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Kr. 18. Iahrg. Dormerstag, de« 27. Febr. 1V19 abends »>»»«»« X mit tllustr. LM»». In Dresden v»s»I»>r«c», ustr. vetlaae vierteNSHrltch ,.. , »«den und aen» Deutsch- M- ^,8 Kau, 8.80 F» b> Oesterreich »»«««d« » dierteMrNch ».88 F». In Dresden und aan, Deutschland frei Hau» L-st« in Oeiterrei« 8.80 >c. Sinjil-stummer IS ». D. «chMche «all», Bochentaaen an allen GeschLftssteLe «nv östedaktto«» Dresden-A. 16, Holbeinstrahe sT Fernsprecher 211166 Vostschecttonto Leipzig vir. Au«e,seui Annahme von »clchüflsanzetaen dl« IS Uhr, von FamiUenaiizcigett die s l Uhr dorm. Pret» für die PetU-SpaUzeUe »8 » im «ekta- meteil 8« z. Famillen-ilnjeigen SO z. Für undeutlich geschriebene. sowie durch Fern- sprecher ausgegebene Anzeigen können wir di« Berantwortlichkelt sür die RichtigseU des Derlei nicht übernehmen. Sprechstunde der Redaktion: I I—1» Uhr vorm. Einzige katholische Tageszeitung m GiMeL Organ der Hentrumspuicel. Ausgabe ^ mtt illustrierter UMerhaLtuugsbeUage mr- reug. Wocheubeüagr Feierabeud. Ausgabe v nur mit der Wocheubeilage. «S-e Die Haltung des Zentrums in der Nationalversammlung. In weiten Kreisen der deutschen Wähler Hut die Haltung der Zentrnmsfraktion und ihr Eintreten in die Regierung Scheidemann Verwunderung und Enttäuschung bereitet. Verwunderung und Enttäuschung, weil man glaubte, aus der Bindung der Wahllisten, die das Zentrum im Wahl- kämpfe mit den beiden rechtsstehenden Parteien eingegangen war. schließen zu dürfen, daß dieser Block nun auch in der Nationalversammlung Bestand haben würde. Diejenigen, die diesen Wunsch hegten, haben mittlerweile vergessen, wie der Wahlblock zustande kam. Sie haben vergessen, daß von seiten der drei verbundenen Parteien alles getan worden ist, um die Deutsche Demokratische Partei zu bewegen, eben- salls dem genannten Parteikartell beizutreten. Der Be weggrund, der wohl alle drei Parteien, das Zentrum aber besonders, zur Bindung ihrer Listen verleitete, war nur der, den Sozialdemokraten eine geschlossene Front der Ordnungs- Parteien entgegcnzustellen, um dem Uebcrgewicht der Nicht- sozialdemokraten, das ja zahlenmäßig besteht, aber durch die verschiedenartigen politischen Ansichten und Absichten stark geschwächt ist, die richtige Haltung zu verschaffen. Daß dies nicht geschehen konnte, lag an der Haltung der Temokra- tischen Partei. Wer hätte aber im anderen- Falle glauben niögen, daß die Demokratische Partei und z. B. die Deutsch- nationale Fraktion in der Nationalversammlung einen Ne- giernngsblock bilden würden. Aehnlich liegen auch die Ver- bältnisse beim Zentrum. Es gibt immer noch viele, die glauben, das Zentrum sei eine katholische, also konfessionelle, und keine politische Partei. Wir leugnen gar nicht, daß die Wähler des Zentrums auch heute noch zu 90 Prozent Katho liken! sink und großen Teiles deshalb Zentrum wählen, weil diese Partei die einzige ist, die im öffentlichen Leben die Auffassung vertritt, daß christliche W e I ta n s cha n - ung ausschlaggebend für innere und äußere Politik sein muß. Das Zentrum vertritt aber diese Auffassung nicht mir in seinen Programmen und Wahl- anfrufen, sondern seht sie seit seinem Bestehen nach seinen Kräften in die Wirklichkeit um. Es ist von jeher ein be liebtes Kampfmittel unserer Gegner gewesen, die aus- 'chlaggebendo Arbeit des Zentrums ans i o zi a l p o l i t i s chcni Gebiete t o t z u s ch w e i g c n. Wer weiß in Deutschland überhaupt, daß die Grundlage zu unserer Arbeiterschutzgesetzgebung der Entwurf des Zen- trumsabgeordncten Grafen Galen ist? Wir sind scharfe Gegner der Sozialdemokraten und abgrundtief trennt uns unsere Weltan schauung von ihrer materialistischen. Wir sind aber eine demokratische Partei. Unsere Partei Uurzelt fest im Boden des Volkes, und einen Hanptteil der Wählt r stellen die christlichdenkenden Arbeiter. So spiegeln sich selbstverständlich in den Ansichten der Abgeordneten die politischen Ideen des Volkes wieder. Die Zeiten sind beute vorbei, wo cS genügte, daß eine angesehene Persönlichkeit in einer Wahlversammlung eine Rede hielt und darauf alles die empfohlenen Wahlzettel in die Hand nahm und zm Wahlurne marschierte. Besonders der Krieg hat auch den einfachsten Mann ausgerüttelt und ihm gezeigt, wie innig seine Person