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sie in dieser Angelegenheit im BundeSrat vertreten hat, beziehungsweise daselbst vertreten wird. Abg. Günther sührt aus. daß Sachsen ein sehr grotzeS Interesse daran habe, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln der Einführung von Schiffahrtsabgaben entgegenzuwirken. Er verweist auf den starken Verkehr aus der Elbe (23 000 Schiffe) und sagt, die Interpellation sei keineswegs zu agitatorischen Zwecken eingebracht worden, sondern sie sei angesichts der bestehenden Verhältnisse dringend notwendig. Die Antwort auf die Interpellation in voriger Session habe durchaus nicht befriedigt. Die Mißstimmung über das Vor- gehen der preußischen Regierung gegen die Bestimmungen der Reichsverfassung sei eine allgemeine. Er bezweifelt, daß die österreichische Regierung zur Einführung von Schiff- fahrtSabgaben bereit sein werde. WaS die preußische Regierung nicht auf Grund der reichsgcsetzlichen Bestimmungen ver mocht habe, das habe sie dadurch zu erreichen gesucht, daß sie mit einzelnen Bundesstaaten in Unterhandlung getreten ist, was eine Umgebung des Reichs- und des BundeSrates ist. Ec gibt dem Wunsche Ausdruck, daß die Antwort der Regierung sich klar gegen die Einführung der Schiffahrts abgaben aussprechen werde. Staatsminister Dr. v. Rüger beantwortet die Inter pellation sofort durch Verlesung einer Regierungserklärung, nach der die Regierung der Ansicht ist. daß die Einführung der SchiffahrtSabgaben mit dem H '»4 der Reichsoerfassung, mit dem Zollvertrag vom Jahre 1870 und mit der Rhein schiffahrtsakte vom Jahre 1868 nicht vereinbar sei. Entscheidend sei die wirtschaftliche Seite der Angelegenheit. Die Schiff fahrt habe sich gewaltig gehoben, große Jndustrieetablisse- meuts seien errichtet worden im Vertrauen auf den Schutz der SchiffahrtSakte. Die sächsische Regierung sehe sich nicht veranlaßt, in dieser Frage mit der ihr befreundeten preu ßischen Regierung Hand in Hand zu gehen und sie könne die Verantwortung in derselben nicht übernehmen, (leb hafter Beifall.) Abg. Roch beantragt, auf die Besprechung der Jnter- pellationSbeantwortuug einzugehen, was beschlossen wird. Abg. Dr. Spieß bringt die Zustimmung seiner poli- tischen Parteigenossen mit der Regierung zum Ausdruck und erklärt, daß in die Negierung das Vertrauen zu setzen sei. daß sie auch im Falle einer v»n der preußischen Regierung beantragten Aenderung der Neichsverfassung im Bundesrate entschieden gegen eine solche eintreten werde. Abg. Grumbt richtet das Ersuchen an die Regierung, sie möge wie bisher auch in Zukunft mlt Entschiedenheit gegen die Einführung der SchiffahrtSabgaben eintreten. Abg. Langhammer wünscht, daß die heutige Antwort der Regierung schon früher erteilt worden wäre. Aus Ttadt und Vaud. Mttietkunaen au« unserem Leserkreise mit NameiiSferltguna für diese Rubrik finl der Redaktion allezeit willkommen. Der Name de« Linsender« bleibt Aeheimni« der Redaktion, «iionyme Zuschriften müssen unberückfichtiqt bleiben.! Dresden, den 28. Oktober 1907 Tageskalender für den 29 Oktober 1903. t NeickS- gerichlSrat Karl Braun zu Leipzig. — 1373. ß Johann. König von Sachsen. — 1870. Einzug der deutschen Truppen in Metz. — 1762. Schlackt bei Freiberg i» Sachsen. — 165,6. * Edmund Hallet) zu Haggerston, Entdecker des Hallerischen Kometen. —* W e t le> p r o g, v > e ^er König! Oächs. LandeS- tvetterwarte zu Dresden lür den 29 Oktober: Zunehmende Bewölkung, nachher leichte Niederschläge, mäßige südwestliche Winde. Tempero.'