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Beilage zu Nr. 18 der „Sächsischen Volkszeitung" vom IN. Jmmar lllOS. Zum Ha«»seHe«-Zer)winde1. Bei Besprechung des Haussegen-Schwindels, auf den besonders gutgläubige Katholiken hereinfallen, ist auf die guten Erzeugnisse der bewährten Kunstanstalt von B. K ü h- l e n in München-Gladbach hingewiesen worden. Und mir Recht! Weniger bekannt diirfte sein, daß sich in Deutsch land ein Verein befindet, der sich zur Aufgabe gesetzt hat, gute Bilder in wirklich künstlerischer Ausführung zu mög lichst geringem Preise unter das katholische Volk zu brin gen. Man glaubt es kaum, was dieser Verein bietet. Er heißt: „Verein zur Verbreitung religiöser Bilder in Düssel dorf." Jedes Jahr, gewöhnlich vor Weihnachten, erhält man eine große Prämie und zwar einen tadellosen Stahl stich. Größe des Druckes: 28X42 Zentimeter. Das heißt so groß ist der Stich als solcher, ohne den Pavierrand. Das Papier ist stark und tadellos, so daß der Stich zu prächtiger Wirkung kommt. Ter Stich wird berechnet mit 0 Mark, sage und schreibe sechs Mark. Nun gehe man in Kunst handlungen hinein und schaue sich die Preise an für gleiche Ausstattungen, und man wird finden, daß der Düsseldorfer Stich bedeutend mehr wert ist, als die genannten 6 Mark. Das Schönste abe>r kommt noch: Jeder Abnehmer erhält über Ei n h u n de r t kleinere und größere Stabl- stiche u m s o n st. Wir haben ertra Einhundert nicht in Ziffern geschrieben, damit niemand denken soll, es wäre c'twa die Zahl, mit Ziffern geschrieben, um eine Null zu groß. Hierbei tritt nun allerdings das eine als merk würdig für den Neuling hinzu, daß die einzelnen Bilder mehrfach zngeschickt werden. „Sehr richtig," sagt der Kin der- und der Kunstfreund: „Die doppelten Bilder sollst du eben verschenken und so am guten Werke der Verbreitung religiöser Bilder mit teilnebmen, wie es Pflicht ist und bleibt, für gute Bücher und besonders für eine gute Zeitung zu sorgen. Das ist das kleine Opfer, das du, lieber Käufer, bringen sollst, das nämlich, dich zu einem Teil von deinem Besitztum trennen." Denn das ist eben das Merkwürdige an der ganzen Sache: Diese kleinen Bilder wiederum sind so zart und sinnig ansgeführt, daß sich niemand von ihnen gern trennt, auch wenn er sie in etlichen Exemplaren in seinem Knnstschnbfache liegen sieht. Natürlich kann ein Verein, der mit so geringen Prei sen arbeitet, dem Buchhändler nicht noch einen hoben Ra batt bieten. Deshalb kann es Vorkommen, wenn man dem Buchhändler den Auftrag um Besorgung gibt, daß er nichts dagegen hat, wenn man sich selbst die Jabrcssendnng direkt znschicken läßt. Das kostet freilich 50 Pfennig Porto nebst Bestellgeld. Wo aber einige Kunstfreunde sich finden, wird die Portolast auf gemeinsame Schultern gelegt und keiner spürt es sehr. Wo aber die Buchhandlung es übernehmen will, da hat man dann weiter keine Umstände. Geistliche Herren und die Herren Lehrer sollten auf dieses Anerbieten des Vereins möglichst zahlreich eingebeu. — Gewiß hat das Bunte für Kinder seine Anziehungs kraft. Aber wer nur einige Zeit Gelegenheit gehabt bat, Erzeugnisse des Stahlstichels sich anzusehen, der wird auch bei schönstem Buntdrucke das Starre, das Gleichbleibcnde, das Massige, das dem Druckverfahren anhaftet, heraus fühlen und sich durch diese Mängel der mechanischen Er zeugung etwas abgekühlt fühlen. Hingegen die Freude an den Feinheiten, an der Zartheit, an der Durcharbeitung des Bildes wird je länger, desto mächtiger den Kunstlieb haber anziehen. Sein Schönheitsempfinden wird sich in den Stich voll und dauernd versenken, und die Freude, die über ihn kommt, wenn er in einer Familie einmal einem jener herrlichen Bilder aus Düsseldorf begegnet, die ist der sichere Beweis, wie ans dem bloßen Bilderliebhaber nach und nach, ohne daß er etwas anderes getan bat, als schöne Stiche sich öfters einmal