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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.09.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190209215
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19020921
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19020921
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-09
- Tag 1902-09-21
-
Monat
1902-09
-
Jahr
1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.09.1902
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2. WM W LchM ÄMt MS AM Nr. i!!I, ÄMtlig, 2t. Ästtcmkr IM2 lSN »ecke lvll z die Zunahme der ude lVislei. IViscll 1 IVIklS!' ivisi'll 1 IVielei' IVIsslr 1.?5 Vollöl iffiAe VVaaio Nil' (ÜO8tum6 ! IVIetei' IVIaclr 1.25 W voppelbrelt. HanFliaariFs tznatität in «len neunten ^lelanFeii Heine VVotto, üoppeidreit, deiiedie^er ^aisonaitikol in allen inoileinen Haiden hcucrstc» c größte hett, als en billigen «erden. — r mit der :den kann, stickerei. 5 Miß. adcn- ichcn, Doppeldreit. VVoItiFs, 8elir vorteildatte ^lelanFe-VVoaio in «len neu68fen Harden. die immer weiter um sich greifende Organisation eine stets wachsende Zahl geistlicher Kräfte uöthig. Man klagt laut über große» Pricstermangel. Im Jabre 1867 kamen auf einen Geistlichen 900, 1880: 1000, 1893 und 1897: 1700, aber 1900: 1470 Katholiken. ES gab 1830 in Sachsen 65 katbolische Geistliche, 1900 waren 83 im Amt, von denen nur 60 Sachsen waren. Das schon oben erwähnte Gesetz vom 23. August 1876 bestimmt, daß nur deutsche Staatsangehörige rin geistliches Amt in Sachsen ausüben dürfen. Professor DrewS betont in seinem angeführten Bucke, daß diese Bestimmung nicht ohne Grund getroffen sei. Der KatholicismuS habe auck in Sachsen seine Jnternationalität dadurch bewiesen, daß er Männer der verschiedensten Nationalitäten in seinen priester lichen Dienst gezogen. Selbst Bischof Bernert war ein ge borener Böhme; früher fanden Franzosen, Belgier, Spanier und Italiener Aufnahme. Die Ausbildung der Priester ist durch das genannte Gesetz sehr genau geregelt. Nach i; 21 desselben soll ein geistliches Amt nur einem Deutschen übertragen werden dürfen, der die Entlassungs prüfung auf einem deutschen Gymnasium bestanden und ein dreijähriges theologisches Studium auf einer deutschen Uni versität znrückgelegt bat. Doch auch Theologen die auf dem wendischen Seminar in Prag gebildet sind, können zu einem geistlichen Amt berufen werden. In keinem Falle darf zu einem solchen Amt berufen werden, wer in einem unter Leitung des Jesuitenordens oder diesem verwandten religiösen Gemein schaft stehenden Seminar seine Vorbildung erlangt bat. Die Ausführung dieses Gesetzes liegt in der Hand des CultuSministerS und sie scheint seit je eine sehr milde ge wesen zu sein. Im Jahre 1895 sagte das „Katholische Kirchen blatt": „Wir Katholiken haben alle Ursache, mit dem jetzigen Minister zufrieden zu sein"; schon 1889 hatteeS „von untrüglichsten Beweisen wirklichen Wohlwollens" geredet. Trotzdem kommt, wie gesagt, die Agitation gegen das Gesetz von 1876 nicht zur Ruhe. Namentlich empfindet man cs schmerzlich, daß die Jesuiten nicht zugelassen werden dürfen. Professor DrewS erwähnt, daß in protestantischen Kreisen der Verdacht bestehe, das Gesetz werde mannigfach von den Katholiken umgangen. Er spricht die Ueberzeugung aus, daß der Staat die wich tigsten Bestimmungen über die Ausbildung katholischer Priester nicht mehr handhabe. Zwar sei in den ersten Jahren nach Erlaß deS Gesetzes