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Str. »»v — LO. Natzrgau» Sonnabend ven 7. Oktober Ittl» »rlchkinl «äattch nachm. milAuSnahm« der Eon», und Festtage. Itadaode 1 mit ,Dtc Yeti t» Wort und «M>- dterteljShrltch 2,1« In Dresden durch Bote» 2 1« In ganz Deutschland sret HauS 2 52 tn Oesterreich 4,4» L Antgabe N ohne illustrierte Beilage dierteliührlich I.dtv a». In Dresden durch Boten 2,1« In gan» Deutschland frei Hau» 2,22 tn Oesterreich 4.07 L - rinzei-Rr. 1« 4. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserate werden die ^gespaltene Petitzeite oder der en R ru n mit 15 ts. Rcllamen mit 5tt Z die Zeile derechnet. bei Wieder doirrnge, cnllprechenden Rabatt. Bnchdruikeret. Stedaktton »nd töcschasiSfteUer TreSden, Ptlluitzer Strafte 4». - Ferrrsprccher I»«<1 JürRictgabennverlangt.echrtstftülte keine rverdindlichketl Redaktion».Sprechstunde: 11 bi» 12 Uhr Rote Volksbetrüger. Seit Erledigung der Reichsversichernngsordnnng wird von der Sozialdemokratie nial wieder das Ungeheuerlichste an Schwindel geleistet. Ans all das Zeug einzugehen, ist natürlich unmöglich. Ein Wicht und Demagoge kann ja zehnmal mehr verdrehe», als hundert anständige und flei ßige Menschen richtigstellen können. Aber dann und wann muß man den Volksbetrügern doch ans die Finger klopfen Für heute nur ein Pröbchen. Nach dem Berichte des „Vorwärts", erste Beilage zu Nr. 215 (UNI), hat der sozialdemokratische Reichstagsab geordnete Molkenbuhr in seiner Rede über die Neichsver sicherungsordnnng ans dem diesjährigen sozialdemokratii scheu Parteitage zu Jena neben anderem Unsinn sich noch folgenden Schwindel erlaubt: „Das Stillgeld sollte in Höhe des halben Kranken gelbes gewährt werden, aber Becker meinte, das sei et was viel und beantragte „bis zur Höhe" des halben Be träges, so daß man auch weniger geben kann." (Im Origi nal gesperrt.) Dies soll eine der angeblichen Verschlechterungen des Gesetzes gegenüber der Regierungsvorlage sein. In Wirk lichkeit aber hat Molkenbuhr eine Verbesserung des Ge'wes zu einer Verschlechterung umgcstempelt, wie in so v. en anderen Punkteir, um Gründe für die blamable ablehnend Haltung der Sozialdemokraten bei der Abstimmung über die Neichsversiclwrungsordnung zu finden. Wie liegt die Sache? 8 213 der Regierungsvorlage wollte den Krankenkassen das Recht geben, durch die Satzung versicherten Wöchnerin nen, so lange sie ihre Neugeborenen stillen, ein Stillgcld in Höhe des halben Krankengeldes znznbilligen. Wohlgemerkt die Krankenkasse sollte nicht verpflichtet sein, dieses Stillgeld zu gewähren; die Negierung wollte auch unter keinen Um ständen einer Verpflichtung der Krankenkassen znstimmen Sie sagte stets, wenn die Versicherten sich so zahlungsfähig halten, die Beiträge für solche Leistungen ausznbringen auch die Sozialdemokraten waren doch entschieden dafür das; die Versicherten wie bisher zwei Drittel der Beiträge und die Arbeitgeber das andere Drittel zahlen sollten dann mögen sie es bcschlief;en, sic haben ja zwei Drittel der Stimmen im Vorstande und Ausschuß der Krankenkassen und die Arbeitgeber das andere Drittel; die Arbeiter haben also die Mehrheit. (Und so ist es bekanntlich geblieben: soweit die Leistungen und Beiträge in Frage kommen, haben die Arbeiter dasselbe Recht in den Kassen wie bisher.) Es wurde nun allerdings auf Antrag des Zentrums beschlossen, das; die Krankenkasse bis zur Höhe, nicht in Höhe, des halben Krankengeldes an Wochenhilfe geben kann. Aber jeder sieht sofort, das; die Gewährung des Stillgeldes auch nach dem Neichstagsbeschlnsse ein Leistungs recht, nicht eine Lcistnngspflicht der Krankenkassen ist; das; ferner durch diesen Beschluß des Reichstages das Recht der Krankenkassen nicht beschränkt, sondern erweitert worden ist. Und warum wurde es erweitert? Das Zentrum sagte sich, es kann Krankenkassen geben die zwar auch gern rin Stillgeld geben würden, aber nicht imstande sind, cs in Höhe des halben Krankengeldes zu geben, wohl aber in Höhe eines Drittels oder eines Viertels des Krankengeldes. Weil die