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Sächsische Volkszeitung : 12.09.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-09-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192209128
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19220912
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19220912
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-09
- Tag 1922-09-12
-
Monat
1922-09
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 12.09.1922
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Dienstag den 12. Septeuiber 1Ü22 f- kichkeit mit diesem ..Burgfrieden", wenn um» ihn so nennen darf, aus? Von seiten der Demokraten muß festgestellt werden, daß sie im großen und ganzen in ihren Aeußerungen, sei es in der Presse oder in den Neben, abgesehen von einigen Entgleisungen, sich großer Zurückhaltung befleißigen. Anders steht es i» der sozialistischen Presse. Sie kann es in ihrer Gesamtheit, der .Vorwärts" nicht ausgeschlossen, nicht unterlassen, gegen die christliche Religion in offenem und verstecktem Hohn sich zu äußern und besonders katholische religiöse Gebräuche und Litten »ns Lächerliche zu ziehen. Das ist um so merkwürdiger, da ge rade die Sozialdemokratie den Grundsatz verkündet: .Religion ist Privatsache". Durch das Benehmen der sozialistischen Presse wird also nicht mir ein großer Teil der Bevölkenung Deutschlands in seinen religiösen Gefühlen beleidigt, sondern sie verstößt da durch gegen ihre eigenen Parteigrundsätze. Durch solche Machen schaften wird das Gefühl der Volksgemeinschaft, zu der ja auch die Sozialdemokratie bis in die Reihen der Unabhängigen hinein, hinarbeitet, wahrlich nicht gefördert werden. Ihr merkwürdiges Verhalten ist daher nicht nur eine unnütze Reizung der Anhän ger der Zcntrumspartei, sondern es schädigt auch die Einheit des deutschen Volkes und damit der Festigkeit der Republik. Es ruft in de» Reihe» der Anhänger der ZentruniSpartei eine Mißstim mung gegen die Mitarbeit mit der Sozialdemokratie hervor, eine Tatsache, die doch genügen sollte, um die sozialistische Presse, die dock) in vielen anderen Punkten ein« kluge staatspolitische Mäßi gung eingenommen -at, zu warnen und von ihrem Treiben abzulassen, wen» es ihr ernst ist um die Volksgemeinschaft uns um die deutsche Republik. Nr. 211, Seite 2 Deutsches Reich Für Oberfchlesien Berlin, 11. September. Zugunsten des deutschgeblicbeue» oberschlesiens hat der Oberschlcsische Hilfsbund unter dem Pro tektorat des Reichspräsidenten am gestrigen Sonntag in der Staatsoper zu einer Feier geladen, an der Vertreter aller Reick-S und Staatsbehörden und der Parlamente tciluahmen. Der Reichs präsident war mit den Mitgliedern des Kabinetts, der preußische Ministerpräsident Braun mit den Führern der Staatsregierung erschienen. Nach den musikalische» Darbietungen ergriff der Reichs präsident das Wort: Wir wollen Oberschlesiens gedenken, des Landes, das als Wahrzeichen deutscher Kultur und deutschen Geistes, fest eingefügt in das politische und staatliche Leben des Reiches, gebend und nehmend, wachsend und blühend aus tausend Wunden blutend, von Aufständischen und Einzelnen heimgesucht treu zu Deutschland hielt und das uns trotzdem durch fremden Machtspruch entrissen ist. Wertvollste Teile dieses Landes mußten wir hingeben und sehe», wie neue Grenzen durch dieses unteilbare ) Gebiet gezogen worden sind. Ein unteilbares Ganzes, wert vollster Besitz ist uns genommen worden. Die übergroße Mehr heit der