaum zu einem anderen Resultate führen. Am unverständlichsten erscheint dem englischen Kritiker, und z. Z. krilisirt jeder Engländer Alles ohne Unterschied, was irgendwie mit diesem Kriege etwas zu tbuii hat, daS Verfahren des KriegSamteS. Er hat die Geduld verloren und wenn er dem überstürzten Laufe der Ereignisse kaum und sehr mühsam zu folgen vermag, welche von ihm plötzlich ein völliges Aufgeben aller seiner heiligsten Vorurlherle fordern und mit roher Hand die Altäre zerstören, auf denen er seit Gene rationen, fast so lange, als seine geschichtlichen Kenntnisse durch schnittlich reichen, geopfert, und so empfindet er diesen „Umsturz" rohester Form und gewalttbäkigster Weise nur um so mehr, unv beginnt bereit- allen Ernste- sich auf sein National-Richteramt vorzubereiten.
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