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Sächsische Volkszeitung : 07.12.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192212079
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19221207
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19221207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-12
- Tag 1922-12-07
-
Monat
1922-12
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 07.12.1922
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8, Teile ü rt llk. ei W! 2S0L- ier 26949 pe. 22IOI s; recbtZ lbortptate. !^NSN im« -e 3151 ! , poüei'- : altor Lrd, escken-ki., ks. Donnerstag den 7. Dezember t9LS Nr. 248. Seit» » V' k>^> WM «A »Iz AM Ml, »M Die zweite Philosoph.sche Vortragsreihe des hochw. Herr» Bischofs De. Christian Schreiber an der Leipziger Universität Nachdem .Herr Bi schuf Tr. Schreiber in: Winter 192IM eine vkcihe von Vorträgen über Kants Philosophie in Leipzig ao. :n und der fünf Vor- Niehsche als Jndividualethikcr, Nietzsche als Sozialethiker, Nietzsches Stellung zur christlichen Moral und Nietzsche als Künstler, die Hörer unter- richien sollen. Die Voriräge begannen am Donnersla,: den 16. November, nm sich an den folgenden Donnerstage» fortzusetzen, so dag bis heute drei der angetündigten Borträge erledigt sins; sie finden statt im größten Hörsaale der Universität, der in den bisherigen Vortragsabenden bis in die letzte Elle mit Hörern an- gcfüllt u>ar. Von Kant zr> Nietzsche ist ein weiter Weg, an den« die Sta tionen Fichte, Heget, Schölling, Schopenhauer liegen. ^Ihre Be deutung für die Gegenwart ist sehr unterschiedlich: Fichte vor nehmlich nur noch als deutscher Patriot in seinen „Reden au die deutsche Nation" bekannt, Hegel der Verfechter der Lehre von der Staatsallmacht und Staatsgottheit — und das Fundament für die Marxsche Dogmatik des Sozialismus; Schclling vielleicht zu Unrecht säst verschollen, Schopenhauer der lebendigste von allen; berührt sich doch seine Welt- und LebenSverncinung innig mit der buddhistischen Lehre, die, von dem Neisephilosophen Gra fen Kahserling nachgelebt und empfohlen heute die Geister in Deutschland erfüllt, wie niemals vorher. ^ hopenhauer wäre des halb wohl das gegebene Thema für eine nächste Vortragsreihe! Wie steht es nun mit Friedrich Nietzsche, dem dichtenden Philo sophen oder philosophierenden Dichter? Ist seine Lehre vom Uebermcnschen, seine Umwertung aller Werte noch lebendig oder als überwunden z>.' betrachten? Die Antwort ist nicht leuch:. Der Höhepunkt seiner Wertung ist wohl überschritten; zwischen ihm und der Jetztzeit gähnt die ak>gr::ndtiesc Kluft des Weltkrieges. In diesem wurde von Deutschlands Feinde» Nietzsches Philoso phie fälschlich als die Philosophie Deutschlands aus-gegeben, sein Wille zur Macht dem Deutschen Reiche und Volke als Streben nach der Weltherrschaft angekre-det! Das jetzt ohnmächtig an: Boden liegende Deutschland aber, was soll es wohl mit dem Willen zur Macht und dem Uebermeiischentnm Nietzsches «»san gen? Nichtsdestoweniger bedeutet Nietzsches Lehre auch jetzt noch viel, weniger nach der positiven Seite vielleicht als nach der nega tiven, in seiner vernichtenden Kritik der herrschende» Kultur- lind Gesellschaftszustände. Dazu kommt, daß die dithyrambische Sprache seiner