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Beilage zu Nr. 183 der ..Süchfischen Volkszeiturig" vom 8. Mai 1VVS. ti«ksi-t »iitunr zs 17 2475 ii. In .-eisen. >»u-- m»kv. e. 4 38l« hrgut nehm. htnur izhul, !äbten S.50. osten-- liachn. te das ;cben. n. g»«g 4054 Verlangen Sie die kostenlose Zusendung von Probenummern der „Sächsischen Volkszeitung". Aus Stadt »ud Land. —* Man schreibt uns: In der „Egertaler Zeitung" vom 22. April wird unter „Flugblätter" folgendes berichtet: „In neuester Zeit werden in Graslitz Los von Rom-Flug blätter verteilt, in denen der alte Kvbl, den niemand mehr verdaut, den Graslitzern vorgesetzt wird." Schreiber «dieses bat ein solckzes Eremplar mit noch anderen vor sich liegen, mit der Ueberschrift: „Aufklärung vor!" Darin wird über sieben Punkte, wie es scheint, Aufklärung verlangt. Das Ganze umfaßt vier Seiten. Der Druck ist okme Namen des Verfassers berausgegeben in Carl Brauns Verlag, Leipzig. Druck von Lippert u. Ko., Naumburg a. d. S., wo auch die „Mitteilungen des Sächsischen Landesvereins des Evan gelischen Bundes" erscheinen, in welchen Hans Müller, Diakonus an der Moritrkirche in Zwickau, um Beiträge und Nachrichten ersucht. Der Inhalt dieses ..namenlosen Be weises" zeigt entweder von unermeßlicher Unwissenheit oder noch größerer Bosheit und ist so interessant, daß auch die Leser der „Sächs. Volksztg." Um wissen dürfen, damit sie verstehn, warum in Graslitz für zirka 120 cvang. Christen ein eigener Vikar mit ständigem Sitz in Graslik nötig ist, während in Meerane für 2.00 Katholiken noch kein Gottes dienst erforderlich ist. weil — nun weil dadurch der kon fessionelle Friede gestört würde. In der direkten Aufforde rung zum Uebertritt der Katholiken niit Familie und dem Ausführlichen Formular zum Ausfüllen für den Abfall, was in dem Flugblatt enthalten ist, erblickt man. keine Störung des konfessionellen Friedens, auch wenn es den Katholiken ins Haus getragen wird. Nun worüber will denn der namenlose Los von Nom-Jünger aufgeklärt sein? 1. daß die Unfehlbarkeit des Papstes erst im Jabre 1870 als Glaubenssah von der katholischen Kirche aufgestellt wurde: 2. daß der Glaubenssatz der unbefleckten Empfäng nis erst im Jahre 1854 verkündet wurde. Als ob damit ge sagt wäre, daß diese Glaubenswahrheiten neu oder vorher nicht geglaubt worden wären, sogar von Dr. M. LutlierN Weiteres will der Herr Aufklärung, daß die Ohrenbeichte eine Einführung des 13. Jahrhunderts (1215): die Fir mung eine solche des 12. Jahrh., das Fegefeuer eine Entdeckung des 0. Jahrh. sei. Ja, woher weiß denn der namenlose bibelkundige Verfasser diese Angaben? Nun, er beruft sich auf Meyers Konversationslerikon! Diesem hat er auch wohl die Jahreszahlen betreff des Cölibats, Einführung des Weihwassers (120), geistl. Strafen (195), der Mönche, lateinischen Messe (394), letzten Oelung (540) usw. entnommen, wodurch doch nur bewiesen wird, daß solche Sachen von Anfantz an in der Kirche auch zu den Zeiten der Apostel schon bekannt und im Gebrauch waren. Wenn dann am Schluffe noch aufgefordert wird, in die evangelischen Kircl)en zu gehen, um dort durch innige, Herz und Gemüt erhebende, auf Wahrhaftigkeit, Gewissensfreiheit und tvahres Christentum — st In Fischer und Meyer — ge gründete, einfache, schlichte Handlung neu belebt und ge- kräftigt zu werden, so mutet das ganz eigentümlich an bei den ununterbrochenen Klagen über die leeren Kirchen am Sonntag. Besonders wenn man den Bericht des „Vor- wärts" über Kirchenbesuch in Berlin dazu vergleicht. Ver gleicht man aber gar dazu die äußeren Zeichen des inneren Christentums, dann muß man über all die Mühe staunen, die man sich gibt, Katholiken zum „ivahren Christentum" führen zu wollen. Noch vor einigen Lagen erzählte der Schreiber dieses, ein „gut religiöser, evangelischer Christ", er