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eines Beschlusses von interessierten Personen zusaimnen- getrommelt wurde, das Recht hat, jeden Beschluß zu fassen, sondern darin, daß alle Mitglieder des Gemeimoewns, vom Zusammengehörigkeitsgefühl beseelt, sich den allgemeinen Bestinnnungen unterordnen." Eine ähnliche Mahnung bringt ein Rundschreiben, in dem der Hauptvorstand der Holzarbeiter die Gaubeamten und Zahlstellenleiter auf die übermäßig aiiwachsende Zahl und den Umfang der Streiks himveist. Das Rundschreiben betont, daß von den Arbeitern oft aus ganz geringfügigen Ursachen Ausstände unter nommen werden, ohne daß vorher der Versuch gemacht werde, die kleinen Differenzen durch gütliche Unterhand lungen mit den Arbeitgebern anszugleichen. Tie Lokal- Verwaltungen werden ersucht, mit Energie und mit ihrem ganzen Einfluß bei den Mitgliedern darauf hinzuwirken, daß derartige unnötige Ausstände vermieden werden. Wenn Differenzen entstehen, so soll die Vermittelung der örtlicl-en Verwaltung des Verbandes angerufen tverden, und bevor ein Ausstaud beschossen tucrdeu soll, wird den Arbeitern zur Pflicht gemacht, das Eintreffen und das Eingreifen des Vezirksleiters abzuwarten. Der Vorstand des Ver bandes betont, daß im letzten Jahre die Ausgaben für die ArbeitSt'ämpfe uni (>0 v. H. zugeuommen haben, wobei zir beachten sei, daß auch sehn das Jahr 1905, sehr große Aus gabe für Streiks verursacht habe. Durch diese wilden und ohne rechte Ueberlegung ausgebrochenen Streiks würden außerdem der Leitung des Verbandes große Schwierigkeiten gemacht. Um zu verhindern, daß trotzdem weiterhin Aus- stände aus plötzlichen Verstimmungen u,id ohne Anrufung der Verbandsleitung beschlossen tverden, will die .Hauptver- nxiltung des Holzarbeiterverbandes jede Unterstützung durch Geldmittel vettmugern. Tie Kluft zwischen den Gewerk- rhasren nnd der sozialdemokratischen Partei dürste durch solche verständigen Erklärungen nicht gerade verringert werden. Tpanieri. — Das Zcrcmonicll bei der (Geburt des spanischen Königs,"indes. Besondere Zeremonien begleiten am spani- häicn Hofe, der alten Hochburg höfischer Etikette, die Geburt eines .Uöiiigssprößtings; sie kulminieren in der feierlichen Präsentierung des eben geborenen Kindes vor einer erlauch ten Versammlung von Ministern der Krone, den obersten Palastbeamten, einer Deputation von jeder der gesetzgeben den Körperschaften, den Abgesandten von Asturien, zwei erwäblten Vertretern der Granden von Spanien, den 'Ober befehlshabern von Armee und Flotte, den Rittern des hohen Ordens vom Goldenen Vließ und Abordnungen der anderen bohen spaiiischeu Ordensritterschafte», den Präsidenten des Staatsrates, den hohen militärischen und diplomatischen Würdenträgern, den fremden Gesandtschaften. Ter König erhält das- in Spitzen und Seide gehüllte nnd in einen klei nen Korb gelegte Kind ans goldenem Präsentierteller von der ohersten Kammerfrau überreicht und stellt es dann s i- nen Ministern vor, indem er den Schleier ein wenig lüftet, der das Oiesichtchen bedeckt. Dazu spricht er: „Ich stelle Ihnen hier meinen geliebten Sohn (oder Tochter), den Rachfolger ans dein spanischen Throne, den Prinzen von Asturien, vor. dem meine teure Gattin, Ihre Majestät die Königin, soeben das Leben geschenkt hat." Zur Regelung der verschiedenen Zeremonien, die hei der Mitte April er warteten Niederkunft der Königin stattfinden werden, hat König Alfons unter dem Datum des 3. April bereits ein offizielles Dekret ergehen lassen. Darin heißt es: „Sobald deutliche Zeichen der eintretenden Niederkunft vorhanden sind, sollen die betreffenden Personen davon unterrichtet werden, so daß sie sich in Galauniform und mit angelegten Ehrenzeichen in die zu diesem Zwecke bestimmten Gemächer des Palastes begeben können. Nachdem die Geburt statt gesunden hat, soll die oberste Kammerfrau sie unverzüglich zur Kenntnis des Präsidenten meines Ministerrates brin gen, der ihnen das glückliche Ereignis