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SchßscheUolksrn ^ ^ O» O ^ ^ 4 ^ II» <r. Reklcruii Donner-rag den L7. April 1911 "«« r H-r r-L^v.^v""' Deul>ch>-">» stet Hau» 2.82 m ^ «n„-be » ohne IllMrterle Belage L "^n?DelUschIand srei '°7 "" " k^amilien-^R^ee nur ISO k»k. äss k»kunä. KerliiiL ^ kock5tro!i, vresöso. laieclerlsgen in sllen Stsötteilen. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit -,»,»»».« werden die Nstelpnltene Pelitzeile oder deren Raum mit 18 1, Reklamen mit 8<» 4 die Zeile berechnet, bei Wiederholunge,, entsprechenden Rabatt Vachdrackerei, Redaktion »nd Geschäftsstelle: , 4». — Fernsprecher Dresden, Villniqer Strafte ^ tittter ALrRiiikgabe unverlangt. Schriftstücke keine iverbtndUchkei« Redaklion»,Sprechstunde: 11 bis 12 Uhr. Der Etat 1912. Dresden, den 26 April 1911 der Freitagnummer brachten wir aus der Feder des «°iL-°L°,dn°.°„ °7°., °7^'° r"? An" ^raae- Wie lange kann der Reichstag tagen? ^ ^ ninn dovvelte- Erreicht der Reichstag sein natur- L7»d° d°nn d.r 2d' S-.NM, >A2 in B-.-n« i w^d der Reichstag am 24. Januar aufgelost, so muß es de -,4 März 1912 sein; ein anderer späterer Termin kann in 1 u„s-,M,-r M di° wann d-r ,-üd°st- Termin für die Neuwahlen anzunehmen sei. Nach dem heutigen Stand der Dinge ist es ausgeschlossen, daß die Re gierung vor dem 25. Januar wählen lasst. Aber die Ver- hältnisse können sich auch ändern. Man nehme >">r Obstruktion gegen die Reichsversichcrungsordnung: wt„.l die Mehrheit sie nicht überwinden könnte, kann unter Um- di- N-UWM „cUtsinden. D°r -ib-mliSmuS und die Sozialdemokraten wünschen baldigst Wahlen, weil ihnen sonst das Pulver zum Schicken allsgeht. Ter Winter ist der Linken nicht angenehm. Da geht das Fahrrad der Roten nicht, das Auto der Liberalen versagt und der Hansa bund kann keine Luftschiffe aufsteigen lassen. Wenn aber die frühen Neuwahlen durch eine Obstruktion erzeugt wer den, und wenn dazu eine nicht ausgeschlossene Versä)ärfung der'Auslandslage durch die Marokkofrage kommt, so kann ein solcher früher Termin namentlich der Sozialdemokratie doch viel Kopfschmerzen bereiten. Tie Kanone könnte hier auch nach hinten losgehen. . . , ^ ... In der liberalen Presse wird mit groher Ausführlich keit die Frage behandelt, ob denn dem alten Reichstag, wenn er erst am 25. Januar 1912 aufgelöst wird, der neue Etat mr Beratung vorgelegt werden wird. So selbstverständlich die Sache liegt, suchen die linksstehenden Blätter sie doch nach ihrem Nutzen zu beantworten. Sie sehen dann eine Art Derfassimgsbruch und gestehen damit nur ein, daß ihnen dieser Etat sehr unbequem werden würde. Aber die Ne gierung hat die Pflicht, dem heutigen Reichstage diesen Etat noch vorzulegen. Zunächst wird der Etat immer im Dezember dem Reichstage unterbreitet-, das geschah sogar noch im Dezember 1996, unmittelbar vor der Auflösung. Warum soll nun auf einmal von der alten Hebung abge wichen werden? Dann könnte auch später die Regierung den Etat im Januar erst vorlegen und der Reichstag hätte stets nur zwei Monate zur Etatsberatung übrig. Man soll von einer alten Uebung, die sich bewährt hat, nicht ab weichen. Zu diesem formalen Grunde kommt noch ein anderer: der heutige Reichstag hat ein moralisches Anrecht auf den neuen Etat; denn derselbe stellt eine Art Abschluß rechnung der gesamten Reichsfinanzreform dar. Es sind zwar noch nicht alle Steuern im Fluß, das tritt erst 1913 ein, aber immerhin ist der Etat für 1912 ein sehr guter Wertmesser für die Reform. Das Jahr 1911 war das un günstigste. da zahlreiche Neuforderungen auftraten und die Steuern noch nicht genug Geld bringen konnten-, 1912 nähert sich der Beharrung schon ungemein mehr. Ein Reichstag aber, der die Sanierung der Reichsfinanzen voll zog, hat ein Anrecht auf eine Art