Schriften noch immer geeignet ist. junge Köpfe zu berauschen, Weiler aber, daß, wie mich der bischöfliche Redner '» einem seiner Vorträge treffend hervorhob, der darwinistisch-l io- logiscke Grundsatz in Nietzsches Lehre der Entwicklung zum Ueber- menschen auch der herrschende Ton in der Entwicklungslehre des radikalen Sozialismus ist, nur daß dort die Entwicklung zum aristokratischen Uebermcnschen, hier aber zur Diktatur des Pro letariats führt! So ist die Beschäftigung mit Nietzsche, mich ab gesehen von der überaus fesselnden Persönlichkeit, noch wahrhift zeitgemäß. und gebührt dem Herrn Bischof der Dank aller für die Bewegungen des geistigen Lebens im deutschen Volke inter essierten Kreise. Der bischöfliche Redner begann seine Voriräge mit der Darlegung der LebcnSschicksale des Philosophen und entwickelte, wie seine Lehre aus seiner Psyche herausgewachsen sei. Einem evangelischen Pfarrhause entsprossen, früh vaterlos, erhielt Nietzsche seine geistige Schulausbildung in der berühmten Lan- deSschulc Pforta, wo sich bereits seine glänzende Begabung zeigte. Ein zurückhaltendes, stilles, fast weiblich schüchternes Wesen ver band sich mit einem gesteigerten Selbstgefühl und aristokrcrpschen Neigungen, die ihn der Maste abhold machten. Die Freiheitshym- neu Hölderlins und dessen Traum von einer Ernsuermig. der menschlichen Kultur begeisterten ihn. Als Student in Leivziq stieß er auf das Hauptwerk Schopenhauers „Die Welt als Wille und Vorstellung", das ihn ganz gefangen nahm. Hier wurde er auch mit Richard Wirgner bekannt, besten dichterisches Schaffen von Schopenhauers Ideen wesentlich beeinflußt war, und in dem Nietzsche tai^e Zeit den Schöpfer einer nouen künstlerischen Kul tur erblickte. Noch ehe er seine akademischen Studien vollendet hatte, wurde er durch Vermittlung seines Lehrers, des Phü». logen Professors Ritschcl, als Prosessor der klassischen Philo logie nach Basel berufen, wo er mit Jakob Burckhardt, dem be. rühmten Nenaissanceforscher, in Beziehungen trat. Den deutsch- französischen Krieg 1870/71 machte er als freiwilliger Kränkelt- Pfleger mit, zog sich hierbei aber die Erkrankung zu, die ihn in ein frühzeitiges Siechtum versetzte und ihn zwang, seine Lehr tätigkeit an der Universität auszngeben. Der Kampf gegen das tückische Leiden, der Wille zur Gesundheit und zum Leben wurde zum Vater lciner Philosophie. Das Wesenselement der Schopcnauerjchen Phi.osophie, die Betonung des Willens gegenüber dein Intellekt, wodurch die Wettentwicklung sich vollzieht, übernahm er in seine Ideen, ge staltete ihn aber ins Positive um, in den Willen zur Macht, der den Uebcrmenschen hervorbringt. Das zweite Fundament für Nietzsches Philosophie mußte Darwins biologische Entwicklungs lehre, der Kampf ums Dasein und die Auslese der Tüchtigen in diesem Kampfe, abgeben. Man kann nicht sagen, daß beide Ele mente sich reibungslos mit einander vertragen, sie tun es auch bei Nietzsche nicht, aber sein künstlerisches Ausdrucksvermögen brachte es doch zustande, sie zu einer scheinbaren Einheit zu ver schmelzen. Eine neue höhere Kultur zu schassen, ist das Z-el von Nietzsches Geistesarbeit. Diese neue Kultur baut er ausschließ lich auf dem Diesseits auf. Eine Moral, die den Menschen von einer Autorität, von einem höheren