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Sächsische Volkszeitung : 23.06.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-06-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192206233
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19220623
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19220623
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-06
- Tag 1922-06-23
-
Monat
1922-06
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 23.06.1922
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Areitag den 23. Juni 1922 Nr. 142. Seite 2 Don der Haager Konferenz Haag» 23. Juni. Heute ist die allgemeine nichtru sstsche So»- »iislou ,u e'ner Sitzung »usammengetreten. Die Ernennung drS Minister» van Karnebeek zum Ehrenpräsidenten der Konferenz wurde bestätigt- Auf Boricklag de» engliiehen Delegirrten Lloyd Breame wnrde der holländiicke Delegierte Dr Palyn zum Präsidenten der nichtiulsischen Kommission ernannt. Minister van Karnebeek äußerte seine besten Wünscbe sür die Konferenz und übergab dem neuen Prä« sidenten die Leitung. Zum Vizepräsidenten wurde auf Vorschlag Frankreich» der belgische Delegierte Catier ernannt. Haag, 32. Juni. Der englisch« Delegierte Creame batte einem Vertreter de» New World gegenüber erklärt, daß die 2S Staaten, die im Haag anwesend sind, vor dem E „irrsten der Rüsten keinesfalls sich an ein Programm zu binden gedenken nnd daß ebensowenig die russische Delegation an ein Programm gebunden werde. Man werde voraus keine zu ballenden Reden vorbereiten, sondern man werde erst die russtichen Delegierten sprechen lasten und ihnen aan, bestimmte Fragen »»liegen, z. B. wie e» mit dem Bergbau und der Metall- industiic im Tonetzgebier stehe. Die Be'prechuiiaen werden sich nicht um theoretische Probleme, sondern um konkr.te Tatsachen drehen. Hearst sür Revision des Versailler Vertrages London, 21. Jn»i. Der amerikanische ZeitungSkonig Hearst. der bekanntlich der Gast Lloyd George« war, hat vor seiner Abreise au« England im „Evening Standort" einen langen Artikel ver. öffentlicht. in dem er ansiiihrt. er gebe nach den Vereinigten Staaten zurück mit der testen II beneugung. daß sich Amerika außerhalb der europäischen Probleme halten müsse. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Lage Europas sich nicht ändern kann, ehe der Versailler Vertrag gründlich abgeändert werde. Der Empfang des Prinzen von Wales i« London London, 21. Juni. Ter Prinz von Wales traf an Bord de» Nenowii in P ymouih ein. Heute nachmittag wird er in London feierlich enipian en werden. Abschluß der französisch-spanische» Wirtschafts- verhandlunqeu Paris, 21. Juni. Rach einer Madrider Korrespondenuneldnng deS Temps sind die Iran östich-svanischen WirtschaflSverkandliingen, deren Abschluß schon seit längerer Zeit immer wieder als nabe bevor stehend gemeldet wurde und die sich infolge der Zolllchwicrigkeiten immer wieder zerschlugen, gestern zu Ende geführt worden. In der gestrigen S tziing der Unterhändler wurde der französische und spanische Text verieien. Heute Mittwoch wird er durch die Führer der spa nisch n und französischen Abordnung garanlicrt werden. Dee Gedanke des internationale« Ausgleichs Paris, 2t. Juni. In der französischen Presse ist in den letzten beiden Jahren wiederholt die