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s. Beilage z« Nr. SIS der „Sächsischen Bottszeitung" vom IV. September 1VVS. « <1 r: Z S'« L'E-Z-Lrr s »-»- > «- s Z« L '« ?» Z. « L- ^ L« DsZ- Z'L. . « 2. !-> S- ^ , Q 2 2. 8 l^Z-^Z<L. iiLUZ.Z^ <a ^ S ^ M >Lr* «- sH -r <° ! x-! o s 2 - » »»». t o Q. 2 <v Z Z r! Z »' ° --Z Z'Z Ä Z'' Z' ^ ^ L. v «>> tz ' S'Ä? Z-Z « Politische Rundscha«. — Muß unser handelspolitisches Verhältnis zu den Bereinigten Staaten geändert werden? Diese Frage kann nur mit Ja! beantwortet werden. Das letzte Abkommen stamm! vom 10. Juli 1900 und wird als sogenanntes Sana- toga-Abkommen bezeichnet: der Reichstag hat dasselbe nie genehmigt und es ist eine unentschiedene staatsrechtliche Frage, ob es überhaupt Geltung hat. Manche verneinen diese Frage! Der Reichstag hat nur deshalb von einer ein- gebenden Prüfung Abstand genommen, weil er sich sagte, daß in einigen Jahren doch eine große Aenderung vorge- nommen werden muß. Jetzt, wo dieser Zeitpunkt gekom- men ist, gibt es wieder Leute, die die Notwendigkeit ver neinen. Wie liegt nun die Sache? Nach dem neuesten Ab- kommen haben wir bekanntlich den Vereinigten Staaten gegen geringfügige Vergünstigungen in Bezug auf die Ein- fuhr von Weinstein, Branntwein. Gemälde, Wein in Fässern und Flaschen diejenigen Zollsätze zugestanden, welche durch die in den Jahren 1891 bis 1894 zwischen dem Deutschen Reiche einerseits und Belgien, Italien, Oesterreich-Ungarn, Rumänien, Rußland, der Schweiz und Serbien andererseits abgeschlossenen Handelsverträge diesen Ländern zugestanden worden sind. Wenn es sich sonach jetzt um Neuregelung des handelspolitischen Verhältnisses mit den Vereinigten Staaten handelt, so muß an Stelle dieses Abkommens un bedingt und notwendigerweise ein anderes treten. Es kann, selbst wenn beide Teile mit seiner weiteren Fortdauer ein verstanden wären, nicht mehr in Kraft bleiben, weil die Zoll sätze, die wir in den Handelsverträgen von 1891 bis 1894 den europäischen Staaten zugestanden haben, durch die Ein führung des neuen Zolltarifs und durch den Abschluß neuer Handelsverträge beseitigt sind. Damit ist die Grund lage der damaligen Uebereinkunft gefallen. Es ist schlech terdings unmöglich, daß der Vertrag über den 1. März 1900 hinaus noch Giltigkeit haben kann. Die Kündigung hat spätestens auf 1. Dezember 1905 zu erfolgen: aber es wird zn einer solchen nicht kommen, da beide Staaten über zeugt sind, daß das heutige Verhältnis nicht weiter geben kann. — Die Höhe der Weltanschauung. Wir haben in der lebten Zeit wiederholt gezeigt, wie man in sozialdemokra tischen Kreisen systematisch darauf ausgeht, alle seitherigen sittlichen und moralischen Begriffe umzustoßen und neue Begriffe einzuschmuggeln. Eben liegt uns ein neues, recht drastisches Beispiel vor. Die „Gerichtschronik" der sozial demokratischen Presse gibt einem Herrn Michael Sursky Anlaß, in der „Neuen Zeit" darauf hinzuwei sen, daß sich jene Presse auf diesem Gebiete „nicht auf der Hölv sozialdemokratischer Anschauungen" bewege. Und warum? Nur darum, weil der „Vorwärts" und andere Sozialistenblätter immer noch einen Schwindler „Schwind ler" und einen Dieb „Dieb" nennen. Das gefällt Herrn Michael Sursky, augenscheinlich einem aus Rußland impor tierten Genossen, nicht. Denn, so meint er, die Herren Ver brecher sind doch nur die Produkte des Klassenstaates und können nichts dafür, tvenn sie stehlen oder morden. Selbst daran nimmt Sursky Anstoß, daß der „Vorwärts" eine Frau, die ihr Kind kaltblütig verhungern ließ, eine Raben mutter genannt habe. Das seien „philisterhafte Anschau ungen", die die Soizalistenpresse abstreiten müsse. Da solle man sich das russische Volk zum Vorbild nehmen, das die gefangenen Verbrecher „gefühlvoll" als „Unglückliche" be zeichnet. Und was sagt der „Vorwärts" dazu? Er ent schuldigt sich des längeren und