Gesetzgeber abhäligig macht, kann eS nach ihm nicht geben, auch nicht im Sinne von Kams kategorischen, Jnrpcrativ, der das Gewissen des Menschen zwar als autonom einstellt, aber dabei doch ein allgemeines Gesetz für die Gesamtheit der Menschen im Auge hat. Für Nietzsche gibt cs kein Gewissen, keinen Unterschied von Gut und Böse, keinen Gott und kein Jenseits; „Gott ist tot." Die bisherige, nament lich die christliche Moral, ist eine Sklavenmoral, nicht für den höheren Menschen, den Nietzsche erzielen will, geeignet. Freilich, die große Menge, die Herdenmenschen, die Vielzuvieien. sie müssen sich beugen und gehorchen, Gesetzgeber ist allein der zum höheren Typus entwickelte Mensch, der große Einzelne, der Her renmensch, der Uebermeusch. So entsteht allerdings ein »'»es Sklaventum, das in Nietzsches Sinne zu jeder höheren Kultur gehört, wie das antike Griechenland und Nom erweisen. Mit der Idee vom Uebermenschcu verbindet Nietzsche nun weiter die Idee von einer ewigen Wiederkunft des Gleichen als einen Gedanken der Lebcnsbejahung, der ibin die christliche Ewig- keitslehre ersetzen soll, der sich nun freilich mit der Enlwnktung zum Uebermcnschen, der ein Ende der Entwicklung bilden muß. nicht recht vereinen läßt. Vom Christentum nimmt Nietzsche an. daß es das Wert vollste im Menschen, die Leidenschaften, ersticken und ertöten wolle, ein durchaus falscher Gedanke: deshalb weg mit dem Christentum. Es darf auch kein Mitleid mit den Schwachen und keine Nächstenliebe geben, da sie die Auslese der großen Einzel nen, der Uebermcnschen hindert. Eine absolute Mehrheit, wie sie das Christentum vertritt, gibt es nicht; wahr ist für Nietzsche nur, was das Machtgefühl steigert. Krlsch k«re es bei alledem, in Nietzsche einen Verfechter de» Sichauslebens in zuchtlosen Lüsten, einer Wüstlingsmoral zu sehen. Die Leidenschaften des großen Einzelnen sind groß, sie schwächen und ausrotten zu wollen, ist unmoralisch; aber der Uebermeusch wird in der Heroenkrast seines Willens sie beherr schen: „Wirf den Helden in deiner Seele nicht weg!" Nietzsche verachtet das Mitleid, nicht das Leid, das er als Schule in dcr Entwicklung zum Herrenmenschen hochschätzt. Nietzsche ist übe.-' Haupt sittlicher, als es nach vielen seiner maßlos übertriebene Aussprüche den Anschein hat. Und in seinem Leben ist ein sitt licher Makel nicht aufzufinden. Ans der Stellungnahme Niw.iches zum Etbc-s des Indi viduums ergibt sich folgerichtig sein Gegensatz zu allen bestehen, den ethischen Sozialwerten: Familie und Ehe, Staat und Staats gewalt, Demokratie und Parlamentarismus, Nation, Resigion, Kirche und Schule. Sie alle dienen ihm der Gleichmacherei, der Unterdrückung der starken Einzelnen. Das Weib erscheint ihm zum höheren, zum Herrenmenschen, ungeeignet, namentlich auch zu wissenschaftlicher Arbeit unfähig; die Frauenemanzipaiion ist ihm ein Unding. Die Ehe als eine höhere sittliche Lebensgemein schaft verwirft er; sie ist eine Fessel für die kraftvolle Entfaltung des Mannes. Der Staat ist das kälteste aller kalten Ungeheu r, erfunden für die Ueberflüssigen; die christliche Gemeinshai't in der Kirche ein plebejisches Ideal, das das Herdentier Mensch be günstigt. Der nationale Gedanke endlich ist ihm ein vollendeter Unsinn; der höhere Mensch wird