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«r. VS L8. Iahrg Sonnabeud, dev 29. März 1919 «-fchSftsltell« «U» RedawOG, LreSde«>A. LS, Holbe1»st»«tz« *8 abends «e»e,,«prei»i »M>«ab« X mit M»str. Betlag« vierteil ührllch KM» In Dresden und ganz Deutfch- ^rct Hau« ».8« ^ ganz Deullch- In Oesterret« ««»«ad, 8 vlerteljShrllch ».88^». In Dresden und ganz Deutschland frei Haus ^ tn Oesterreich 8.8« X. Linzel-Bummer I« »8 KLchMche BolkSzettuna erscheint an allen Wochentagen nachmittags. Fernsprecher L13SS Postscheckkonto Leipzig N». 14 -Lj Sl»i»i,e«i »n»ab««don «eschSftSanzeigenbt» IVM-, von Famtttenanzelgen dis I I Ubr vor«. VretS sitt die Pottt-epaUzellc »8 4, «« meteU 8« ^ FamUlen-lslnzetgen »« ^ Aür imdciilltch geschriebene, sowie dinch gsend- wrecher ausgegcbene Nnzeiaen lSi»ie»l»««W «erantworllichkeit slirdlc Richtigtett de-»NM« nicht twernchuien. Sprechsttmde der Redaktion« »1-»» Nhr dorm, T " Einzige Katholische Tageszeitung in GM««. Drga« der Zenkumspartet. Ausgabe ^ mtt illustrierter Nrrterhaittmgsbeilage And reltg° WocheabeNage MeMdeM Ausgabe k mrx mit der Wochenbeilage- Gewaltfrieden? Die geradezu unerhörten Bedingungen, die uns beim Waffenstillstand anferlegt wurden, und die Nachrichten, die dann und wann über die Verhandlungen auf der Friedens konferenz durch die feindliche Presse gehen, lassen erkennen, baß die Entente nichts weiter bezwecken möchte, als Deutsch land einen Gewaltfrieden aufznzwingen. Als die Waffen nach vier Jahre langein, schrecklichem Morden und Ver nichten sanken, atmeten die Völker wieder frei auf. In allen Staaten wurden Rufe nach einem dauernden, ewigen Frieden laut und zum Gegenstände zahlloser Erörterungen gemacht. Wilson wollte die Gründung eines Völkerbundes auf der Grundlage der Gleichberechtigung aller Völker und Nationen. Ein Gewaltfriede aber, wie man ihn in Paris jetzt zu planen scheint, wird k a s E n t st e b e ii des Völkerbundes hinter- treiben. Es ist Deutschland ganz unmöglich, einem Völkerbunde beizutreten, wenn die brutale Gewalt, die das ganze große Weltenelend, unter dem die Menschheit so lange seufzte, verschuldet, weiter bestehen soll, und für die Zukunft schließlich wieder zur Gottcsgenel werden muß. Ein Gewaltfriede kann auch niemals von langer Dauer icin. Neue Kriege würden entstehen! Die Entente hat in den vier Kriegsjahren immerzu an die Menschheit appelliert und erklärt, nur zur Vernichtung des Len Weltfrieden störenden Militarismus die Waffen zu führen und Wege zu einem Frieden von Volk zu Volk 'zu bahnen. Strafen- nicht die Feinde alle ihre Versprechungen und Er klärungen Lügen? Ist es nicht ein Hohn auf die Mensch heit, wenn jetzt über Bedingungen beraten wird, die neue Kriege gebären müssen? Die geplnke Zerstückelung Deutschlands und seine völlige Niederzwingung haben die Erbitterung im deutschen Volte bis zum äußersten gesteigert. Wer die Nxchre Stimmung des Volkes zu ergründen versteht, dem scheint es klar, daß nur noch wenig bis zum Ansbruch des Volkszornes gegen die unmenschlichen Bedrücker gehört. Das Maß ist übervoll. In Ungarn haben wir gesellen, wohin ein Volk in seiner Verzweiflung getrieben werden kann, Läßt die Entente sich nicht noch in zwölfter Stunde vom Gefühl der Menschlikeit leiten, dann rückt die Gefahr einer Verseuchung Deutschlands mit den bolschewistischen Ideen immer näher. Wenn aber der Bolschewismnus einmal erst bei uns zur Herrschaft gelangt ist, dann findet er auch den Weg nach dem Westen, trotz Rhein und Vogesen. Fürwahr, die Feinde werden uns in nächster Zeit vor eine schtvcre Entscheidung stellen. Lauten die Bedingungen tatsächlich so, wie die feindlichen Pressemeldungen vermuten lassen, dann wenden Regierung uund Nationalversammlung