Bevölkerung hat trotz aller Drohungen seinerzeit sich für ein Verbleiben beim Mutterlande ausgesprochen. Ohne Recht und Vernunft, gegen den Willen der Bevölkerung fiel die Ent scheidung, die Oberschlesien zerriß. Darum müssen wir jetzt alles tun, um den deutschen Brüdern jenseits der Grenze das Leben zu erleichtern. Es ist unsere Pflicht,rechtlicheGrund- lagen zu schaffen zur Erhaltung deutscher Sprache und deutscher Kultur in den nun abgetretenen Gebieten. Wir haben gegen die Vergewaltigung, die uns geschah, vor der ganzen Welt Verwah- rung eingelegt. Diese Verwahrung wird in der deutschen Geschichte weitcrleben. Die Bergwerke und Fabriken Ober- schlesienS, die einer fleißigen Bevölkerung Lohn gaben, zeugen von deutscher Schaffenskraft. Diesen: Lande geben wir heute die Versicherung: wir werden sie nie vergessen. Aber wir wollen vorwärts schauen mit aller Kraft. Oberschlesien, das für uns soviel gelitten hat, darf unsere ganze Fürsorge erwarten, lind wir wollen ihm dankbar sein für das Vertrauen, das es rnS durch die Abstimmung am 3. September bewiesen hgt. Nach >em Reichspräsidenten erhob sich Ministerpräsident Braun: Nächst der unglücklichen Rhcinprovinz hat Oberschlesicn am meisten gelittm. Unter dem Drucke der fremden Besatzung und der ,-mischen Jnsnrgcntenbanden hat Oberfchlesien Unsagbares ge litten. Trotz aller Drohungen hat es sich für Deutschland ent schieden. Gleichwohl ist Oberschlesien durch das Diktat von Genf brutal zerrissen und zerstückelt worden. Die Deutschoberschlesier sind jetzt vor die schwerwiegende Entscheidung gestellt gewesen, ob sie als selbständiger Staat von fremden Einflüsse:: umgeben in die Gefahr geraten wollen, dem Reiche zu entfremden. Der gesunde Sinn der Oberschlesier und ihre Treue zu Preußen haben gesiegt. In: Namen der preußischen StaatSregterung und der andern Länder spreche ich Obcrschleiien de» Dank ans. Ans der verflossenen Zeit sind schwere Schäden zn heilen. Der Oberschlesische Hilfsbund hat eine ungeheure Aufgabe zn lösen. Bei Erfüllung dieser echt vaterländischer Auf gabe wird ihm die preußisch: Staatsregicrnng weitgehendste Unter stützung zuteil werden lassen. Ich kann heute zu meiner Freude Mitteilen, daß der Antrag des Bundes zur Genehmigung einer Lotterie für Oberschlesien bewilligt worden ist. (Beifall). Die Abstimmung in Oberschlesien !at eine weit über die Grenzen des Landes hinausgehende Bedeutung, weil sie eine Absage ist an jene Bestrebungen, die die deutsche Einheit ^:rch Zer stückelung Preußens vernichten wollen. Oberschlesiens Aostimmnng hat gezeigt, daß diese- Land in: Rahmen des neuen demokratischen Preußen sich am rechten Platz suhlt. Wie Oberfchlesien zu Preußen, gehört Preußen »um Reich. Preußisch sein, heißt deutsch sein. Oberschlesiens Abstimmung an: 3. September ist ein Bekenntnis zum Reich, zu Preußen. Darum wollen wir Oberschlesien zu- rufen: Hie gut preußisch allewege. Nach der Eroiea von Beethoven, nach deren zweitem Satz sich die Anwesenden zu Ehren der für Oberfchlesien gefallenen deutschen Helden erhoben hatten, schloß diese würdige Feier ab. Die Plünderungen in Kattowitz Kattowitz, 11. September. Erst in den gestrigen Morgen stunden ließ sich der ungeheure Schaden übersehen, der durch die Krawalle am Sonnabend angcrichtet worden war. Es sind un- gefähr 26 Geschäfte ausgeplündert worden, von denen nicht weni. ger als 22 in der Hauptstraße von Kattowitz gelegen sind. Mit Tagesgrauen nahm die Polizei, unterstützt von Mlitärabteilun- gen, ihre