bekanntgebcn und sie über das Geschlecht des Kindes unterrichten soll. Damit die Bewohner der sehr heldenhaften Stadt Madrid ohne Verzug erfahren, ob das neugeborene Kind ein Prinz oder eine Infantin ist, soll im ersteren Falle die Fahue mit den spanischen Nationalfarben über dem Königlichen Palast aufgehißt und ein Salut von 21 Schüssen abgefeuert werdenim zweiten Falle soll die Fahne weiß sein und der Salut soll in 1ü Schüssen bestehen. Findet die Geburt nachts statt, so soll ein Lichtzeichen mit den gleichen Farben der Fahne daneben aufgestellt werden." A«A Stadt nud Land. (Fortsetzung aus dem Hauptblatt.) —* Taktlosigkeit eines Amtsblattes. Seine Majestät der König stattete am 10. d. M. bei seiner An wesenheit in Borna der evangelischen Kirche einen Bestich ab. Auf «ine Awprache des Herrn Lupcrintendenten Richter erwiderte der Monarch folgendes: „Ich danke Ihnen, meine Herren, für die große Freundlichkeit, mir hier Ihren Gruß zu entbieten Es ist mir eins lebhafte Freude, zu scheu, daß in meinem Volke immer mehr die Erkenntnis tiirch- dringt, daß ich bestrebt bin. meine Sorgfalt in derselben Weise auf das Wohl der evangelischen Kirche zu verwenden, wie auf alle anderen Gebiete unseres Volkslebens. Ich freue mich stets, auf meinen Reisen durchs Land bemerken zu können, daß die evangelischen Geistlichen mir überall mit Ve;trauen entgegcnkvmmen. Deshalb statte ich auch, wo ich irgend kann, der Kirche meinen Besuch ab. Ich hoffe, daß dieses gute Verhältnis auch immer forlbestebeu wird. Ties wird vor asten Dingen dann bewahrt bleiben, wenn die Herren, wie ich sehe, ihre Ausgabe darin juchen, unser Volk, das in seinem Kern gut ist, in der guten Ge- sinnung zu erhalten, und wenn Sie es vor allen Dingen immer wieder Hinweisen ans unseren Herrgott im Himmel." Hierzu bemerkt der „Freiberger Anzeiger" (Nr. 85>) vom Ist. d. M.: „Tiefe Asnßenmg des Königs kann jeder Protestant und konsgstrener Sachse nur mit Gemigtumig ailnehmen. Sie ist ein Königswort, das zu beherzig n wert ist Hoffentlich lesen aber auch die katholischen und iwinenTch die ultramontanen Kreise aus den Worten des Königs die ernste Mahnung an sie heraus. .Ein gutes Verhältnis diesseits der Alpen zum deutschen Vaterland n'.ld seinem angestammte» Fürsten, und nicht ein besseres VwhäUws über die Alpen hinweg zum Papst!" Der „Ficiberg'.-r Anzeiger" hat mit diesem Schlußsätze eine grobe Taktlosigkeit begangen. Die Warte des Königs geben ihm keinerlei Recht, sie an die Adresse der katholischen Geistlichkeit als ein? Mahnung gerichtet zu betrachten. Das gute Verhältnis, welches zwischen dun Vatcrlande, dem Monarchen und der evaugelisch-lutherischen Geistlichkeit be steht, herrscht ebenso zwischen dem Vaterlande, dem Monarchen und der katholischen Geistlichkeit. Die An- hänglichkeit der Katholiken an ihr kirchliches Oberbaupt, dem Papste, macht der vaterländischen und loyalen Ge sinnung keinerlei Abbruch, es gibt tm Gegenteil keine treueren Patrioten, als es überzeugnngStreue Katholiken sind; das beweist die Weltgeschichte durch alle Jahrhunderte. Solche Katholiken zetteln keine Revolution au, rufen aus ländische Mächte nicht zur Bekämpfung und Demütigung des eigenen Vaterlandes zu Hilfe, lassen das Vaterland in Zeilen der Bedrängnis nicht im Stiche. Die Geschichte der letzten dreihundert Jahre weiß aber zu berichten, daß Leute, die von Rom innerlich oder äußerlich abgefallen waren, das demsche Vaterland scymählich verraten haben. Nnd was den Einfluß der päpstlichen Politik auf die Vec- hältuisse des neuen Deutschen Re cheS betrifft, so wurde zur Zeit der eben verflossenen Wahlbemegung mehrfach kon statiert. daß das Zentrum sich in keiner Weise von Rom beeinflussen läßt, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, dre mir Nel gion und Moral nichts zu tun haben. Fürst Bismarck hat zwar versucht, durch die Autorität des Papstes die Haltung des Zcnirums zu beeinflussen — sein Anschlag ist aber an der vaterländisch