Vermutung geäußert worden, daß England sich der Deutschen Frage bediene, um auf Frankreich einen Druck zur Erzielung von Zugeständnissen im Orient auszuüben. Seit einigen Monaten war von Deutschland deshalb nicht mehr die Rede und es ist deshalb beachtenswert, daß der »Petit Parisien" beute in einem von Herve veriaßien und inspirierten Leitartikel auf den Gedanken eine? derartigen internationalen Ausgleichs zurück- greist und eine entsprechende Politik empfiehlt. Französische Trnvpen in Oberschlesien für die Rheinarmee Parks, 21. Juni. Geller» wurde offiziell angelündigt, daß der Rückzug der sranzösischen Truppen aus Oberlcklcsien definitiv gegen den 30. Juni beginnen werde. Schließlich wird noch angegeben, wo- hin die einzelnen Truppenkörper versetzt werden iolle». Da» 161. Ju- lanteric-Neginunt wird z. B. der Ndeinarrnee zugelcilt werden. Vor neuen Ergüssen Poincares Paris, 21. Juni. Ministerpräsident Poinccnv hat gestern dem Präsioenten der Auswärtigen Kommiifion der Kammer erklärt, er werde am 30. Juni, wie er angelündigt hake, in der Kammer die Interpellation über die Rcparat onsrrage beantworten. — Das „Echo de Pari»' meidet hierzu, das Poincarä am darauffolgenden Tage, am Sonnabend den 1. Juli ans einem Baiikclt Erklärungen abgeben werde, denen dicsilbe Wichtigkeit wie den Kainrnererklörungen bci- geinessen werde. Am darauffolgenden Dienstag den 4. Juli werde Poincare anläßlich dcS Feste« für die amerikanische Unadhäiigigleits« seier wiederum Erliätungen abgcbcn. Deutsches Reich Die Neuwahl des Reichspräsidenten Berlin, 22. Juni. Das Reichskabinett trat heute Nachmittag unter Vorsitz des Reichskanzlers zu einer Sitzung zusammen. Die Vorlage des Reichssinanzminislers über die Erhöhung der Be amtengehälter die etwa 20 Prozent beträgt und ab 1. Juni in Kraft tritt, wurde angeuoinmen. Sodann beschäftigte sich das Kabinett mit der Neuwahl des Reichspräsidenten. Ter Reichs kanzler machte davon Mitteilung, daß ec bereits in nächster Zeit mit den Parteien in Besprechungen über die Festsetzung des Wahl termins cintreten werde. Die von einer Korrespondenz verbreitete Nachricht, daß noch in. dieser Sitzungsperiode dem Reichstag ein Gesetzentwurf zugehen werde, der die genauen Bestimmungen! über die Neuwahl enthalte, ist irrig. Einer solchen Gesetzcsvorlage bedarf eS nicht mehr seit dem bereits eine Vorlage vom 4. Mai 1920 über die Wahl des Reichspräsidenten und eine Verordnung vom 20. Oktober 1920, die die nähere» Aussührungsbeslimmuugen über die Wahl enthält, Gesetzeskraft erlangt haben. Es bleibt nunmehr übrig, daß der Reichstag einen Termin sestsetzt. Znrückgabe de» beschlngnahmte« dentsche« Eigentums in Amerika Berlin, 21. Juni Wie au« Washington verlautet, wird im Weiße« Hause mit HardingS Zustimmung ein Gesetz vorbereitet, wonach ungefähr 90000 Deutschen und Oesterreichern ihr während de« Kriege« beschlagnahmte« Eigentum zurückgegeben wird, soweit sein Wert 10000 Dollar oder weniger beträgt. Nach diesem Gesetz werden etwa 80 Millionen Dollar zurückerstattet werden von den 850 Millionen Dollar de« gesamten beschlagnahmten Eigentum«. Harbin^, so heißt e«. ist der Ansicht, daß di« amerikanische Regie rung memal» Privatbefttz beschlagnahmen wollte, um Ansprüche an fremde Regierungen zu macherr. Die Freigabe alle« dessen, oder