Regierungsvorlage aber nur die Möglichkeit ließ, entweder ein Stillgeld in Höhe des- halben Krankengeldes zu geben oder gar kein Stillgeld, würden weniger leistungsfähige Kassen nichts an Stillgeld gewähren können. Deshalb also der Antrag des Zentrums. Nach ihm kann die Krankenkasse, genau wie nach der Re gierungsvorlage, ein Stillgeld auch in Höhe des halben Krankengeldes gewähren. Es wäre doch lächerlich gewesen, den Krankenkassen in dieser Beziehung kein größeres Recht zu geben, wie es die Regierungsvorlage vorsah, zumal die Versicherten selbst die Mehrheit in den Kassen haben. Alles das wurde den Sozialdemokraten von den Zen tlnmsabgeordneten Tr. Hitze und Becker (Arnsberg) in der Kommission anseinandergesetzt, so daß sie auch keine Einwände mehr gegen de» Zentrnmsantrag erhoben; er ist eben z» vernünftig. Würde Herr Molkenbuhr diese Tragweite des Zentrnmsantrages geschildert habe», dann hätte er ehrlich gehandelt und ihn nicht skrupellos zu einer Verschlechterung des Gesetzes machen können. Direkt aus den Fingern gesogen hat aber Herr Molken- bnhr die Behauptung, Herr Becker habe gemeint, das halbe Krankengeld „sei etwas viel". Diese Behauptung ist so niederträchtig verlogen, daß man nur annehmen kann, daß der „Vorwärts" die Rede Molkenbuhrs nicht richtig wicder- gegeben hat. Unsere Leser aber ersehen daraus, mit welchen Mitteln die Sozialdemokraten das Zentrum bekämpfen und wie langer Auseinandersetzungen cs oft bedarf, um eine kurze unwahre Behauptung eines Sozialisten richtigznstelle». Der italienisch-türkische Krieg. Dresden, den 6. O'loser t'.N I Das neuerliche Erscheinen italienischer Kriegsschiffe an der albanesischen Küste hat ernste Bedenken an Wiener maß gebenden Stellen erweckt, wenn man auch vor einer authen tischen Bestätigung der Meldungen nicht recht an die Tat sache glauben möchte. Hat doch die italienische Negierung in entschiedener Form erklärt, das; die italienische Flotte in der Adria und an der jonischen Küste keine kriegerische Aktion dnrchznsührcn gedenke und das; der unter dein Kommando des Herzogs der Abruzzen stehende Flotten teil lediglich die Aufgabe habe, die Küste Italiens und die italienischen Militärtransporte zur See vor türkischen Ueberfällcn zu schützen. Nun kreuzt der Herzog der Abruzzen noch immer an der albanesischen Küste und er soll sogar mit einem neuen Bombardement von Prevesa drohen. An den maßgebenden Wiener Stellen wartet man diesbe zügliche beglaubigte Meldungen ab, ehe man sich zu den entsprechenden Schritten zur Wahrung der Ruhe und Ord nung an den Gestaden der Adria und des Jonischen Meeres entschließt. Man will nicht ohne begründete Beweise an eine Nichteinhaltung der offiziellen Versprechungen glauben. Inzwischen treffen über Konstantinopel weitere Mel dungen über neuerliche Operationen der italienischen Flotte an der albanesischen Küste ein. Es soll ein italienisches Kriegsschiff gestern nacht auch im Hafen von Valona er schienen sein. Man wird angesichts dieser Nachrichten gut tun, den abschwächendcn Gcgenmeldnngcn von italienischer Seite zunächst nicht allzu vertrauensvoll Glaube» schenken. Daß eine solche Reserve selbst gegenüber offiziellen italienischen „Kriegsnachrichten" durchaus angebracht er scheint, beweist schon der Umstand, das; der Herzog der Ab ruzzen an de» Marineniinister über das „Seegefecht von Prevesa" ein ziemlich umfangreiches Telegramm sandte, nach dem diese Wafsentat einen wirklichen Erfolg bedeute» sollte. Die italienische Presse feierte diesen „Sieg" mit einer nichts zu wünschen übrig lassenden Schwülstigkcit. In Wirklich keit war dieses Zusammentreffen türkischer und italienischer Kriegsfahrzenge nichts anderes als eine lleberrnmpelnng ahnungsloser türkischer Torpedoboote zwei Stunden vor der Kriegserklärung . . .; sie grüßte noch die italienische Flotte in üblicher Weise; als Antwort bekamen sie die Kugeln, Die Vernichtung der zwei Torpedoboote in Prevesa und Turazzo durch die italienische Flotte wird damit ge rechtfertigt, daß man die italienischen Städte vor Angriffen der