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«r. »» I». Jahr« Mittwoch, »ro 23 April >»>» aoenvv Sächsische Geschäftsstelle und Redaktion: Dec»den-A. 16, Holbeinstrah« 40 Fernsprecher LlUUt» Postscheckkonto Leipzig N». 147S7 »»»»«»« » m» lUui» tieuaar virueliayUl» L.8t» ». In Dresden und amu Deullch Iwid frit pan» 3.3E» -- In vetlerretw ».«0 X NoSaad« v v>»ne»,nni»a- o.Sk» F». gn Dresden und gmu Deulichlaiid Ire! Hau» ^ «n öenerreiw d.tü» X. GEn«e»- Nnmwei IE» e HE« ««WU»e «»USjeiluna ericheim an alle» Moidentagen nachmmapS. — O . Aiizeigeni Amiahme vvnGinch tusa »ze,.,,.-» vis tEINHr, va» Familie ,muel»ie» VIS l > Uhr «arm. Preis ttirdiePelit Lv>ill^>'üe t«I Z. imReNa- meteil t -V. Familien-Slnzeige» 30 z Zitr undeutlich gcichriebene. sowie durch F«rn- ivrecher aufue,iedeue Slnzeioen lüniien »vir dl« elernmwoiiUchsettfürdic Richligkeitdes TorteS nicht übernehme». LpreLIlnude der Redaktion! 11 - 1!t Uhr vormittags. > ^ Einzige katholische TageszevMW W Anrgade ^ mll Ulnprierter NMerdalnmgrdellage Ml» eeilg. Wochen»«»»»» OrgM der Zentrumspttrzek Avsgad« k mrr mit -er Wocheichellasr Winke für die politische Schulung. Das Parteilebeil weist vielfach eine erfreuliche Steige rung des Interesses siir die Ausgaben des Staatsbürger- lebens ans. Tie Vertrauensmänner der ZentrnmSpartei, der Arbeitervereine, des Volksvercins lassen an vielen Orten des,.deutschen Reiches die staatsbürgerlichen kleinen 5.knrse wieder ausleben, die vor zehn Jahren eifrig gepflegt wurden. CS handelt sich dabei um zwei Aufgaben: die Pflege der Slaatsbürgergesinnnng, und diese ist das grundlegende und wichtigste; sodann nin die staatsbürgerliche oder politische Schulung, welche zu politischer UrteilSbildnnz befähigen imd politischen Zinn Permitteln soll. Me Weckung und Pflege der Staatsbürger- gejinnnng erreiche ich nicht durch Vorträge oder Ab handlungen über Verfassung, Wirtschafte- und Sozialpoli nk, Staats- und Gemeindeverwaltung, über das Partei- ivesen oder über sonstige technische Einzelheiten des mechr- nijcstjiiristischen Apparates, in dem als in seinem Gehäuse oder Knochen- und Sehnengerüst die N olkssami! i e des Staatsvolkes lebt und webt. StaatSbürgcrgesinnnng ist Familiengesinnnng gegenüber Volk und Vaterland, mit dem inan sich durch Abstammung, Schicksal, Geistes- und Kulturleben, durch die heimische Scholle, tnrz, durch die .Heinrat verwachsen fühlt. Familiensinn wecke und pflege ick) nur dadurch,,das; ich dem Bürger die Augen öffne, so daß er diese Schicksals-, Blut- und Geistesgemeinschast siehr, fühlt, als eigenes Erlebnis erfährt. Dann wird er sein Volk und Land lieben, Freude daran haben, Lust am Mit- scbcrssen dafür empfinden, in Gemeinde und Staat sich ftir das Gemeinwohl betätigen. Wenn wir uns fragen, wie wir Liebe zur eigenen Hei mat gleichsam mit her Luft eingeatmet haben, deren Mund art wir mit Vorliebe sprechen, deren Sitten und Lebens- aewohrrheiten, Feste. Ueberliefeningen uns ans Herz ge wachsen s«d, dann äußert sich in der Antwort darauf auch das Verständnis dafür, wie wir mit Volk und Land in Herz und Gemüt verwachsen. Wir fühlen, was Hölderlin fingen durfte: „O heilig Herz der Völker, o Vaterland!" Freude am Volkstum rannen uns die Sagen und Märchen in die Seele, singen uns die Volkslieder und nationalen Dichtun gen ins Herz. Freude am Volk, Vaterland und Volkätnm gewinnen wir in all den Arbeitsgemeinschaften, in denen wir für unsere Gemeinde, für unseren Berufsstand, für die Familien und die Heranwachsende Jugend, für die Hilfs bedürftigen tätig sind. Lernt doch auch das Kind seine Fa milie am besten lieben, wenn es Spaß daran gewonnen Hai, für Eltern und Geschwister zu schaffen, sich zu mühen, zu opfern. Wie man das in einem