Volltext Seite (XML)
Air. 154. Sonntag, den S Juli 4. Jayrga»» Lrlchetut tctgltch «ach«, mil Ausnahme der Sonn- u. Festtage.!! P«»ogSpr«t-, Bterteljährl L M». LU Pf. «ahn« «rirettgeldi. ve! «utzerseulsch- PoslanslaUen tt.ZeilmiftSpiecrl. Mixeiuuwaier lvPs ! AedaktionS-Evrelbsttinde: 11—HL lld»^ UnadbLvgiger Ls-edlan f. ltlMkeil. stecin«. freideit.j . .. x.„ «,-kikietIe oder deren Raum mit "WWiLLL'LrHASsMrrL«' ««ras-» 4^ !He^,'r-r> a>^ ^ Der „Aberglaube" in der kath. Kirche. Die letzte Nummer 26 der „Wartburg" bringt unter dem Lite! „Kulturbilder aus dem Oesterreich des 20. Jahr- Hunderts" eine Anzahl abergläubischer Handlungen, wie sie sich im Böhmerwalde in den letzten Jahren zugetragen haben sollen. Man könnte der „Wartburg" nur dankbar sein, daß sie gegen den Aberglauben zu Felde zieht; sie hätte es zwar gar nicht nötig gehabt, danach im katholischen Böhmerwalde zu suchen, im stocklutherischen Brandenburgischen, ja in, sächsischen Erzgebirge, in Mecklenburg und anderen von den „rostigen Ketten geistiger Borniertheit" freien protestanti schen Landen hätte sie genug Material gestruden. In einer Fußnote gibt wohl auch die „Wartburg" zu, daß es auch in evangelischen Gegenden noch viel krassen Aberglauben gibt, sie setzt aber in verlogener Weise bei: Aber während er von unseren Ärmlichen bekämpft wird, Ivo es nur immer geht, wird seine Pflcge in karholiicren Ländern förmlich als Mittel zur Schaltung des Glaubens bettkchle». Kein Wunder dann, daß I. K. solch schreckliche Auswüchse kennen ge lernt hat. Gegen diese Tendenz des Artikels müssen wir uns wenden. Der Aufsatz sucht zu beweisen, wie das katholische Volk von der Kirche in den Aberglauben hineingeführt und darin erhalten wird. Da wir die Erfindungsgabe der Herren Ab fallsapostel — und Herr -7. X. bekennt sich selbst als einen solchen — kennen, so wird der Herr uns wohl gestatten, daß wir an der Wahrheit mancher seiner Erzählungen so lange zweifeln, als er uns nickst den Ort näher bezeichnet hat, wo sich die Begebenheit zugetragen haben soll. Er führt Tag und Jahr nur an, aber Ort und Namen der betreffenden Personen verschweigt er vorsichtig. Uns interessiert besonders ein angeführter Fall, weil dann ein Seelsorger der Simonie beschuldigt wird; die Er zählung lautet: Einer anderen Frau wurde ihr Kind, ein Knabe von einem Jahr, krank, jedoch nicht bedenklich. Ich ging öfters hin. nach dem Kinde zu sehen. Eines Abends, als ich wieder hinging, kam mir schon vor der Tür ein starker Weihrauchduft entgegen; als ich eintrat, war das Zimmer von dickem Weihrauchqualm erfüllt. In der Mitte dev Stube stand der Kinderwagen, darin lag das Kind mit dem nackten Köpfchen ha»t aus ein Gebetbuch gebettet, dessen Deckel ein erhabenes, geschnitztes Kreuz zierte; halte der Kleine glücklich das Köpfchen mit vieler Anstrengung herunter, wurde es wieder darauf gelegt. Die Geschwister standen, Rosenkränze herunterleiernd, neben dem Wagen, die Mutter ging mit einer brennenden Kerze immer um denselben herum, mir klagend, es sei schon die zweite Kerze, aber es ginge noch nickt besser. Da kam die Hausfrau mit einem Töpfchen (ungefähr V. Liter) voll ganz schmutzigen Wassers (so, als sei es aus eine, Pfütze geschöpft) und fing, nachdem sie über dem Kinde das Zeichen des Kreuzes ge macht hatte, an, diesem löffelweise die schwarze Brühe einzuflößen. Entsetzt wollte ich das verhindern, — da wurde mir die Erklärung zuteil, das sei „Weihwasser"; — sie