.ur nicht erheblich geändert. —' Se Majestät der König besuchte gestern vor mittag den Gottesdienst in der Schloßkapelle zu Pillnitz. Mittags fand im Pillnitzer Schlosse Königliche Familien- tafel statt. —' Se. Majestät der König unternahm l-eiite früh den gewohnten Ritt in die Dresdner Heide und traf dann im Residenzichlosse ein, n>o er die Staatsminister, die Hof- departementsck)efs und den Kabinettssekretär zu Vorträgen empfing. —' Tie Sammlungen für da» Kaiserin- Augnste-Diktoriahuns. die von Herren Staatsminister Tr. Grafen von Hobenthul eingeleitet worden sind, haben auch in Dresden eine» recht guten Erfolg gehabt, denn es gehen täglich ansebnliche Beiträge ein. Jedenfalls geht hieraus hervor, daß der gute Zweck des geplanten Hauses, die Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit, auch hier volles Verständnis findet. Bei dem sächsischen Landesausschusse haben sich schon viele namhafte Persönlichkeiten unter Zeich nung nicht unbedeutender Beiträge angemeldel. —' Tie hiesige Tnchler-Jnnung hat beschlossen, infolge des fortgesetzten SteigenS der Preise für die Roh- Materialien sowie lnr Arbeitslöhne eine Erhöhung der Preise für Tischlerarbeiten eintreten zu lassen. (.-Landtagsnachrichlen. Ter Gemeindesteuerentwurf wird bekanntlich dem diesjährigen Landtage nicht mehr zu- grhen, sondern die Reform der sächsischen Gemeindesteuer- ordnung wird voraussichtlich erst in der Session 1010/Il die Landstände beschäftigen. In den Kreisen der sächsischen Gast- und Saalwiite herrscht hierüber eine gewisse Be friedigung, denn man sah hier dem Entwürfe mit sehr gemischten Gefühlen entgegen. Das Organ des Verbandes der sächsischen Saalinhaber gibt auch dieser Befriedigung Ausdruck, indem es schreibt: „Es wird somit dem Saal- und Gastwirtestand eine zweijährige Ruhefrist in der sonder- besteuecung beschert sein, mithin auch der Regierung Zeit gewährt, alle Einwendungen gegen die früheren Ent würfe eingehend zu prüfen, eine gerechtere Verteilung der Steuerlasten vorzunehmen und den berechtigten Unmut über das Herausgreifen einzelner Berufsstände (Saal- und Gast wirte) zu beseitigen. Unbeschadet dessen wird und muß es aber unbedingte Ausgabe der beiden sächsischen Verbände sein, der kommenden Vorlage rechtzeitig Beachtung zu schenken und die mit dem Entwürfe betrauten behördlichen Kreüe zu überzeugen, daß beide Gewerbe bereits unter einer Menge Sondersleuern leiden und an der Grenze der Leistungsfähigkeit, neue Steuern zu tragen, angelangt sind. Die sich immer mehr häufenden Zwangsversteigerungen von Saal- und GasthosSgrundstücken, der zutage tretende Mangel an Pächtern für SaaletablissementS, dienen als unwiderleg bare Beweise, daß neue Steuerbelastungen nicht zu ertragen find. Im Gegenteil find Erleichterungen dringend geboten und eine bessere Bewegungsfreiheit de» Gewerbe» ist not wendig. —' Iw Königlichen Kunstgewerbemuseum werden demnächst die Modelle und Entwürfe zu Sommer- und Fertenhäusern ausgestellt, die in einem von der „Woche* veranstalteten Preisausschreiben preisgekrönt worden sind. ES handelte sich darum, möglichst billige und einfache, dabei aber gefällige und ansprechende LandhäuSchen zu schaffen, die aus der einen Seite der Gegend zur Zierde dienen und auf der anderen Seite den Zug auf» Land fördern sollen. —* Der viertle internationale Esperanto- kongreß findet im August 1908 in Dresden statt. Die Vorarbeiten hierzu hat die hiesige Gesellschaft „Esperanto*, die unter der Leitung des Herrn Dr. Phil. Schramm. Mit glied des König!. Stenographischen Landesamtes, steht, in die Hand genommen. Bekanntlich fand in diesem Sommer der deutsche Esperanto-Kongretz in Dresden statt. —* Die Kreuzschule, die über 600 Jahre alt ist, beging am Sonntag den 27. Oktober den Tag. an dem sie vor 350 Jahren ihr eigenes Heim bezog, das aller dings 1863 einem prächtigen Neubau im gotischen Stile am Georgplatze Platz machen mußte. X Am Sonntag nachmittag zwischen 12 und 1 Uhr fielen