Arbeit auf, nachdem es schon in der Nacht gelungen war, Massenverhaftungen vorzunehmen. Eine ganze Reihe von raub lustigen Gesellen war bekannt geworden. Bei diesen erschien die Polizei und nahm, während das Militär umfangreiche Absper rungen vornahm, Haussuchungen vor, die zum großen Teil gro ßen Erfolg hatten. Ganze Wagenladungen von Lebensmitteln wurden wieder ermittelt, aufgeladen und zur Polizei gebracht. In kaufmännischen Kreisen schätzt man den angerichtetcn Schaden auf über 120 Millionen deutscher Mark. Die deutsche Nationalhymne im Rheinland verboten Paris, 11. Sept. Wie der »Matin" meldet, hat die Inter- alliierte Rheinlandkommissiou auf die amtliche Mitteilung des deutschen Reichskommissars für die besetzten Gebiete, daß das Lied „Deutschland, Deutschland über alles" jetzt die deutsche Na tionalhymne sei, einstimmig die Antwort erteilt, daß sie ihr Verbot gegen dieses Lied im besetzten Gebiet nicht zurücknehmen werde. Aus dem Ausland Smyrna in den Händen der Türken Paris, 11. Sept. Ein im französischen Marineministerium eingclausenes Telegramm aus Smyrna besagt, daß zwei türkische Kavalleriedivisionen in die Stadt eingezogen sind. Der unter dem Obersten Zekhi Bei erfolgte Einzug habe sich in voller Ordnung und unter dem größten Entgegenkommen der türkischen Trup- pen vollzogen. Ein weiteres Telegramm aus Ndana teilt über die Einzelheiten noch folgendes mit: Die türkische Kavallerie hatte die Bannmeile von Smyrna bereits am Morgen des 0. September erreicht und wartete zwei Stunden auf die Ankunft von Verstärkungen, während türkische Flugzeuge über der Stadt flogen und Aufrufe abwarfen, in denen die Bevölkerung aufge. fordert wurde, die Ruhe zu bewahren und sich der türkischen Sache anzunekHjlcn. Sobald diese Proklamationen in der Stadt verbreitet wuroen, ist eine große Anzahl von Türken den tür kischen Trrchpen entgegcngeeilt. Französische Kriegsschiffe nach dem Orient Paris, 11. September. Von verschiedenen Seiten einlau fende Gerüchte besagen, daß englische Truppen an der Küste des Marmaramecres gelandet seien. Dem „Petit Parisien" wird ge meldet, die gr:ech:schen Behörden im Küstenbezirke Gigha hatten die Gege:ü> verlassen und seien durch englische Kontinente er seht worden. Sollte sich diese Nachricht bestätigen, so sei der „Petit Parisien" zu der Erklärung ermächtigt, daß die fraipjmi sche Negierung nicht zögern würde, auch ihrerseits Truppen in diese Gegend zu entsenden. In Arugora soll die Meldung von der englischen Truppenlandung großes Erstaunen hervorgerufen haben, doch nimmt man in dortigen maßgebenden Kreisen an, daß diese Landung nur provisorisch fei. Wie Havas aus Toulon meldet, haben die beiden Kriegsschiffe „Metz" und „Straßbuvg" Befehl erhalten, sofort die nötigen Lebensmittel für eine längere Reise an Bord zu nehmen. Es ist möglich, daß diese beiden Schiffe nach den: Orient geschickt werden. Poineare redet weiter Paris, 11. September. Bei der achten Gede.ikseier der ersten Marneschlacht hat Poincarö gestern in Meaux eine Rede gehalten, in der er erklärte, Deutschland habe ein Moratorium verlangt, das die ReparationskomMission nicht geben konnte. Im Augenblick aber sei die französische Regierung der Meinung, daß es Belgiens Sache sei, sich jetzt mit Deutschland hierüber zu ver ständigen. Er hoffe, daß man die Neparationsfrage Ende des Jahres in ihrer Gesamtheit behandeln könne. Dann werde man sie auch mit einer allgemeinen Regelung der interalliierten Schulden zusammen