wa« der Kurator in Händen hat und die Zurückgabe diese« Eigentum» an die früheren Eigentümer sei gegenwärtig unmöglich, weil der Umstand, daß die amerikanische Regierung diesen Besitz in Händen hat, eine gewisse Gewähr dafür biete, daß diejenigen Amerikaner, deren Eigentum von den Deutschen und anderen feind- licben Nationen weggenommeu wurde, schließlich Entschädigungen erhalten. Einigung über die Staatsarbeiterlöhne Berlin, 22. Juni. Wie die T -U. von beteiligter Seite bört, haben die Verhandlungen über die Erhöhung der StaaSardeiierlöhne in allen wesemlichen Punkten zu einer Berständigung geführt, die heute ihre endgültige Formulierung finden wird. Der 11. dentsche Gewerkschaftskongreß in Leipzig Leipzig. Auf dem hier tagenden Deutschen Gewerkschasts- , kongretz sind insgesamt 881 Delegierte anwesend. Davon gehören I der SPD 463, der USPD 138 und der KPD 90 Delegierte an. Vom Volksbegehren Im Gegensatz zu den mehrheitssozialistischen Blättern, die nicht nur einen Erfolg des Bürgertums bestreiten, sondern es fertig bringen, von einein Mißerfolg (l) zu sprechen, sagt der „Kämpfer", das führende kommunistische Blatt in einer Be sprechung des Volksbegehrens: „Dieser moralische Sieg der bürgerlichen Reaktion — und es ist einer, das muß offen ausgesprochen werden — ist außerordent lich bedauerlich". — Die Bürgerlichen haben keinen Grund dieser Meinung des „Kämpfers" entgegenzutreten, betonen vielmehr, daß er mit der Behauptung von dem „moralischen Sieg der Bürgerlichen" zweifellos auch einmal recht hat. Buugewerbetagung in Löbau (Eigener Bericht) Der Bezirksarbeitgeberverband für das Baugewerbe im Freistaat Sachsen und der BezirkswirtschastLverband für das säch sische Baugewrbe hielten am Sonntag ihre diesjährige Hauptver sammlung in Löbau ab. Die Tagung war aus allen Teilen Sachsens beschickt. Es wohnten ihr zahlreiche Gäste bei. Vorsitzender Noack-Dresden betonte in seiner Eröffnungs rede, es gelte, für strikte Durchführung der gefaßten Beschlüsse zu sorgen und insbesondere die Tarife mehr als bisher einzuhal ten. Die Grüße Löbaus überbrachte Stadtrat Baumeister Müller. Aus dem Jahresberichte ist zu erwähnen, daß im vergangenen Jahre eine Trennung zwischen Hochbau- und Betonbauverband stattgcfuuden hat, der sich selbständig machte» doch ist eine Tarif- gemeinjchast gewährleistet. Syirdikus Berger-Dresden sprach über die Wirt schaftslage und das Baugewerbe. Die Uebermacht der Politik über die Wirtschaft führe in österreichische und russische Verhältnisse. Material-, Leute-, Lelstungs-, Wohnungs- und Ka pitalnot bewegen das Baugewerbe stark Die gegenwärtige starke Beschäftigung sei eine Scheinblüte. Der Mangel an Bauholz muh mit Verwunderung erfüllen, da in Sachsen der Staat der größte Waldbesitzer ist. Wenn so hohe Preise gefordert würden, so könne doch etwas nicht richtig sein. Gegen die Kaufs- und Ver kaufssitten im Baustoff muß Sturm gelaufen werden. Im Bau gewerbe fehlen heute 30 000 Leute. Die Zeit ist die denkbar un geeignetste, um Arbeitszeitverkürzung und Ferien zu fordern. Auch die Abneigung gegen ausländische Arbeiter sei nicht am Platze. Der Gedanke eines Technikerstreikes im Baugewerbe sei eine parteipolitische Propaganda für die USP. Ueber den Tarif hinaus dürfe von den Behörden nicht gezahlt werden. Die