alle nationalen Schranken n,e- derrcißen und zum «guten Europäer" sich entwickeln. Entbehrt das Streben Nietzsches nicht der edlen Momente, war seine Kritik der herrschenden Kultur- und Gescllscl>aftsz!i- stände im einzelnen vielfach treffend und richtig, so verlor beides doch seinen Wert durch die maßlosen Ucbertreibungen. Die christliche Moral hat Nietzsche durck/aus verkannt. Hätte er seinen Gedanken vom höheren Menschen durchgcdacht und für das Ver ständnis des Christentums sich an die richtigen Quellen gewendet, so würde er gefunden haben, daß das Christentum nicht schwäch liche Entsagung und Ertötung der Leidenschaften predigt, son dern Kampf und kraftvolle Beherrschung, nm alle edlen Anlagen harmonisch zu entfallen, um so ebenfalls eins höhere Kultur zu erzeugen, die dann freilich nicht nur eine Kultur mr mnzclne Große und große Einzelne, sondern eine neue Kultur der ge samten Menschheit werden soll. Die zwei noch ausstehenden Vorträge sotten die Stellun« Nietzsches zum Christentum und zur christlichen Mora! un ein- zclncn und endlich den Dichter und Künstler in Nietzsche behan deln, und so wird der letzte zurüclsühren zur Perjonlichieit Nietzsches, von der der erste anSgcgangeu war. Der bischöfli-be Redner belegte die bovgetragcnen Aufstellungen Nietzsches ein gehend nilt Stellen ans den zahlreichen Schriften Nietzsches, viel, leicht zu eingehend. Die Zitate sind gewiß notwendig, .»n den Hörer in die GeistcSwelt dessen einznfnhcen, über den gehandelt wird. Ab eg die Vorträge sind auf eine kleine Zahl beschränkt, und jedem einzelnen Vortrage ist ancb naturgemäß inc eine karge Zeit zngemessen. So kommen über den Gedanken von Nietzsche, die doch ebenso wesentlichen de? Redners über Nietzsche zu kurz, die dann am Schlüsse ans das knappste i'sam- mengedrängt werden müssen, die aber vielen Hörern, namentlich den mit Nietzsche schon bekannten, ungleich wertvoller sein wer den als jene. Eine abschließende Besprechung der fesselnden und klaren Darlegungen des bvchw. Herrn Redners, dem für diese ivissru- schaflllchen Voriräge und für die mühselige Arbeit, die er mit ihnen außer den vielen und wichtigen Arbeiten seine? bähen AmicS auf sich genommen hat. unser wärmster Dank gebührt, gedenken wir nach dem lebten Vorträge folgen zu lassen. B. Sch. Sankt Nikolaus Zum 6. Dezember. ..Sankt Nikolaus!" Welches Kind jubiliert nicht, wenn dieser Namen ans dem Kaleirder immer näher rückt! Ist doch dieser Heilige den Kindern der liebste von allen. Zahlreiche Volksgcbrüuche tragen dazu bei, die Feier dieses Tages zu er höhen. Schon Wochen vorher erzählen die Eltern den Kindern die frohe Mär. daß St. Nikolaus Geschenke bringt. Aber mir den guten Kindern. Von den schlimmen Bürschchen hat mancher ein böses Gewissen, denn St. Nikolaus oder sein Begleiter, der Knecht Ruprecht wissen die Rute besser zu schwingen als der Vater und die Mutter und auch als der Lehrer, denn er braucht sich nicht za fürchten, zur Rechenschaft gezogen zu werden. Die NikolanSbräuche sind international wie die Kinde.