Bilanz oder eine Abreclj- nung. Der Etat für 1912 enthält diese und darum mutz er noch dem heutigen Reichstage unterbreitet werden. Nun sagen linksstehende Blätter, daß dieser Etat doch nicht mehr verabschiedet werden könnte. Setzen wir den Fall, daß dies zutrifft, so ist es kein Unglück, der Etat kann trotzdem vorgelegt werden, schon damit die Masse der durch fallenden liberalen Abgeordneten noch ein schönes Andenken erhält. Wir sehen aber gar nicht ein, warum nicht der ganze Etat aufgearbeitet werden könnte, wenn er im Oktober vor gelegt wird. Der Reichstag soll am 10. Oktober sich bereits versammeln, dann kann der ganze Etat bis zum Januar er ledigt werden: denn in diesen ersten Monaten steht genug Zeit zur Verfügung, zumal der neue Etat kaum eine ein zige Forderung bringen dürfte, die man nicht jetzt schon übersehen kann. Freilich die Etatsfriseurlehrlinge des „Vorwärts" können dies nicht. Wenn der Reichstag noch diesen Etat erledigen würde, würde er gar keine fremden Rechte verletzen, sondern nur seine verfassungsmäßige Pflicht erfüllen. Angesichts dieses klaren Sachverhaltes ist das gesamte Toben „links" nur der Schrei des schlechten Gewissens. Das deutsche Volk soll nicht erfahren, daß die neuen Steuern gute Finanzen geschaffen, es soll nicht sehen, wie die liberalen Zeitungen und Redner die Massen irregeführt haben. Die Regierung soll nicht nach sachlichen Gründen verfahren, son dern sie soll der Wahlhalter der Liberalen werden, indem sie die Wahrheit künstlich unterdrückt. Aber die liberale Rechnung hat ein großes Loch: sie ist wohl ausgestellt, wird auch der Regierung präsentiert, aber von dieser nicht — be zahlt werden. PottMchr KwMchau. Dresden, den 26. April 1SII. — Das österreichisch ungarische Geschwader ist im Hafen von Korfu vor Anker gegangen. Vierzig Offiziere des Geschwaders unter Führung de« Geschwaderchefs Konter admirals Edler v. Kunsti wurden vom Kaiserpaar im Achilleion empfangen. Später nahmen sie an einem Tanz- fest auf der „Hohenzollern" teil. Der Kaisi r verlieh zahl reiche Ordensauszeichnungen an die österreichischen Offiziere. Der Kaiser besuchte am Dienstag da» österreichisch-ungarische Flaggschiff „Erzherzog Franz Ferdinand", auf dem er anderthalb Stunden verwehte. — Die Einnahmen er,; Zöllen und Steuern dürften voraussichtlich das Plus va, rund 40 Millionen erreichen. Auch bet der Post und den ReichSeisenbahnen sind lieber- schüsse zu erwarten und zw >r bei der Post rund 18,8 »nd bei den ReichSeisenbahnen etwa 11,6 Millionen Mark. Infolgedessen erscheint die Hoffnung berechtigt, daß das Rechnungsjahr 1911 die E atansätze erreichen wird. — Exzellenz Dr. Freiherr v. Hertling ist, nachdem er von seiner Krankheit vollständig wiederhergestellt ist. am 25. d. M. von Berlin nach München nbgereist. — Der frühere OberregirrnngSrat im preußischen Kultusministerium, Dr. Mathias, arbeitet seit seiner P nsio- nierung eifrig am „Berl. Tageblatt" mit; er tritt hier z. B. gegen die Einführung des Religionsunterrichtes an den Fortbildungsschulen auf. Diese Tatsache besagt aufs neue, wie sehr die Ministerien mit liberalen Gehetm- räten gesättigt sind. — Der Alldeutsche Verband hielt in Berlin eine Vor standssitzung ab. Dabei regte Fabrikdirektor Baumann (Köln) an, gelegentlich gemeinsame Veranstaltungen der großen nationalen Vereine abzuhalten. Diesen Vorschlag bekämpfte der Vorsitzende Clatz mit dem Hinweise daraus, daß die Deutsche Kolonialgesellschaft im Vorjahre eine Ein ladung des Verbandes abgelehnt habe. Der Grund dazu: der Vorsitzende dieser Gesellschaft, v. Holleben, habe diese Haltung in folgendem Schreiben vom 12. August v. I. motiviert: „Dem Alldcutsck)en Verbände danke ich namenS der Deutschen Kolonialgcsellschaft für die Einladung zum diesjährigen