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zu wollen-, die Gottheit Jesu Christi zu leugnen oder in einem der altchristlichen Lehre widerstreitenden Sinne umzudenten. das Christentum zu verflüchtigen und seines Lehrinhalts zn entkleiden. Dazu gesellte sich ein bedauernswerter Mangel an Achtung der Ueberzeugung anderer, der sich in offenen Ge hässigkeiten und Anfeindungen kundgibt. Ja, Geliebte, es bedarf schon eines großen Glaubensmutes, um sich freudig zu Jesum Christum und seiner Lehre, wie sie uns der heilige Bonifatius gebracht hat, zu bekennen; wir vertrauen, daß ihr den Feinden des Glaubens wie bisher, so auch in Zu kunft mit der Ruhe und Festigkeit entgegentretet, mit der St. Bonifatius seinen Gegnern widerstand. Der kostbare Schatz des Glaubens, den wir im Herzen tragen, verliert durch die Angriffe und Verspottungen seiner Gegner nichts von seinen: Werte; er gewinnt aber an Glanz und Kraft, wenn wir uns selbst in den Tagen des Kampfes des Glau bens würdig erweisen. Mit dein Opfermute des Glaubens, den wir an St. Bo nifatius bewundern, wetteiferte der Opfersinn seiner Ge nossen und die Freigebigkeit der Freunde in seiner Heimat. Als Winfrid von England auszog zu seinen gefahrvollen Missionsreisen, sahen seine Freunde es als höchste Ehren pflicht an, ihn auszurüsten mit kirchlichen Gewändern und allen Bedürfnissen des Missionszuges, und zugleich eine hei lige Gebetsverbrüderung mit ihm zu schließen, um unab lässig Gottes Gnade auf seine Predigt herabzurufcn. Und als Bonifatius später zur Bekehrung der heidnischen Sachsen sich nistete, da rief er wiederum mit seiner ganzen freudigen Begeisterung ganz England ans znm Gebete und zur Hilfe. Dieser Ruf des Heiligen. Geliebte, ergeht auch heute noch vom Grabe unsers Apostels durch die deutschen Gaue. Eö ist der Ruf desjenigen Vereins, der nach Bonifatius sich benennt, der Ruf des Bonifatius-Vereins. Wir sehen nicht nur jene mutigen Männer, die in Wort und Schrift die Sacke des katholischen Volkes im öffentlichen Leben ver teidigen. um uns versammelt, sondern auch die Führer des Bonifatius-Vereins, die mit selbstlosem Eifer alle Sorgen der katholischen Missionen in Deutschlands weiter Diaspora teilen und zu den ihrigen machen. Sie bitten und sammeln und arbeite:: nicht für sich, nicht für die Interessen ihres eigenen, engeren Wirkungskreises, sondern mit weitherziger Liebe für alle jene Katholiken, die in nicht-katholischen Ge genden zerstreut sind und dem Glanbensverluste ausgesetz* bleiben, wenn nicht die Brüder der katholischen Heimatorte helfend eingreifen. Mit Gebet und Gaben ist St. Boni fatius in seinem Wirken von den Freunden in seiner Heimat so reich unterstützt worden. Handelt daher nach ihren: Bei spiele. Schließet euch als würdige Kinder des Apostels Deutschlands betend und opferfreudig dem Bonifatius-Ver- ein an. damit ihr teilnehmet an dem Werke, das St. Boni fatius durch seine treuen Söhne in Deutschlands Gauen fort zuführen bemüht ist. II. Wenn wir St. Bonifatius den Apostel Deutschlands nennen, so rühmen wir damit ein doppeltes Verdienst des großen heilige:: Mannes. Er ward zum Apostel vieler Tau sender. die er durch Lehre und heiligen Wandel für Christus gewann. Er ward aber noch in einem höheren Sinne zun: Apostel, indem er kirchliche Einrichtungen schuf und zu fester Einheitlichkeit verband, mit den: Erfolge, daß sein aposto lisches Wirken auch in den folgenden Jahrhunderten reichen Sagen stiftete. Haben wir ihn betrachtet als Prediger und Missionar, der den Baum des Kreuzes mit starker Hand aufrichtete in den deutschen Gauen, so müssen wir das Auge noch hinwenden ans das großartige organisatorische Werk, durch das er die deutschen Bistümer zu einem großen kraft vollen Ganzen vereinigte. Bonifatius war durch die Gaben, die ihm die göttliche Vorsehung verliehen, zum Organisator der Kirche vorher- bestimmt. Mit dem Glanbenseifer. der ihn zun: Altäre des