kaum die Verantwortung über den Friedensschluß über nehmen können. Das ganze Volk wird dann abstimmen und den Feinden die rechte Antwort geben. Die Verant wortung aber für die Folgen vor der Geschichte und der Menschheit hat die Entente selber zu tragen. Der Staalsgerlchtshof. Lon einer besonderen parlamentarischen Seite schreibt man uns aus Weimar: Wie sehr der gegennstirtige Ministerpräsident Scheide- mann immer noch sozialdemokratischer Parteiagitator, und wie wenig er Taktiker und Politiker ist, von diplomatischen Fähigkeiten ganz zu schweigen, hat er durch feine tempera mentvolle Erklärung in der Mittwochsitzung der National versammlung erwiesen. „So viel Lärm um eine Omelette!" könnte man darüber schreiben. Um Einsprüuch gegen »taiserhochs und Ludendorff - Ovationen einer begeisterter Herrschaften zu erheben, braucht man doch nicht gerade eine Haupt- und Staatsaktion zu machen. Das aber wollte und tat Scheidemann. Er sorgte dafür, daß das gesamte Reichs kabinett seiner Erklärung lauschte, und daß die RegierungS- trabarvtrn, die dein sozialdemokratischen Ministerpräsidenten an di« Fersen sich heften, wie der Schweis dem Komet, pünkt lich und vollzählich zur Stelle waren. Um was handelte es sich: Scherbe mann selbst sagte es. daß «ein.Häuflein politisch urteilsloser Herren" in Berlin gchocht und den Siegerkranz gesungen batten. Der letztere ist ja nun frilich „abwesend", aber was ist denn schließlich viel dabei, zumal im Zeichen der „Freiheit", wenn ein mehr oder minder großes „Häuflein" sich einem Privatver gnügen, welcher Art es auch immer sei, hingibt. Wir wären die Ersten, die eine politische .Herausforderung auf das schärfste verurteilen. Man kann aber doch nicht im Ernste ichaulpten, daß cs sich im vorliegenden Falle um eine solche I Herausforderung gebandelt bäste. Es war gewiß lein Zeichen politischer Reise nnd UrteÜssäbigiin!, das, inan in diesen Zeiten in so unangebrachten Form,» öiienllicb demon striert. Ter Versuch freilich, eine über allen Parteien stehende Protestkundgebung gegen die Zerstückeinngspläne unserer Gegner zu ganz bestinnnlen nationalistischen Zwecken zu mißbrauchen, ist allerdings ans bas entschiedenste zn verwerfen. Nun aber kommt ein weiteres für Scheibe- mann hinzu: Tie Anwesenheit Lndendorffs, der Gegen stand von Ovationen aus der Straße war. Wir wissen nicht, ob Schcidemann recht hat mit seinem Zweifel darüber, daß Lndendorfs „zufällig" spazieren ging. Würde das der Fall gewesen sein, dann würde man allerdings nur einen neuen Beweis dafür haben, daß der politische Weitblick des ehe maligen großen Heerführers Ludendorff nicht gerade allzu scharf ist. Nun hat Tcheidemaim die Einrichtung eines Staats- gerichtshofes angekündigt, vor welchen Ludendorfs gestellt werden soll. Ein solcher Staatsgerichtshof erscheint allerdings dem größten Teile des Voltes als eine Not wendigkeit. Aber ob es gerade gut und geschmackvoll und ob es insbesondere taktisch klug war, im Anschluß an Vor gänge in Berlin, die von einer kleinen Gruppe veranlaßt waren, diesen Staatsgerichtshos anznkündigen. steht doch ans einem anderen Brett. Man kann zu leicht ans den Gedanken kommen, daß es sich hier um eine Maßnahme handelt, dir weniger von politischem Nechtsgefühl als von Persönlichen Rücksichten beeinflußt ist. Man weiß, daß Scheidemann ! nnd Lndendorfs scharfe Gegner sind und der jüngst verössent- ^ lichte Briesweclnel hat.