bekannte sich selbst als solcher, daß er in seinem Leben nur einmal zum Abendmahl gewesen sei. Bei seiner Trau ung habe er sich vom Herrn Pastor davon dispensieren lassen. — Interessant ist noch) der Titel eines anderen Flug blattes: „Wodan oder Christus?" Ein Holmgang. „Ein Schild- und Schwertschlag an deutsche Herzen und Ge wissen." In diesem wird die altgermanische Mythologie „Odins Weiden. Odins Wirken und Wesen. Ostu,<-- W>">" auf 10 Seiten uns auseiuandergesetzt und dann am Schluffe wird „deutsches Volk" und „deutsches Herz" ausgefordert, sich hin zum Evangelium zu tuenden. Auch diese Weisheit ist „n a m e ii l o s" herausgegeben in oben genanntem Ver lag und Buchhandlung. —* „Die Sozialdemokratie macht sich nie lächerlich." AiU dem sächsischen Parteitag zu Leipzig hat Herr Abgeordneter Psgiiukuch das große Wort g lassen ausgesprochen, daß die Sozialdemokratie sich niemals lächerlich macht, daß sie sich stets auf der Höbe befindet und im rechten Augenblick immer das Rechte zu Iren n weiß. Herr Wilhelm Pfannkuch. Tischler und Redakicnr, ist kein Jüngling mehr, 04 Lenze zogen über sein Haupt dahin. Aber es scheint, als habe er. ein moderner Bar barossa. wenn auch nicht im Kyffhäuser, so doch im Krrnz- berge den größten Teil der Zeit verschlafen. Har ,r nie davon gehört, wie seine eigenen Freunde mit all den großen Schlagworten und Phrasen aufräumen mußten, die vom ehernen Lohngesetz erzählten, die de» großen Kladderadatsch Oir bestimmte Termine ankündigtei', die unö den Ziikiinstsstaat schilderten, in dem eite! Milch und Honig fließt? Hat er nie von deni Dresdner Parleiiag. von seinen Vorgängern nnd Nachfolgern vernommen und von all den Schmähungen, in denen sich die herzliche Zu neigung und die innige Nächstenliebe der Genessen offen barten? Hat er nie die Mehriugiadeu studieit, diesen Hochgesang der Toleranz? Und hat es daun nie um seine Mundwinkel gezuckt, bis dem Gehege seiner Zähue der Ausruf entsprang: „Die Sozialdemokratie macht sich » och immer lächerlich, sie ist nie auf der Höhe und tiissl auch nie das Nichiige?" Der Bericht verzeichnet nach den Worten des Herrn Pfaunkrich „Heiterkeit". Es dürfte ein Augurenlächeln gewesen sein, das über die Gesichter der Genossen dahinstrich, als sie das Ungeahnte vernahmen, daß die Sozialdemokratie sich noch niemals lächerlich machte. Sie fühlen mit sicherem Instinkt: Wäre dies vor her noch nicht der Fall gewesen, so hätte es Herr Pfaun- kuch erreicht. —* Dem Tätigkeitsbericht der Inneren Mission im Königreich Sachsen im Jahre 1904 ist eine erheblich geringere Einnahme zu entnehmen. Die Schenkungen und Vermächtnisse betrugen nämlich nur 2200 Mark gegen 04 752 Mark im Vorjahre. Auch sind die Mitglicderbei- träge, die Sammlungen und Gaben usw. geringer ge wesen als im Vorjahre. Ter Hanptadichlnß der Jahres rechnung des Landesvereins ergibt bei 37541 Mark Oil Pfennig Einnahmen und 29382 Mark i> Pfenning Ausgaben einen Barbestand von 8159 Mark 00 Pfennig, sowie außerdem einen Bestand au Wertpapieren von 140 300 Mark l l Pfennig, mithin einen Vermögensve- stand von 154 459 Mark 71 Pfennig. —* Mit der Etuführuug des Sommersahrplaues ist im Verkehre zwischen Berlin und Dresden eine wichtige Aeuderiuig dadurch eiiigetreteu. daß bei mehreren Schuell- uud Persoueuzügeu ein Wechsel der Ziiglokomotiveu in den preußisch-sächsischen Grenzstationen Rödeicu und Elster- werda nicht mehr erfolgt, die Züge vielmehr auf der ganzen Strecke nur von ein und derselben preußischen oder sächsischen Lokomotive befördeit weiden. Bei den Berlin— Dresden—Karlsbader D-Zügen läuft sogar die Lokomotive ohne Wechsel von Berlin bis Bodeubach und zuiück. Auch bei den Dresden—Breslauer Schnellzügen sind die be teiligten Eiseubahnverwallungcu, um eine bessere Aus nutzung der Lokomotiven herbeizusühreii, aus