in der Nähe der Gendarmeriestation in der Dresdner Heide zwei Schüsse. Die herbeigeeilten Gendarme fanden ein Maschen im Alter von 15 Jahren mit einer Schuß wunde in der Stirne tot auf und einen 20jährigen Mann ebenfalls mit einer Schußwunde noch lebend. Er wurde ins Krankenhaus geschafft. Wahrscheinlich handelt es sich um ein LiebeSdrama, du ein Kampf zwischen den beiden nicht stattgefunden hat. —* Sechs Arbeiterinnen spielten zusammen ein Zehntel der Nummer, auf die das große Los samt Prämie entfiel. DaS Los war einer von den Arbeiterinnen, die ledig ist und eine alte Mutter mitversorgt, ins HauS geschickt worden. Sie hätte es beinahe zurückgeschickt, schließlich aber hat sie ans Zureden der alten Mutter versucht, ihre Mitarbeiterinnen zum Mitspielen zu gewinne». Sieben Teile des Zehntels brachte sie unter, zwei wollte sie selbst behalten, aber auf dem zehnten Teil blieb sie wider ihren Willen auch sitzen, und so kam es. daß sie heute als Hauptteilhaberin 20400 Mark bekam. Zwei Schwestern erhielten für je l Mark Spielanteil je 13600 Mark und zwei ledige Schwestern und ebenfalls ledige Einzelperson erhielten für je 50 Pfg. Spielanteil je eine 6800 Mark ansgezahlt. Wohin sind aber die übrigen des Loses gefallen? Hat Frau Fortuna da auch Bedürftige getroffen? Leipzig. In der Pianosortesabrik von Julius Dlnthner l)aben 500 Arbeiter die Arbeit niedergelegt wegen Diffe renzen bei der Regelung der Lohn- und Arbeits bedingungen. Die Arbeiter l)<itten eine ^/.prozentige Lohn erhöhung und eine 53stnndige Arbeitszeit gefordert. Von der Firma tvar nur eine 5prozentige Lohnerhöhung ge billigt worden. Leipzig, 27. Oktober. In der vierten Morgenstunde sprang auS ihrer Wohnung lKochstraße l12. 4. Etage) die MarkrhelferSwitwe Jung geb. Grätz, in den Hof hinab. Einige Stunden später tat dasselbe die ButterhändlerSehe- fran Jnschock in der Kaiser-Friedrich-Strahe 42. III.. wohn- Haft. Beide Frauen waren sofort tot. Leipzig, 27. Oktober. Am Sonnabend abend in der 0. Stunde ist im Roscnthal an einem 22 Jahre allen Klempner ein Raubanfall perübt worden. Als der Be- treffende an dem Teiche vorüberging, wurde er von einem Unbekannten um Feuer gebeten, und als er nach einem Streichhölzchen suchte, erhielt er einen Faustschlag über den Kopf. Gleichzeitig wurde ihm sein Portemonnaie mit über 2 t Mark auS der Hosentasche gestohlen. Zwischen dem Ueberfallenen und dem Räuber entstand ein Kamvs, wobei letzterer an der rechten Hand und an der Kehle Kratzwunden davongetragen haben dürfte; eS gelang ihm aber, mit seiner Beute zu entkommen. Hartha, 26. Oktober. Der seit 6 Wochen vermißte Webermeister August Polster von hier ist in einem Steinaer Gebüsch im Perioesten Zustande aufgefunden worden. Glauchau, 26. Oktober. Die Stadtverordneten be- schstossen den Bau des projektierte» Bismarckturmes, der gleichzeitig als Wassertnrm dienen soll und einen Kosten- anfnxmd von 105l)06 Mark erfordert, unter den hiesigen Bangewerken zur Ausschreibung gelangen zu lassen. Glauchau, 26. Oktober. Tie Witwe des verstorbenen Fabrikanten Paul Teicliniann hat dem Rate eine Stiftung von 10 606 Mark als „Panl-Teichmaiin-Stiftimg" über- wichen. Großpostritz, 26. Oktober. In den Pieliher Waldungen wurde in schauerlichem Zustande ein älterer Mann auf- gesunden, der bereits bis zum Skelett abgemagert war, so daß er kaum noch erkannt werden konnte. Es wurde fest gestellt, daß der Bedauernswerte ans Cnnewalde stammt und Kntsckiike l>eißt. Ter Mann verstarb kurz nach seinem Amfinden. Es wird vermutet, daß der Unglückliche von einem Schlaganfalle betroffen hilflos liegen geblieben ist. Bereits vorige Wock>e sollen ihn vorübergellende Personen in diesem Zustande gesehen haben, die ihm zivar Brot ge reichst l-aben, aber im Walde haben liegen lassen. Kladno, 26. Oktober . In einem Anfälle von Wahn sinn lxit die Frau eines Fleischhackers ihren zweijährigen Sohn mit einem Fleischermesser getötet und ihre neun jährige Tochter sehr sckilwer an den Schultern, und Händen verletzt. Ter hinzukommende Mann tvand ihr die Mord waffe ans der .Hand, als sich die Frau selbst töten wollte. Veretnsrrachrichterr. 