meint, daß er diesen „Hebel- stand" bis zu einem gewissen Grade zugebe: seine Redaktion habe auch schon wiederholt auf Abhilfe gesonnen, aber bis jetzt sei kein entsprechendes Mittel gefunden. Also man ist hier bereits entschlossen, den großartigsten Volksbetrug — es handelt sich um die höchsten Güter — auszunehmen. Uns näher über diesen auszulassen, ist höchst überflüssig, zunächst mögen die Genossen nur für sich die Konsequenz aus dieser Anschauung ziehen. Wenn die Sozialisten die Verbrecher nur als „Unglückliche" bedauern sollen, dann wäre es doch eine unmenschliche Tat, diesen „Unglücklichen" auch noch ent- gegcnzutreten oder sie gar den Gerichten der Bourgeoisie auszuliefern. Wenn also bei einem Genossen eingebrochen wird, so wird er sich den Besuch des „Unglücklichen" freund- lichst gefallen lassen und ihm alle Wertsachen aushändigcn müssen, die der Gast von ihm heischt. Ebenso wird sich der zielbewusste Genosse auch nicht zur Wehr setzen dürfen, wenn er von einem Strolch — Pardon: von einem „Unglücklichen' angegriffen wird. Er wird ihn vielmehr bedauern und eine gefühlvolle Ansprache halten — sofern ihm der An greifer dazu Zeit läßt. Erst tvenn die Sozialisten sich derart benehmen, dann befinden sie sich ganz auf der Höhe der- Weltanschauung des Herrn Sursky. Hoffentlich handeln sie nun auch danach und lassen künftig flüchtende Partei- und Gewerkschaftskassierer glücklich durchkommen: es sind ja nur „Unglückliche". — Zur Wahrheitsliebe der „Wartburg". Die „Wart burg" erzählte in ihrer Nummer 3! folgende Näuber- geschichte: Auf einem Ausflug nach Gallneukirchen bei Linz (Oberösterreich) geriet eine Gesellschaft von Linzer Deut schen, darunter auch der deutschnationale Abgeordnete Bö- Heim, in eine klerikale Versammlung und wurden von den klerikalen Rednern in beleidigender Weise angegriffen und verdächtigt. Einige der Deutschen notierten sich die Schmä hungen, was ihnen der klerikale Abgeordnete, Scblegl ver bot. Als die Ausflügler sich daran nicht kehrten, fielen die Römlinge mit Stöcken, Biergläsern usw. über sic her, miß handelten Damen und rissen ihnen die Kleider vom Leibe, schlugen ein Mädchen blutig und tvarfen es über die Stiege hinab. Der Vorfall wird die Gerichte beschäftigen. Auf Grund autoritativer Mitteilungen stellen wir demgegen über folgendes fest: Herr Dr. Mayr, Vorsitzender des katho lischen Volksvereins Linz, hatte eine Versammlung nach Gallneukirchen cinberufen. Es war ihm durch anonymen Brief mitgeteilt worden, das die sogenannten „Deutsch völkischen" die Versammlung sprengen wollten. Tatsächlich erschienen auch schon vor Beginn der Versammlung niedrere deutschnationale Los von Rom-Helden, an ihrer Spitze ihr Anführer Hans Schögl, Redakteur des „deutschen Michel". Der Wirt verwies ihnen das Lokal, trotzdem nahmen sie in demselben beim Eingang Platz. Der Vorsitzende der Ver sammlung forderte sie wiederholt auf, sich zu entfernen. Diese Aufforderungen beantworteten sie mit schnodderigen Bemerkungen und fuhren fort, die Reden zu steno graphieren. Man begreift, daß angesichts dieser Frechheit den Bauern die Geduld riß. Einige Los von Rom-Helden wurden in ein Vorzimmer bugsiert, von wo sie mit Syphon und Bier in die Versammlung spritzten. Nun wurde mit ihnen kurzer Prozeß gemacht: die Bauern setzten sie an die Luft, wobei einigen Frauenspersonen, die jene tapferen Deutschtümler sich „zum Schutz" mitgebracht hatten, wohl die Toilette etwas zerzaust wurde. Diese „Damen" hauten iibrigens tüchtig mit ihren Schirmen drein. Einem alten Mann aus der Versammlung wurde von einem der einge drungenen Burschen mit blechbeschlagenen Stock der Kopf blutig gehauen. Als sich ein „Deutschvölkischer" nach dem Hinanswurf in dem Rienerschen Gasthaus beklagte, daß die Protestanten ihm und seinen Genossen nicht geholfen hatten, erfuhr der Tapfere dort von