einen Durch lauf derselben zwischen Dresden und Kohisnrt ziigekommeu. Ein gemeinschaslucher Lolomotivei diinß besicti ferner »ruf den Strecken Görlitz—Ziitau und ans der Leipziger Ver bindungsbahn. Klotzsche. Tie diesjährige Badesaisen im König Friedrich August Bad beginnt am 15. Mai. Sebuitz. Eine Versammlung van Interessenten für Errichtung eines Elbhatens aus Wendischtähre hatic liier eine Besprechung mit dem Landtagsabgeardneteu Dr. Spieß-Pirua und beauftragte ein Komitee mit der Wetter führung dieser Angelegenheit. Leipzig. Die Firma Gcbr. Augustin. Landesprodukten- EngroS Geschäft in Leipzig, beging henke ilir vierzigjähriges Geschäftsjnhiläinii. — In dem Konknrsvei fuhren über das Vermögen der Brauerei Graß Erosliy. Aktiengesellschaft in Leipzig, ist auf den 25. Mai eine Gläubigerversauiuiliiug «unberufen worden, in der n. a. über Kaufs inid Vergleichs- angebote, die von der KonknrsverivaUnng gemacht worden sind, Beschluß gefaßt werden soll. Leipzig. Die Schillerscier, die am 7. Mai in L. Gohlis auf dem Spielplatz am Kaiserpark stallündet. ist eine all gemeine. au der sich jedermann beteiligen kann. Im Kniserpnrk wird eine Schillerlinde gepflanzt und zur bleiben den Erinnerung a» Schillers Aufenthalt in Gohlis im — — Ueberlegnng dnrchgekämpft. Erst stellte er sich vor, daß die Sinnigen sowie er selbst nichts von dem Vorleben Lisbeths gewußt hatten und sie deshalb nicht richtig beurteilen konnten. Selbstverständlich billigte er das Tun seiner Mutter und Schwestern nicht, aber weil er Lidwiuas Beweggründe und Machinationen nicht kannte, sah er es in milderem Lichte an und beschloß, vor läufig nichts von dem merken zu lassen, was in ihm vorging, und seine Nach forschungen nach Lisbeth ohne Wissen seiner Familie zu veranstalten. 13. Kapitel. Der Brief. Als sich Lisbeth nach ihrer Entlassung aus der Familie des Präsidenten zu Frau Banner begab, fand sie dort die freundlichste Ausnahme. Die gute Frau war glücklich, ihr vielleicht in irgend etwas dienen zu können. Lisbeth hatte das gute Verhältnis, welches zwischen ihnen bestanden hatte, nicht abgebrochen: sie hatte ini Gegenteil mit dankbarem Gemüte sich Mühe gegeben, die Wäscherin durch allerlei kleiine Aufmerksamkeiten zu er freuen und diese wußte es zu schätzen, da Fräulein Ulmeiiau trotz ihrer ver änderten Stellung — der Wäscherin dünkte dieselbe sehr vornehm — durch aus nicht hochmütig geworden war. Lisbeth überging vor ihr die Art und Weise ihrer Entlassung: sie gab ihr nur die Absicht zu erkennen, wieder ein Stübckxm für sich zu mieten und wie früher zu arbeiten. Frau Banner widersprach nicht, obgleich sie eine Stellung in einer Familie als viel vorteilhafter ansah. Im Hause selbst gab es keine freie Stube. Lisbeth wollte in eiin Gast haus: Frau Banner nxir aber untröstlich, sie sollte wenigstens für eine Nacht bei ihr bleiben. Lisbetb konnte die Einladung nicht abschlagen. ohne die brave Frau zu verletzen. Am folgenden Morgen ging die Wäsclieriii schon zeitig aus. um Wäsche fortzutragen. Als sie zurückkam. schien sie beiter gestimmt: sie hatte offenbar etlvas auf dem Herzen und wußte nicht, wie sie damit Herausrücken sollte. Endlich aber begann die Wäscherin mit einiger Verlegenheit: „Ich hätte eine reckst große Bitte: Sie dürfen es mir aber nicht übel nebmen. Es kommt mir so vor, als tuen» Sie der liebe Gott ganz eigens zu mir geschickt hätte, damit Sie Mutterstelle bei Waisen einnehmeu könnten." Lisbeth horchte auf: „Wie soll ick' das verstehen?" „Sehen Sic. ick, lvasche schon lange Jahre für einen Kanzleirat, noch wie er ein junger Schreiber Nxir. und als er später heiratete, entzog er mir die Arbeit nicht ganz, nx>il er meinte, daß ihm niemand seine Wäsche so schön weiß und steif Herrichten könne, wie ich. Sein armes Frauchen »var wohl auch bald zu schtuach. um