und national selbstbewußten Pflichttreue des Zentrums schmählich zu schänden geworden. Zwischen der Treue zur Kirche und der Treue zum Vaterlande einen Gegensatz konstruieren wollen, ist eine Beleidigung der sächsischen Katholiken, Geistlichen wie Laien. Es ist dieser Angriff um so tak> loser, weil er im Anschluß an die Worte eines Monarchen geschieht, der selbst als treuer Sohn der katholischen Kirche in Verehrung und Liede au deren Oberhaupt hängt und durch diese Treue seinen Glaubcusgenoffen ern leuchtendes Vorbild ist. In diesem Sinne würde der „Freiberger Anzeiger" wohl auch den König als einen Ultramontanen bezeichnen müssen. Jnwiehrn soll denn in den Worten des Königs eine ernste Mahnung an die Katholiken und insbesondere an deren Geistlichkeit liegen? Hängen diese denn nicht mit der gleichen treuen Loyalität an ihrem an gestammten Fürsten und dem deutschen Vaterlande wie die Evangelisch Lutherischen und deren Geistlichkeit? Kann uns vielleicht der „Freibergec Anzeiger" einen Fall nennen, der ihn berechtigt. Lies gute Verhältnis zwischen Landesherr» und Katholiken anzweifeln zu können? Diese rücksichtslosen Ausfälle des „Freiberger Anzeigers" sind umso bedauerlicher, weil sie aus Anlaß der Anwesenheit Sr. Majestät in einem Amtsblatt er- schienen sind, da der „Freiberger Anzeiger" zu- gleich den Charakter eines solchen besitzt! Wir fügen unserer Betrachtung über das Gebaren dieses „frei- konservativen" Amtsblattes noch die ebenso taktlosen Be- merkringen an, die freisinnige Blätter an die Worte des Königs kämpfen. Sie schreiben, mau sei in Sachsen viel fach der Ueberzeugung gewesen, daß der hochselige König Georg der evangelischen Konfession nicht die gebührende Rücksicht habe angedeihen lassen. Die „Deutsche Tagesztg." weist diese vom Geiste des KatholikenhasscS getragene Niederträchtigkeit in gebührender Weise zurück. Mit diesem Urteile des plotestautischen Blattes ist der Wahrheit die Ehre gegeben, und wir begnügen uns, dasselbe als Antwort - 12 - Wie ein düsteres Gewölt walzten sich diese Gedanken durch das Gehirn der Unglücklichen, deren zarter Körper wiederholt von inneren Selxinern ge schüttelt vmrde. Und die Vorstellung der Schmach, die der Elende ihr dadurch zugesügt, laß er sie betrügen»! erweise durch die Komödie eines sakrilegischen Trainings- alles für sich in Besitz nahm, um ihre Franenwürde dadurch in den Schmutz zu treten, diese Vorstellung dnrcbglühte wie ein Höllenbrand ihr Herz, ließ die Glut heiliger Scl>am in ihr Antlitz steigen. Tie beiden Männer am Tisch waren schweigsam geworden. Sie hatten lws Abendessen beendigt und nun nahte der Augenblick, da Fritz, wie vorher geplant, mit seiner Werbung hervortreten sollte. Während nun Käthchen den Tisch abznränmeii begann, rückten Fritz und Gregor dicht aneinander, um ihre Unterhaltung im Flüstertöne sortzusetzen. Käthchen hatte den Tisch schnell abgeräinnt nnd trat jetzt zu ihrer Mutter hin. „Du scheinst reckst ermüdet willst du dich nicht zur Ruhe begeben?" Bevor die Mutter etwas erwidern konnte, stand Fritz mit wenigen lästigen Schritten vor den beide» Fronen. Er wollte Käthckens Hand erfassen: aber in demselben Augenblick erhob sich die Frau mit einer Hast, daß ibr Stuhl mit lautem Krachen zur Seite flog und Fritz wie erschrocken einen Schritt zurücktrat. Einen Moment lang maß sie den Schurken flammenden Blickes, dann rief sie mit von Zorn und Verachtung dnrchzitterter Stimme: „Wagen Sic es nicht, Sie gottloser Bösewicht, wein .Kind zu berühren', denn Ihre Hände triestm ja von schuldlos vergossenem Meiischenbliite!" Fritz taumelte »nie von einem Kenlenschlage getroffen zurück: sein Ge sicht batte siel, verzerrt und war aschfarben geworden. Doch schon im nächsten Moment hatte er sich ermannt, nnd mit der Frech heit aller aiisgefeimlen Schurken trat er wieder vor. „Tn bist krank. liebe Tante!" sagte er mit einem hündisckieil Lächeln. „Den „„sinnigen Vorwurf, den du eben gegen mich geschlendert, kann