Geld- knapptei, die sich schon heute bemerkbar macht, wird katastrophal werden. ES baut nicht die Allgemeinheit, woran die künstliche Mederhaltnnq der Mieten schuld ist. Bodenreform ist nicht an der Zeit. Gegen alle diese Nöte gibt es nur Selbsthilfe. Architekt Ha n i s ch - Berlin sprach über soziale Bau wirtschaft uird beschäftigte sich hierbei mit den Sozialisie- rungS- und Monopolbcstrebungen im Baugewerbe. Baumeister Degen-Dresden berichtete über die letzte Hauptversammlung in Goslar. Nach lebhafter Aussprache wurde eine Entschließung angenommen, in der betont wird, daß die Bestrebungen von Bau arbeitern auf eine weitere Herabsetzung der Arbeitszeit mit den allgemeinem wirtschaftlichen Interessen und dem Wohnungs- mangel im Widerspruch stehen und daß alle Wohnungssuchenden erwarten dürfen, daß das den Mietern mit der Mietabgabe auf- erlegte Opfer rationell verwaltet wird und zu rascher nnd preis werter Herstellung von Wohnungen Verwendung findet. In die ser Erwägung wird erwartet, daß die Bauarbeiterschast sich der Einführung der gesetzlich zulässigen 40-Stundenwoche und der Akkordarbeit für die dazu geeigneten Arbeitszweige nicht mehr widersetzt. S. In Rom und in Italien Von Dr. Adrian, Erfurt (Fortsetzung.) Soll man neidisch iverden auf solche Pracht? — Da sah ich ein Kind an einem Pfeiler sitzen. Solch ein Kind ist wertvoller als alle Steinbauten der Well. Und welch ein Tempel des Aller höchsten war erst eine Jungfrau MariaI Unter der Kuppel befindet sich die Confessio, die Apostelgruft, mit den Gebeinen der Apostelfürsten Petrus und Paulus. Rings um brennen Tag und Nacht 8V Lampen mit Olivenöl. Am 29. Mär.; war es mir vergönnt, unten in der Gruft die bl. Messe zu lesen. Tvs war tief ergreifend. An demselben Tage hatten wir noch eine Freude: Audienz beim Heiligen Vater, Pius Xl. Wir hatten zo ei Eingaben ge macht, die eine durch den österreichischen Botschafter, Professor Pastor, den Verfasser der „Geschichte der Päpste", die andere durch Udilore Prälat Egon Schneider, den Neffen des früheren Bischofs Wilhelm Schneider. Wir erhielten für denselben Tag zwei Ein laßkarten. d e eine sür 5 Personen, die andere für 4 Personen. So konnte man noch andere Personen mitnehmen. Ich habe einen braven Schwaben beglückt, der sich sonst nicht recht zu helfen wußte. Herren kommen in dunklem Airzug, Damen mit schwar zem Schleier, Geistliche mit Soutane und le chtcm italienischem Mäntelchen. Wir waren zu 12>( Ubr bestellt. Am Eingang des Vatikanischen Palastes empfingen uns die Cchweizergardisten, mächtige Gestalten in schwarz und rot, mit Federbusch und Helle, barde. Sie sehen recht kriegerisch aus, sind aber ausnehmend freundlich und sprechen schweizerisch-deutsch. S'c weisen uns die hohe, sehr breite Treppe hinauf. Alles von feinstem Marmor. Auch die Wände, nichts wie Marmbr. Dann ging es über den Damasushof in einen großen Sag! mit herrlichen Gemälden. Da konnten die Geladenen sich sammeln. Dann wurden wir durch Kcnnmerhcrren in die Garderobe gebeten. Die Stimmung wird immer spannender. Beinahe hätte ich all meine Rosenkränze, Kreuze und Bilder vergessen, die ich von Erfurt mitgenommen hatte, sie vom Heiligen Vaier weihen zu lassen. Schließlich mutzte mir noch mein Schwabe zu Hilfe kommen. Der hatte immer noch so viel