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-iss' klärt, daß die Fehde ein Ende habe, und daß man sich gegen den gemeinsamen Feind wenden müsse. Da wird der Ber liner Bauernbund gerade in Niederbayern und Schwaben sehr schlecht ankommen. Solche Siegesnachrichten vor der Schlacht sind wohl nur dazu bestimmt, die Kassenschränke gewisser Leute zu erleichtern und den Hansabund opfer freudiger zu machen. — Das Bülvw-Jubiläum feierte am Donnerstag die ihm heute noch getreue Presse; sie erinnerte daran, daß er nunmehr ein Jahr aus dem Amte sei. Dabei kommt aber die historische Wahrheit sehr zu kurz. Das „Berl. Tage- blatt" sagt: „Ein Jahr seit dem Ausscheiden des Fürsten Bülow liegt hinter uns, und welch ein Jahr! Nichts ist geleistet worden, aber auch nichts! Man nenne uns irgend einen Erfolg, der auch nur im bescheidensten Maße über das nun einmal unvermeidliche „Fortwursteln" hinausginge." Wir antworten mit der bescheidenen Gegenfrage: Was ist denn unter Bülow geschehen? Im Auslande wurden wir isoliert und eingekreist, wir holten uns die Schlappe von Algeciras; im Jnlande aber nahmen die Schulden so sehr zu, das; Bülow Anspruch auf den Titel: „Mehrer der deutschen Neichsschulden" hat und die Neichsfinanzreform brachte er nicht zustande. Für die Wahlreform tat er keinen Schritt und hinterlies; nicht eine Zeile, wie er sich die Ein lösung der Zusage der Thronrede gedacht hatte Mit die sen Mißerfolgen kann sich in der Tat das letzte Jahr messen; es hat mindestens den Anfang der Sanierung der Neichs- finanzen gebracht und den Etat in Ordnung geholten. Man feiere also dieses Jubiläum nicht so laut, sonst müssen wir auch au die 62! Millionen Mark Anleihen erinnern, die Bü- low als Liquidationsinasse hinterließ. — Die 6. Generalversammlung he» christliche« Metall- arbeiterverbandeS ist für die Sozialdemokraten ein Stein des Anstoßes geworden. Vom „Vorwärts" herab bis zur kleinen sozialdemokratischen Winkelprcsse sucht man den christlichen Metallarbeiterverband herunterzureißen. Die Zahl der Mitglieder im sozialdemokratischen Metallarbeiter- verbande soll daun über allen Schmerz und den eigenen Bankrott hinweghelfen. Nun ist es eine alte Weisheit, daß der einzelne in den Tagen der Not nur von dem leben kann, waS er hat. Da steht aber durch Zahlen material erhärtet fest: Im christlichen Metallarbeiter- verbande hat jedes Mitglied viermal so viel Vermögen wie im sozialdemokratischen Metallarbeiterverbande. Dem gegenüber zeigte sich bei der ersten größeren Bewegung in diesem Jahre, daß trotz seiner größeren Mitgliederzahl beim sozialdemokratischen Metallarbeiterverbande die Arbeiter interessen schmählich zu kurz kommen. Bei der Bewegung in Bielefeld im Mai dieses Jahres ließ der Beamte des sozialdemokratischen Metallarbcitervcrbandes eine Resolution annehmen, wodurch die Mitglieder im Falle einer Aus- sperrung aus Unterstützung verzichteten. O Armut! Für 6000 bis 7000 Ausgesperrte hat der „große deutsche" Metallarbeiterverband kein Geld mehr. Das Ende der Bewegung war eine bedingungslose Aufnahme der Arbeit bei der bestreikten Firma Dürkopp. In einer Versammlung sozialdemokratischer Arbeiter, die sich mit dem schmählichen Abbruche des Kampfes befaßte, rief man den „Führern" zu: „NauS, raus, Arbeiterverräter, Schuft" usw. Eine Organisation, die gleich zu Anfang der besseren Konjunktnr solche „Heldentaten" vollbringt, wie der sozialdemokratische Metallarbeiterverband, sollte den christlichen Metallarbeiter- Verband ungeschoren lassen, wenn es ihr auch schwer fällt. Dagegen ist es trotz der grimmigen Bekämpfung seitens der Gegner dem christlichen Metallarbeiterverbande möglich gewesen, in zehn Jahren den sozialdemokratischen Metall- arbciterverband in den Einrichtungen der Beitragsleistung