Verbandstage. Die Einladung hat dem Präsi denten unserer Gesellschaft, Sr. Hoheit dem Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg, Vorgelegen, doch sieht sich Höchst- derselbc infolge der ans dem Verbandstage in Schandau mit Bezug auf ihn gefallenen Aeußerungen nicht in der Lage, einen Vertreter zu entsenden." Der Vorsitzende er innerte daran, daß in Schandau allerdings bei Erörterung der Welfenfrage gewisse politische Maßnahmen des Herzog regenten, die nach der Ueberzeugung der betreffenden Redner schädlich wirkten, mißbilligt worden waren: „Diese Tatsache haben Herzog Johann Albrecht, der dem Alldeutschen Ver bände lange Jahre angehört habe, veranlaßt, seinen Aus tritt durch sein Kabinett erklären zu lassen." Zwischen Wirtschaftlicher Vereinigung und Volks- Partei ist ein heftiger Wahlstreit schon entbrannt. Die „Dentsclf-Sozialen Blätter" bekennen sich wiederholt zu der Theorie, daß cs vor allem darauf ankomme, den Libera lismus zu schwächen, selbst wenn die Sozialdemokraten da durch Sitze gewinne». Ausdrücklich wird erklärt, daß bei einer Entscheidung zwischen Liberalismus und Sozialdemo kratie die Antisemiten Gewehr bei Fuß stehen werden und zwar „ans Gründen der Reinlichkeit und des Anstandes", wie das Blatt erklärt. „Wir geben es ohne weiteres zu. daß der heiße Wunsch in unserem Herzen lebt, alle fortschritt lichen Regungen im deutschen Vaterlande nicht nur zu unterdrücken, sondern mit Stumpf und Stil auszurotten, weil wir anders keinen Weg sehen, die persönliche Freiheit eines Deutschen zu sichern vor gierigen Gelüsten des jüdischen Börse n kapitales, dessen Hausknecht die Fortschrittspartei i st. Wir verhehlen es auch gar nicht, das; wir diese häßliche Erscheinung im politischen Leben Deutschlands am liebsten mit den berühmt ge wordenen zwei kurzen Worten jenes Richters aus dem Kollegium des Herzogs Alba verurteilen möchten, und wir bedauern nur, solchen Worten nicht die entsprechenden Tate» folge» lassen zu können . . . Der Pseudolibcralis- mns von heute ist ein jämmerliches Gebilde, schamrot wer den die Begriffe von Freiheit und Recht, deren Namen er ebenso unnütz im Munde führt, wie das Wort Fortschritt. Er ist ein Hohn ans alle wahre Kultur. Auf jedem Blatte unserer parlamentarischen Geschichte kann er sein selbst geschriebenes Todesurteil finden: er hat sich jedem wirk lichen Fortschritt in verknöcherter Engherzigkeit entgegen gestellt. Wenn er noch eine Spur von Ehrlichkeit besäße, dann sollte er den Krebs zu seinem Wappentiere wählen. Für den kommenden politischen Reformator müssen wir die Aiifräninungsarbeiten besorgen, er darf sich mit solchem 7 W t,- M Ein „neuer Luther- und sein „Monn- mentalwerk-, über den „Ultramontanis mus in Theorie und Praxis-. ii. Doch zur Hauptsache: dem Ultramontanismusi Ach, vergebens haben wir nach dem Neuen gesucht, das Leute zu bringen verspricht. Nicht einmal zu einer Definition ist der Mann fähig und schreibt einfach nach, was Hoensbroech. Goetz und die Flugschriften des Antiultramontanen Reichs- Verbandes alle schon gesagt haben. An der Hand dieser seiner Quellen untersck-eidet dann Leute auch zwischen Ultra- montanismus und Katholizismus: nur hat er dabei ver- gessen, was er kurz vorher selbst geschrieben hat über die Gläser der „Bahnwärterlampe" (S. 369). Man höre: „Das Licht einer Bahnwärterlampe hat verschieden- farbige Gläser: weiß läßt freie Fahrt, grün heißt langsam fahren, und rot kündet Gefahr. Und doch ist cs ein und dasselbe Licht. Mit einem derartigen Lichte läßt sich auch die Betätigung des Katholizismus vergleichen: das weiße Licht rst der religiöse Katholizismus, das grüne der poli- -siche, das rote der ultramontane. UnddochisteSnur ern und dasselbe Kirchenlicht. Die drinnen sind Farben ^ draußen stehen, sehen es in dre, folgt doch, daß eine Trennung von religiösen, di? ultramontanem Katholizismus nicht angeht, oder daß nsü« 4°'°?'