politischen Unterrichtsknrie an greifen soll, lese man nach bei Pieper, Vom Geiste der Demokratie, S. 44 flg. und 33 flg. Den trockenen Ton wird man dabei verlassen und zeitweite eine Sage, ein Märchen, etwas aus der Heimatkunde, vortragen, sich un terhalten über die Schüße deS heimischen städtischen oder bäuerlichen Volkstums. Paul von Lagarde grub nach dem deutschen Volkstum in den Sammlungen von Märchen und Satzest 'der Brüder Grimm. Die Sankmlnng „Der Spiel mann" bietet in den Schätzen an Dichtung und ungebunde ner Rede unerschöpflichen Stoff, bei dessen Vorlesen alle es erleben, dessen inne werden, was sie als tätige Glieder der Lebensgemeinschaft der häuslichen Familie, der Standes- sainili«!, der Gemeinde- und Volksfamilie werden können und wie sie im Mitschaffen - und Mitanfbauen daran Be friedigung, Freude, Glück finden können. Die dänische Volkshochschule, die an erster Stelle in das heimliche V'lks tum durch Hineinleben einführen will, benutzt dazu insbe sondere heimische Sage, Dichtung, Musik, Geschichte, letztere in den heldischen Verkörperungen des Volkäwes-ms. Der Vo l ksv e r e i n s v e rla g wird im Sommer eben dazu ein Hilfsmittel herausgeben in einigen Schriftchen: „Feier- gbendplandereien mit jungen Staatsbürgern." Neben der beschriebenen Pflege der Staatsbürgerge- sinnnng, die bisher in der politischen Schulung entweder übersehen oder wenig zweckmäßig angefacht wurde, mutz dam» hergehen die politische oder staatsbürger- Iiche Schulung. Ihr Ziel ist vornehmlich Befähigung zur Bildung eines politischen Urteils über die großen und kleinen Tagcsfragen und die Pflege des politischen 'Zinnes. Das Urteil trnrd vom abwägenden Verstände auf Grund theoretischen und praktischen Wissens gebildet, der politische Sinn führt zum liebevollen Verständnis der Lebeirsbedingungen des Staates als der bürgerlichen Volks gemeinschaft. Wer darunter zu verstehen sei, legt Pieper in seiner Schrift über den Geist der deutschen Demokratie S. 60 flg. dar. Politisck-er Sinn und Politisches Urteil müssen hervor- wvch en ans der Erkenntnis, wie und auS welchem Natnr- dr.rnge die Völler ihren Staat geschaffen haben, welche Aus gaben ihnen demnach gestellt sind, wie diese im Laufe der Zeit wechselten, welche geschichtliche Entwicklung der Staat nahm, welche Schicksale er erlebte. Gerade heilte ist das unentbehrlich. Die drängenden Ausgaben ließen nach Mit teln und Wegen zu ihrer Verwirklichung suchen. Der Re gierung stehen zur Seite die Parteien. Das Parteiwesen und die Partcibetätignna soll man hier nicht bloß und nicht zuerst agitatorisch erörtern, sondern vor allein in ihren tie feren Lebenszwecken, in ihren Obliegenheiten, in stirer Kunst. Nicht 'minder die Aufgaben der Volksvertretung, der Regierung und Verwaltung. Leider haben wir kein einziges volkstümliches Schrist- chen über den Ursprung und die Entwicklung deS deutschen Staates. Ter Volksverein hofft ein solches demnächst vor legen zu können. Lehrreich für den kritischen Leser ist das Bi'ch voir Franz .Oppenheimer, Der Staat. Eine sozial- pmckolomiche Monographie (3 Btt,). Das dreibändige ge störte Werk von Richard Sckmidt, Allgemeine Staatslehre GO Mark) ist vortrefflich auch in der Berücksichtigung der Eniwicklnngsgesckichie des Staates. Von letzterer '-sähen ah oie zahlreichen Bücher über Bürgerkunde, die trockene wissenschaftliche oder praktische Darlegungen bieten. Wir empfehlen znm kritischen Gebrauche die kleine Allgemeine Staatslehre von Professor Nehm auS der Sammlung Göschen (1 Mark), dazu von Hertling, Neckst, Staat, Ge sellschaft (t Markt. Die Schriften über die politischen Parteien veralten 'meistens schnell mit dem Äandel des Tages. Im Ver lage des W i n d t h o r st b n n