habe dasselbe zu dem Zweck um viel Geld vom Pfarrer in der Kirche ge« kauft!! — ich als Evangelischer verstünde nichts davon, — außer dem sei das Wasser schon 200 Jahre! II alt. — daS Kind würde gesund davon. Meine Vorstellungen fanden kein Gehör, und erschüttert ging ich fort- Am andern Morgen, als ich wieder hinkam. war daS Kind unter Vergittungserscheinungen gestorben; — bedeckt mit Heiligenbildern und einem Rosenkränze lag eS in einem Waschtrog im Hausplatz. — die Mutter aber sagte mir, indem sie sich die Altgen mit der Schürze trocknete: „Ich bin nur froh, daß er nach dem Weihwasser gestorben ist. — da kommt er wenigstens nicht ins Fegseuer. sondern glei in'n Himmel." (Geschehen im Jahre des Heils 1903, am 12. September.) So die „Wartburg". Schon der Satz, daß der Pfarrer das 200 Jahre alte Weihwasser „um viel Geld" verkauft haben soll, läßt klar erkennen, daß wir es hier mit einer plumpen Erfindung zu tun haben. Wir fordern Herrn ll. X. also auf, den Beweis für die Wahrheit zu erbringen, indem er Ort und Namen nennt. So lange er das nicht tut, halten wir ihn für einen unehrlichen Erfinder unwahrer Geschichten. Was der Artikler von dem „bösen Blick", vom „Be schwören" und „Behexen" von Mensch und Vieh, vom „Be sprechen" erzählt, wird mindestens in gleichem Maße unter dem protestantischen wie katholischen Volke zu finden sein. Wenn er diese abergläubischen Gebräuche in boshafter Weise mit den Sakramentalien der katholischen Kirche, mit geweih- ten Kerzen, Weihwasser, Rosenkranz und „vorgeschriebenen Gebeten" in Verbindung bringt, ja, wenn er sagt: ob die gedörrten, zu Pulver zerstampften „Kellerasseln", die gegen Gelbsucht eingegeben werden, „vorher geweiht werden, wisse er nicht" — so liegt darin die gemeine Verdächtigung, daß die katholische Kirche den Aberglauben fördere. Aber Herr .7. X. rechnet nach protestantischem Herkom men die Sakramentalicn und die katholischen Gebräuche überhaupt schon zu abergläubischen Dingen. An der Vi gil des Drei König-Festes findet in mehreren Diözesen eine Segnung der Häuser und das Anschreiben der Anfangs buchstaben der heiligen drei Könige „6. >l. v." an die Türen der Wohnungen, Scheunen und Ställe statt; Herr »7. X. betrachtet das als Aberglauben. Weihwasser, Bitt- Prozessionen durch die Felder, das vertrauensvolle Gebet zum heiligen Antonius bei Verlusten stellt er mit wirklich abergläubischen Volksgebräuchen auf gleiche Stufe. Er er- zählt auch, daß ein Pfarrer zu Pfingsten von der Zunge deS heiligen Johannes von Nepomuk gepredigt habe, die jedes Jahr an bestimmten Tagen zu bluten anfange. Wir halten die katholischen Geistlichen in Böhmen für viel zu gewissen- hast und unterrichtet, als daß sie ihren Zuhörern einen sol- chen Bären ailfbinden sollten. Herr ll. X. möge gefälligst Ort und Namen nennen, damit wir unS von der WahrbÄt überzeugen können. Zum Sckffuß ruft Herr ck. X. salbungsvoll aus: „Los von Rom" ist eine dringende Notwendigkeit, eine heilige Pflickff, soll nicht gänzliche Umnachtung des Volksgeistcs oder Atheismus und Heidentum die Folge sein. Wir gehen nicht als „verwirrende Verführer" hin aus, wir gehen hinaus, um unfern Brüdern zu helfen, ihnen die Ketten zu sprengen, gesunde Kräfte zu ent fesseln und sie einzureihen in den Kampf "in Evangelium, Deutschtum, Kultur und Freiheit. Wir sind es unserem Volke schuldig, daß wir nicht gleichgültig zuschauen, son- dern in den Ruf einstimmen: „Los von Rom!" Ist denn das