Taschen, um alles unterzubringen. Wir hatten dem Hei- ligcn Vater auch etwas mitgobrächt, die eine ihre Doktordisserta tion über die deutschen Kaiserwahlen in Nom, ich meine Schrift über die Psychologie des christlichen Glaubens. Wir hatten sie sein rot mit Golddruck einbinden lassen. Wir fragten den Kam merherrn vorsichtshalber noch einmal, ob cs auch erlaubt sei, dem Papste die Bücher anzubieten. O si, st, ja, ja, antwortete der mit dem verbindlichsten Lächeln. Wir wurden nun in Len großen Thronsaal geführt. Der Thronsessel an beiden Seiten mit hoch herabhängcnden roten Lei tenhängen drapiert. Die Geladenen wurden gebeten, aus Len Bänken und Stühlen rings an den Wänden Platz zu nehmen. Etwa 200 Menschen waren da versammelt. Wir sechs Deutschen, das vierblättrige Kleeblatt, der Schwabe und ich saßen gerade un ter dem großen Gemälde mit den heiligen drei Königen, wie sie dem göttlichen Kinde ihre Gaben darbrachten. Das Bild paßte gerade für unS, wenn unsere Gaben auch nicht so kostbar tvaren. Nun kam wieder ein geistlicher Herr, der unS bedeutete, beim Eintritt des Papstes müßten alle niederknien. Die Erwartung wird immer größer, aber der Papst kam immer noch nicht. End lich kam er herein, eine mittelgroße, kräftige Gestalt nrit starker Nase, ein echtes Jtatienergesicht. Er war ganz in weiß gekleidet und hatte das weiße Käppchen auf dem Haupte. Er ließ kurz den Blick über die Versammelten schweifen, gab mit der Rechten den Segen und ging kann rings an die einzelnen heran, ihnen den Ring zum Kusse reichend. Er ging erst auf die Seite gegen- über, wo ein Geistlicher und eine Reihe Schwestern knieten. Mit diese» tauschte er einige Worte und ging dann ziemlich schnell weiter. Nur wenige Male hat er gesprochen. Diese größere Eile schien er bereits gelernt zu haben. Denn römische Herren er zählten, im Anfang habe er die Audienzen sehr lang ausgedehnt. Er sei viel zu gütig. Und wenn man dann bedenkt, daß die Audienzen jeden Tag von 9 bis 2 Uhr dauern! Zuerst kamen die amtlichen Berichterstattungen, die er anhören und allenfalls genehmigen muß. Danach die Privataudienzen von fürstlichen Persönlichkeiten, Bischöfen, Aebten und Bringern großer Gaben. Oberlausitzer Landarbeitertag in Bautzen Der Zentralverband der Landarbeiter hielt am Sonntag in Bautzen einen Landarbeitertag für die sächsische Oberlausitz ab, dem neben zahlreichen Delegierten aus allen Teilen der Lausitz auch Verteter der staatlichen Behörden, des Landbundes und der landwirtschaftlichen BezirksverbäuLe als Arbeitgeberorganisatio- nen beiwvhnten. Als erster Redner sprach der Führer der christ» llichnchstonalen Landarbeiter. Reichstagsabgeordneter Behrens- Berlin, über die christlichnationale Lcrndarbeiterbewegung und die Hebung der landwirtschaftlichen Produktion als Voraussetzung für den deutschen Wiederaufstieg. Er betonte, daß die gewerkschaft. lichr Tätigkeit sich ,m wohlverstandenen Sinne nicht allein auf die Erringung besserer Lohn- und Arbeitsbedingungen beschränken dürfe, sondern daß sie darüber hinaus noch die Wohlfahrt des ganzen Berufes, die Wohlfahrt von Staat und Volk, den geistigen und seelischen Ausstieg der Volksgenossen ins Auge zu fassen habe. Die rein materialistische, auf die Ueberschätzung der äußeren Dinge eingestellte Weltanschauung der