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Montag den 5. Mai 1913 Sächsische Volkszeitung Nr. 102 — Seite 5 2S. Hauptversammlung des Vereins katholischer deutscher Lehrerinnen OkO Ludwigshafen, den ö. Mai lSlS In diesem Jahre wurde unserer Stadt die hohe Ehre zu teil, die katholischen Lehrerinnen Deutschlands für einige Tage zu beherbergen. Nicht das Vergnügen ist es, das sie herführt, sondern ernste Arbeit wartet ihrer in unseren Mauern. Es gilt zu raten und zu taten, auf welche Weise und durch welche Mittel die Vervollkommnung unserer Jugenderziehung zu erstreben ist. Fürwahr, eine ernste, aber dankbare Aufgabe, der sich unsere katholischen Lehre rinnen da unterziehen! Die deutschen Katholiken stehen ans dem Standpunkte, daß unsere Jugend im Geiste des Christentums zu erziehen ist und bringen daher den Bestre- bungen des Vereins katholischer deutscher Lehrerinnen das allergrößte Interesse und innige Sympathie entgegen. Aber nicht nur Interesse haben wir für die hohen und idealen Bestrebungen des Vereins, sondern wir wünschen den Ver handlungen auch den besten Erfolg. Auch in diesem Jabre wieder ist die Tagesordnung eine recht interessante und aktuelle. Im Mittelpunkte der Beratungen steht selbstvec- stgndlich die Sorge um das Wohl unserer katholischen Jygend im besonderen und der Jugend im allgenieinen, lieber Jugendpflege, über Fürsorge auf dem Lande, über die Bekämpfung des Alkoholismus, über die Lektüre der Jvgend und über viele andere ähnliche Themata wird in Ludwigshafen verhandelt werden. Auch die Freidenker bewegung und deren Bestrebungen, mit ihren zersetzenden Zielen Eingang in die Herzen der Jugend zu gewinnen, wird einen breiten Raum in den Verhandlungen einnehmen. Her vorragende Redner und Rednerinnen haben sich in den Dienst der guten Sache gestellt, so daß zweifellos auch die diesjährige Hauptversammlung von reichem Segen für unsere katholische Jugend begleitet sein wird. „Liebe zu Gott, zu Kirche und Vaterland, Liebe zum Volk, Liebe zu dkn Kindern!", das ist der Leitstern, dem unsere katho lischen Lehrerinnen bisher getreulich gefolgt sind. Die katholische Bevölkerung der Pfalz rechnet es sich zur Ehre an, die mutigen Verteidigerinnen und Beschützerinnen des christlichen Glaubens, die wackeren Erzieherinnen unserer Jugend für etliche Tage bei sich zu Gaste zu sehen. Heute, kvo der liberale Lehrerverein und sein Anhang Wege gehen, die wir Katholiken nicht billigen können, begrüßen wir es doppelt freudig, auch unter den Lehrerinnen noch Tausende zählen zu dürfen, die mit beiden Füßen auf dem Boden unserer Weltanschauung stehen und den Christnsglauben in die Herzen unserer Jugend senken wollen. Die katho lische Bevölkerung der Pfalz und ganz besonders diejenige der Stadt Ludwigshafen ruft den katholischen Lehrerinnen ihren herzlichen Willkommengruß zu und wünscht den Vera- tungen den besten Erfolg zum Wöhle von Kirche, Vaterland und Volk! Gerichtssaal 8 Dresden, 4. Mai. Der ehemalige Rechts anwalt Beschorer wurde gestern vom Königlichen Landgerichte wegen Untreue, Unterschlagung, Konkursver gehen und Betrug zu 2 .Jahren 3 Monaten Gefängnis ver urteilt, wovon 3 Monate als verbüßt angerechnet wurden. Beschorer hatte sich infolge seiner Leidenschaft des Westens bei Pferderennen an Mündelgeldern, sowie an anderen ihm onvertrauten Papieren vergriffen und eine Anzahl un mündiger Personen hierdurch geschädigt. Bei der Ver nehmung gab ec selbst an, daß er in zirka 4 Jahren rund 60 000 Mark verwettet habe, wobei er auch das Vermögen seiner Mutter und seiner Geschwister aufs Spiel setzte. Beschorer flüchtete bekanntlich Anfang Oktober aus Dresden unter Mitnahme einer größeren Geldsumme und begab sich nach