von denen, die, ohne ein deutsches Gym nasium und eine deutsche Universität besucht zu haben, in Sachsen angestellt sein wollten, ein Examen in Philosophie, deutscher Literatur und Weltgeschichte — eiiw Art Cultur- examen — vor einem besonderen königlichen Commissar ge fordert, aber schon der CultnSminister von Gerber habe von dem Rechte des Dispenses Gebrauch gemacht. Der jetzige Modus sei der, daß nach einer Vorbildung aus dem katho lischen Schullchrerseminar in Bautzen (nut einer Gymnasial- Präparande verbunden) oder auf dem katholischen Pro gymnasium in Dresden, das wendische Seminar in Prag und daraus die dortige Universität bezogen werde. Dieses wendische Seminar wurde für die wendischen Theologen der Lausitz im Jahre 1704 von zwei Lausitzern gegründet, dock finden dort jetzt auch Deutsche auS den Erblauden Auf nahme. Der sächsische Staat zahlt seil 1818 sechs Stipendien zu 150 .«5 jährlich für erblandische Zöglinge. Neuerdings sind jährlich 1200 Zuschuß geleistet. Früher waren die Lehrer Jesuiten. Seit Jahren sind auch aus dem Priester seminar in Mainz zahlreiche sächsische Priester hervor gegangen. Dasselbe stand bis zum Tode des Bischofs Haffner im Jabre 1899 unter dessen Leitung, der einer der eifrigsten Ultramontanen war. Aus Haffner's Hand empfingen die Zöglinge meistens die Priesterweihe. Auch mit Köln bestehen enge Beziehungen. Ehe das Mainzer Seminar ausgesucht wurde, erhielten manche Sachsen ihre Ausbildung dort. Bischof Wahl empfing dort seine Bischofsconsecration. Professor Drews läßt eö dahingestellt, ob wirkliche Glieder des Ordens Jesu sich in Sachsen aufbalten, für ihn stehl aber so viel fest, daß der Geist des sächsischen Katho- licismus der des vom Jesuitismus völlig durch tränkten modernen KatholicismuS ist. eltuch, Prime fse, Riemen u. 264 65 lang 3.50, nühlenstr. 32, aer Str. 16. rcnsabrik. reo. »R« »SvMRMLvLIRvL y M l-MmiM M MhWtWse 8p62iaI-0fk6et6. Vermischtes. --- Tic Unterschlagungen Jellinek's haben nunmehr die Höhe von 4,6 Millionen Kronen oder 3 810 000 .L erreicht. BiS jetzt ist eine Spur von ihm nicht aufzufinben. Natür lich fragt alle Welt, wie es möglich gewesen sei, daß dieser Beamte, der nicht etwa Cassirer, sondern Gegen- buckfübrer von der Casse war und 5000 Kronen Gehalt bezog, diese Riesensumme unterschlagen konnte. Die Frage kann bis jetzt nicht beantwortet werden. Was darüber in Wiener Blättern steht und das wir unten mittheilen, ist ziemlich verworren und verbirgt hinter l 0886 Li eite. 8eti>vei e, unä (Üo8tmiieiöck6 ltern er. Man sieht aus dieser Tabelle, daß die Zunahme der katholischen Bevölkerung bis in das letzte Viertel des vorigen Jahrhunderts gering und erst in den letzten Jahrzehnten sehr stark war. Woher stammt dieses Wachslhum? — Es rührt, wie schon kürzlich an dieser Stelle betont worden ist (S. Nr. 458 d. „Leipz. Tagedl.") nicht von einem erheblichen Geburtenüberschuß her, sondern eS ist zurückzuführen auf eine umfangreiche Einwanderung, namentlich auch raffefremder Katholiken, wie Tschechen und Polen, die in Sacksen ein besseres wirthschaftliches Fortkommen als in ihrer H-imath in Flatten unä Femusterten LideNnes, dlanFiünen 6arc>8, n. selirvai-r-iveissen, s ^6^61' V ON 80>vie gek^arr-bunten in enoiuier ^U8xvali1. bis V.TO« einer Menge Worte gräßliches Unwissen oder 'das Ein- geständniß, daß die Buchhaltung bei derOcsterreichischen Länder bank in einem schauderhaften Zustande sein muß. Wer nur eine Ahnung von Cassaverkchr und