Sozialdemokratie vermöge nie zur rechten Befriedigung zu führen. Kapitalismus sei die Ge sinnung dessen, der sein ganzes Herz an das Geld hängt und zur Erreichung seiner mammcmistischen Ziele selbst über die Wohl fahrt feiner Mitmenschen hinwegschreitet. Solcher Kapitalismus sei aber nicht bloß bei den Millionären, sondern auch bei den Ar beitern vorhanden. D-r Klassenkampf führe zur Loslösung von den Kulturgütern unserer Denker und Dichter. Breche das Haus der deutschen Schicksalsgemeinschaft zusammen, so stürze auch die Grundlage für ein anständiges Arbeiterdasein. Die Sicherung der entsprechenden Lohn- und Arbeitsbedingungen sei selbstver- I stündlich, aber znm Leben gehöre mehr als Essen und Trinken. Vom Traum des sozialistischen Zukunftsstaates sei nichts übrig geblieben, sozialisieren sei nicht ein mechanisch-materieller Vor gang, sondern eine seelische Angelegenheit. Soziale Gesinnung, Gemeinsinn, christliche Betätigung seien Voraussetzungen für die rechte Sozialisierung. Die deutschen Landarbeiter leisteten durch ihre unbezahlte Mehrarbeit einen Beitrag zum Wiederaufbau in Höhe von 20 Milliarden, was bei dem Hilfswerk der Landwirt schaft nicht vergessen werden dürfe. Notwendig fei, aufklärend auf die Oeffentlichkeit einzuwirken und zum anderen, sich selbständig zu machen. Bei Erreichung des Weltmarktpreises für agrarische Produkte werde man die heimische Erzeugung vor der ausländi schen Konkurrenz schützen müssen. Als zweiter Redner sprach Bezirksleiter Hartmann-Dresden über Volksgemeinschaft und Dorfgemeinschaft. Gemeinsinn und Gemeinschaftsgefühl seien unserem Volke abhanden gekommen, darum lebe es sich so schlecht. Menschenliebe und Freundlichkeit müssen wieder gepflanzt werden, Klassenkampf und Klassenziele führen nicht zum Aufstieg. Man müsse eine Gewerbesolidarität im Sinne StegerwaldS pflegen. Folgende Entschließung wurde einstimmig angenommen: „Der vom Zentralverband der Landarbeiter in Bautzen ab gehaltene Landavbeitertag spricht sich nach Referaten von Behrens und Hartmann mit aller Entschiedenheit für di« Gewerbesolidari tät nnd die praktische Durchführung der Volksgemeinschaft aus. Die Versammelten sind sich bewußt, daß zur Erreichung dieses Zieles die Dorfgemeinschaft wieder aufleben mutz, an deren Wie derherstellung die christlichnationalen Landarbeiter mitzuarbeiten bereit sind." In der allgemeinen Aussprache wurde von Behrens ge wünscht, daß das gesamte in der Schwebe befindliche Landarbeiter- Problem einer glücklichen Lösung zugesührt werden möchte. S. Reichsjugendtag Zu dem vom 17. bis 19. Juni in Weimar tagenden Reichs- jugendtag, der von der Berufsorganisation der weiblichen und kaufmännischen Angestellten rn Handel und Industrie, dem „Verband der weiblichen Handels-und Bureau» ang estellte n ", veranstaltet wurde, find Teilnehmerinnen in großer Anzahl aus allen Gauen des Deutschen Reiches, und auch Sachsens, herbeigeströmt. Der Verband hat sich die hohe Aufgabe gestellt, neben der Verbesserung der Berufsbedingungen seiner Mitglieder die Heran wachsende weibliche Jugend zu verantwortungsbewußten arbeits freudigen Menschen zu erziehen, die das Wissen in sich tragen, durch ihre Leistungen zum Wiederaufbau der niedcrlicgenden deutschen Wirtschaft beizutragen. Er fordert eine gründliche Schulung