seiten der Protestanten einen zweiten Hinauswurf. Oesterreich-Nnft«rr». Wclternte 199.5. Das ungarische Ackerbauministerium veröffentlicht, wie alljährlich, einen ausführlicl)en Bericht über das Ergebnis der Welternte, aus dem wir nachstehende Ziffern entnehmen. Alis den dem Berichte beigegebenen tabellarischen Ausweisen geht hervor, daß die Gesamtresul tate der Getreideernte der Welt im Vergleiche zu dem defini tiven Resultate des Vorjahres um zirka 79.2 Millionen Meterzentner kleiner ist. Das wahrscheinliche Erträgnis der Getreidewelternte stellt sich nämlich im Vergleiche znm Vor- jahre wie folgt: 1905 1904 Mill. Meterzentner Weizen 868,38 866,10 Roggen 391,20 460,90 Gerste 286,33 300,70 Hafer 501,17 547,50 Mais 891,33 842,40 Zusammen 2938,41 3017,60 Rußland. Die Naphtaindustrie in Baku ist durch den Aufruhr fast vollständig vernichtet. Von den in Baku befindlicher! 3600 Fontänen sind sicherlich 3000 ansgebrannt. Die Wiederherstellung dieser würde 30 Millionen erfordern, während der Bau neuer Arbeiterkasernen, Maschinen usw. eine Ausgabe von annähernd 50 Millionen nötig machen würde. Da die Wiederaufnahme des Betriebes erst nach 6 bis 12 Monaten möglich ist, erleiden die Industriellen einen Verlust von etwa 86 Millionen, während die Wolga- Kaspiflotte durch die Einstellung der Kerosin- und Naphtha transporte einen Ausfall von 100 Millionen Pud Fracht im Betrage von 7 bis 10 Millionen sllubel zu verzeichnen lwben wird. Die der transkaukasischen Bahn drohenden Z (0 - dr s § s ^ -r r: ^ ^ -2, v " 3. 3.(0 w) »5 IT 3° ' § § s " "Z ZZ 3 Vi - 28 — war. Seine Manschetten hatten einen verdächtigen Glanz und Kragen und Kravatte waren nicht tadellos zu nennen. Dem Fürsten aber waren solche Vernachlässigungen Höchst peinlich, daß hatte sie oft genug bemerkt. „Tu tatst," sagte sie nach einer Weile vorwurfsvoll, „als sei ich den: .Kinde eine Rabenmutter." „Nein, aber auf dem Holzwege bist du! Um eines Phantoms willen, weil der Herr mit dem schönen weißen Var: über einen Adelstitel verfügt, willst du deine einzige Tochter um ihr Lebcnsglück berauben —" „Aber Hugo, nun ist es genug! Bin ich etlva die Persönlichkeit, welche unüberlegt Torheiten begeht?" „Das behaupte ich nicht!" Es wurde Altmann recht unbehaglich, aber »och bot er den funkelnden Blicken seiner Gattin Trotz. „Dies ist eine Torheit, mehr als das, eine Sünde, die ich nicht zugeben werde, mein Wort darauf!" Das wurde ernster, als Jsa gefürchtet und vermutet. Sie erhob sich jetzt. In ihrer ganzen Majestät stand sie vor dem Gatten. „Vergißt du ganz, wem du deine Position, deinen Reichtum zu danken hast? War ich nicht immer eine kühne und doch besonnene Frau, welche stets das Rechte zu treffen wußte? Was wären wir ohne meine Energie? Du hättest dich dein Leben lang mit einer Sekretärstclle begnügt. In allen ernsten Lebenslagen verließest du dich auf ineine Entscheidung. So laß den Dingen auch jetzt ihren Lauf, ändern wirst du doch nichts an ihnen." Der Bankier schob die noch halbgefüllte Tasse zurück. Gallenbitter er schien ihni der Kaffee, trotzdem er reichlich Zucker hineingetan hatte. Er erhob sich und, die Hände in den Taschen des Beinkleides, eine fin stere Falte zwischen den Brauen, begann er den Rundgang durch das Zimmer zu machen. Sein finsterer Blick fiel auf die Gemälde, die in reicher Anzahl die Wände schmückten, die Werke hochmoderner, wenn auch nicht allerorten an erkannter Meister. „Geschmvckverwirrende Klecksereien," nannte Altmann heimlicherweise die Schöpfungen, die ihm alljährlich ein Vermögen kosteten, denn seine Gattin protegierte die Herren Maler und dort tvar sie die Schwache, Nachgiebige, so straff sie auch hier im .Hause die Zügel hielt. Er schleuderte um den Tisch herum und nwrf sich nachlässig wieder in seinen Sessel. „Gewiß, Jsa, zu danken haben wir dir alles, und seine An nehmlichkeit bat