und Unterstützung nicht nur zu erreichen, sondern sogar zu überflügeln. Mit annähernd einer Million Mark Vermögen und 27 000 Mitgliedern steht der christliche Metallarbeiter verband heute gefestigt da. Diese gesunde Entwicklung hat es den Gegnern angetan, darum versuchen sie mit allen Mitteln, den 0. Verbandstag hernnterzureißen. — Eine gerade',» schamlose Hetze treibt die „Freis. Zeitg.", sie befaßt sich mit den Ausführungen eines konser vativen Abgeordneten über die Zündholzsteuer; dieser er klärte nämlich: „Er könne es nicht glauben, daß anläßlich der Finanzreforin die Verhetzung so weit gediehen sei, daß — wie mehrseitig behauptet — die Frauen sogar über die geringe Erhöhung der Streichholzpreise erbittert seien, er könne das nicht glauben, wenn er an den Opfermut der Frauen unseres Volkes in früheren Zeiten denke, die ihren schönsten Schmuck, ihr blondes Haar, verkauften, um den Erlös dem Könige zu senden, damit er seine Soldaten mit guten Waffen versehen könne." Dazu schreibt nun die „Freis. Zeitg.": „Dieser Vergleich ist eine Blasphemie, denn diesmal handelte es sich nur darum, die Großgrundvdesitzer vor einer Erbschaftssteuer zu bewahren." Schamloser ist wohl nie gelogen worden, den» die Zünd- holzst.'ner bc.t mit der Ablehnung der Erbschaftssteuer nichts zu tun. Sie trat au die Stelle der auch vom Freisinn ab- gelehnte» indirekten Steuern auf Gas und Elektrizität und an die Stelle der vom Reichstage herabgesetzten Tabak steuer. Das freisinnige Blatt muß dies wissen. Ein solches erbärmliches Verhalten kann nicht scharf genug gebrand markt werden! — Nach der „Täglichen Rundschau" hat der protestan tische Staatssekretär Zylinöky in Budapest erklärt: „In der BorromäuS-Enzyklika-Angelegenheit habe die deutsche Diplomatie einen Sieg über die römische Kurie davongetrageu. der aber bei weitem die Protestanten nicht befriedige und ihnen nicht zur vollen Genugtuung diene. Der Evangelische Bund in Deutschland setzte denn auch die Agitation fort, an der sich andere protestantische Länder beteiligen. Erst jüngst seien auch die Protestanten Ungarns anfgefordert worden, sich der Bewegung anzu schließen. und der KaloSzaer Zwischenfall sei vollkommen geeignet, dieser Aufforderung Nachdruck zu verleihen." Von wem ging diese Ausforderung aud? Wohl vom Evangelischen Bunde? Oesterrei,I,-tt«k«r« Tie Wendungen in Ostasien haben in Wien nicht erbaut. So lange der russisch-japanische Gegensatz in seiner Schärfe bestand, war die Aktionsfähigkeit Rußlands im nahen Orient gelähmt und damit die Gefahr von europäi schen Verwickelungen infolge der ewigen Balkanzänkereien so ziemlich ausgeschlossen. Jetzt hat sich aber Rußland durch sein Abkommen mit Japan den Rücken im äußersten Osten gedeckt und kann demzufolge seine ganze Kraft auf dem Balkan einfehen. Offen gibt man zu. daß der Abschluß des russisch-japanischen Vertrages als der Gegensckachzug Js- wolskis auf die Einverleibung Bosniens und der Herzego wina in den österreichisch-ungarischen Staatskörper zu be trachten ist, und die Oberhand im Spiele nicht mehr Graf v. Aehrenthal, sondern Jswolski hat. Daß aber der letztere zu einem solchen Einvernehmen mit Japan gelangen konnte, ist nicht Schuld des gegenwärtigen österreichischen Ministers des Aeußern, sondern seines Vorgängers, der. anstatt das ihm angebotene Bündnis mit Japan anzuneh- men, lieber das Mürzsteger Abkommen mit Rußland traf, das der letzteren Macht angesichts des drohenden Waffen ganges mit Japan den Rücken in Europa deckte und Oester reich-Ungarn auf dem Balkan matt setzte. Trotz aller De mentis ist es in hiesigen diplomatischen Kreisen ein offenes Geheimnis, daß es dem Grafen Goluchowski seinerzeit ein leichtes gewesen wäre, entweder mit Japan einen Geheim- vertrag gegen