Buchhaltung hat, wird alle die gesuchten Erklärungen verwerfen, umsomehr als zu einer Unterschlagung von t'/r Millionen doch eine geraume Zeil gehört. EdmundIellinek, ter seit einem Jahrzehnt in Diensten der Länderbauk war, ist ein Mann von 34 Jahren, vrrheirathet und Vater eines vierjährigen Mädchens. Er führte mit den Seinen einen recht behaglichen bürgerlichen Haushalt, doch wurde kein Aufwand getrieben. Seit etwa 3 Jahren hatte er im IX. Bezirk, Porzellangasse Nr. 22 a, in einem neuerbauteu Hause neben dem großen „Jägerhof" eine Wohnung inne, die sehr comsortabel, aber keineswegs luxuriös ausgestattet war. Für sein im Mezzanin gelegenes Logis, dessen Haupitheil aus einem Speisezimmer, Schlafzimmer, Rauchsalon und Kinderzimmer be stand, bezahlte Jellinel einen Jahresmiethzins von 1800 Kr. Es wurden zwei Dienstmädchen gehalten, doch sorgte namentlich die Gattin des Beamten, eine sehr bescheidene junge Frau, die für sich keinerlei Bedürfnisse hat und weder Putz noch Schmuck kennt, für möglichste Einschränkung des häuslichen Budgets. Tie Nachricht von Jellinek's Nresenangriff auf die ihm anvertraute Casse hat demgemäß in der Nachbarschaft sehr überrascht und großes Auflehen erregt, denn auch von den Beamten selbst wußte Niemand, daß er kostspielige Passionen hätte und große Summen auSgab. Er galt als solider, correcter, ruhiger Mann, wenig Anschluß suchend und etwas zurückhaltend. Er scheint also das ganze defraudirte Geld oder roch den größten Theil davon dem Börsenspiele geopfert zu haben. Daß der juuze Mann, der ob seiner besonderen Tüchtigkeit bei der Bank rasch avaucirt war, sich einen Fiaker hielt, siel nicht besonders auf. Er hatte reich geheirathet und man hielt die Leute für wohl habend. In den letzten Tagen wollen Personen, die ihm zu fällig begegneten, wahrgenommen haben, daß der Beamte ein nervöses Wesen hatte, daß er in sich gekehrt und wie ver loren durchs Haus ging und aus freundlichen Gruß nicht dankte. Die Sorge um die Entdeckung dec großen Malversationen muß ihn bedrückt haben, doch hat Jellinek keineswegs geahnt, daß es so nahe bevorstehe, sonst hätte er früher entfliehen und seine Flucht vorbereiteu können. Er ging heute Morgen wie gewöhnlich ins Amt, und daß ihn die Enthüllung unvorbereitet traf, beweist der Umstand, daß er sich gegen 1 Uhr wie alltäglich, durch sein Dienstmädchen das Mittagessen vom Hause nach seinem Bureau bringen ließ. — Die Persons- beschreibung des Flüchtigen lautet: „Edmund Jellinek ist von hagerer, schmächtiger Statur, Hal schwarzbraune Haare, schwarzbraunen Schnurrbart, blasses, mageres Gesicht, schielt etwas und hat eine Narbe an der Stirne. Zeitweise trägt er einen Zwicker." — Ueber die Art der Entdeckung und den Betrieb der Unterschlagungen schreibt die „N. Fr. Pr." vom 18. September Folgendes: Die Entdeckung der Defraudation geschah heule Mittag durch einen eigenthümlichen Zufall. Einer der Direcloreu der Länderbank begab sich gegen 12 Uhr Mittags in das im Parterre gelegene Caffelocal, uni eine Post zu controliren und verlangte von Jellinek das so genannte Contrabuch deS Giro- und Caffenvereins. Es ist dies jenes Buch, in welches der Giro- und Cassenverein die Erläge oder Entnahmen verzeichnet, die von der Länderbank bei ihm jeweilig gemacht werden. Jellinek erwiderte: „Es ist beim Giro- und Cassenverein drüben." Diese Bemerkung wäre an sich nicht ausfällig gewesen, da das Contrabuch sich zu jener Zeit thatsächlich auS Anlaß einer