Herrn, zum steten Durchforschen der heiligen Schrift, zur Predigt unter den Heiden Hintrieb, verband er einen klaren Verstand und die hohe Kunst zu ordnen und zu re gieren. Niemals fühlte er in sich eine Sucht zu herrschen. Ihn beseelte vielmehr jene Selbstlosigkeit und Reinheit der Absicht, die nichts für sich sucht, sondern einzig Christo dienen und alle für Christus gewinnen will. Darin lag das Ge heimnis seines segensvollen Wirkens; darin ist er ein Vor- bild geworden für alle Diener der Kirche. Dieselbe Hand, die die wuchtigen Schläge gegen die heidnische Göttereiche bei Geismar führte, zeigte sich unermüdlich in stetem Wohl- tnn gegen die Arnum und Leidenden. Die Leiden des Volkes waren seine eigenen Leiden. Griff er mit eiserner Festig- keit durch, wo es galt, das Heiligtum des Herrn von un würdigen Mietlingen zu reinigen, so beseelte ihn doch stets jene herzliche, erbarmende Liebe, die nie ein geknicktes Rohr bricht, nie einen glimmenden Docht auslöscht. Wie als Bote des Himmels inmitten der Heiden, so erschien er als geistiger Arzt in schwer erkrankten, tief gesunkenen christ lich:: Gemeinden. Mit dieser Kraft der Liebe verband Bonifatius die All gewalt der Ausdauer. Wer durch einen Mißerfolg geknickt und mutlos wird, der ist kein echter Apostel Christi; denn ihn: fehlt die Geduld, an die allein der dauernde Sieg ge kettet ist; ihm fehlt der vertrauensstarke Glaube, daß Gott allein das Gedeihen gibt und der Erfolg in Seinem Rat schluß steht. Wohl sehen wir St. Bonifatius oft tief ge beugt durch den Wankelmut und die sittliche Schwäche, die er in seiner Zeit bei Hoch und Niedrig wahrnehmen mußte. Doch stets von neuem legte er wieder die Hand an die Arbeit im Weinberge des Herrn. Nock) als Greis begann er jenen dornenreichen Acker zn bestellen, ans den: er als Jüngling anscheinend vergebens gearbeitet hatte. So offenbarte er in allen: die Tugenden des treuen Seelsorgers. So ist er den Priestern und allen, die in der Kirche, in der Schule und in: öffentlichen Leben die Sache Christi vertreten, das heiligste Vorbild geworden. Ein noch leuchtenderes Vorbild aber ward er fiir die Hirten der Kirche dadurch, daß er die Kirchen, die er in Deutschland gründete, einfügte und eingliederte in den gro ßen Ban der Einen, heiligen, katholischen Kirche, die nach Christi Willen die Christen aller Völker in sich vereinigen soll. - - Was Christus der Herr in seinem hohenpriesterlichen Gebete vor seinen: Leiden fiir seine Jünger erfleht hattet): „daß alle eins seien", „daß sie vollkommen eins seien", — das war der heißeste Wunsch des heiligen Bonifatius für die Kircbe Deutschlands. Einheit in: Glauben, Einheit in den Sakramenten, Einheit in der Liebe und Einigung in der kirchlichen Leitung: das war das Ziel des organisato rischen Strcbens des Apostels unseres Vaterlandes. Und gerade darin sehen wir eine wunderbare Fügung der gött lichen Vorsehung, daß er selbst bervorging aus einen: Volke, das damals das bebre Gut der kirchlichen Einheit in so hohen: Grade besaß und pflegte. Tie Bistümer des angelsächsischen Volkes lvaren eine Gründung des Papstes Gregor des Großen. Im engen Anschluß an die römische Kirche nmr die Kirche Englands zu hoher Blüte emporgestiegen. Englands Klerus und Volk hingen fest mit glühender Liebe an: päpstlichen Stuhle. Oft wunderten Männer und Frauen aus England zu den Grä bern der Apostel; mit Verehrung betraten sie die ewige Stadt; mit inniger Dankbarkeit blickten sie zum Himmel empor. n>enn sie das Glück batten, die Scknvelle der Peters kirche zu überschreiten, an: Grabe der Avostelfürsten beten zu können. Diese Liebe zun: Oberhaupte der Kirche hatte Bonifa tius mit der Muttermilch eingei'ogen. Alles, was seinen Blicken sich darbot, befestigte ihn in der Ueberzeugung. daß nur iu der engen Verbindung mit den: Stuhle des heiligen Petrus ein nachhaltiges segensreiches Wirken ihm möglich Ivar. Wie blühten doch in den Kirchen Englands Glaube ') Joh. 17. 