erörtern. Frankreich, so fuhr Poincarö fort, wird an dieses Studium mit dem lebhaften Wunsche heran treten, das Schwere, das auf Europa lastet, zu zerstreuen. Wir halten es jedoch für notwendig, zu betonen, daß Frankreich nach wie vor darauf besteht, seine Forderungen an Deutschland zu verwirklichen. Es sei nötig, daß Deutschland, gutwill'g oder ge. zwungen, seine Verpflichtungen erfülle. Frankreich sei ebe:sa bestrebt, wie die übrigen Staaten, die europäische Solidarität aufrechizuerhalten. Wenn aber diese Solidarität die Aufhebung des Heiles Frankreichs bedeute, dann müsse sich Frankreich selbe« helfen. Pius XI und die Exerzitien In einem apostolischen Schreiben vom 25. Juli d. I. empfiehlt der Heilige Vater nachdrücklich die Exerzitien des hl. JgnatiuS und gibt seinem Wunsche nach immer weiterer Ver breitung des Exerzitiengedankens lebhaften Ausdruck. „Stets war eS eine Herzensangelegenheit der Päpste", so führt der Heilige Vater aus, „alles was zn einen: frommen und vollkommenen christlichen Leben beitragen kann, angelegent lich zu empfehlen und nachdrücklich zu fördern. Unter dielen Hilfs mitteln beanspruchen die geistlichen Exerzitien, die der hl. Igna tius wie auf göttliche Eingebung hin in der Kirche einfuhrte, einen hervorragenden Platz". Es habe zwar nie an hl. Männern und Frauen ge'ehlt, die es verstanden, die religiösen Wahrheiten in geeigneter Weise zur Beherzigung den Gläubigen vorzulegen. „Doch Ignatius war der erste, der eine besondere Art und Weise, Einkehr zu halten, lehrte. Das tat er in seinen „Geistlichen Hebungen", einem Büchlein, das er noch vor Beginn seiner wissenschaftlichen Ausbildung verfaßte". Ter Beweis für die Vortresflichkeit der Jgnatianischen Methode sei erbracht durch die Erfahrung von nunmehr drei Jahrhunderten und das beredte Zeugnis so vieler durch Heilig keit und wissenschaftliche Kenntnis der Aszese ausgezeichneter Männer. Ans der großen Schar der Heiligen, deren Denken und Streben aus den Exerzitien Antrieb und Schwung erhielt, hebt der Heilige Vater den hl. Franz von Sales, den hl. Karl Borromäus, die hl. Theresia und den hl. Leonhard a Porto Mauritio hervor. „Dieses kleine, unscheinbare, aber doch so bewunderungs würdige Büchlein haben die Päpste nicht nur gleich bei seinem ersten Erscheinen bestätigt, seine Vorzüge hervorgehobcn, durch die Vollmacht ihres apostolischen Amtes geschützt und bekräftigt, nein, sie haben auch immer wieder die Tcilnabme an den Exerzitien empfohlen. Deshalb gewährten sie reichlich Ablässe und spendeten oft Worte hohen Lobes." „Nach unserer Ueberzeugung haben die Zelt übel hauptsächlich darin ihren Grund, daß so wenige innere Einkehr halten". Andererseits tragen, wie die Erfahrung lehrt, die Exerzitien nach Anleitung des hl. JgnatiuS viel zur Beseitigung der übergroßen Schäden bei, unter denen die heutige Gesellschaft überall leidet. Dazu kommt die Tatsache, daß wie einst so auch heute noch eine Saat Herr- licher Tugenden in heiliger Zurückgezogenheit lieranreife, in Ordensfamilien, bei Weltpriestern, unter Laien und, was zumal in unseren Zeiten besondere Erwähnung verdient, gerade in Arbeiterkreisen. „Daher wünschen wir dringend, daß diese Exerzitien immer weitere Verbreitung finden, daß Exerzitien- häuser, in die man sich für einem vollen Monat oder für 8 Tage oder wenn das nicht möglich ist, wenigstens für ein paar Tage wie in eine Schule vollkommeneren, christlichen Lebens znrückziehen kann, immer zahlreicher erstehen, immer