Deponirung oder einer Behebung beim Giro- und Cassenverein befinden konnte. Der Director nahm diese Ant wort zur Kenntniß. Jellinek entfernte sich hierauf aus dem Cassenlocal und kehrte nicht wieder zurück. Diese Taatsache erregte Verdacht und der Direcior ließ die Schublade Jellinek's erbrechen. Man fand in derselben eine große Anzahl von Correspondenzen und Rechnungen verschiedener Bankfirmen, auS denen hervorging, daß Jelli.uek sich in Börsen- speculationen eingelassen hatte und große Engagements unterhielt. Verschiedene CommissionS- firmen und Wechselstuben hatten Speculationen für Jellinek an der Börse auSgesührt. Die Conti, welche Jellinek bei diesen Firmen batte, waren durch Depots gedeckt, die auS den defraudirten Beträgen stammten. Schon bei der ersten Durch sicht dieser Conti ergab sich, daß Jellinek bei den Firmen, die für ihn Transactionen durchführlen, große Guthaben hatte, da aus den für ihn effecluirtenAufträgen reiche Gewinne resultirten. Die Effecten-Engagements umfaßten meist Montan- und andere Jnrustriepapiere. So hatte Jellinek z. B. bei einer Wechselstube ein Depot von 300 000 Kronen, welches mit 200 000 Kronen belastet war, so daß für ihn ein Uebcrschnß von 100 000 Kronen resultirte. Man glaubt, daß sich bei einer Abwickelung der Engagements ein Gewinn von mehreren hunderttausend Kronen ergeben dürste, Der Hatholicismus in Lachsen, i. 6. Lxtorquet qnios! WaS nicht im Sturm der Leidenschaften errungen werden kann, wird kluge Ruhe er zwingen. Nach diesem antiken Grundsatz ist in früheren Jahren auch die katholische Kirche in Sachsen verfahren. Sie suchte in aller Stille Kraft zu sammeln und Einfluß zu gewinnen, bis vor zehn Jahren etwa der damals neu ernannte Bischof Wahl in der sächsischen Ersten Kammer seine bekannte Rede gegen das Gesetz von 1876 hielt, das in entschiedener Weise die Rechte des Staates gegenüber dem päpstlichen Stuhle wahrt. Der Vorgänger Waht's, Bischof Bernert, war eine friedliebende Natur; kein römischer Priester im Geiste der kämpfenden Kirche. Seit Bischof Wahl den Krummstab über Sachsen führt, ist eine Wendung eingetreten. Mit ihm hat der UltramontaniSmuS der neuen und schärferen Tonart seinen Einzng gehalten. Zum ersten Male empfand die evangelische Bevölkerung das, als der neue Bischof, bald nach seiner Ernennung, in einer am 18. Januar 1891 gehaltenen Predigt, offen für die Jesuiten eintrat. In dem evangelischen Lande brach damals ein Sturm der Entrüstung los, der sich ein Jahr später bei dem Angriff auf daS oben genannte Gesetz wiederholte. Seitdem macht sich in Sachsen ein ultramontaner pro pagandistischer Eifer bemerkbar, der die kirchlich gesinnte evangelische Bevölkerung nicht zur Ruhe kommen läßt. Prinz Max wurde Priester und der Inhalt seiner in Dresden und Plauen i. V. gehaltenen Predigten fand im Lande eine derartige Beurtheilung, daß im Organ der sächsischen Negierung, dem „Dresdner Journal", im December 1900 erklärt wurde, Se. königliche Hoheit werde in absehbarer Zeit nicht auf den Wunsch zurückkommen, öffentliche kirchenamtliche Functionen in Sachsen auszuüben. Sollte dieses aber doch geschehen, so werde die Staatsregierung der ihr gesetzlich obliegenden Verpflichtung, den öffentlichen Frieden zu schützen, ganz gewiß eingedenk bleiben. Das katholische VereinSwesen ist in den letzten Jahren in Sachsen ganz außerordentlich entwickelt, in einer im März d. I. in Cdemnitz abgehaltenen Katholiken versammlung, zu deren Ehrenvorsitzenden