«" EW'ch-n «u, den K«. !>i-u-Ä 2 Überhaupt abgesehen haben. Oder will Leute vielleicht „weiße Gläser" einsetzen? Natürlich bekommt das böse Zentrum seinen Teil von Leute weg. Es ist eine konfessionelle Partei, staatsfeind lich, wie ja jeder Ultramontane als Beamter eine „latente Gefahr für den Staat" ist — man kennt ja den Spruch. Als besonders gravierend für die Neichsfeindschaft des Ultra- montanismus gilt Monsieur Leute die Opposition gegen die Idee des „protestantischen Kaisertums". Das genügt zur Kennzeichnung Leutes als Politiker, denn er weiß also nicht einmal, daß es ein protestantisches Kaisertum vcrfassnngs- gemäß in Deutschland gar nicht gibt, Aber alles, was gegen ein solches ist, findet beim Zentrum Unterschlupf: Polen, Welfen, Dänen und Elsässer! Ja, sogar Verbrüderungen des Zentrums mit der Sozialdemokratie kennt der große Politiker Leute! Aber warum nur verschweigt er so ge schämig das Wort eines seiner neuen Kollegen, lieber den Teufel zu wählen als einen Zentrumsmann, und weiß Leute gar nichts von der nationalliberalcn Politik mit ihren Verbrüderungen mit der Sozialdemokratie: kennt er nicht mal die Politik der „Tägl. Rundschau"? 8i tal-umso», l'vlitieu» man»!»»««! Tie Staatsfeindlichkeit des Zen trums beweist dann Leute, wie viele andere auch, mit Zi taten aus den Reden Bismarcks in den Kulturknmpftagen. Das wollen wir Leute nicht übelnchmen, denn bei den Dingen, die er getrieben, hat er gewiß keine Zeit gehabt, die Reden Bismarcks aus späteren Jahren zu lesen. Uebcrhaupt die geschichtliche Darstellung der Ereignisse des 19. Jahrhunderts auf kirchenpolitischem Gebiete usw. in Leutes Buch ist das Arniseligste, was uns je zu Gesicht ge kommen. Das kommt daher, wenn nran statt wissenschaft liche Geschichtswerke zu studieren, wertlose Broschüren zu sammenschmiert. Auf den Klatsch, den Leute auftischt, weiter einzugehen, hat keinen Zweck. Was er da phantasiert, hat jüngst die „Kölnische Volksztg." gezeigt mit dem Märlein des Mannes über den in der Redaktion sitzenden geistlichen Zensor, in dem sie durch Feststellung des Tatbestandes den Mann bla mierte. Wenn die Mannen des Evangelischen Bundes mit den Mätzchen, die Leute ihnen anbietet, zum Kampfe wider Nom ausziehen wollen, uns soll cs recht sein: denn dann fallen sie schwer herein! Wir sind gespannt ans ein Urteil Hoensbroechs! Er ist doch ausgetreten als der Ritter Georg wider den Drachen Ultramontanismiis, und jetzt muß er sich sagen lassen von Leutes Neklanieinacher: „Noch nie hat es ein katholischer Priester, auch kein Apostat gewagt, in so offener Weise, mit solch tapferem Mute das System des Ultramontanismus bloßznlegcn: alles, was bisher unbekannt, wird hier ent schleiert und der Welt gezeigt, wie die geheimen Mächte des Klerikalismus wirken." Armer Hoensbroech! in solcher Weise von einem Leute, der nur mit Hoensbroechschcm Ma teriale arbeitet, bloßgestellt zu werden! Alles in allem müssen wir über diese Leistung Leutes sagen, was seinerzeit die „Köln. Zeitg." über seine Vorträge geschrieben: „Es war nichts weniger als Wissenschaft darin enthalten." Zum Schlüsse noch eine Frage an de» Evangelischen Bund: Seite 262 macht Leute cs dem kntholisclien Professor zum Vorwürfe: „lieber jedem Dozentenstuhl hängt der Kanon Offenbarung. Hie Offenbarung, hie Forschung!" Wir lvarcn bisher der Meinung, auch der protestantische Professor erachte sich durch die Offenbarung gebunden, wie denn das Christentum die Religion der Offenbarung ist. Ist das heute nicht mehr der Fall? Aber mit welchem Rechte, wenn cS so steht, will der Evangelische Bund für das Evangelium kämpfen?! U. A. w. g. t. ^ >2