mächtiger erblühen". Der Heilige Vater will den Bitten der Bischöfe fast der ganzen katholischen Welt beider Riten entgegenkoimnen und seiner eigenen Dankbarkeit gegen den hl. Ordenssti'tcr Ausdruck ver leihen, indem er den hl. Ignatius — im Jahre der Dreisahr- hundertfcier seiner Heiligsprechung — zum himmlischen Patron der Exerzitien, Institute, Sodalitäten und Einrichtungen jeder Art feierlich erhebt, die sich die Förderung des Exerzilienge- danlens zur Aufgabe gemacht habe:» Literatur „Das christliche Denken rmd das deutsche We en" ist dcr T tel einer neuen Schrift de« Ne chSo rbandcS der deutchen Wiiidtborstbu:^ die der jetzige GeneralKkcetär der deutschen Zen- trumspcutei Dr. Vockel für die deutsche Jugend g,schrieb n hat. ES war ei» glücklicher Gedanke, gerade in der Zeit, wo von deutsch» völkischer Etile ans ein heidnische« Deulichtnm gepiedigt wsid, e« der Zeninimrsügend einmal in grundsätzlicher Weiie darruleaei:, daß wahres Deutschtum unzertlennbar mit der christlichen Weltan'chaiinng verbunden lein muß. Bon der christlichen Weltanschauung ans uhend, daß das Ctzristcn'um eine gcsellschaftSgestaltende Mach: ist. kommt der Verfasser zu der log ichen Folgerung, daß bei dcr politischen Zielsetzung diele gesellschaftrb'ldcnde Macht sich ausivirnen muß. Wohltuend wirkt es auch daß in dicker klein-n Schrill, de, u Preis 4 Mark beträgt und durch das Gcncralsckretariat der Teulichen Zcntrumspartei in Berlin zu beziehen ist. den deulschen Gemelnichcsits» geist betont und dabei das Verstehe» und Velstehrmvoll-n der an-cre» als eine Grundbedingung dafür oorauisctzl. Die Katholiken Ungarns und die Politik Aus Budapest wird uns geschrieben: lim die Stellungnahme der Katholiken Ungarns im heuti gen politischen Leben zu verstehen, müssen wir einen kurzen Rückblick auf die Geschichte werfen. Nach der unglücklichen Schlacht bei No-Naco im Jahre 1626, in der sieben Bischöfe und 500 Magnaten gefallen sind, brachen für die Katholiken Ungarns traurige Zeiten an. Seiner Führer und Ratgeber beraubt, kannte sich das katholische Volk in den wirren Zeiten dcr Reformation nicht aus, was zur Folge hatte, daß der Protestantismus und Kalvinismus in kurzer Zeit große Eroberungen machte. Anfang dcö 17. Jahrhunderts setzte aber die Gegenreformation ein, die den Protestantismus in ihr«:: Vordringen aufhielt und unter Ferdinand II. mit Kardinal Paz- «anh a» der Spitze derart zurückdrängte, daß die Machtstellung urd das Vorrecht dcr Katholiken wieder gesichert wurde. Da die Protestanten und Kalvincr sich nicht fügen wollten, griffen sie wiederholt zur Waffe; und da sic das Konfessionelle mit dem Na tionalen sehr geschickt zu verquicken verstanden, wurden sie bis in die letzten Zeiten als die Vorkämpfer und Hüter der natio nalen Sache in: Kampfe gegen eine fremde Dynastie hnHestellt. Seit den 48cr Jahren des vergangenen Jahrhunderts ist ck dieser Bestehung eine Aenderung ivahrzunehmen. Die libe ralen Idee» kamen auch in Ungarn zum Durchbruch: und wurden zur GrnnNage des politische:: Glaubensbekenntnisses gemacht. In die Zukunft blickende Geister haben die Gefahr dieser Ideen sofort erkannt und Anstalten zur Gründung einer anSge- stwochen katholischen Partei getroffen. An der Spitze dieser Be wegung stand Gras Albert Apponhi — kau»: 24 Jahre alt — mit seinem Vater' als die Bewegung aber ein Fiasko erlitt, begnügte may sickpdaniit, daß in die liberale Regierungspartei.auch einige glaubenLstrcnc und zuverlässige Katholiken eingcschobcn