Gras Schön - burg-Forderglauchau gewählt wurde, verlangte man die Bctheiligung der Katholiken als besondere Partei an allen Landtags- und Communalwahlen. Bei den Reichstags wahlen will man eigene Centrumscandidaten selbst in den von der Socialdemokratie gefährdeten Wahlkreisen aufstcllen. In der neu gegründeten „Sächsischen Volkszeitung" hat sich der KatholicismuS in Sacksen ein eigenes politisches Organ geschaffen, das fast in jeder Nummer die „kirchliche Nolh" der sächsischen Katholiken erörtert und auch der jüngst in Mann heim abgehaltene deutsche Katholikentag hat sich mit jener „Noth" beschäftigt. Man will augenscheinlich dafür sorgen, daß die angebliche Bedrückung des katholischen Gewissens in Sachsen nicht wieder von der Tagesordnung verschwindet; so ist es also Zeit, die thatsächlichen Verhältnisse einmal Lius irrr ot stulliu zu beleuchten. Auffallend ist die starke Vermehrung der Katholiken. Als das Königreich Sachsen auf dem Wiener Congreß 1815 seine heutigen Grenzen erhielt, batte eS unter 1 178 000 Ein wohnern etwa 22 000 Katholiken; die Volkszählung von 1890 ergab unter 3 787 000 Einwohnern 140 285 Katholiken, ihre Zahl batte sich also versechsfacht. Auch seitdem hat sich ihre Zahl weit stärker als die allgemeine Bevölkerungsziffer ver mehrt. So gab eS 1895 in Dresden 28 141 Katholiken, während ihre Zahl gegenwärtig 40 000 und im ganzen Lande etwa 200 000 beträgt. Es waren katholisch: zu finden hoffen. Im Jahre 1895 waren unter den 28 141 Katholiken Dresdens 9299 Reichsausländer. Namentlich sind tschechische Dienstboten und Schneider stark vertreten; einzelne Großgeschäste sollen nur Tschechen beschäftigen und in manchen Werkstätten hört man nur das melodische Idiom der Gegend von Pribram und Leitomischl. Große Schaaren katholischer Handwerker kommen aus Böhmen, die Landwirth- schaft zieht Polen und katbolische Schlesier, das Baugewerbe neben Tschechen auck Italiener heran. So ist Sachsen von den verschiedensten Nationalitäten katholischen Bekenntnisses durchsetzt; während früher die alteingesessenen Katholiken der Oberlausitz überwogen, beträgt gegenwärtig ihre Zahl kaum ein Viertel der Gcsammlziffer. Die Hauptmasse der säch sischen Katholiken ist in den größeren Städten und Industrie orten zusammengedrängt. Bei der Gewerbezählung 1882 waren von 100 erwerbsthätigen Katholiken nur 14,23 in der Landwirthschaft und 59,10 in der Industrie thätig; 1895 war die Ziffer in der Landwirthschaft auf 13,26 gesunken und in der Industrie auf 60,28 gestiegen. Meistens handelt es sich um Lohnarbeiter. Nack der neuesten Statistik kommen auf 100 selbstständige katholische Landwirthe in Sachsen 572 unselbstständige landwirthschaftliche tbälige Per sonen, in der Industrie auf 100 Selbstständige 547 Unselbst ständige. Im Jahre 1895 gab es 92 908 erwerhstkätige Katho liken, von denen 21 225 oder 22,84 Proc. selbstständig waren. Die Mehrzahl der sächsischen Katholiken gehöit also den ärmeren Ständen an. Diese Thatsacke und ihre häufige Zugehörig keit zu culturell niedrig stehenden Nationalitäten erklärt vielleicht auch den hohen Procentsatz, den die Katholiken zu den Criminellen stellen. Es wurden 1887 unter 100 Katho liken 1,39 bestraft, während auf 100 Evangelische, nach den Feststellungen des königlich sächsischen statistischen Bureaus, noch nicht 0,6 kamen. Ueber die Verfassung und die Organisation der katho lischen Kirche in Sachsen giebt ein früherer Dresdner Pfarrer, v. Paul