türkischen Flotte schützen müsse. Das habe die Ver nichtnng der türkischen Kriegsfahrzenge an der albanesischen Küste gebieterisch gefordert. Diese Motivierung ist aber keineswegs geeignet, das zu den früheren offiziellen Versicherungen im vollsten Gegensätze stehende Borge! m Italiens zu rechtfertigen. Wohl hat im Februac 1910 das türkische Parlament 92 Millionen Mark für die Flotte bewilligt, aber es schien vorerst nur erforderlich, > r einen infolge der Kretasragc möglichen Konflikt mit Griechenland vorznsorgen, den wei teren Ausbau der Flotte aber im Interesse dieser selbst nur allmählich vorznnelnnen. To wurden vorläufig nur zur Ergänzung der Torpedostotulle vier große, auf der Schichan werft im Ban befindliche Torpedoboote und sodann im Sommer 1910 di.e best » deutschen Linienschiffe „Kurfürst Friedrich Wilhelm" und . Weißenbnrg" angekanft. Diese beiden Panzer älteren Typs, die die Namen „Ehaireddin Barvarossa" und „Torghnt Reiß" erhielten, nebst zwei Kreuzern und einer Torpedoflottille von zwölf Zerstörern und I5> Torpedobooten bildeten bei AnSbrnch des Konfliktes mit Italien das Um und Auf der in Betracht kommenden türkische» Seemacht, denn die bei englischen Werste» bestell len Dreadnoughts sind ferne Zukunftsmusik. Es scheint nun wohl, das; sich die türkische Flotte trotz ihrer Schwäche immerhin aktiv betätigen könnte, weil auch eine kleine, aber geschickt und entschlossen geführte Flotte, speziell bei Unterseeoperationen des Gegners, Gelegenheit finden kann z» überraschenden Angriffen gegen dessen Trnppentransportschiffe. Vollwertige Kriegshäfe», die der Flotte bei solchen Unternehmungen als Basis diene» könw ten, besitzt nun die Türkei nicht, namentlich nicht an der albanesischen Küste, und der Beschluß, Saloniki und Smyrna zu .Kriegshäfen auszubanen, ist erst vor wenigen Monaten gefaßt worden. Der türkische „Jnnensee" aber, das Mar marameer, mit seinen beiden befestigten Ansfallspsorten, den Dardanellen und dem Bosporus, scheint allerdings eine ideale Zentralstellung zwischen dem Schwarzen Meere und dem diesmal in Betracht kommenden Aegäischen, beziehungs weise dem Mittelländischen Meere zu sein. Aber die Dar danellen sind sehr leicht zu blockieren, eine feindliche Flotte findet überdies in den Inseln des Archipels treffliclze Stütz punkte hierfür. Ein türkischer Durchbruchs und Ausbruchs versuch würde unter solchen Umstände» voraussichtlich ein schnelles Ende nehmen. Auch die Befestigungen der Dardanellen biete» einein lolchen Versuche keinen Rückhalt. Ja. die vor kurzem ge meinschaftlich vom türkischen Kriegs- und Marineniinister zur Untersuchung der Festungswerke an de» Dardanellen entsendete Kommission hat offiziell festgestellt, „das; diese in hrem augenblicklichen Zustande dem Angriffe einer moder nen Flotte nicht mehr gewachsen sind, und die Durchfahrt moderner Panzer nicht verhindern können". Dieser Stand der Dinge rückt an die Stelle der angeb- ich befürchteten türkischen Offensivunternehmnngen viek- mehr die Möglichkeit einer Forcierung der Dardanellen durch die italienische Flotte in die erste Reibe jener Ereig nisse, die dem ausgebrochenen Kriege eine plötzliche nndi radikale Wendung geben könnten. Sicherlich wäre der Entschluß zur Forcierung der Dardanellen schließlich nicht nur vom politischen, sondern auch vom militärischen Standpunkte ans kein leichter. Das Risiko scheint nicht gering zu sein. Allein die Unkenntnis, daß das Unternehme» um so leichter ist, je weniger man dem Feinde Zeit läßt Gegeninaßregei» zu treffen, könnte! die Italiener möglicherweise dazu veranlassen, es schon zus einein Zeitpunkte zu wagen, wo eine allgemeine und uni- bedingte kriegspolitische Nötigung hierfür noch keineswegq vorliegt. Es würde dies im übrigen durchaus dein Stils entsprechen, in dem Italien bisher vorgegangen ist. Der türkischen Flotte aber weist diese der Hanptstadlj und damit dem Reiche drohende Gefahr eine Aufgabe zu, bei der sie nicht nur mit Ehren unterliegen, sondern unteü Umständen auch mit Ehren bestehen kann: die direkte Ver