wurden. Mit einem politische:: Schach,zng lan: nach dem Ableben Kranz BeahS der Kalvincr Koloman TiSza an die Spitze der Negierung. In der Geschichte Ungarns trat eine Wendung ein. Während früher die katholischen Magnaten die „Aulitzer" und »Hoflente" waren, wurden es nun die Kalvincr und Protestan ten. Das Bild zeigte das Gegenteil vom 17. und 18. Jahrhun dert, den» jetzt kamen in nationalen Fragen die katholischen Po litiker mit dem Hofe in Gegensatz. Die Dynastie hat vielleicht darauf gerechnet, daß die Katholiken schon ihrer Religion halber ihr Halle» werden, während die Kalvincr, die auch gewonnen svcrden müssen, nur auf diesem Wege gewonnen werden können, tisza aber, einmal am Ruder, ließ sich, wie radikal und ge- aalltätig er war. die Leitung des Landes nicht mehr streitig machen. Er arbeitete konsequent und ziclbcwußt. und besetzte die wichtigsten Posten des Landes mit Männern, die treu zu iln» hielte» und nur ausnahmsweise Katholiken waren. Wehe dem, der dagegen etwas cingcwcndet hätke, daß in Städten mit Bischofssitz der Sti.hlrichtcr prinzipiell ein Kalvincr >var. wäh rend es auch kein einziges Mal vorgekommen ist, daß in Debrecen ein Katholik einen führenden Posten eingenommen hätte. Dies System wurde vom kalvmistischen Ministerpräsident Deziderius Baussy und von Stefan Tisza bis knapp vor dem Zusammen bruche weitergefnhrt. Die eifrigsten Verteidiger und Vorkämpfer fand der Libe ralismus in den ungarischen Juden, die seit ihrer Emanzipierung im Jahre 1868 die intelligenten Berufe überschwemmten. In kurzer Zeit eroberten sie die Presse und die Literatur, und be gannen mit diesen zwei Waffen die öffentliche Meinung auf eine für den liatholizismus sehr nachteilige Weise zu beeinflussen. In den 90er Jahren war die Stimmung gegen die Katholiken schock so feindlich, daß der edle Graf Ferdinand Zichy unter dem Drucke dcr kulturkäinpserischen Erscheinungen im ungarischen Parlamente die Christliche Volkspartei gründete. Das Wort „christlich" war damals, in der Zeit größter Gleichgültigkeit, fast mit katholisch identisch; so kan: es dann, daß sich ihrer außer Baron Daas kein einziger Protestant oder Kalvincr augcschlosseu hätte. Die Partei hatte harte Stürme zn bestehen, indem sie von allen Seiten als eine ausschließlich konfessionelle Partei hin- gcstellr wurde, die nur den konfessionellen Frieden störe und die Ruhe des Landes gefährde. Obzwar cs die Partei nie über 80 Abgeordnete brachte, fiel sie dock) mit großem Gewicht in die Wagschale, was der geschickten Führung und den: sozialen Pro gramme dcr Partei znzuschrciben war. Sie konnte aber indes das Land, das der Liberalismus einem gefährlichen Abgründe znfnhrtc, auf der schiefen Ebene nicht inehr aufhalte::. Wohl hat es im letzten Jahre schon in allen Parteien Männer gegeben, die cingeschcn haben, daß der Liberalismus wegen Mangels an in neren: Halt gewissen radikalen Strömungen nicht gewachsen und von seinem eigentlichen Ziele schon weit abgcwichen sei, aber sie kannten doch nicht den Mut aufbruHen, sich der Christlichen Par. tci anzuschließen. Es kam dcr Weltkrieg, bei dessen lohenden: Feuer die Unzulänglichkeit des in sich morschen Liberalismus erst recht an den Tag trat. . . Nach dem Sturze des Bolschewismus hat Stefan Friedrich das Wort dom „christlichen Kurs" geprägt; als er dies tat. hatte er noch kein Programm. Das Land aber griff sein Wort auf, machte cs sich zum Losungswort und forderte eine entschieden christliche Politik. Die einstigen