- frende. In Thüringen ist der hl. Bischof fast überall in die Per son des Ruprecht übergegangen, der als alter Mann erscheint mit einem mächtigen Stock und zwei Säcken auf dem Rücken. In dem einen ist allerlei Obst und Backwerk, in den anderen drobt er die faulen und nichtsnutzigen Buben zu stecken. In Scb'.vaben hält der Krampus oder Wauwau seinen Umzug am 6. Dezem ber. Im Nordosten unseres Vaterlandes lenkt der Schiäimrl- reitcr sein Nößtein durch die Lande, gefolgt von einer Schar der- kleideter Burschen. Die Kinder füllen gegen Abend ibre Pan- tösselcben mit Hafer, damit der Schimmel keine Not zu leiden hat. und am anderen Moraen liegt in den Schuhen allerle- Back- und Znckerwerk. Aehnlich machen cs die Kinder in Amerika mit ihren Strümpfen. Am schönsten und sinnvollsten ist die Nikosau-Sfeier da. wo der Heilige in eigener Person erscheint. Ein goldbestickter Man tel wallt nm die bohe Gestalt des ehrwürdigen Greises, und eine "hohe Bischofsmütze ziert das von langem, weißem Barte nm» rabmte Haupt. So erschien er überall in früherer Zeit, und die bolländischen G'nremaler stellen ihn so dar. Ernst prüft dcr Bischof die zitternden Kinder im Katechismus und im Beten, und Webe dem Tragen! Denn mit dem Heiligen erscheint ein sch m- mer Geselle, der Klanbauf oder Barthel, eine gräßliche Gestalt mit schwarzem Gesicht und Bockshörnern. Der weiß die Nute gar gründlich zu gebrauchen. In manchen Geaenden wird für den NikolanStaa ein beson dere? Gebäck hcrgestellt, znm Beispiel auf dem Eichsfelde und im Münsterlande. nämlich die Klai.Smännerchen, Teigmänner, tue St. Nikolaus darstellen sollen. Der ehrsamen Bäckerznnft galt St. Nikolaus als Patron, denn er soll in Tagen einer Hungersnot für seine Gemeinde treulich gesorgt haben. Aber auch Erwachsene seben in manchen Gegenden dem 6. Dezember mit S-Vnsiicht entgegen; denn St. Nikolaus ailt auch als Ehcstiftcr. Früher fanden in manchen Gegenden Nikolans- märkie statt nbul-ch den Weibnach'smärkten. Bei den alten Hansakanflcuten stand St. Nikolaus als Gildenpatron und Schutzheiliger hoch in Ebre». Die Russen verehren ihn als den Schutzheiligen des Landes. Mögen im Laufe der Zeit auch manche alte N'kolau'Sbränchc verschwunden sein oder sich geändert aben, Zuckcrwcrk und Rohr stock, oder jetzt vielmehr die Ha'elnite. sinb sock, überall noch die Beiaab-n des Felles, »nd beide sind je nach Umständen auch sonst wohl öfters am Platze. R. H—n. Nachrichten aus Sachsen Zum Schulkampf in Sachsen Wlr berichteten bereits über die Stellungnahme der katho lischen Eltern in Dresden zum nächsten katholischen Feiertag, Mariä unbefleckte Empfängnis, am 8. Dezember. Am vergangenen Montag fand auch eine Versammlung der Eltern von katholischen Schülern höherer Lehranstalten tn Leipzig statt. Diese war veranlaßt durch die Strafandrohung (Ent- lassungSandrohung), welche seitens der Schulleitungen an die Eltern entweder schriftlich oder mündlich durch die Schüler er gangen ist. Da» Resultat war der einsttmmia «faßte Beschluß Unter ücn Weitznacht8baum in jcücm katholischen kaufe nehören: cler jetzt erschienene Sk. vmno-stalcnaer 142Z null llie MM-GroMürc von vischos vr. 5chreiber l'rei? rier venno-kälenllerz ohne verfaiiülieliiwr N5 Mark kreiö ller liant-vroschürc ohne versüNligetzühr. so Mark veltellnnlien erbittet sofort ller verla-i äer Sächsischen volk^reUnng vreslien-st., lroiveinstraße 46 kostscheckkonlo vrcsclen Nummer 14747 der überaus zahlreich erschienenen Eltern, auch diesmal wieder, wie am