nicht die Tätigkeit eines „verwirrenden Verführers", wenn für den Aberglauben im Volke die ka tholische Kirche verantwortlich gemacht, während die prote stantische Geistlichkeit als Eiferer gegen den Aberglauben hingestellt wird? In Wahrheit ist die katholische Kirche in der Bekämpfung des wirklichen Aberglaubens ebenso ent schieden wie die evangelisch-lutherische Kirche. Das ergibt eine Zusammenstellung der beiderseitigen Katechismen. Ter „Dresdner Krenzkatechismus" vom Jahre 1688, wieder neu herausgegebcn 1854, in welchem auf Chnrfürstl. Durchl. zu Sachsen gnädigsten Befehl vom Ministerio znm heiligen Kreuz in Dresden Dr. Martin Luthers kleiner Ka techismus erläutert wird, beantwortet die Frage: „Was heißt zaubern?" also: „Es heißt nicht nur mit Hilfe des Teufels den Nächsten an Leib und Gut Schaden tun, sondern auch durch abergläubischen Mißbrauch des göttlick>en Namens oder Wortes, oder anderer Mittel, die natürlich das nicht sein können, wozu sie gebraucht werden, Krankheiten bei Menschen und Dieb vertreiben, verborgene Dinge erforschen, Feuer löschen, sich fest machen und dergleichen mehr." (S. 48.) Und der katholische Katechismus für Sachsen sagt: „Man sündigt durch Aberglauben, wenn man gewissen Dingen eine geheime Kraft znschreibt, die Gott denselben nicht verliehen hat. Besondere Arten des Aberglaubens sind: der Gebrauch abergläubischer Gebete oder Mittel, na mentlich bei Krankheiten, die Wahrsagerei, z. B. .Karten schlagen, Traumdenten, die Zauberei, wenn man mit Hilfe der bösen Geister wnnderähnliche Dinge bewirken will." Damit aber Herr ck. X. nicht etwa glaubt, daß nur im protestantischen Sachsen der Katechismus so entschieden spricht, im katholischen Oesterreich aber der „Aberglauben" gestattet sei, so zitiere wir hier auch noch, was in dem vom österreichischen Gesamtepiskopat herausgegebenen Schnlkate- chismus steht; dort heißt es (S. 70): „Man sündigt durch Aberglauben, wenn man Dingen eine geheime Kraft zuschreibt, welche ihnen von Gott nicht verliehen ist." „Man sündigt durch Wahrsagerei, wenn man unter ausdrücklicher oder stillschineigender Anrufung des böseil Feindes verborgene Dinge erforschen will." „Man sündigt durch Zauberei, wenn man mit Hilfe des bösen Fein- des wunderartige Dinge tun will." Sollte es Herr .7. X. nicht gewußt haben, so ersieht er ans dieser Zusammenstellung, daß die Bekämpfung des Aberglaubens eine gemeinsame Lehre des Christentums ist. Doch der Protestantismus betrachtet die in der katholi schen Kirche gebräuchlichen Zeremonien für abergläubisch. Die Sakramcntalien sind den Abfallsaposteln das, was dem „Teufel das Weihwasser" ist. Deshalb ist der Gebrauch derselben aber noch lange kein Aberglauben. Aberglaube ist ein falscher Glaube. Zeremonien aber, die den Sinn der heiligen Geheimnisse äußerlich ausdrücken, und Sakramen talien nähren den wahren Glauben. Die Kirche weiht z. B. gewisse Oscgenstände, um sie beim Gottesdienst zu gebrau chen; sie weiht Kerzen zur Erinnerung an Christus, das Licht der Welt; sie weiht am Aschermittwoch Asche, um den Christen zu erinnern, daß er Staub und Asche ist; sie weiht am Palmsonntag Palmen zum Gedächtnis an den feierlichen Einzug Christi in Jerusalem; sie tveiht Brot, Wein, Salz, die Früchte des Feldes, um den Segen Gottes ans den Ge nuß der Speisen herabzurufen: sie gebraucht geweihtes Wasser zum Zeichen der inneren Reinigung und um uns gegen die Nachstellungen des bösen Feindes zu