Führer der Christlichen Volks partei wurden nun auf einmal die Helden des Tages. Es gab in den Tagen des Herbstes vom Jahre 1019 keine so populären Namen wie: Karl HuSzar und Stefan Haller. Unter der Fahne dcr Christlichnationalcn Partei, die damals gegründet wurde, reichte sich die christliche Intelligenz die Hand, ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses oder der früheren politischen Partei, stellunanabme. Wohl gab eS aiuf nichtkatholischer Seite einzelne Individuen, die sich m:t dem Gedanken, daß die Politik der einzigen christ lichen Dolksparte: nun auf das Schild gehoben wurde, nicht ab- enden konnten, noch wollten; sie stellten sich in die Ecke und chmollten oder machten hie und da Aeußerungen. die den Be tend der einheitlichen christlichen Front umznstohen drohten. Auch die freimaurerisch-jüdische Presse machte Anstrengungen, un: zwischen die Katholiken und die anderen Konfessionen einen Keil zu treiben. Doch ihr Versuch versagte. Als neulich ein sozialdemokratischer Abgeordneter in der Nationalversammlung die Katholiken als Friedensstörer hinstcllen wollte, wurde er von allen christlichen Abgeordneten niedergcdonncrt. Es ist keine Uebertreiüung, wenn wir behaupten, daß die christliche Front heute und für unabsehbare Zeiten unerschütterlich besteht, trotz gewisser Gegensätze zwischen den einzelnen christlichen Parteien. Die Grundlage, auf dcr die christlichen Parteien stehen, ist eine allgemein christliche, das heißt eine Grundlage, auf der sich alle christlichen Konfessionen zusammenfinden können und sollen ohne dadurch mit dem eigenen Gewissen, noch miteinander in Konflikt zu geraten. ES ist leicht zu begreifen, daß viele Katholiken gegen ein solch „verschwommenes Christentum" Einwendungen machten, stellt doch dcr Katholizismus gegen dieses Christen!:»:: ein gewisses Plus dar. Dock) das Gebot der Stunde war dies mal stlirkcr als Theorien, denn es handelte sich ja eigentlich um die Sicherrmg einer positiv unterbauten Weltordnung gegen die Destruktion, die nicht nur den Katholizismus, sondern auch die übrigen christlichen Konfessionen bedroht. Da mit dieser Tat sache auch das nationale Moment verbunden wurde, war eine Verständigung zwischen den einzelnen Konfessionen und die Aus schaltung der einander trennenden Momente fast von selbst ge geben. Eine ausgesprochen katholische Partei zn gründen wird heute nicht empfohlen; sie würde notwendigerweise zur Sv-eltnng in: christlichen Lager führen. Daraus hätte aber der Katholizis mus den größten Nachteil. Es ist einmal Tatsache, daß nicht alle Katholiken auf den katholischen Kandidaten stimmen würden, auch würden die Inden und Freimaurer sich auch diesmal auf Seile des Gegners der Katholiken stellen; die Katholiken waren in diesem Falle dem Feinde nicht gewachsen. Bei der jetzigen Parteigruppierung sind sie in allen Parteien vertreten, sind also in der Lage, einen diel weiter gehenden Einfluß auSzunb-n und das Verhältnis zu den anderen Konfessionen so außzugcstalten, daß in der Zukunft jedem Mißverständnis vorgebeugt wird. Wohl sind Bethlar, Baufsy, Gömbos keine Katholiken, aber Ka tholiken sind Ernszt. Wolfs. HuSzar, Haller, Friedrich und viele andere führenden Männer der ungarischen Politik, die über dir katholischen Interessen wachen. EZ mag ja sein, daß in kcr Zukunst Zeiten kommen, die die Gründung einer katholischen Partei erheischen; heute aber lind diese Zeilen noch nich: da. '
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