über die Gefühle und Stimmungen dieser beiden Herren keinen Zweifel gelassen. Es war ein ! politisch überaus schwerwiegender Fehler Scheidemanns, die Schaffung einer solchen höchsten staatsgerichtlichen In stanz zur Aburteilung eines Mannes anzukündigcn, der — ob mit seinein Willen oder nicht, sei dahin gestellt — der Gegenstand von Ovationen eines — nach Scheidemanns eiaenem Zeugnis — „.Häusleins politisch - urteilsloser Herren" war. / Gegenrevolution? Stimmungsbild aus der Nationalversammlung von unserem Weimarer Parlamentarismen Vertreter. Das Gespenst der „Gegenrevolution" geht wieder ein mal um. Man muß allerdings zugeben, daß die sogenannte Duplizität der Ereignisse wieder einmal ein eigenartiges zufälliges Zusammentreffen von Vorgängen hcrbcigesührt hat, welche den um ihre Macht bangenden Politikern nicht geringe Sorge emflößt. In Berlin hat im AnscMtz au Kundgebungen aller Parteien gegen die Zerstückelungspläne unserer Gegner eine kleine Gruppe den General Luden dorff nnt Ovationen bedacht, die sich Lndendorfs nach dem Zeugnis von Augenzeugen anscheinend nicht ungern gefallen ließ. Daraus schließen die Radikalen, daß die Gegenrevolu tion den Zeitpunkt für gekommen erachte, offen das Haupt zu erheben. Wenige Tage darauf hat der ehenullige frei konservative Abg. v. Eardorfs eine sclMfe Rede ge halten, die der sozialdemokratische Ministerpräsident Hirsch als das Signal der Gegenrevolution bczeichnete. Und nun wird auch die Nationalversammlung zum Tri bunal. Scheidemann bat schon zu Beginn der Mittlvoch- sitzung eine sehr temperamentvolle Erklärung gegen dir Berliner Kundgebungen und deren politische Ausmünzung abgegeben. Er hat dabei die Einrichtung eines Staats- gcrichtshofes gegen Ludcndorss angekündigt. Die Nach trags- und Notetats, welche die Nationalversammlung noch zu erledigen hat. gaben Anlaß zu einer Debatte um Ludcn- dorff, die in ihrem Wesen und Ziel nichts anderes Ivar. als eine von der Linken unter allen Anzeichen größter Sorge an die Oeffentlichkeit getragene Furcht vor der Gegen revolution. Das Aufgebot, welche heute die Minister- und Regie- rungstribüne zeigte, ließ bereits erkennen, daß man sich auf eine „große" Aussprache eingerichtet i)atte. Don den Ministern fehlte kein einziger, auch Graf Bruckdorfs-Rantzau war wieder erschienen, ebenso sämtliche Minister ohne Portefeuille. Die einzelnen Reichsämtcr waren durch ihre Chefs und zahlreiche leitende Persönlichkeiten vertreten. Tie Bänke der Abgeordneten wiesen eipe gute Besetzung auf. Die Sitzung selbst ließ sich zunächst sehr ruhig und geschäfts mäßig an. Recht maßvoll sprach zunächst der.Redner der Sozialdemokraten Schulz- Ostpreußen. Er ist kein Post tiker nnd Schärfen in Angriff und in der Verteidigung liegen ihm fern. Die Rechte suchte ihn durch scharst- Zwischenrufe zn reizen, aber die Sozialdemokratie erd-rückle alles in ihrem lärmenden Protest. Nachdem Noske in seiner rnisistre a .'t Ui.. w.wi.-.st:.-. Mw >.st, letzt und erklärt lw wy e-, i:i. : t zin: ' . d'U Ü ot'urül'r.' Truppen eine Oise »!!">! vnr gege: , bas K'Istch e S'chi' sie Ans stand dil- beten. eine Beb.: nnrn na. an '.'.A ii > de"!' L.. n Voll' lein M.:, ü'l » l-.( 'g.e-lwt ln .7. ist w- l uinsab ''.ordnete M a y e r - Sck: naben ba> st Vcnu st- r 's? 1c V) n!'» und Bein teile'. - de aalst.-.-st stchasl' iclen Lebe ns ent'. nicht t-.n fesselndes Bild ber ange nbliclli ch-en ! wichst? 'astlichen Ve.w.üt- nisse. Ci neu Nenanso.' N NN!" icre,- Wststi ch.aftsleb -ns oinie griinblege nbe ! ist ac!nng :nb Gestinbimg unstrer Finui.z.