Rußland abzuschließen oder aber von Ruß land die Zustimmung zur Annektion der Okkupationsländer als Preis für die Rückendeckung gegen Japan zu verlan gen. Das schwere Versäumnis, dies nicht erzielt zu haben, ist auch der Hauptgrund für den Rücktritt des Grafen Goluchowski gewesen. Datz der russisch-japanische Vertrag sicher nicht dazu beitragen wird, die ohnehin nicht erquick lichen Beziehungen zwischen Petersburg und Wien ange nehmer zu gestalten, versteht sich von selbst. Man sieht der für Ende Juli in. Aussicht genommenen Begegnung des neuen deutschen Staatssekretärs des Aeußeren mit den; Grafen v. Aehrenthal auf dessen böhmischer Besitzung mit großer Spannung entgegen und verhehlt sich nicht, daß die weltpolitische Lage sich wiederum bedenklich verdüstert hat. — Terrorismus im Lchrerstandc. Ein österreichischer Lehrer schreibt uns: Es ist hoch an der Zeit, daß man sich mit aller Energie gegen einen Uebelstand innerhalb der Lehrerschaft wendet, der leider nur zu wenig der großen Oeffentlichkeit bekannt ist: Wir meinen den unerhörten Terrorismus, den die frei sinnige Lehrerschaft und ihre Organisationen gegenüber jenen Standesgenossen übt, die sich zu ihren freisinnigen Ideen nicht bekennen wollen. Nicht nur, daß man katholisch und gut christlich denkende Lehrer und Lehrerinnen in die dem christlichen Volke gegnerischen Organisationen, die frei sinnigen Lehrervereine, den deutsch-österreichischen Lehrer- bund, mit aller aller Gewalt hineindrängt, man sucht die katholisch denkenden Standesgenossen auch zum Beitritt zu der ihrem Denken und Fühlen so ganz widersprechenden „Freien Schule" zu zwingen. Kaum hat die junge Lehr kraft ihre Wirksamkeit begonnen, so bestürmt man sie be reits mit der Frage: Sind Sie schon Mitglied der „Freien Schule"? Erfolgt eine verneinende Antwort, wird dem betreffenden so lange zugesetzt, bis er sich, um nur endlich Ruhe zu haben, zum Beitritte bereit erklärt. Wie schwer ist es einem charaktervollen Manne oder einer charakter vollen Frau, gleich zu Beginn ihrer Tätigkeit einem Ver eine beitreten zu müssen, dessen Mitgliedschaft bereits eine arge Verletzung der beschworenen Pflicht in sich schließt. Dem Armen bleibt aber nichts anderes übrig, da er sich sonst der Schikanen von seiten der Vorgesetzten und seiner Kolle gen nicht erwehren kann. Die freisinnigen Lehrer halten es eben mit den Sozialdemokraten: Willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein! Würde der unerhörte Terrorismus, der heute im Lehrerstande herrscht, aufgehoben, dann würde man die große Zahl derer wahr- uehmeu können, die nur wider Willen und gezwungen der „Freien Schule" und den freisinnigen Lehrervereinen ange hören. Pflicht aller maßgebenden Faktoren wäre es, diesen Terrorismus, der nicht zum wenigsten von den Vorgesetzten ansgeht, die ihre Gewalt mißbrauchen, endlich einmal ab- znstellen und den katholisch denkenden Lehrern und Lehre rinnen die Gewissensfreiheit, die jedem österreichischen Staatsbürger durch das Gesetz gewährleistet wird, zu wah ren. Das katholische Volk, das doch durch seine Steuern den Lehrern zu ihrem Lebensunterhalte verhilft, muß sich einmal auf das entschiedenste gegen eine solche Drangsalie rung der seinem Denken und Fühlen nahestehenden Lehr kräfte aussprechen! Holland. — In Holland hat man die „neutrale Staatsschule", die sich nach dem Dogma des holländischen Lehrerbundes frei zu halten hat von allen politischen und religiösen Dogmen. Nun ist dort die langersehnte Prinzessin geboren worden und das ganze Land feierte frohe Feste. Aber ein Teil der Lehrer weigerte sich. „Oranienlieder" in der Schule einzuüben, wirkte aber bei einem Feste durch Einübung von Liedern mit, das von autimonarchisch Gesinnten veranstaltet war. Der Lehrerbund trat