Prag, wo er gleichfalls auf dem Rennplätze seiner Leidenschaft fröhnte. Anfang Februar 1913 wurde er in Prag verhaftet und nach Dresden zurückgebracht. Der Ver treter der Staatsanwaltschaft bemerkte am Schlüsse der Ver handlung. daß das Wetten bei Beschorer zu einer verhäng nisvollen Leidenschaft geworden sei. Er Hütte sich als ge bildeter Mensch und als Jurist sagen müssen, daß er durch Westen auf den Rennplätzen niemals ein Vermögen ver dienen könne. Auch seien seine Schulden nicht so drückend gewesen, daß er fremde Gelder hätte angrcifen müssen. Der Angeklagte hatte seine Veruntreuungen unumwunden zu gegeben. Vermischtes V Eine unheimliche Fahrt durchs Feuer- meer. In der Ortschaft Gransee bei Oranienburg war ver mutlich infolge Funkensluges aus einer Lokomotive ein Waldbrand entstanden, der sich in einer Länge von etwa 300 Metern dicht am Eisenbahndanuu entlang ausdehnte. Als der Kopenhagener v°Zug herankam, schlugen die Flani- men noch lichterloh empor. Der Zug wurde zunächst zum Halten gebracht, fuhr aber dann zum Entsetzen der Rei senden, die schleunigst die Fenster schlossen, mitten durch den Rauch und die Flammen hindurch. Der Passagiere bemäch tigte sich eine große Erregung, doch erlitt niemand Schaden. v Witter ringsum schlag in Frankreich. Einer wahren Sommerhitze, die auch in den letzten Tagen geherrscht hatte, folgte mit plötzlichem Wettersturz emp- findliche Kälte, die an vielen Orten bis zum Gefrier punkt ging. In Mittelfrankreich und in der Gegend von St. Etienne fiel reichlich Schnee und blieb in einer fünf Zenti meter starken Schicht liegen. v Die Tragödie einer Touristin. Eine junge Innsbrucker Touristin stürzte bei einer Hochtour auf der Sattlespitze über den steilen Abhang ab. Sie erlitt nur unbedeutende Verletzungen, wurde jedoch infolge des Schreckens wahnsinnig. Die Bedauernswerte mußte in eine Nervenklinik gebracht werden. v Waldbrand bei Celle. Ende voriger Woche brach unweit des Dorfes Höfcr im Landkreise Celle ein Wald- und Heidebrand ans. der eine gewaltige Aus dehnung angenommen. Da daS Feuer auch über den Eiscn- bahndamm der Linie Hannover—Hamburg vordrang, mußten die Züge auf offener Strecke halten und hatten mehrstündige Verspätungen. Der reiche Wildbestand ist sehr geschädigt worden. Auch mehrere Schuppen, die auf der Heide standen, sind verbrannt. Die Ursache des Brandes ist noch nicht festgcstellt. Der Waldbrand wurde heute mittag ein gedämmt. Ein starker Gewitterregen be seitigte jede Gefahr. Im ganzen sind gegen 12 000 Morgen guter Waldbestand von vier Landgemeinden vernichtet wor den. Die Forsten der Königlichen Klosterkainmer sind un versehrt geblieben. Literatur Petrr ReicheuSprrger. Von Dr. Franz Schmidt. (Heft 4 der «Führer des Volkes". Eine Sammlung von Zeit- und Lebensbildern.) 8° (04). Jedes Heft 60 Pfg., postfret 70 Pfg. M.-Gladbach 1913. VolkSvereins-Verlag GmbH. Es ist ein reizvoller Genuß, die vielgestaltige Bedeutung von Peter Reichensperger an Hand der wissenschaftlich gründ lichen, klar umrissenen Darstellung von Dr. Schmidt zu verfolgen. Wie wir erfahren, beabsichtigt Dr. Schmidt auch eine große wissenschaftliche Darstellung des Lebens von Peter Reichensperger, wie sie sein Bruder August in dem klassischen zweibändigen Werk von Ludwig Pastor schon ge- sunden hat. Für Mitteilungen oder leihweise Uebersendung handschriftlichen (Briefe usw.) oder sonstigen dienlichen Ma terials für die Biographie wäre der Verfasser sehr dankbar. Die Feier des ersten Freitags im Monat zu Ehren des heiligsten Herzens Jesu und zur Erlangung einer seligen Sterbestunde. Ein Wort der Belehrung von einem Pfarrer der Erzdiözese Köln. Mit drei Vollbildern 45 Seiten in farbigem Umschlag, ä