Drews, ord. Professor der praktischen Theologie in Gießen, in seinem jüngst erschienenen Buche „DaS kirch liche Leben der Evangelisch-lutherischen Landes kirche des Königreichs Sachsen" — Verlag von I. C. B. Mohr, Paul Siebeck, Tübingen und Leipzig — eine zwar knappe, aber ausgezeichnete Darstellung, der wir hier vielfach folgen. Seit 1763 steht an der Spitze der Katholiken im erbländischen Sachsen ein besonderer aposto lischer Vicar. Dieser wird regelmäßig auö Len königlichen Beichtvätern genommen und steht unmittelbar unter der Oonzrvzatio <ls kropaZaulln. I'illo in Rom. Seit 1844 ist es üblich, den apostolischen Vicar zum Dechanten des Dom stiftes Bautzen zu wählen, der seit alterS das Amt eines apostolischen Vicars üher die Katholiken der Lausitz auSübt; so werden durch eine Personalunion die erbländischen Katholiken mit den Lausitzern unter einem Haupt vereinigt. Staatliche Anerkennung hat das apostolische Vicariat der Erblande erst 1816 gesunden, seitdem wirb der Träger dieser Würde vom Papst regelmäßig zum Bischof in partikn? in- tilwlium ernannt und der Vicar heißt schlichtweg „Bischof", was streng genommen nicht richtig ist. Die Ober aufsicht über die Geistlichen, milden Stiftungen und An stalten führt das unter dem Vicariat stehende katholisch geistliche Consistorium, wenn diese Stiftungen und Anstalten nicht unmittelbar vom Vicariat verwaltet werden. Das Consistorium hat auch die Aufsicht über die Kirchendisciplin und die Handhabung der kirchlichen Gesetze. Höchste Berufungsinstanz gegen Entscheidungen des Con- sistoriums ist das Vicariatsgericht, in dem der Vicar den Vorsitz führt und das votum ckseiNvum bat. Beide Behörden sind durch das Mandat vom 19. Februar 1827 eingesetzt. Sie haben ihren Sitz in Dresden. Zu ihren Mitgliedern gehören zwei Deputirle des Oberlandesgerichts; die übrigen werden auf Vorschlag deS apostolischen Vicars und Vor trag der StaatSregierung vom König bestätigt. Das genannte Mandat befreite auch die Katholiken von den Parochial - Zwangsrechten der evangelisch - lutherischen Kirche und ermöglichte ihnen dadurch die Gründung neuer Parochien. In den Erblanden gab es 1900 42 katholische Kirchen und Capellen. Sämmtliche Katholiken Sachsens sind bestimmten Pfarrbczirken zugewiesen, von denen sich 15 in den Erblanden und 16 in der Lausitz befinden. Die Parochianen wohnen zum Theil außerordentlich zerstreut. So hat der Psarrbezirk Leipzig z. B. 20 000 Seelen, von denen die weit überwiegende Mehrzahl in Leipzig und Vororten selbst wohnt, die anderen aber in 124 evangelischen Parochien vertheilt sind. Um den zerstreut wohnenden Katholiken die Theilnahme am Gottesdienst zu ermöglichen, hat der 1841 verstorbene Bisckof Mauermann MissionSgottesdienste ein geführt, die 1897 in 450 sächsischen Orten abgehalten wurden. Dieser Gottesdienst findet sonntäglich, monatlich, auch nur viertel- jährlich oder 1—2mal jährlich statt. Durch die weiteZerstreuung ist es trotz großen Eifers bisher nicht gelungen, alle Katho liken zu erreichen; auch macht die stärkere Pastorisirung und 1834 1855 1861 1671 Einwohnerzahl Sachsens Darunter Katholiken Non 100 Einwohnern katholisch 1 595 668 L7 938 1.7 2039176 36 582 1.7 2 225 240 41 363 1,8 2 256 244 53 643 2.1 1880 1890 1895 1901 Einwohnerzahl Sachsens Darunter Katholiken Non 100 Einwohnern katholisch 2 972 805 72 946 2,4 3 502 684 128 509 3,6 3 787 688 140 285 3,7 ca. 4 100 000 - 200060 4—5
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