8 Dresden. Der MartinnSverein begeht am 31. d. M. (ReformationSfcst) abends V28 Uhr im mittleren Saale des Keglerheims, Friedrichstraße, die Feier seines zehnten Stiftungsfestes, bestehend in musikalischen, humoristischen und theatralischen Darbietungen. Zur Aufführung gelangen zwei äußerst lustige Theaterstücke. So verspricht der Abend ein recht genußreicher zu werden und in Anbetracht hierauf und des guten Zweckes, hofft der Verein auf einen recht zahlreichen Besuch. 8 DreSde«. Die diesjährige Generalversammlung des VinzenituSveretnS fand am Freitag im Gesellenhause statt. An Stelle de» verreisten Vorsitzenden Sr. Exzellenz de» Generalleutnant z. D. v. Niesewand führte dessen Stellvertreter Herr Konststorialrat Königl. Landrichter Dr. > de Lasalle die Verhandlungen. Den Rechenschaftsbericht erstattete der erste Kassierer Herr Fabrikdirektor Eiselt. Darin ist Zeugnis von dem regen Eifer gegeben, den der Verein in diesem Jahre in - verstärktem Maße auf d>m Gebiete der christlichen Barn Herzigkeit entwickelt hat. Die Einnahmen und Ausgaben bilanzieren bei einem baren Kaffenbestande von 881.67 Mk. mit 35 591 34 Mk. Die wichtigste Sorge war außer der Wohltätigkeit gegen Arme und Kranke auch in diesem Jahre das Kinderheim. Die Anzahl der Zöglinge schwankte zwischen 97 und 109. Die Kosten der Anstalt betrugen 24 415.06 Mk. An Erziehungs beiträgen wurden von den Angehörigen 3812.30 Mk. be zahlt. Von Wohltätern und aus Stiftungen flössen der Anstalt 15 638,60 Mk. zu. so daß noch ein Zuschuß des Verein- von 4914,16 Mk. notwendig war. welcher infolge der anhaltenden Teuerung aller Lebensmittel im laufenden Jahre kaum geringer werden dürfte. Hier hätte so mancher Katholik die beste Gelegenheit, durch Leistung eines Ec- ziehungSbeitrageS von seinem Ueberfluß ein sehr nützliches, Gott wohlgefälliges Werk zu tun. Die Erziehungsanstalt ist von großer Wichtigkeit für Kirche und Vaterland, und wer hier mithilft, schafft sich ein Verdienst um die mensch- liche Gesellschaft. Außer der Snppenanstalt in der Käuffer- stratze 4 hat der Verein auch noch jene in Pieschen mit regelmäßigen Jahresbeiträgen untersiützt. Für arme Kinder wurde die Unterstützung mit Milchmarken neu ausgenommen. Die mit 1. Januar 1907 errichtete St. Franziskus- Konferenz in Neustadt hat nach dem Rechenschaftsberichte eine ersprießliche Tätigkeit zu verzeichnen. Nach dem Be richt« der Revisoren dankte der Vorsitzende dem Kassierer; der Rechenschaftsbericht zeuge von der großen Fülle von Arbeit und von dem finanziellen Talent des Herrn Direktor Eiselt. Unter lebhaftem Beifall und unter Anfstehen von den Sitzen schließt sich die Versammlung diesen Dankes- warten an. Nachdem noch die Versammlung auch dem Gesamtvorstande ihren herzlichen Dank durch Erheben von den Sitzen zum Ausdruck gebracht hatte, erfolgte die Neu wahl deö Vorstandes. Sämtliche Herren wurden wieder- gewählt; der Vorstand besteht somit aus den Herren: Exzellenz v. Niesewanü, erster Vorsitzender. Kvnsislorialrot Landrichter Dr.de Lasalle. zweiter Vorsitzender. Konsisiorial- rat Pfarrer Manfroni. dritter Vorsitzender. Direktor Wilhelm Eiselt, Kassierer, PrivatuS Franz Schmidt, dessen Stell vertreter und Asyliiispcktor, Amtsrichter Dr. Heidnschka, erster Schriftführer und Lehrer N. Wntia. zweiter Schrtfi- führer. Sämtliche Herren nahmen die Wahl an. Sodann