- -nnrtsck alt crtlä rt er nw er bem Best all de s Hauses sich n l» möglich. Als ber Aba. Mauer ans die Rede des Minister- Prä übelste ii zu stictl'omm! . borch t das > HanS gestx: ailit auf. Mit dem Gen nbaebanU m der -ch üdeim m »scheu Ail-ssäh-- rungen erklärt er üch durchms einverstanden. Besonders eindrncksre-I mar der st-ierlicbe Anruf der ewigen der Mora! und Menschlichkeit, an denen die Fordern:'.,,M der Sieaer ilne Grenze finden. Mit tiefem Ernste »»eist >nw Abg. Mayer unter lautloser Haltung des .Hauses die sieg reichen Völler darauf hin. daß im Osten Wolken sich zu» sgiiimenballen. die sieb über die Welt zu entladen droben- Der Redner zwingt mit seinen Worten alle Anwesenden in seinen Bann. Die Negiernngsvcrtreter sckarcn sich dicht um die Tribüne. Der Abg. Mayer bekämpft alle Versnche von links wie von rechts, welche darauuf hinansgeben, die Regie rung von der Anerkennung der 1t Punkte Wilsons abz«» drängen. Den Vorgang in Berlin bält er aber einer Haupt- und Staatsaktion nicht für wert. Die Furcht vor einer Gegenrevolution sei doch übertrieben. Zn dei-i ange- kündigten Staatsgerichtshos verhält sich das Zentrum ob- wartend, bis der Entwurf selbst vorliegt. Es wird nunmehr der Führer der Deutschniarioiialeii, Gras von Posadowsth, ausgerufen. Auch er !wt so fort das Ohr des ganzen Hauses. Man hört diesen g»- wiegten Staatsmann und Parlamentarier immer gern. Seine scharf hermiSgearbeiteten Argumente, von bezeichnen den Haiidbewtgniigcn begleitet und nnierstüht, finden auch bei den Gegnern respektvolle Ausnahme. Seine Frage an Scheidemann, oh es denn nicht begreiflich sei nach Lei» Ver hältnissen, ivclckw die Revolution geschaffen lmt, Hiß daä Volk nach den früheren Zuständen sich sehne, findet etn starkes Echo im Hanse, das die Sozialisten scharf bekämpfeg. Scheidemann kört aufmerksam zn und notiert sortdaueryk in die vor ihm liegenden Mannskriptblätter. Schließlich ve»x liest Posadowity eine recht scharf gehaltene Erklärung feiner Partei, welche der tiefen Empörung über Scheidenumns Uusführnngen Ausdruck gibt. Das Pölk wolle an der Spitze des Reiches keinen Parteiredmcr. Heftige Ztoischen- rnse: Frechheit! schallen Posadowity entgegen. Gras Pos«- dosky betont, daß von einer Gegenrevolution keine llkckdr sein könne, denn die Tatsachen seien eS, die gegen die Revo lution sprechen, nicht aber seien gegerrevolntionäre Ver schwörungen im Spiel. Haase steht während dieser Erklärung wie ein sa,misch lachender Mephisto hinter der Bühne und borcbt aus. Tie Stellung, die er dabei einnimmt, ist malerisch schön! Ns Gras Posadoskn erklärt, daß das deutsch' Volk sich diese Behandlung Lurch den Ministerpräsidenten verbitte, brdbi. ein ungeheurer Sturm ans der Linken los. Graf Posa doivsky liest jeelenruhig in seinen Blättern weiter. Dsn Staatsgerichtshos hält er für ein einseitiges Gericht, dessen Urteil ichon durch Scheidemanns Wort vom Landesverrat! norgegrisfcn sei. Mit erhobener Stimme schließt Gr»s Posadosty mit der Bemerkung, daß seine Partei vor keiner Drohung, wie sie jetzt vielfach ansgesprochn werbe, zuviick-, schrecke. Er sagt der Regierung den schärfsten Kamps ai^ In das stürmische Bravo der Rechten misch sich lang an dauerndes Zischen und stürmischer Widerspruch der Linken. Der Redner dein Demokraten, Dr. Pach nicke, spricht von der unheilvollen Rolle der Rechten im Kriege und auch jetzt. Er deckt Scheidemann in vollem Umfange. Er kann nichts Ungehöriges und nichts Ungeheuerliches in Scheidemanns Rede finden. Gegen monarchistische xnd militaristische Demonstrationen müsse man sich sciiärsftims wenden. Aber auch Pachnicke hat Bedenken gegen Len Staatsgerichtshos. Da es sich um politische Angele,genhertsn handele, sei ein unparteiischer Unterjuchungsausschuh z« empfehlen. Nun kommt der Unabhängige Haase zu Wort, Mit einem dicken Pack von Akten, Zeitungen und Broschüren belvafsnet, geht er zur Tribüne, tvo er alsbald seine dekamrte Stellung einnimmt. Die Arme auf das Pult gestützt «r-l ineinandergeschlungen. zitcht er in breitem Dialekt setoe giftigen Worte zwischen den Zähnen hervor. Jedes U»c-, trancnsootum für die Regierung lehnt er ab. Daher Hs er auch gegen die Bewilligung jeden Kredites und non,