schützen. Dieses Weikstvasser, über das sich die Protestanten ganz be sonders aufregen, ist seit den ersten Zeiten des Christentums gebräuchlich, wie es vom vierten Jahrhundert an viele Kir chenväter, die Heiligen Cyprian, Cyrillus, Augustinus und andere bezeugen. Man sah das Wasser allgemein als na türliches Symbol der äußeren und inneren Reinheit und als Träger einer reinigenden und sühnenden Kraft an. Hat ja Christus selbst an die Abwaschung in der Taufe die Ent- sündigung und den Eintritt in die Gotteskindschaft geknüpft. Die Protestanten haben alle diese frommen Gebräuche abgeschafst, weil sie dieselben für abergläubisch betrachteten; und das mit Unrecht. Denn durch den Gebrauch der ge weihten Dinge wird der Christ an Gott erinnert, die Andacht gestärkt und der Mißbrauch verhütet. Diese Bemerkungen mögen unseren protestantischen Lesern zur Aufklärung dienen, daß die Zeremonien der ka- tholischen Kirche ohne Grund als Aberglauben hingestellt werden. Wenn Herr ck. X. noch nrciteres Material znm Studium des Gegenstandes wünscht, so findet er solches in Wilmers Lehrbuch der Religion 7V, 6. Auflage, Münster 1896. in Probst, Sakramente und Sakramentalien, Tü bingen 1872, sowie in den verschiedenen Pastoraltheologien. Er wird dann bei einigem guten Willen sich sagen müssen, daß er die katholische Kirche mit Unrecht als Beschützerin und Förderin deS Unglaubens hingestellt hat. Den Mut. dies zu gestehen, würde er kaum finden. Denn wurde man nicht fortgesetzt der „geistigen Entwickelung, derKlarhe und Wahrheit" über die katholische Kirche im protestanttschen Volke entgegentreten, so rväre es traurig bestellt um r Waffen, womit der Protestantismus die katholische Kirche bekämpfen will. Wie sagt doch Herr ck. X. in seinem „In solcher Finsternis geht das Volk dahin, geleitet von gewissenlosen Priestern" . . . — Politische Rundschau. Dresden, den 3 Juli 1VOL. — Znr Silberhochzeit des KniscrpaarcS wird die Bürgerschaft von Wilmersdorf bei Berlin einen Zierbrunnen schenken, oer als „Kaiserbrunncu" auf dem Nankeplatz Aufstellung finden soll. Der Moiiumentalbinnncn ist von Professor v. Uechlritz cnlworfen. Die Geschichte erinnerte etwas an das Geschenk jenes Ehegatten, der znm Ge- bnrtstag seiner Frau sich selbst ein Jagdgcwehr schenkte, nm später die häusliche Küche mit Wiidpret versorgen zu können. Jedenfalls sind die Wilmersdorfer Praktische Leute, sie schenken dem Kaiser etwas, was diesem gar nichts, ihnen selbst aber am meisten nützi. — Zusammentritt des Reichstagrs. Nach unseren Informationen sind die Vorarbeiten für die Reichsfinanz, reforin soweit gedisyen, daß üver die Bransteuerresorm Uebereinstiinmung zwischen den Bundesregierungen eizielt worden ist. Dagegen herrschen über andere Slemrpläne, namentlich über die Reickiserbschaftsilener, nach den „Hamb. Nachr." noch immer Meinungsverschiedenheiten. Diese dürften sich jedoch so bald beseitigen lassen, daß die Reichs finanzreformvorlage den Bundesrat zu Beginn des Herbstes wird unterbreitet werden können. Der Reichstag wird in der zweiten Oktoberwoche zusammentrettn. um sich mit den neuen Steucrgesetzen zu befassen. Die Meldung einiger Blätter als werde der Reichstag erst im November ein- berufen werden, ist falsch. Der Kaffer wird diesmal den Reichstag selbst eröffnen, das letzte Mal tat es Fürst Bülow, da der Kaiser infolge der Operation nicht sprechen durfte. — Ein ungemein hartes Urteil ist von dem Hamburger Kriegsgericht