für den Widerstand gegen die Einübung der vaterländischen Lieder in der Schule ein aus rein pädagogischen Grundsätzen. Aber das holländische Volk glaubt das nicht, sondern steht die Stellung des Lehrerbundes gegen die Jultana-Feiern (die kleine Prinzessin heißt Juliana) als einen Ausfluß der sozialdemokratischen Strömung im Lehrerverein an. England. — Bei der Verhandlung deö Unterhauses über den Flotteubauetat von 3 444 000 Pfund Sterlmg beantragte der Nationalist Dillon eine Herabsetzung um 2 Millionen Pfund Sterling. Dies würde in keinem Falle die Sicher heit des Landes gefährden. Der Redner bemühte sich weiter zu zeigen, daß der Fall, der den Bau von vier weiteren Dreadnoughts rechtfertigen sollte, nicht eingetreten sei. Diese Dinge würden auf die deutsche Regierung einen starken Eindruck machen. Auch nicht ein Wort der Recht fertigung sei von der Regierung vorgebracht worden, so weit Deutschland in Betracht komme. Oesterreich und Italien in Rechnung ziehen zu wollen, sei lächerlich. Italien sei im Begriffe, gegen Oesterreich Schiffe zu bauen. Da» österreichische Parlament habe noch nicht einen Pfennig für einen Dreadnought bewilligt. — Asquith antwortete auf die Rede Dillons und sagte: Deutschland habe seine eigene Politik zu verfolgen und seine Interessen zu wahren. ES ist eine große Weltmacht, hat weitentfernte Kolonien und sendet unablässig seine Söhne und Töchter in die fernsten Weltteile. Sein Handel wächst überall, die deutschen Staats männer und das deutsche Volk glauben ehrlich und haben ein Recht zu glauben, daß sie ihre Stellung als große Welt macht nicht behaupten und ihre vielfachen und beständig wachsenden Interessen in allen Weltteilen nicht ohne Ver größerung ihrer Flottenmacht verteidigen können. Asquith bedauere, daß der Name Deutschland so häufig in diesen Erörterungen genannt werde, aber es wäre genau das selbe gewesen, wenn die Flottenvermehrung in Frankreich Platz gegriffen hätte, mit dem England in den engsten und herzlichsten Freundschaftsbcziehungen stehe. Die Regierung müsse das Schiffsbauprogramin der Welt im Auge behalten und jedes mögliche Risiko in ihre Rechnung aufnehmen und dürfe niemals die Sicherheitsreserve opfern, durch die allein die Sicherheit des Handels und des Reiches erhalten werde. Es bedeute keinerlei Feindseligkeit gegen Deutschland, daß die Regierung den deutschen Schiffsbau als denjenigen Faktor ansehen müsse, der in den letzten Jahren für die Be rechnung dieser Sicherheitsreserve von maßgebender Be deutung geworden sei. Asquith habe von den Erklärungen der deutschen Negierung, wonach künftighin keine Beschleu nigung im Flottenbau mehr Platz greifen solle, gebührend Kenntnis genommen. Vor drei oder vier Jahren sollte die Bauperiode für ein solches Schlachtschiff durchschnittlich 36 bis 40 Monate betragen. Jetzt schwanken die Bauzeiten von fünf deutschen Dreadnoughts zwischen 2 Jahren 2 Mo naten und 2 Jahren 9 Monaten. Asquith gab sodann eine Uebersicht über den Stand und die zukünftige Entwickelung der deutschen und englischen Dreadnoughts, wonach im Frühjahre 1913 England 25 und Deutschland 21 Dread noughts besitzen wird. Asquith fuhr fort: Es sei die Frage einer Art von Verständigung zwischen den Nationen von der deutschen Nation aufgeworfen worden. Er wünsche, daß dies möglich wäre. Die deutsche Regierung hat uns mitgeteilt, daß ihr Vorgehen in der Angelegenheit durch einen Akt des Reichstages, durch das Flottengesetz, geleitet werde, das Jahr für Jahr automatisch weitergeht. Wenn es möglich wäre, durch eine Verständigung zwischen den bei den Völkern selbst jetzt das Baumaß zu verringern, so würde niemand darüber mehr erfreut sein, als die britische Negierung. Wie das Haus weiß, haben wir uns der deut schen Negierung in