ruhig, vorurteilslos angesehen zu haben, wie er nach und nach ein Kunstkenner geworden ist. Wer also in dieser Beziehung für Verbreitung der ge nannten Bilder sorgt, der tut ein gutes Werk. Und da die Welt es lieber siebt und erfährt, wie der einzelne für sich selbst zu einem Vorteil kommt, als „immer nur für andere zu leben," so sei es hiermit offen gesagt: Wer sich diese Bilder — jedes Jahr eins, nach zwei Jahren kann inan ja wieder austreteu, schließlich auch sckeon nach einem Jabre also: wer sich diese Bilder anschafft, tut ein gutes Wert zu allermeist an sich selbst . Leipzig. Hugo Löbmann. standesamtliche E hebind e r n i s f e. Vor Erlaß des Slandesamtsgesctzes meldete ein Brautpaar feine Eheschließung dem Pfarrer an und überließ es diesem, etwaige Hindernisse und Dispensen zu vermitteln. Jetzt ist die Sache oft recht umständlich. Ter Standesbeamte ist einfach Funktionär des Staates und bat weder die Pflicht noch die Lust, hier einen Vermittler zu machen. Der arme Ebekandidat isl dann nicht selten in der Lage des „gemeinen Mann Nenmanu". Er kennt sich fast nicht aus. Nameiit lick, bietet in Sachsen die Eheschließung mit Ausländern bez. Nichtsachseu zuweilen rechte Schwierigkeiten. Wenn beide Ebetandidaten österreichische Staatsangehörige sind, so mag es noch gehen, man schickt das Brautpaar einfach mit kirchlicher Delegation über die Grenze und die Standes ämter find ob dieses Ausweges meist recht froh. Aber zu weilen liegt die Sache anders, wie folgendes Beispiel zeigt: Er ledig, aus Oberbayern gebürtig, sie Witwe aus Böh men, »vollen heiraten. Guten Mutes gehen sie, mit se ihrem Tauf- und Heimatsschein bewaffnet, zum zuständigen Standesamt, doch da wird ihnen die Belehrung, daß noch vielerlei unerledigt sei. Vor allem müßte zunächst die staat licho Ehebewilligung des bayerischen Bezirksgerichts und der österreichischen Bezirkshauptmann'ckiaft vorgezeigt wei den. In ihrem Schrecken über diese Ehehindernisse kommen die Brautleute zum Pfarrer und der unternimmt nun das Erforderliche. Nach einem halben Jahre ist er ziemlich so weit, den Brautleuten die Zeugnisse einzuhändigeu. Es waren nicht weniger als 20 Schreiben notwendig, um die insgesamt benötigten zwölf Schriftstücke mit Stempel und Gebühren für 40 Mark zu erlangen. Ganz besonders »ins, es befremden, daß für die Ehebewilliguug des Bezirksge richtcs Freising außer sonstigen Gebühren noch 12 Mark gemeindliche Gebühren abverlangt wurden, obwohl beide Ehekandidaten sck'on jahrelang in Sachsen, an ihrem der zeitigen Wohnorte aufentbältig sind. Weit größere Schwie rigkeiten bieten sich oft, wenn Rußland, Italien, Frankreich -ns Spiel koinmen. Fürwahr, die staatsrechtlichen Gesetze können da das Hocbzeitmachcn recht sauer machen. Er wünscht wäre es, wenn von einem sachkundigen Fachmann i l der Volkszeitnng oder im Bennokalender die nötigen ge setzlichen Formalitäten bei Heiraten von Ausländern in Sachsen behandelt würden. * Unfall. Infolge Zerspringens eines Ablaß ventils im Königlichen Damps-Fernbeiz- und Elektrizitäts werk verunglückten drei Heizer durch Verbrühung schwer. Einer von ihnen ist bereits seinen Verletzungen erlegen. Döhlen. Vorgestern 7 Ubr früh entstand in dem Ge- sch.'sstslo!ale des Modewaarenbanses „Plauenscher Grund" Feuer, welches sehr rasch um sich griff und den erste»» und zweiten Stock bedrohte. Die bald von allen Seiten herbei eilenden Fenei-webren auch die Dresdner Landsvritze war 20 Minuten, nachdem ihr der Brand gemeldet war. zur Stelle - gingen zunächst an die Rettung oer aig ge fährdeten Menschenleben im zweiten Stock. Drei Erwach sene und niedrere Kinder, die in ihrer Am»»» ickon vorder Miene gemacht batten, herabznspringen, koimten mittels der Schiebeleiter unver'ehrt gerettet werden. Das Waren haus ist vollständig ausgebrannt. Mcißrn. Zum Besten des Fonds für das hier zu er richtende König Albert Denkmal