Stück 16 Pfennig, empfiehlt Hein rich Tkümper, Hoflieferant, Ecke Sporer- und Schössergasse. Spielplin der Theater in Dresden König». Opernhaus Dien Stag: HoffmaunS Erzählungen. Anfang >/-8 Uhr. Mittwoch: Der Zlgeunerbaroo. Anfang V-8 Uhr. König». Schauspielhaus Dienstag, neu etnstudlert: Hedda Gabler. Anfang Vz8 Uhr. Mittwoch: Genoveva. Anfang 7 Uhr. Refiveuztheater Dienstag und Mituvoch: Die Reise um die Erde in 80 Tagen. Anfang 8 Uhr. KöutgShos (Strehlen) '/.? Uhr. Museuhalle Löbtau Auf. 8 Ubr. RetchShof-Kabarett «ns. '/.VUHr. U. - T. - Lichtspiele. Waisenhaus. stratze 3-11 Uhr. ThmianS Thalia-Theater 8.20 U. Tivoli-Kabarett V-v Uhr. Konzerte Kgl. Belvedere (Olsen) '/«S Uhr. Gr. Wirtschaft (tzcrrmann) 4 Uhr. varieiös Zentraltheaier Ans. 8 Uhr. «Ütktoria > Salon Ans. 8 Uhr. Lpielpla» der Theater in Leipzig Neues Theater. Dienstag: Lobetanz. Mtiwoch: Lorio. lanus. — Altes Theater. Dienstag: Die fünf Frankfurter. Mittwoch: Fllmzauber. — Operetten-Thcalcr. DienStag: Der liebe Augustin. Mittwoch: Hoheit tanzt Walzer. — Schau- svielhauS. Dienstag: Hinter Mauern. Mittwoch: Stein unter Steinen. „Eines schickt sich nicht für falle!" Blanche Hausfrau glaubt, daß die überall bekannten und beliebten Maggis Suppen alle auf gleiche Weise gekocht werden könnten. Das trifft jedoch nicht zu. Die Zubereitung von Maggis Suppen ist zwar sehr einfach, aber für jede der 43 Sorten natürlich nicht die gleiche. Es sind nur Kleinigkeiten (längere oder kürzere Kochzcit, mehr oder weniger Wasser, igw.', dabei besonders zu beachten; dann aber schmecken Maggis Suppe» auch wirklich ganz vorzüglich. Sie ermöglichen der Hai.ssrau billig, schnell und gut zu kochen. — 64 —. mit silbernem Saume. Wie bon rotem Feuer übergossen glänzte die Front der Villa und in den Fenstern brannten hundert goldene Flammen. Tie Bäume umstanden das Haus wie purpurne Pyramiden, di- Blumen glühten wie riesige Rubine und Topase — und die Treppe, die zur Pforte führte, war vom Sonnenschein wie mit einem Scharlachteppich belegt. „Komm," sagte Hardy und küßte seine junge Iran, „tritt ein: hier hat das Glück seinen Thron aufgeschlagen!" — Die Flitterwochen verbrachte das Neuvermählte Paar in der Villa am Starnberger See. Sie dauerten jedoch nicht allzulange. Schon in der dritten Woche nach der Hochzeit rief Leo v. Sandow seinen Sohn zu sich an seine Seite. Obwohl Annie darauf vorbereitet war, erschrak sie doch. Nun galt cs Abschied zu nehmen von der Heimat,, von ihrer Jugend, von allem, was ihr lieb und teuer gelwesen war. Ein heißes Weh durchzuckte sie, der Vorbote jenes schmerzlich-süßen Gefühls, das uns dos Heimweh bereitet. Sie fuhr nach München zu ihrem Vater. „In zwei Tagen reisen wir, Papa," sagte sie und warf sich ihm weinend an den Hals. Auch er erschrak. „So bald schon?" fragte er und fühlte, wie ihm der Schmerz das Herz zusammenkrampfte. Sie nickte, ohne antworten zu können. Da quoll alte Liebe, die der starke Mann für sein Kind im Herzen trug, empor und überwältigte ihn. Er zog Annie an sich und legte ihr Gesicht an seine Brust. Sie sollte die Tränen nicht sehen, die ihm in den Augen stan den und wie Perlen in den Bart tropstcn. ..Wir wollen stark sein," tröstete er sie und suchte seiner Stimme einen festen Klang zu geben. Aber es gelang ihm nicht. Der Schmerz in ihm w.,c zu groß: er brannte so heftig, als ob ihm das Herz aus der Brust gerissen würde. Als sich ihre Erregung gelegt hatte, sagte Annie: „Es ist ein so schöner Abend, Papa, und ich möchte Abschied nehmen von der Stadt, von der Heimat und von allem, was mir lieb ist. Am Morgen sehen sich die Dinge viel nüch terner an, jetzt aber ist alles in Poesie und Schönheit getaucht. Meine liebe Münchner Stadt strahlt