d e S (Köln, Donistraße 6) erschien vor dem Kriege das Schristck)en: Die Politischen Parteien und ihre Tätigkeit (33 Pf.). Ueber die Zentrnms- partei gab das G e n e ra t s e k r et a r i a t der Zen- t r u m spartet in Berlin W. 3, Französische Straße 62, im laufenden Jahre zehn billige Tagesschristchen heraus. Daneben sind zu empfehlen die lOll) beim Volksverein erschienenen billigen Vortragsskizzen 40 bis 43 und die Sozialen Auskünfte 34 bis 37 (je 23 Pf.). Grundlegend sind Vortragsskizzc 13: Die Bedeutung des neuen Zen- triiinsprograiiims, und Nieder, Der wissenschaftliche Sozialismus a!s Grundlage der Sozialdemokratie. Zinn größten Teile behaupten auch heute noch ihren Wert die zwei Hefte: Staatsbürgervorträge (je 1 Mark, Volksver- einst erlag). In den 93 .Heften der Staatsbürgerbibliothek des Volksvereinsvcrlages finden sich Einzelschriften über die wichtigsten Einzelfragen der Bürgerkunde (je 43 Pf.). Die Rheinische ZentrnmSpartei (Köln. Rnbensstraße tt). der Verlag des Windthorstbiindes, die Zentrnms-Partei- organisationen in den süddeutschen Bundesstaaten gaben be sondere Schriften heraus. vre Deutschböhmens Schicksal. I). li. Ist Prag, 13. April. Die so oft angctündigte Botschaft des Präsidenten Ma- sarht über die Grenzen der tschechoslowakischen Republik ist abermals verschoben worden. Man hatte in Prager Ne- gicrungskreisen bestimmt damit gerechnet, noch vor Ostern die Einverleibung Dentschböhinens und des deutschen Sn- detenlandes in die tschechoslowakische Republik der Welt ver künden zu können und so endlich die der tschechischen Bevöl kerung seit dem Zusammenbruche des alten Oesterreich immcr wieder gemachten Zusagen einzulösen. Schon im Dezember ist in der Prager Nationalversammlung erklärt worden, daß die Entscheidung über die „historischen Gren zen" der tschechoslowakischen Republik auf dem Pariser Friedenskongreß im Sinne der tschechischen Wünsche gefallen sei lind daß eine offizielle Mitteilung nur noch die Frage weniger Tage sein könne. In der Zwischenzeit ist fast keine Woche vergangen,- in der nicht von Prag ans in offizieller oder offiziöser Form die unmittelbar bevorstehende Fest legung dieser „historischen Grenzen" angekündigt worden wäre. Nun hat vor wenigen Tagen der neue französische Botschafter in Wien Alize dem Staatskanzter Dr. Renner versichert, daß die Frage der Grenzen der tschechoslowakischen Republik ans der Pariser Friedenskonferenz noch nicht ein mal in eingehender Form erörtert, geschweige denn sch. : entschieden worden wäre. Diese Mitteilungen haben i - Prag arg verstimmt, denn sie stellte« sich als eine De - avonierung der wiederholten Prager Regierungscrkläru gen, wie sie schärfer und entschiedener wohl kaum gedacht winden konnte. Man weiß heute in Prag sehr gut, daß die Herrschaft der Regierung Masaryk und Kramarsch in dem gleichen Augenblicke stark erschüttert werden müßte, da in Paris gegen die tschechischen Forderungen auf Einver leibung DentichböhmcnS und des dcurnln-n SndeteickmdeS entschieden wird. In den siinj Monaten rücküchtAvser Ge waltherrschaft, die jetzt dort geübt wird. h.u man die tsche chische Bevölkerung zu sehr in die'eii Lieg-eKanmel hinem- getrieben, als daß sie eine solche Ecnüchstci'iing : .ü>ig und ohne Widerstand ertragen könnte. Kein Wunde:, patz den gegenwärtigen Machthabern in Prag um in:,- Zukunft, bange wird und daß angesichts der immer wieder verzöger ten Entscheidungen der Pariser Friedenslonsere::..; mm auch der stärkste Optimismus der tschechischen Führer ins! Schwanken gerät. Zn all dein koinwcn die immer stärker anftreteuden innerpolitischen Schwierigkeiten. Auch hier treibe,i> -die fielen uneingelösten Versprechungen zu ein» ' immer sa-Kr seren Unzufriedenheit und nur mit Mühe geling! es, wenig stens die schroffsten Gegensätze vor dem An-Amch, zu ver kleistern. Tie Herrschaft des tschechoslowakischen Staates ist ans der Macht des Bajonetts anfgebant. Aber »rernde vier zeigen sieb bereits bedenkliche Erschein»w.wa und die letzten Demonstrationen tschechischer Legionäre u, Prag gegen die Regierung waren ein dentlickzes Spmptom zu nehmender Zersetzung. , . Dentschböhmen blutet weiter unter den ui'.