nur dein kranker Geist erzeugt haben." „Jcb wiederhole es aber, daß Ihre Hände mit Meiischnblnt besudelt sind!" rief die Fra» mit blitzenden Augen. — „Na, aber für wen hältst d» mich denn eigentlich, liebe Tante?" ließ sich jetzt der Schurke mit unheimlicher Nnlie vernehmen. „Für den — Bi'chofsmörder Rudolf Külmappel!" Das nxircn furchtbare Worte, nnd mit TonnerSgewalt schlugen sic dem Mrbrecher ins tiefste Mark hinein. Der M'vrdbnbe sab sich durchschaut, entlarvt, und er fühlte, daß das Ge bäude seines erträumteil LiebeSglückes über ihm zusammenstürztc. Wie an den Boden festgewurzelt, stand der Bube da, keines Wortes, keiner Regung fähig. Jetzt trat Gregor mit bleichen, wutverzerrten Zügen hervor. — „Weib, du iw st gelauscht!" stieß er zähneknirschend hervor. Ein tierischer Ausdruck, in dem Blutdurst mit Mordgier sich mischte, trat in sein vom unmäßigen Vrg»iitwei»ge»uß aufgedunscncs Gesicht. Furchtlos sah ihm die Frau in die tveit hervorgetrctcnen, funkelnden Augen. — 4Z — „Ja, ich habe gelauscht," rief sie, „und der Himmel selbst tvar es, der alles so gefügt hat, daß mir die Augen ausgctau wurden, mu mir zu zeigen den Abgrund menschlicher Bosheit und Verworfenheit, der hier um mich her wie ein Höllenschllind gegähnt." Gregor inachte eine Armbewegung, als wolle er zum Schlage nach ihr cmsholeu. Laut aiiskreischend drängte sich Käthchen an die Mutter, um diese mit ihrem Leibe zu decken. „Schlagen Sie zu, Elender, machen Sie das Maß Ihrer teuflischen Niedertracht voll, derer Sie sich gegen mich schuldig gemacht haben!" rief die Frau mit einem erschütternden Ausdruck. Inniger schloß sie Käthchen in ihre Arme, als sie hinzufügte: „Wende ab, meine Tochter, deinen Blick von diesem Mann, der für dich nnd für mich zum Dämon des Lebens geworden ist. Erbarmungslos grau sam liat er einst mit meinem Glück auch das deinige vernichtet, hat mir den geliebten Olatten, dir den teuren Vater geraubt, um uns beide, die Verwaisten und Verlassenen, einem grenzenlosen Elende prciszugeben. Doch es lebt ein gerechter Gott, und der wird ihn, unseren Verderber, Vor seinen Nichtcrstuhl fordern." Dieser Ausbruch eines in seinen heiligsten Gefühlen tiefverletzten Franenherzens verfehlte selbst auf die zwei brutalen, vcrnwrfenen Menschen seine Wirkung nicht. Schweigend, mit niedergeschlagenen Blicken, standen sie da, zwei Schuldigen gleich, über die der Strafrichter den Stab gebrochen. Die unglückliche Frau aber hatte mittlerweile einen heldenmütigen Entschluß gefaßt. Sie nahm den Arm ihrer Tochter nnd sagte dabei mit ruhiger Stimme: „Deine Mutter, mein Kind, ist wieder, was sie einst tvar: die Gräfin Olga von Karolsfeld, und als solche erachtet sie es unter ihrer Würde, auch nur eine Stunde noch unter diesem Dache zu tveilen." Tief Atem holend hielt sie inne, um schon nach wenigen Augenblicken wieder das Wort nehmend, mit von Tränen l-alberstickter Stimme zu sagen: „Komm, fliehen wir diese Stätte des Fluches, und ziehen wir hinaus in die Welt, um den zu suchen, der sich vielleicht bis zur Stunde noch nach uns in banger Sehnsucht verzehrt: den Elatten — den Vater!" Ohne die zwei Vösewichte noch eines Blickes zu würdigen, schritten sie Arm in Arm nach der Tür. Doch ehe sie diese erreicht hatten, eilte ihnen Gregor nach und vertrat ihnen den Weg. „Keinen Schritt weiter, oder ich erwürge euch wie zwei tolle Katzen!" schrie er sie an. Die Gräfin tvar kreidebleich geworden; doch wie sie jetzt zu einer Ent gegnung ihren Mund öffnete, da schoß ein Mutstrom aus ihrem Innern her vor und mit vollem Strahl auf Gregor, der entsetzt zur Seite sprang. Käthchen schrie kaut auf und umfing mit beiden Armen die hinsinkende Mutter. Mit dein Aufgebot ihrer ganzen Kraft trug sie dieselbe nach der Kammer, und zwei Dämonen gleich standen Gregor und Kühnappel La; in scheuer Ent fernung hielten sie sich von der erschütternden Katastrophe und wagten es nicht, die unglückliche Frau, deren Herz sie gebrochen, zu berühren.