wird Aman» Marz ein Banar veransw'tet. Leipzig. Der Reingewinn des Konzertes des Vinzen- t'.nsverv'ins beträgt 00«» Mark. Hainichen, lieber den Konkurs des Privatns Reißig wird viel gesprochen. Er ist unter Zurücklassung eine» Schuldenlast von über 50 000 Mark flüchtig geworden. Die Kasse des hiesigen Mufikvereins bat er als Kassierer dieses Vereins um zirka 400 Mark geschädigt und auch seine 'Mutter hat er um einen Teil ihres Vermögens gebracht. Ta er keinerlei unnötigen Aufwand trieb, so sind zweifellos Spekulationen und Wettverluste im Pferderennen der Grund seiner Vermögenszerrüttung gewesen. Nossen. Die Stadtverordneten baden die .Ratsvorlage über den Ankauf des Rittergutes Augnstusberg einsrimmig angenommen. Ter Kaufpreis beträgt 400 00t» Mark. Auerbach i. V. Tie Renovation der Stadtkirche ist be schlossen norden. Das Präliminare beträgt 00 40 000 Mark. Ai.nabrrg. Tie 2 c»!.'»dlvngeii zvockeu der Stadt- vertrelung und dem Königlichen Finanzministerium über die Erbauung einer Bahnlinie von Königswalde (Station an der Aunaberg Weiperter Linie) nach der oberen Stadt von Aunaberg sind nun so weit gediehe»», daß dieser Bahn- Han in» Frühjahr in Angriff genommen werden soll. Die Stadt trägt zu den Bailtosten 170 427,84 Mark bei. Pausa. Das Naglerscbe Gilt in» Nanipach ist totst niedergebrannt. Nirderlnusitr. Ans den Eastebraner Brikettwerkeu, Grube „Unser Fritz" bei Eostebrau (Niedcrlansitz) der - - 4 4 gründlich zerstört worden sind, die Bühnenlaufbahn satt bekommen und sucht irgend eine bürgerliche Existenz." „Ja, lieber Freund, »nie tominen Sie gerade auf die Idee, daß ich den jungeil Mann irgendwo »nterhringeii soll? Sie wissen, das ist heute unge mein schwer, alle Bernssstände sind überfüllt und gerade ans kleine Beaniten- vosten wartet schon ein Heer von Bewerbern, lauter Leute Vau höchstens durcb- schuittlicher Bildung, die aber ein jeder Vau sich eine sehr hohe Meinung.habe»» und die, wenn mau sic mit Ach und Krach ja irgendwo hiuciusteckt, daun oft sehr schwer zufriedeuzustellcu sind." „Ich komme zu Ihnen deshalb," erklärte Comprcmi, ohne auf die Ein wendungen zu hören, „»veil Sie mit Baute», Kauflcuten und Assekuranzen in Verbindung stelle»», was bei mir nicht der Fall ist, und sehr leicht, wenn Sie nur »vollen, den jungen Mann irgendwo plazieren können." „Sehr leicht ist das nicht." Ferner kvmine ich deshalb nicht zu Ihnen, »veil Sie mich kennen und weil ich glaube. Sie werden bei den» Eba» alter nnscrer langjährigen Beziehun gen nicht „nein" sagen, wenn ich Ihnen eine so geringfügige Bitte unterbreite." „Ich möchte schon, ich möchte schon, mein Lieber, aber ich weiß wirklich nicht, tvie ich Jbnen da momentan dienen könnte." „Denken Sie nur ein bißchen »»ach, Herr Doktor, es wird Ihnen sicherlich etwas einfallen." „Wie alt ist der Man»»?" ..Sechsnndzwanzig Jahre. Er hat früh geheiratet und ist wieder Wit wer geworden." „Nun, ich will Ihnen etwas sagen. Weil Sie so warn» für den jungen Mann sprechen ,so will ich ilm mir einmal anschancn. Schicken Sie ihn her auf, ich werde sehen, ob sich ctwas mache»» läßt." „Oh, es wird sich gewiß etwas machen lassen," meinte Comprani über zeugt. „Wer soll denn einen jungen Menschen unterbringei» können, wenn nicht Sie, der Doktor Martin? mit der großen Kanzlei und de»» tan'cnd Ver bindungen." „Nun," sagte der Doktor, verlegen lächelnd, „es ist nicht so arg. Und Sie," setzte er hinzu, ..bringen Sic sich noch immer ans Ihre Weise durch den Sprachunterricht fort?" „Ja. das tue ich." „Ich wüßte etwas viel besseres für Sie, wenn sich mit Ihnen vernünftig »eben ließe." „Ich weiß nicht, was Sie unter vcrnüftig verstehen, Herr Doktor." „Es bandelt sich um die Gründung einer neuen Bank, „Dolksdank" ge nannt, welche dazu bestimmt sein soll, den kleinen Leuten — Handwerkern, Eubalternbeamten. Lekrern — gegen billiges Geld Kredit zu verschaffen." „Ich habe, wie Sie wissen, kein Geld zu verleihe»»." „Das weiß ich. Um Geld handelt es sich auch gar nicht, das geben schon andere her. Wir brauchen aber einige Herren in sozialer Stellung mit einem entsprechenden Bekanntenkreise, die als Verwaltungsräte an die Spitze des neuen Unternehmens treten. Dabei kann der Betreffende nur gewinnen und nicht» verlieren. Und Sie würden für eine solche Stelle passen." 