in Lehrzeit und Fortbildungsanstalten besonders für die weibliche Jugend. Auf der Tagung in Weimar werden neben Vorträgen über „Unser Wollen undSchaffenim Beruf" von Katha rina Müller und „Die sittliche und gesundheitliche Kulturmission der Deutschen Jugend" von Frau Dr. med. Emanuela Meyer, soziale und wirtschaftliche Fragen der Jugendbewegung zur Erörterung stehen. Auch findet ein Wettbewerb in Stenographie, Aufsatz, Schönschreiben, Rund schrift und Plakatschrift statt. Eine Ausstellung selbstgefertigter Handarbeiten, Eigenkleider, Zeichnungen und kunstgewerblicher Gegenstände gibt Zeugnis davon, daß auch die Pflege der eigent lich weiblichen Tätigkeit neben dnn Beruf nicht versäumt werden braucht; die ausgestellten Gegenstände zeugen von Fleiß und Kunstsinn. Frohsinn, Geselligkeit und Sport kommen durch Gesangsvor- träge, Vorführung von Volkstänzen und turnerischer Darstellung zum Ausdruck. Vor unS waren zum Beispiel gerade die Prinzen von Sachsen bei ihm gewesen, tags darauf war der König von Belgien mit seiner Familie da. Privataudienz zu erhalten ist schwer, namentlich jetzt in der ersten Zeit, wo so viele kommen, den neuen Papst zu sehen. Da war zum Beispiel auch ein berühmter und höchst ver- oienstvoller Univcrsitätsprofessor aüs Deutschland, der wohl er wartet hate, besondere Audienz zu erhalten. Aber nein, er mutzte mit in die Reihe gehen. AIS er wieder kam, seufzte er: „Wenn man sich in der Demut üben will, muß man nur nach Nom gehen." Nun, zu diesen großen Lauten gehörten wir ja nicht, die Gelegenheit hatten, sich in der Demut zu üben. Im Gegenteil, wir waren ganz zufrieden und glücklich, zugelassen zu sein. Als nun die Reihe an uns kam. baten wir ihn um die Er laubnis, ihm die Bücher überreichen zu dürfen. Er antwortete sofort sehr freundlich in fließendem Deutsch. Das Deutsch hatte zwar etwas italienischen Akzent, aber er brauchte sich beim Spre chen gar nicht zu bedenken. Er dankte fteundlichst, meinte aber: Ob ich es sofort werde lesen können, kann ich nicht versprechen, denn ich habe sehr viel zu tun." Auch fragte er: „Arbeiten Sie sonst noch über diese Frage?" Als ich sie bejahte, nickte er freund- lieh und gab gern seinen Segen dazu. Dann bat ich ihn, ob er mir nicht die Erlaubnis geben wolle, bei der Rückkehr den päpst. lichen Segen in der Klosterkirche spenden zu dürfen. Auch das wurde gern bewilligt. Dann bat ich ihn noch um den Segen für die Thüringer Diaspora, besonders die Geistlichkeit, ferner für die Padcrborner Diözese und für Deutschland. Fünf, sechsmal hat er den Segen wiederholt. In der Tat, der Heilige Vater war sehr gütig. Neulich soll er gesagt haben, wenn er sich auch zeitlebens mit Büchern und gelehrten Studien befaßt habe, sei er doch kein verknöcherter Gelehrter, sondern habe sich ein sehr war mes Herz bewahrt. Seine Menschenfreundlichkeit hat er ja auch dadurch bewiesen, daß er sich als Professor in Mailand gerade der Deutschen und ihrer Seelsorge immer angenommen hat. Mit uns sechs Deutschen hat er Wohl am längsten gesprochen. Ob sonst noch Deutsche da waren, weiß ich nicht. Wir waren auch die letz ten, mit denen er redete. Dann verließ er wieder nach kurzem Segen den Saal und wir konnten wieder heimgehen.^ Es wen; zwei Uhr. —
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