teidigung der Dardanellenpassage in den Dardanellen selbst, gestützt auf die weitestgehende Verwendung von Minen sperren, und die, wenn auch fragwürdige Mitwirkung dev Sperrbefestignngen. Hier ist die einzige Gelegenheit, wq die sonst ganz inferiore türkische Flotte der italienischen! mit einiger Aussicht auf Erfolg und im Rahmen einer dan kenswerten Aufgabe entgegentreten kann. Eine Sonderausgabe der „Tribuna" meldet, daß in Tripolis nach erfolgtem Bombardement die italienische Flagge gehißt wurde. Die italienischen Kreuzer sind in den inneren Hafen von Tripolis eingedrnngen und haben die Küstcnsorts, das Schloß des Vali und andere wichtige Punkte der Stadt bom bardiert. Sie schossen den ganzen Tag. Resultat: ein altec Lenchttnrm und zwei antike Batterien, von denen dis Türke» vorher die Verschlußstücke entfernt hatten. Im übrigen hat man vorsichtig um die Stadt hernmgeschossen, so das; kein Haus beschädigt wnrde. Das ist im Interests der Menschheit gewiß sehr zu billigen, aber einen hervor ragenden Eindruck kann es unmöglich gemacht haben, wenn nach dieser» unschädlichen Feuerwerk die Italiener die so vorsichtig bombardierten türkischen Schanzen erstüruieir wollten »nd das Nest leer fanden. So scheint diese zweck lose Knallerei lediglich anf Rechnung des Bedürfnisses zu kommen, mit einem Bombardement protzen zu können. Vielleicht hat man auch dies ganze Heldentum kinemato- graphisch festgebalten, und wir werden es bald im Zentral theater bewundern können. Die türkisckre Flotte ist »ach den letzten Meldungen mit unbekanntem Ziele von den Dardanellen ausgelaufen; sie hat nur Dienstag früh in Konstantinopel Kohlen einge nommen und besteht ans vier Panzern und sieben Torpedo booten. Einige Torpedoboote liegen noch im Marmara meer. Tie Kabinette von London, Paris und Petersburg haben ihre Meinungen ansgetanscht über einen eventuellen Schritt, für den Fall, das; der Krieg zu einer Blockade der Dardanellen führen könnte Eine definitive Stellung nahme sei in den nächsten Tagen zu erwarten und werde voraussichtlich darin bestehen, Italien dringlich nahe zu legen, unter allen Umständen von einer Blockade der Darda nellen abznseben. R o in , 0. Oktober. „Giornale d^tatia" erfährt aus bester O.uelle. das; von den drei vor Tripolis liegenden italienischen Kreuzern viele Matrosen in Tripolis gelandet sind und sich an de» Konsulaten und der christlichen Kirchs verteilt haben, wo Pater Rossetti mit zwei Franziskanern, zwei Nonnen und drei Kranken zurückgeblieben war. Dis Matrosen fanden in der Stadt, die verlassen scheint, keinen Widerstand und besetzten unter Führung mehrerer Offiziere ein Fort, wo sie einige Leichen fanden. Tripolis, 5>, Oktober. Die „Agenzia Stefani" meldet: Um die Mittagsstunde wnrde anf dem Fort Sul- tania die italienische Flagge gehißt, von dem Geschwader mit Kanonendonner begrüßt Das Fort wurde von Lan- dnngskompanien besetzt, die unter dem Schutze der Schiffe dort bleiben. Tie Schiffe liegen teils im Hafen, teils irr kurzer Entfernung von de» zerstörten Festungswerken Rom, 6. Oktober. Für alle Schiffe der italui.ücherr Regierung ist der strenge Besetz! erneuert worden, keinerlei militärische Lpcrationen an der ottomanischen Kü'. des adriatischen und jonischen Meeres vorzunchmen. Köln, 6. Oktober. Die Kölnische Zeitung weidet ans Konstantinopel: Die deutsche Botschaft hat der tü-kochen Regierung empfohlen, bei der Ausweisung d r Ir liener aus der Türkei Mäßigung walte» zu lassen. Die Kölnische Zeitung meldet Weiler, daß sich die Pforte infolge der Vermittelung der Botschaft veranlaßt gesehen hat. die Unter- sagung der Kohlenübernahme von Handelsschiffen in otto- manischen Häfen wieder aufzunebmeii. Dehibat, 6, Oktober. Die feindlichen Geschosse haben in Tripolis verhältnismäßig wenig Schaden angenchtet. Das HauS des deutschen DragomanS wnrde schwer beschädigt. ES befinden sich noch 4000 Europäer in der Stadt. Sech- Soldaten und sechs Israeliten wurden getötet, fünf So'datin und ein Israelit schwer verletzt. Die Deutschen sind wohlauf. pul Ti