Atlerheiligentag, die Kinder nicht in die Schule zu schicken. Erstaunt war man über die Haltung verschiedener Rektoren und auch des Schulamtes. Diese Haltung zeigt die einjpruchlose Hinnahme einer eigenartigen Olesetzesanslegnug. Ganz abgesehen davon, daß auch nach Ansicht des Reichsmiiiisteciums des Innen: die Feiertagsverordnung von: 12. August gegen die Reichsversasjung verstößt, muß man feststellen, daß auch in diesem Falle die für Sachsen in Betracht kommenden Gesetze unrichtig aiigewendet wer den solle». Unter angeblich „sinngemäßer Anwendung" werden die klaren Bestimmungen in einer Weise ansgelegt, die Erstaune» er regen muß. Das Ministerin»: hatte ans Anfrage des Rates der Stadt Leipzig, welche Haltung gegenüber den Eltern israelitischer Schüler, die ihre Kinder zun: jüdischen Nenjahrstage aus der Schule serngehalten haben, unter dem 18. Oktober folgendes geantwortet: „Die Entschließung, in welcher Melle gegen die israelitischen Kinder und deren Eltern vorzngehen sein wird, weil sie am israelitischen Neujahrsfeste entgegen dcr Verordnung vom 12. August d. Js. (V.O.-Bl. S. 126) von: Unterricht ferngeblieben sind, hat zunächst die Lehrcroersammlnng zu fassen. Das Ministerin»: bemerkt hierzu folgendes: In erster Linie scheinen schwere Verstöße gegen die Schul- biszlplin seitens der Schülcreltern oder sonstiger Erziehungsbe rechtigter vorzuliegen, zu deren Einhaltung alte Erziehungs- Pflichtigen bei der Ausnahme ihrer Kinder in die Anstalt sich ausdrücklich verpflichtet haben. Es wird ihnen, soweit der artige Verstöße vvrliegen, in sinngemäßer Anwendung von Punkt 10, Ziffer 11 der Ausführungsverordnung zum Geletze vom 22. August 1876 zu eröffnen sein, daß die Entlassung ihrer Kinder aus der Schule verfügt werden muß, wenn sie sich weiter derariige Zuwiderhandlungen zuschulden kommen lassen sollten. Daneben wird bet jedem der in Frage kommenden Schüler sestzustellen sein, ob sie nicht doch irgend ein Ben- schulden trifft, da ihnen die Verordnung der obersten Schul behörde bekannt gewesen sein mußte. Mindestens ist ihnen aber zu eröffnen, daß sie im Wiederholungsfälle schwere Schulstrafen oder gar die Entlassung au» der Schule zu gewärtigen haben. Der gefaßt» Beschluß ist «»zuzeigen." In gleicher Weise soll gegen andere Konfessionen vorgegangen werbe». Wenn man nun das angezogene Gesetz vom 22. August 1876 unter Punkt 10 vergleicht, so findet man, nachdem unter den Punkten 1—10 verschiedene kleinere Strafen, wie Verweis, .Kar zer, Degradation usw. angegeben sind, unter Punkt lt die Straf» „Androhung der Entlassung" (constltnm abenndi). Wenn man aber das Gesetz selbst ausschttigt, so finde? man solgende Stelle: „Nur wenn die BlldnngSausgabe der Anstalt bei einem Zögling durchaus nicht zu erreichen, oder wenn die erziehliche und bessernde Tätigkeit derselben an ihn: erschöpft ist oder das sittliche Verhalten desselben die Ehre der Anstalt und das Wollt der Mitschüler ernstlich bedroht, tritt Entlastung (Timsi'ion) ein. Zur Verfügung derselben ist ein Beschluß der Lebccr- Konse'.eiiz erforderlich. Ist derselbe nicht einstimmig gejagt, so entscheidet die 'nächste Aufsichtsbehörde." Ausschließung voi: allen öfientlichen Anstalten (Erclnsion) kann nur bei nachgewicsenem, grobem, sittlichem Ver gehen ans