4 ! In c;«s t eirci da! ei ei in v O'cve- :aatz vv!> ebe »- d naiver Hilssbereilschaft, daß »ein Groll stets nur gegen die Gesawtbeit seiner Mit- nienscben gegen den Staat, die Gesellschaft, die irgendwo herrschende Majorität gerichtet war, niemals aber gegen die einzelnen Menschen, die er kennen lernte, »ud die etwa in irgend einer Weiß' einer Förderung bedurften. Solchen Personen stellte er tick» immer »nieder mit der gleichen saß kindlich zu nennenden Bereitwilligkeit zur Verfügung und war im stände, für sie geeigneten Orts mit alle» moralischen Opfern einzntreten. Bei einem w gearteten Mensche» batte es nur der einfache»» Bitte Fritzens bedurft, um seine Intervention für Dorneck zu erwirken. Er batte noch am selben Tage, an welchem Fritz mit ibm gesprochen, sich eingehend mit der Frage befaßt, wo man für Torneck einen geeigneten Wirkungskreis schassen könne. Dabei war er ans Doktor Martins Nersallei». Dieser besaß eine große Advofatnrskanzlei, ea bl reiche Verbindungen führten von ihm in die Kreise der einflußreichste»» Aristokratie, und z» vielen Leute» in der Börsen und Handelswelt pflegte er Beziehungen. Wem» dieser Mann wollte, so nermochte er gewiß den armen Torneck, der ols Künstler nicht leben und nicht sterben konnte, ans seiner uneranicklichei» Situation zu befreien. Während Eomprani tür seine Person, und wenn der.Hnugertod hinter ibm bergewesen wäre, niemals eine Bitte ausgesprochen batte, machte er sich da. wo es galt, einen» andere»» heiziistebev, sogleich ans den Weg. Schon 21 Stunde»» nach der Unterredung mit Fritz ging er zu Dr. Martins. Tie Kanzlei desselben befand sich in einem der nornehmsteii Stadtteil» in der erneu Etage und bestand ans einer ganzen Flucht Non Zimmern, welche eiusack'. aber nett dort möbliert waren, wo die Schreiber und Beamten »cb auf hielte», aber geradezu elegant ii» seueu Teilen sich präsentierten, wo der Doktor seine Audienzen erteilte. Man konnte faß so sagen, denn Dr. Martins war aus zwei Gründen Non einer zablreicheu Klientel »ehr gesucht. Erstens war er ein gewiegter Jurist, der mit eiuer bedeutenden Kenntnis aller Gesetze, Verordnungen, gerichtlichen Entscheidnngei» »sw. eine»» große»» Scharfsinn ver band. wo andre Kollegen längst keinen Rat mehr wußten. Mindeste»»-; cbensa »nichtig für die Festigung und Erweiterung seines Knudenkrciscs war aber seine zweite Eigensckeast: die besondere Skrupellosigkeit. Mancher Advokat braucht sie. Martins jedoch überbot hier jede Konkurrenz. Ungeniert stieg er auch in die gewagtesten Sitnatienen bineii». wenn er nur einigermaßen da von überzeugt war, einen Erfolg erzielen zu können. Tie Methode: „Wer nichts wagt, gewinnt nichts" batte er bis zu einer Virtuosität ansgebildet, einer Virtuosität, welche freilich aick Kosten seines moralischen RnkeS sich ent wickelte. So war es im Laufe der Jabre dazu gekommen, daß, »venu inan den Name» des Doktor Martins namite. jedermann die Achsel» zuckte, aber auch gleich hinznfügtc: „Er hak ein Vermögen erworheii." Nicht wenige Bankerotteure batte» cS ihm zu verdanken, daß der Vor wurf der betrügerischen Handlungen ohne Folgen von ihnen abglitt. Er batte »»milchen vom Staatsanwalt ans einen notorischen Betrüger abgesendeten Pfeil anfgcsangen und auf diese Art den hochgeehrte»» Herrn vor einer lieb lose»» Vernrteilnng geschützt. Auch einige Ehescheidungen waren ibm bereit* gelungen, die »regen de? Widerstandes eines der beiden Teile nur sehr schwer hatten bewerkstelligt werden können.