20-23. und christliche Tugend, Wissenschaft und Kultur! Wie tief gesunken waren dagegen jene Bistümer Deutschlands, die den lebensvollen Zusammenhang mit dem Mittelpunkte der Einheit in ihrer Vereinsamung fast ganz verloren hatten! Der Apostel der Friesen, dem Bonifatius in den ersten Jahren seiner Missionstätigkeit zur Seite stand, der heilige Willibrord, war selbst nach Nom zu Papst Sergius I. ge pilgert, ehe er seine dornenvolle Missionsarbeit begann. Seinem Beispiele folgte auch der heilige Bonifatius. Ehe er als Apostel in: inneren Deutschland auftrat, wallfahrtete er betend von Kirche zu Kirche über die Alpen zur ewigen Stadt, un: von: Papste Gregor ll. den Auftrag und Segen zu seinem schwierigen Werke zu erbitten. Dreimal zog er nach Ron: zun: Statthalter Christi, dort holte er sich Rat und Sendung, dort empfing er die Bischofsweihe und den bischöflichen Auftrag, dort ließ er alle Handlungen und An- ordnungeu prüfen und bestätige::, durch die er die Kirchen Deutschlands neu zu ordnen unternahm. Wir Katholiken danken Christo, dem obersten Hirten unserer Seelen, dafür, daß er so die Schritte seines Jüngers lenkte. Denn nun war die Gründung unseres Apostels ein Glied an: Leibe der ganzen katholischen Kirche; sie war eine Rebe, die dem Einen, von Christus gepflanzten Weinstocke lebensvoll eingesügt war; sie war nicht der Willkür der Men schen und dem Zufall der Ereignisse preisgegeben, sondern hatte festen Halt durch den innigen Zusammenhang mit den: Felsen Petri. Nicht eine Mirwerung der Autorität des heiligen Bonifatius lag in dieser Einordnung und Unter- ordnung, sondern eine Festigung ihrer inneren Kraft, eine Schutzwehr für die Reinheit der Lehre, eine Erhöhung ihres Glanzes und eine Quelle heilsamen Einflusses. Ein wahrhaft erhebendes Bild von dem Ansehen und von der Stellung des päpstliche:: Stuhles bieten uns die Chroniken und die Briefe aus jener Zeit der deutschen Ge schichte. Geistliche und weltliche Große erkannten als un bestritten an, daß die oberste Aufsicht über die christliche Lehre und die christliche Sittenordnung einzig dem Nach folger des heiligen Petrus zustehe. In ihn: sahen die Kir chen Deutschlands den untrüglichen Zeugen der Ueberlie- ferung, den Wächter des Glaubensschatzes, den obersten Richter in kirchlichen Fragen. In allen kirchlichen Ange legenheiten galt die Entscheidung des Papstes als maß gebend und bindend. Ermahnend und belehrend, lobend und ermunternd redete der Papst zu Bischöfen und Fürsten, zu Klerus und Volk. Tief befestigte Bonifatius durch sein Beispiel diese allgemeine Ueberzeugung. daß nur in naher Verbindung mit der römischen Kirche die Kirchen Deutsch- lands gedeihen konnten. Der Lehrstuhl Roms galt ihn: als Säule der Wahrheit und als Hort des Rechts. Mcht als Unterjochung, sondern als Verhältnis kindlicher Liebe und Treue zun: Vater der Christenheit empfand das deutsche Volk diese Beziehung znm päpstlichen Stuhle. Ihr alle, Geliebte, fühlt es euren Bischöfen nach, wie gern unser Auge bei diesen: herrlichen Bilde der Einheit veriveilt in unseren Tagen, wo zahllose Gegner rastlos be strebt sind, mit kleinlichen Verdächtigungen und gehässigen Entstellungen jenes heilige Verhältnis zu schtvächen und zu untergraben, das unter St. Bonifatius so reiche, segensvolle Früchte gezeitigt bat. Unser Stolz und unsere Kraft ist es. daß wir in diesem Verhältnis zum päpstlichen Stuhle uns einig wissen mit den: Apostel der Deutschen. Alles, was diese Einigung verletzen könnte, wäre eine Zersplitterung unserer inneren Kraft und eine Gefährdung des katholischen Glaubens. Das Papsttum ist der Mittelpunkt der kirchlichen Einheit, in welcher das ganze vielgestaltige kirchliche Leben zu einen: festgefügten Ganzen sich zusammenschließt. Die Feier des Bonisatins-Festes darf daher nicht vorübergehcn, ohne daß wir mit Dank zu Gott der Segnungen gedenken, die der deutsche:: Krrche aus der