Antrag des Lehrerkollegiums bezw. nach Gehör der Schnlkommission von der obersten Schulbehörde oersüat werden." Also man will hier eine NuSsübrnngsoer-'rdnnng anweoben für einen Fall, der in: Gesetz gar nicht vorgesehen ist. Man ver gleiche die Handlung mit den schweren Vergehen, die n »r emo Entlassung rechtfertigen sollen. Das bedeutet in der Tat mit Kanonen nach Spatzen schießen- Die Sache sängt nachgerade an, lächerlich zu werden. — Oelsnitz i. Vogtl. Lt. bischöfl. Anordnung fand am Presse sonntag auch die luonattiche Vcreinsvcrjammlung stair. Als Erfolg konnten 4000 M. für die katholische Presse ans bischöfliche Sraina- riat überwiesen werden. Herr Betriebsleiter Hirtma.m, dcr in ausgezeichneter Weise alles vorbereilet hätte, berichte!? als Vor sitzender des Elternrates über die Verhandln»wn mit der katho lischen Schnlorganisativn in Dresden. Zugleich gedachte er des betrübenden Ausganges der letzte» Landtagswahi, die ums zu neuer Arbeit anjpornen müsse. In Treue fest. Die Sächsische Volkszeilung soll in jede katholische Familie hinein. Mit großen: Interesse wurden die Erläuterungen über die Not der Preise und ihre Ursachen (Verschiebung des Zcitnngspapieres nach Ameri ka) des Herrn Kaiser ausgenommen. Pfarrer Schenking verteilte sogani: Heft 5/6 deL Volksvereins und berichtete, daß in hiesiger Ortsgruppe des katholischen Frauenbundes demnächst Frt. Bar bara Bnrtlcber-Drcsben einen Vortrag haltet: werde. Am 7. Ja nuar ist kleine Weihnachtsfeier geplant für nn'ere Kinder, soweit die jetzigen Verhältnisse es erlauben. Etwaige Gaben werden gern entgegengeiwmme». — 8. Dezember geht alles zu»: Gottesdienst und nicht in die Schule. — Löbau i. Sa. Ergötzliche-? und UnergötzlichcS anS dem Löbaner Stadtparlamcnt berichiet uns der Sächs: ckie Postillion vom 1. Dezember. Ergötzlich ist gewiß die Dachsgeschicbte! Bezirks schulrat Tr. Wünsche, der aussallenderwciie den Vorsitz bei der letzten SchulauSschußiitznng führte, mußte 'ich als Präludium einen scharfen Protest aus Lehrerkreiscn anbören, da er letzthin in öffentlicher Sitzung junge Lehrer seines Bezirkes infolge manche lei Bedenken „junge Dachse" genannt hatte. Die Bezeichnung „Dachs" mit seinem gewohnten Beiwort Pflegt man sonst allgemein nicht als Schmeichelei zu betrachten, Dr. Wünsche glaubte aber, sich ans die studentisch-burschikose Redeweise stützend, darin einen ge wissen Humor zu finden. ES gibt verschiedene Ansichten. Das bewies die »«ergötzliche Strafandrohung gegen Schulkinder der katholischen Schule wegen Heiligung des Allerheiligen festes. Auf der Tagesordnung stand: Nnbcrechngte Schulversännmisle von ka tholischen Schülern (Allerheiligen), waS viele Zuhörer angezogc» hatte. Bezirksschulrat Wünsche bemühte sich, des langen und bre:, ten da» Strafwürdige der katholischen Sch'ller nachzuwei'en, vermochte aber außer den Sozialdemokraten niemanden zu über zeugen. Nachdem noch die Stadtvv. Lorenz und Seifert klar nnl» deutlich zur Sache gesprochen, wurde der Strafantrag des Vor-» sitzenden Dr. Wünsche mit 8 gegen 4 sozialdemokratische Stimmen unter Bravorufen der Zuhörer glattweg abgelehnt. Wagen die Sozialdemokraten noch ihren AnSspruch: „Religion ist Privatkache" ,n verteidigen! 7 ' * '
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