-erhörten Drangsalierungen der tschechischen GeNw.ltherrsch-as-t. ., Aber die Bevölkerung ist äußerlich ruhig und "geht ihren Leidens weg mit einer Würde, die mehr als Achtung, die Vcwund-e» rnng verdient. Die 3,3 Millionen Deutsche, die in -Deutsch- böhmen und im Sudetenlande wohnen, erwarten dm Ent scheidung der Pariser Friedenskonferenz mit rnbigrr Zuvor- sicht, aber auch mit fester Entschlossenheit und mit dom star ken Willen, selbst ihr Schicksal zu bestimmen, wie immer auch die Beschlüsse deS Biererrates ansfallen mögen. Die deiitschböhinische Frage »nid in Paris nicht endgültig gelöst werden, wenn ne die Forderungen des tsch-eckm lxm Im perialismus berücksichtigt. Die 3,3 Millionen Dautick>en sind beute entschlossen, mit allen Mitteln sich ihre Fre:Heft zu erkämpfen und sie.wissen, das; in Europa keine Ruhe sein wird, bevor sie dieses Ziel nicht erreicht haben werben. Da- Schicksal Dentschböhinens liegt nicht in den Entscheidungen von Versailles. Es wird von den Deutschen. d<>8 Landes »elbst bestimmt werden, und wenn der Spruch de? Virier- rates gegen das urdeutsche Land ansfällt, so ist damit :>icht» geschehen, als ein Wort gesprochen, das schon !m näcWen- Mament in einein nnaehcnren Sturm zerftattern nmß. Das Deutschtum Dentschböhinens und des Sudetenlandes ist zu stark »nd zu entschlossen in dem Willen nach seinem Selbstbestimmung-recht, als daß es ein papierner VertoaM vernichten könnte. Weltliche Schule und katholische Lehrer. In Nr. 14 der „Sächsischen Vo I k s ze > l n n g" vom 9. April 1919 findet sich ein Bericht über die aatzer-, ordentliche Vertreterversammlung des Säcttzischcn Lehrer» Vereins am 29. und 30. März 1919 in Dresden. In öieiev wurden die sogenannten „Leipziger Sätze" angenommen, die die weltliche Schule fordern und weiter, daß auf der Oberstufe ein religionsgeschichtlicl)er Unterricht erteilt werde. Festsetzungen darüber wären Angelegenheiten ledig» sich der Schule. Tann hei ßtcs wörtlich: „Nach diesem Beschlüße bekennen sich ein orthodoxer« ein rechtgläubiger katholischer und ein freidenkenber katho lischer Lehrer unter allgemeinein Beifall zu dieser Lösung... Wir halten diestn Augenblick der Vertreterversammlirag für ihren geschichtlichen Höhepunkt. Aus all den Versuchen und Kämpfen seit 1908 und früher kommen wir zur welt lichen Schule ... So kurz und unscheinbar das Ereignis war, als nach dem Bekenntnis zur weltlicken Sckule die drei Vertreter der G ei st e s r i cht n n g e n der Minderheiten (von mir gesperrt) portraten und den Ring der inneren Einigkeit schlossen, so tief und schwer rst er in seiner letzten Bedeutung. Wer den Augenblick erlebt und begriffen hat, wird ihn nie vergessen. Möge eS ein Gleichnis dafür sein, wie sich nun die gesamte Lehrerschaft znm Beschlüsse über den Religionsunterricht stellt." Es gibt also in Sachsen nicht nur „freidenkende", son dern auch „rechtgläubige" katholische Lehrer, die die Reli gion aus der Schule hinanSwerfen wollen, die glauben, in ihrer Arbeit als Jugcnderziehei' ohne die sittlichen Krüsts des Christentums und des katholisckzen Glaubens auskom- men zu können, die den katholischen Eltern bei ihrem Kamp^ um das heilige Recht einer religiösen Erziehung ihrer Kin der in der Schule in den Rucken fallen. Sie mögen jv»«K