wurde die Generalversammlung vom Vorsitzenden geschloffen. Prozeß Moltke gegen Harden. Berlin, den 2S. Oklober 1V07. Nächstem zu Eingang der Verhandlung der Privat kläger erneut das in einer Erklärung ausgesprochen hatte, was er gestern bereits behauptet hatte, daß er lediglich ans seinem Amte entlassen lvorden sei, weil ein derartiger Ver dacht ans ihm ruhte, folgten die P Iaido yerS der beiden N e ch t s b e i st ä n d e. Justizrat Dr. v. Gordon knüpft an die Vorgänge in der Adlervilla des Grafen Lpnar in Potsdam an: Kein Deutsch>er werde die Schilderungen über die Vorgänge dort ohne Besch)äinnng vernommen haben, Vorgänge, die »m so bedauerlicher seien, als es sich um die -Osfizierv der Garde, der Elite der Armee, liandele. Mit diesem Sodom und (fiemorrlxi l>abe aber Graf Moltke nichts zu tun. Wenn der Zeuge Bolllxirt jetzt nach zehn Jahren noch behauptet, den Privatlläger aus dem Gothaer Kalender wieder erkennen zu können, so leide das an sehr großer Umi'ahrschieinlichkeit. An sich sei es schon ganz un-> wahrscheinlich, daß der bedeutend ältere Graf Moltke sich) im Kreise der noch) rechst jungen Männer ans der Adlervilla vergeben würde. Nach der ganzen Beweisaufnahme könne er feststellen, daß nichst ein Schatten eines Verdachtes bestehe, daß Moltke sich gegen den 8 1"5 vergangen oder sich in ähn licher Weise betätigt habe. Einen anderen Sinn aber hätten die Auslassungen -Hardens nicht gel>abt, und wenn .Harden belxmpte, er habe nicht behaupten wollen, daß Moltke sich gegen den 8 175 vergangen habe, so komme der doln» ev-ntnnlm in Betracht, der auch für Privatbeleidigungen zur Amvendung gelangen müsse. Harden habe durch die Blume den Eindruck erweckt, daß Moltke sich eben solche Tinge l)abe zu schulden kommen lassen, wie Herr Lecomte. Ueberhaupt entspreche alles, was über das „Grüppchen" gesagt werde, nicht den Tatsachen. Die Konstruktion dieser Behauptung sei lediglich ein Mittel gewesen, um den Fürsten Eulenbnrg zu stürzen, und um das zu erreichen, liabc er den gänzlich unpolitischen Moltke mit hineingezogen. Die Behauptung, daß die Klage verjährt sei, sei ungerechtfertigt. Tie gesamten Artikel bildeten eine zusammenhängende Nebusaufgabe, deren Schluß erst die Lösung gebrachst k-abe. Tr. v. Gordon wendet sich dann gegen die Bekundungen des Sachverständigen Dr. Hirsch- feldtcr, sie stützten sich durchaus auf die Ausführungen der Frau v. Elbe, der geschiedenen Frau des Klägers. Wenn ein Junggeselle von 50 Jahren eine temperamentvolle Dame von 26 Jahren heirate, dann möchten ja mancherlei Dissonanzen Vorkommen. Sonstige Unterlagen aber habe Dr. Hirschsteldl nichst. Tie Geschichte mit dem Taschentuch sei ein lxirmloser Scherz. Die Freundschaft zwischen Moltke und Eulenbnrg sei durchaus rein und ideal gevvsen. Die Waffen, mit denen Harden gekämpft habe, seien unkommcnt- mäßig gewesen. Er bittet den Gerichtshof, durch eine an- gemessene Strafe zu zeigen, daß ein dentschier Gerichtshof noch die Ehre eines deutschen Mannes zu wahren wisse. — Justizrat Dr. Bernstein beantragt für Harden die Frei sprechung. Er geht dann auf die einzelnen Einwendungen des gegnerischen Anwaltes ein. Zuerst erließt er den Ein- wand der Verjährung. Die ersten und wichtigsten Artikel seien vor Ablauf der Verjährungsfrist erschienen. Der Kläger liabc behauptet, er habe diese Artikel nichst ivr- standen. Diese Behauptung sei eine bewußte Unwahrheit. Ihm und jedem anderen Rkmschen bleibe es unverständlich, wie mit einer Spur von sittlichem Patl-os irgend etwa» für den Grasen Moltke noch in Anspruch genommen werden könne. Der Direktor des Deutschen Schauspiell-anses in Hamburg, v. Berger, l-abe ihm geschrieben, daß er sofort nach den ersten Artikeln an Eulenbnrg und Moltke herangetreten