gefällt worden; freilich ist der Anlaß hierzu auch nicht leicht zu nehmen. Vor dem Kriegsgerichte der 16. Division waren die beiden in Hamburg wohnhaften Schiffer Krogmann und Strauer wegen grober Widersetzlichkeit und Fluchtversuch angeklagt. Beide Angeklagte hatten im Mai dieses Jahres bei dem Pionierbataillon eine 14 tägige Hebung als Landwehrleute absolviert. Nach Beendigung der Uebiing sollten die Angeklagten auf dem Kasernenhofe antreten zur Verbüßung einer kurzen Arreststrafe, die ihnen zndiktiert war. Sie blieben statt dessen in der Kantine, wo sie reichlich Vier und Branntwein zu sich nahmen, und lvaren erst nach längerem Zureden zu bewegen, auf dem Kasernen- Hof zu erscheinen. Während sie nach dem Harburger Bahn- Hof geführt wurden, nm die Fahrt nach dem Altonaer Mili- tärarrestlokale anzutreten, zeigten sie sich ihren Transpor teuren gegenüber sehr renitent mit dem Bemerken, daß die Hebung zu Ende sei und daß sie keine Soldaten mehr wären. Am Bahnhofe angekommen, entliefen die beiden Verhafteten, und cs gelang erst nach längerer Zeit, ihrer wieder habhaft zu werden. Ihrer abermaligen Festnahme setzten sie lebhaf ten Widerstand entgegen, auch während der Eisenbalmfahrr versuchten sie wiederholt, aus dem Zuge herauszuspringen. In Hamburg angekommen, entliefen sie ihren Transpor- teuren aufs neue, und es gelang nur mit Hilfe berittener Schutzleute, sie wieder einzufangen. Der weitere Transport vollzog sich unter den größten Schwierigkeiten, die beiden Rasenden leisteten immer von neuem verzweifelten Wider stand. — Bei den Verhandlungen gaben die Angeklagten zu, daß sie sich sehr ungehörig benommen hätten, entschuldigten sich aber mit ihrem trunkenen Zustande und damit, daß sie tatsächlich geglaubt hätten, sie seien nach Beendigung der Uebung nicht mehr als Militärpersonen zu betrachten ge- wesen. Der Vertreter der Anklage wies darauf hin, daß gegenüber einen so groben Insubordination eine erempla- rische Strafe am Platze sei, und er beantragte gegen Strauer eine Gesamtstrafe von — 12 Jahren 7 Monaten Gefängnis, gegen Krogmann eine solche von 10 Jahren 3 Monaten. Beim Anhören dieses Antrages brachen beide Angeklagte in heftiges Schluchzen ans, und aus dem Zusckmtterraum. wo die Aiyrehörigen der beiden saßen, ertönte lautes Jammern. Das Kriegsgericht erkannte nach längerer Beratung gegen Strauer auf eine Gefängnisstrafe von 7*/, Jahren und ge- gen Krogmann auf 6 Jahre 2 Wochen Gefängnis. Den An trag der Verteidigung, eine mildere Strafe eintrcten zu lassen mit Rücksicht auf die Trunkenheit der Angeklagten und mit Rücksicht darauf, daß sie sich als Soldaten bisher gut ge- führt lüitten, ließ das Gericht unberücksichtigt. Ms Strauer abgeführt u>erden sollte, machte er einen Selbstmordversuch, indem er sich die Treppe Hinunterstürzen wollte. Er fiel mit dem Kopf gegen die Scheibe eines Fensters und mußte. auS vielen Wunden blutend, weggetragen werden. Das Per- gehen ist ein sckstveres, aber die Strafe ist zu lmrt. Gerade dieser Vorfall zeigt wieder, wie sehr begründet der Antrag G r über ist. der in das Militärgesetzbuch das Svstem der mildernden Umstände einfübrcn will. Wenn der Kriegs- minister bei der Beratung desselben im März meinte, daß die ^Begnadigung hier eintreten könne, so wollen wir drin gend hoffen, daß hier von diesem Rechte Gebrauch gemacht wird. Aber dadurch wird der Antrag Gröber nicht überflüs sig; solche Urteile sollten eben nicht gefällt werden.