der Reichtum, nur daß ich mir aus dem ganzen Schnickschnack absolut nichts mache." „Du bist und bleibst ein Proletarier." sagte die Gattin geringschätzig, „sage mir. was du ißt. und ich sage dir, wer du bist," das Wort trifft auch bei dir zn. deine Vorliebe für unmögliche Gerichte kann einem zur Verzweif- lung bringen." „Ja, du lieber Himmel, schließlich muß doch jeder nach seiner Fasson selig werden. Wenn ich als reicher Ndann auf meine Lieblingsgerichte ver zichten soll, so hört doch alles aus! WaS habe ich wohl von der ganzen Vor- nebmheit, nicht» wie Arbeitslast und Schererei l Und dann mokierst du dich noch, wenn ich mich einmal in „Lvffelerbsen mit Schweinsohren", oder „Sau ren Graupen", „Pellkartoffeln mit Speck und Zwiebeln" oder „Linsen mit getrockneten Zwetschgen" satt essen will." Der Fürst hatte langsam eine Tasse von dein aromatischen Getränk ge schlürft, als Jsa ihn zum Rauchen aufforderte. „Da Sie den Kuchen heute verschmähen, entschädigen Sie sich durch eine Havanna, Sie wissen, daß ich den Zigarrenrauch am Kaffeetisch liebe." Ter alte Herr verneigte sich. „Mir ist die Lust an allem vergangen, liebe, verehrte Freundin. Es wird am besten sein, ich verabschiede mich jetzt, um mich für die nächsten Monate auf mein Gut Hochheim zu verbannen." Jsa reichte ihm wieder die gefüllte Tasse bin, rückte Zucker und Salme zurecht und sab den Fürsten resolut an. „Ich halte es für richtiger, ivenn Sie sich mir anvertranen, mein Frcnnd. Haben Sie mit meinem Manne Diffe renzen gelmbt, so bin ich gern bereit, alles wieder ins Gleis zu bringen, ich vermag viel, alles über ihn." Der Fürst bewegte nachdenklich das schöne, weiße Haupt. „Ich möchte mich nicht zum zweiten Male der Gefahr aussetzen, gänzlich mißverstanden zu werden." „Das haben Sie von mir nicht zu befürchten." Jsa war io ärgerlich auf ihren Gatten, daß sie nur mit Mübc ihren Unmut verbarg. „Mein Mann benimmt fick in persönlichen Angelegenheiten lustlos wie ein Kind. Was sie auch mit ihm zn besprechen lxsttcn, es wäre in Ihrem Interesse gervestn, mich vorder davon zu unterrichten, damit ich Ihnen die Wege ebnen konnte." Trotzdem sie mit einer freundlichen Gelaüenbeit sprach, fieberte ne inner lich. und unter ihren halbgesenkten Lidern hervor suchte sie den Fürsten für ihre Wünsche zu hypnotisieren. Er strich mehrmals niit einer nervösen Hast über seinen lang herab wallenden. weißen Bart, den alle Damen so gern bewundenen. „Sie wissen nicht, um was es sich bandelt." sagte er kleinlaut. „Vielleicht doch!" ermunterte Iw. „ich vermute, daß es (ich um einen Wunsch, eine Bitte bandelt, ne ist Ihnen im voraus gewährt.' Hochbeim lächelte mit unnachahmlicher Malice. .So ermutigte mich auch Ihr Gatte — in dem Glauben, daß ich mich in einer pekuniären Kala mität befände." „Wie geschmacklos!" rief Jsa. ein Lächeln verbergend, .das sieht dein guten Altmann ähnlich. Die Haltung des Fürsten wurde zuversichtlicher. Er iah betroffen auf. „Ich hoffe. Sie werden überzeugt sein, daß ich in Ihnen ein Bild schöner kraftvoller Männlichkeit schon immer verehrt habe. ' vollendete Iw mit Würde. Jetzt sprang der Fürst wie elektrisiert auf. Seine Brust hob sich unter ungestümen Atem-nuzen. Er durchmaß mehrmals mit über der Brust ge kreuzten Armen das Zimmer, dann blieb er vor Iw stehen. „Es mag unnatürlich erscheinen, u^nn ein Mann von nalrezu sechzig Jabren feurig wie ein Dreißiger empfindet. Ader ich liebe Wanda mit einer Kraft und Tiefe, deren ich früher vielleicht nicht fähig gewesen wäre' Diese Liede macht mich jung und täuscht mich über meine Jahre hmn>eg. Ich glaubte, der Geliebten ein Freund, ein eiuiedenor Tßüalt sein zu dürfen in den Augen Ihres litten bin ich ein WKihnsinnnrer." Auch Frau Altmann hatte 'ich erhoben. Sie iah prächtig aus mit den Pollen Schulte il und der üppigen, formvollendeten Gestalt. Durch das kunst-