Vereinigung nrit Rom er- ivacknen und. und am Grabe des Heiligen das Gelöbnis niederlegen, daß auch dieses heilige Erbe unseres Apostels von uns treu gewahrt und gehütet werden soll. Ein freies. heiliges Band umschließt die deutschen Katholiken mit dem Stuhle des hefligen Petrus. Von diesem blickt heute der jetzige Inhaber, Papst Pius X., aus uns, die Kinder des heiligen Bonifatius, die auch seine Kinder sind, und segnet sie nrit derselben väterlichen Liebe und Fürsorge, die einst St. Bonifatius bei Papst Gregor II. fand. Die Vereinigung der deutschen Kirche mit dem römi- schen Stuhle ist eine der größten Wohltaten, die Bonifatius unfern: Vaterlande erwiesen hat. Daß durch diese Einheit die Liebe zum Vaterlande nicht geschwächt, sondern nur noch höher geadelt wird, bat derselbe große Heilige durch sein leuchtendes Beispiel der Mitwelt und Nachwelt kundgetan. Wer hat inniger sein teures Vaterland geliebt <AS St. Bonifatius? Wer hat größere Opfer für die Heimat seiner Ahnen gebracht als er? Wer hat selblstoser das ir- disckie und ewige Wohl der Angelsachsen und der Deutschen erstrebt, als der große Glaubensheld, der nicht durch wort reiches Rühmen seine Vaterlandsliebe bekundete, sondern ein Leben der Arbeit und Entsagung, sein Herz und fein Blut für seine neue Heimat zum Opfer brachte? Wen haben tiefer die Leiden seines Volkes ergriffen, wer hat ausdau ernder an der Heilung der Wunden Deutschlands gearbeitet, als der große Bischof, der gerade am Grabe der Apostel fürsten stets neuen Mut und neue Kraft schöpfte zu seinem mühevollen Werke? Je ernster und höher wir die religiösen und ewigen Interessen der Völker erfassen und werten, je treuer wir in der von Christus gestifteten Kirche den Weg zum himm lischen Vaterlande wandeln, desto reiner, edler und selbst loser ist auch die Liebe zum irdischen Vaterlande. Das ent- ! spricht dem Gesetze der Ordnung unter den christlichen Lu gende::. Die Tugend der Vaterlandsliebe ist um so wahrer, je tiefer und treuer die Liebe zum Reiche Jesu Christi ist, in welchem alle Länder und Völker Glieder einer großen Familie, Reben an dem Einen Weinstocke des Herrn sein sollen. Beseelt von dieser Liebe richten wir unsere Blicks empor zum himmlischen Hirten der Kirche und flehen zu ihm mit erhobenen Händen, er wolle sein Gebet dort oben sortseben: „Vater, gib, daß sie eines sein"1). Wir stimmen hinieden immerfort ein in dieses Gebet unsers ewigen Ho henpriesters und flehen zu Gott, er möge die Trennung aufheben, welche die Kinder des heiligen Bonifatius in der wichtigsten Angelegenheit des Lebens, im Glauben, scheidet, und sein Wort erfüllen, „daß ein Hirt und eine Herde wer den solle" 2)! III. Durch die enge Verbindung der deutschen Kirche mit den: päpstlichen Stuhle bat St. Bonifatius unserem Vater lande endlich noch einen andern großen Dienst erwiesen: einen Dienst, den freilich jene nicht anerkennen, die im Mittelalter nur Finsternis und Geistesknechtung sehen wol len; es ist das die Begründung einer höheren Kultur und Zivilisafton in unseren: Volke. Kein Vorwurf wird häufiger gegen die Kirche Christi erhoben, als der, daß sie eine Feindin der Kultur und der Bildung sei. Kulturfeindlich nennt man die Stiftung deS Sohnes Gottes, die in seinem Namen und Aufträge neun zehn Jahrhunderte hindurch das vollkommenste und edelste aller Sittenge'etze verkündet bat und die Menschen ihrem höchsten und ewigen Ziele zuzuführen stets bemüht war. Als Feindin der Wissenschaft beschimpft man jene treue Pflegerin, die alle Denkmäler wissenschaftlicher Arbeit aus > dein Altertum als kostbares Erbe ausgenommen, von Ge schlecht zu Geschlecht gehütet und erneuert und so den kom menden Jabrtau'enden übermittelt bat. Als Feindin der Zivilisation verdächtigt man jene Religion, deren wunder- bare Knnstdenkmäler den edelsten Schatz unseres Vaterlandes bilden, zn deren Domen wir mit ehrerbietigem Schweigen ') Joh. 17. 11. j -) Joh. 10. 16.