im Abendsonnenschein — dies schöne Bild möchte ich in meiner Seele festhalten und mitnehmcn nach dem Norden! — Komm, Papa, begleite mich! Es ist das letzte Mal, daß wir miteinander durch die Stadt gehen I — Vielleicht das allerletzte Mal," setzte sie in Gedanken hinzu, „dem: ich werde gewiß vor Heimweh sterben!" Sie stiegen hinab zu den Jsaraucn. Wie schön war dieser starke, brau- sende und schäumende Fluß, der aus dem Herzen der Berge kam. Ueber den grünen Fluten zitterte der Abendsonnenschein, goldene Funken zuckten ans dem Silberschaum empor, und daS Rauschen des Wassers klang wie ein ver trautes Lied. Drüben über der Brücke stand das Maximilianeum wie eine purpurne Mauer im Abendsonnenschein, und dort spannte der FriedenS- engel seine goldenen Flügel, als ob ec ins Weite fliegen wollte. „So wer den auch meine Gedanken immer in die Ferne fliegen," dachte Annie, „immer nach Süden, immer in die Heimat!" Dar Münchner Kindl — 61 — 1K storllcsunA. Wunder über Wunder in dieser majestätischen, sonnenbcglänzten Alpcn- pracht, Rätsel über Rätsel! Nie hatte Annie solche Cchönhcitswunder ge sehen, nie war sie den königlichen Bergen so nahe gewesen. Man schien sie mit der Hand erreichen zu können, so nahe waren sie gerückt; ein Schritt — und man war in diesem steinernen Paradiese! Der Himmel wölbte sich wie eine tiefblaue Kuppel über den Bergen, die ragenden Berge schienen sie wie marinorne, in allen Farben schimmernde Säulen und Pfeiler zu stützen. Und — o neues, unfaßbares Wunder! — war cs Wahrheit, war es Täuschung? — An der hochgewölbten ehernen Kuppel blitzten kleine, blasse Stcrnlcin auf — ein ganze? Firmament von goldenen Sternen! Dieser Anblick überwältigte Annie; sie wäre vor Ehrfurcht aus die Kme gesunken, wenn dies hier möglich gewesen wäre. Ta es aber nicht ging, lal- i :e sie die Hände und blickte mit Tranen in den Allgen zum Himmel cii'par. Die Unermeßlichkeit des Raumes, die Fülle und Unendlichkeit des Lichtes, die nie gesehene Schönheit, die in der Umarmung von Himmel und Erde, in dem Jneinanderfließen von Firmament und Gebirge lag — das alles trug dagi bei, ihr Herz jauchzen zu machen. Aber sie fand keine Woite, um ihren Ge fühlen Ausdruck zu geben; Worte schienen hier zu klein und zu nichtssagend, nm riese Majestät der Natur, dieses ewige Universum, > > dem sie wie e :> kleiner Falter schwebte und das, je höher sie stiegen, imine:: i»?hr ms Nie en- hasst' und Unermeßliche sich dehnte, würdig zu rühmen. Da ecmii'ste sie sich Beethovens Himmels'Hymnus, »nd voll Jubel sang sie, hoch über der Erde: „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre, Ihr Schall pflanzt seinen Namen fort! Ihn rühml der Erdkreis, ihn preisen die Meere. Vernimm, o Mensch, ihr göttlich Wort! Wer trägt der Himmel unzählbare Sterne, Wer führt die Sonn' aus ihrem Zelt? — Sie kommt und leuchtet und strahlt uns von ferne, Und läuft den Weg gleich als ein Heidi" — Von ihrer Begeisterung ergriffen, stimmten auch Hardy und die Piloten mit in den Gesang ein. Wie das in dieser Höhe, in dieser ewigen Stille klang! — Wie ein Chor von Seligen, die den offenen Pforten des Himmels zn- schwcbten. Und Himmel und Erde, Luft und Wolken warfen ein hundert faches Echo zurück, gleich als ob sie ih--c Zustimmung ansdrücken, als ob sie die Ehre Gottes durch das Universum tragen wollten I Und abermals antwortete das Echo, als sie sangen: „Vernimms und siehe die Wunder der Werke. Die Gott so herrlich ausgestellt I Verkündet Weisheit und Ordnung und Stärke Dir nicht den Herrn — den Herrn der Welt Er ist dein Schöpfer, ist Weisheit und Güte, Ein Gott der Ordnung und dein Heill — Er ist'S! — Ihn liebe von ganzem Gemüte, Und nimm an seiner Gnade teil!" ck-il