sich noch diel damit abgeben zu können. Sie blühte ztvar nne eine Rose, aber es war Täuschung, es tvaren Kirchhofsrosen: die Anne hatte die Schwindsucht. Nachdem sie ihrem Manne zwei niedliche Kinder ge schenkt lmtte, brach sie vollends zusammen. Der kleine Josef war erst zwei Monate alt. da begrub man seine Mutter. Es war ein rechter Jammer. Glücklickerweise hatte der Kanzleirat eine Schwester, die zw ihm kam, seine Wirtschaft führte und die Kinder Pflegte. So gings ganz gut. Da lernte sie eine» Lehrer keimen, jünger als sie, der ihr de» Hof machte. Nun gab's kein .Halten mehr. Nach einer kurzen Brantschaft heiratete sie den jungen Mann und der arme Bruder stand wieder allein, ans fremde Leute angewiesen. — 85» — Im ticssten Innern seines Herzens 'lebte noch eine schwache Hassiiunci. an welche er sich mit Zähigkeit aiiklammerte. Es war ihm beinahe unerträglich gewesen, ohne alle Nachricht von ihr bleiben zu müssen. Er glaubte sie im Hanse seiner Eltern, wagte aber nickst, ihrer in seinen Briefen zu erwähnen. Eltern und Schwestern empfinge» ihn bei seiner Heimkehr mit ge malmter Herzlichkeit. Er mußte sich Gewalt antiin, um die Begrüßungen in derselben Weise zu erwidern, da ihn brennende Ungeduld verzehrte, Lisbeth wiederzusebeii. Ter Tag. der Abend verging, sie erschien nicht. Wo war sie? War sie trank? Länger konnte er sich nicht mehr beherrsche». Mit anscheinend gleich gültiger Miene wandte er sich an Frieda: ..Nun, Schwesterchen, wo hast du denn deine Gcsniigslehrerin? Deine Liebe hat wobt das Interesse für alles andere, selbst für die Musik, vor schlniigeii?" Lidwina saß wie ans Kohlen. Friedas Antwort siel jedoch zu ihrer Be sriedigiing aus. Ohne Bitterkeit ii» Tone, was dem argwöhnischen Manfred Veranlassung zum Mißtrauen hätte bieten können, rief sie aus: „Denke dir, Manfred, Fräulein Lisbeth »var nndaiikhar genug, unser Hans ohne Grund plötzlich zu verlassen: ja, nickst einmal von mir, die ich sie dock, so sehr geliebt habe, bat sie Abschied genommen. Ich weiß nicht, wo sie sein mag: vielleicht ist sie schon verheiratet. Sie batte ja, denke ich, einen Bräutigam." Sie sprach ettixis als ihren Gedanken ans. was ilir Lidwina geschickt beigebrackst hatte. Erschrocken schaute Manfred nach seiner Mutter hin. Er konnte nur die Worte bervorpressen: „Ist dem wirklich so?" „Leider ja, lieber Sohn! Aber sprechen wir nickst mehr von dieser nn dankbaren, zweideutigen Person!" Manfred hörte nur wie im Traume, was noch um Um herum gesprochen wurde: er selbst blieb gänzlich einsilbig und zog sich frühzeitig zurück: er fühlte es wie Blei in den Gliedern und heftige Kopfschmerzen beraubten Um fast de- Tenkvermögeiis. Am folgenden Tage kam er nickst herunter und sein Diener meldete dem erschrockenen Präsidenten, daß er sehr fürchtete, daß der junge Herr ernstlich krank sei. Manfred strüubte sich gegen die Annahme eines Arztes: al>er bald konnte er keine Einwendungen mehr machen: er lag bewiißtlos im heftigsten Nervenfieber. Die Bestürzung und Angst der Familie war groß: die be rühmtesten Aerzte wurden zu Rate gezogen. Wolst regte sich in dem schuldige» Herzen Lidwiuas, welck'e klar den Secleiiznstaiid des Bruders erkannt und be wußt und i'iberlegt alle Schritte getan batte, um Lisbetb von ihm zu ent sernair, manchmal die Stimme des Gewissens, wenn sie ihren Bruder, den so starken, kräftigen Mann, jetzt hilflos wi eein Kind, stöhnend auf dem Lager sab in seinen wilden Fieberphantasicn den Namen Lisbeth zu verfiel»'» glaubte. Sie erstickte aber jede Rene in ihrem Herzen, indem sic sich selbst von der Schuld Lisbeths zu überreden suchte, die, von verdächtiger .Herkunft, durch die Künste gemeiner Koketterie zwei Herzen zu gleicher Zeit umstrickt l>attr. Schon war die Iabreszeit vorgerückt: der schöne Monat Mai nabte dem 28 Filcnmasn.'