dieser Angelegenheit genähert, aber sie hat sich außerstande gesehen, irgend etwas zu tun, und sie würde nichts tun ohne einen Akt des Parlamentes, der das Flottengesetz widerruft. Sie erklärt uns ohne Zweifel der Wahrheit gemäß, daß sie nicht die Unterstützung der öffent lichen Meinung in Deutschland haben würde. Es würde die britische Regierung mit aufrichtiger Genugtuung er füllen, wenn sie das Maß des Baues dieser notwendigen Kriegsmittel verringern und das Geld für die Wohlfahrt und die Fortschritte des Volkes verwenden könnte. Der Antrag Dillon auf eine Herabsetzung des Etats wurde schließlich mit 298 gegen 70 Stimmen abgelehnt. Der Etat wurde sodann angenommen. — Es fällt der ruhige und sach liche Ton angenehm auf, den Asquith in seiner Rede ein gehalten hat. Allem Anscheine nach will König Georg mtt Deutschland im besten Einvernehmen sein. Lpanterr. — In einem englischen Blatt äußert sich eine hervor ragende diplomatische Persönlichkeit folgendermaßen: Man gibt vor, daß der Vatikan die Verhandlungen Hinzuschleppen wünsche. Dies ist aber unwahr. Sind doch die Verhand lungen in der Absicht veranlaßt worden, das Konkordat den modernen Anschauungen anzupaffen. Der Vatikan hat daher kein Interesse, die Erörterungen hierüber zu ver- längern, eher das Gegenteil. Es ist gerade Canaleja, der die Verhandlungen unterbrochen und in die Länge ziehen will, indem er immer wieder Zwischenfälle hervorruft. Die spanischen Zeitungen, die aus Seite Canalejas stehen, tun überrascht, weil der Vatikan noch nicht gegen die Auf- Hebung deS religiösen Eides protestiert habe und legen dies im Sinne einer Verzagtheit des Vatikans aus. Die Wahr« heit ist, daß der Vatikan nicht gegen die Aufhebung deS Eides zu protestieren brauchte, da dieselbe nicht das Konkordat berührt. Hätte man den katholischen Eid durch einen herätischen ersetzt, dann hätte der Vatikan das Recht gehabt zu protestieren, da hierdurch das Konkordat verletzt worden wäre. So aber steht eS der spanischen Regierung frei, die Eidesformel aufzuheben oder ausrecht zu erhalten. Der Vatikan kann nichts anderes tun, als diese Maßregel tief zu bedauern, die von einem antireligiösen Geiste Zeugnis ablegt. Die spanische Regierung weiß auch, daß der Vatikan mit gewissen Maßnahmen einverstanden ist. So bewilligt er es, daß Kongregationen, die Industrie besitzen, Steuern zahlen. Der Vatikan kann sich jedoch nicht mit der Aufhebung der Stellung des Katholizismus als Staatsreliqion einverstanden erklären. Damit wäre auch der konfessionelle Unterricht gefährdet. WaS den An- Wurf Canalejas und seiner Anhänger betrifft, daß die spanischen Bischöfe in die Verhandlungen mit der Agitation unter den Katholiken eingegriffen hätten, so haben diese Klagen inr Vatikan nur bittere Ironie ausgelöst. War eS doch gerade Canalejas, der als erster die Verhandlungen störte, indem er konkordatswidrige Dekrete heraus gab. Montenegro. — Ans eine vertrauliche Anfrage Montenegro» er- widerte das französische Auswärtige Amt, nachdem eS mit den übrigen Großmächten Fühlung genommen hatte, daß es gegen die Erhebung des Fürstentums zum Königreich keine Einwendungen zu machen habe. Trotz der Ableug nung der Regierung Montenegros, die da» Projekt gcheim- halten will, solange seine Verwirklichung nicht sicher ist, dürste eS Mitte August bekanntgemacht werden. China. — Die Kämpfe bei Macao. Da« Feuer des von Macao entsandten Kanonenboote» hat die Chinesen aus dem Fort Colowan vertrieben. Das Kanonenboot brachte zwei Dschunken mit flüchtenden Chinesen zum Sinken. Alle Chinesen ertranken. Auf der Reede von Macao wohnten sieben chinesische Kanonenboote den Kämpfen bei. Die chinesische Regierung postierte auf der Insel Wung-Kum bei Colowan 1200 Soldaten, welche die Entwicklung der