mit dem Wohl und Wehe des Staates verknüpft ist. Und lver erst einmal erkannt hak, daß das, was in dein Reickstag oder dem Landtag verhandelt wird, ihn sehr wohl angeht, der hat auch das Bedürfnis, sein Wohl und Wehe nach <eincn Kräften und nach seinem Willen zu verteidigen und in irgendeiner Form Einfluß auf das öffentliche Leben zu gewinnen. Nur die demokratische Staatsform bietet aber die Handhabe dazu. So ist der demokratische Gedanke in diesem Kriege nngelstmer verstärkt worden, auch in der Zentrumspartei. Es ist kein bloßer Zufall, daß die Mächte, die keine parlamentarische Regie rung hatten, z u s a m m e n g e b r o che n sind. In einem Kriege, der solche Dimensionen annahm, der in so tiefer Weise staatliche Eingriffe in das Privatleben de: Menschen zeitigte, wurde der ausschlaggebende Einfluß der Volksvertreter ans die Regiernngshandlungen eine Not wendigkeit. Die Diktatur eines Cle»ienceaiis und Llovd George waren nur in parlamentarisch regierten Staaten möglich, wo eine zielbewnßte Mehrheit ihrem erkorenen Führer durch dick und dünn folgte. Bei uns hat man die Notwendigkeit nicht erkannt, und ausschlaggebende Kreise baben die weitsichtigen Absichten des Kaisers, der 1911 pro grammatisch erklärte: „Ich kenne keine Parteien mehr," und Betbmann Hollwegs zu vereiteln gewußt. Nur in der Kom munalpolitik bat man die Sozialdemokratie zur Mitarbeit auf dem Gebiet der Ernährnngsfragen herangezogen, und zwar mit dem denkbar besten Erfolg. Wir wallen auch nicht abstehcn, zu sagen, daß ein kleiner Teil der Zentrumsabgr- vrdneten sich den Notwendigkeiten der Zeit cntgegenstemm- ten, aber das Gros der Partei hat schließlich diesen Wider stand überwunden. Allzuspät kam die parlamentarische Regierung des Prinzen Mar und mit ihr der Eintritt sozialistischer Führer in die Negierung. Der Strom, dein man verkehrterweis: einen Staudamm entgegenzusehen versucht hatte, anstatt ibn in ein legales Bett zu leiten, zerriß die Sperre, die radikale Revolution fehle ein. Sie hat uns so vollständig vernichtet, daß heute Deutschland das politisch und militärisch schwächste Land Europas ist und nur noch mit moralisckzcn Massen seine Lcbensbedingungcn verteidigen kann. Sollen wir nun in den Fehler der vorrevolutionären Zeit ver fallen und jede Mitarbeit der Sozialdemokratie zu verhin dern trachten? Können wir die Verantwortung übernehmen und als st ä r k sl e n i ch t s o z i a I i st i s chv P a r t e i in die Opposition emtreten, nur aus dem Grunde, weil die Sozial demokratie heute die leitende Stelle in der Negierung ein nimmt und weil wir eine Republik geworden sind? Leichter und angenehmer für die Partei wäre es allerdings, den Sozialisten und Demokraten die Verwaltung der Revolu- tionserbschast allein zu überlassen, »in später mit großer Geste vor dem Volke sich die Hände in Unschuld zu waschen. Von welch einschneidender Bedeutung die Beschlüsse der Nationalversammlung sein werden, darüber sind sich wohl alle Tcntschen klar. Dient man aber dein Paterlande besser, wenn man versucht, ans die Vorlagen der Recherung und oie Beschlüsse der Nationalversammlung durch Mitarbeit Einfluß zu gewinnen, oder nur durch Kritik vor mög lichen Schaden z» warnen? Das mögen sich diejenigen ein- gthend überlegen, die von einem Umfallen des Zentrums sprechen und in der Opposition der Teutschnationalen die Iwchstc Staatsweisheit sehen. In einer V e r s a m m l n n g der D c n t s ch natio nalen i » Dresden, die gegen die Haltung des Reichs ministers Erzbergcr bei den WafsenstillstandSverhand- liingen aufs schärfste protestierte, wurde von einem Debattc- redner die Ansicht geäußert, daß die Deutschnationalen mit einer Partei, die einen derartigen Minister unterstütze, nie mals wieder eine Listenverbindung eingehen sollten. Nun soll hier zu dem Problem Erzberger keinerlei Stellung ge nommen werden. Dem Durchschnittsmenschen, der seine Kenntnisse vom Gange der Waffenstillstandsverhandliinger, nur ans der Zeitung schöpft, ist es überhaupt nicht möglich, sich ein Bild oon dem, was hätte erreicht werden können und was nicht erreicht wurde, zu machen. Erzberger h,,t jedenfalls die gegen ihn gerichteten Angriffe in der National versammlung dank seiner hervorragenden Rednergabe mit durchschlagendstem Erfolge abgeschlagen. Tie weiteren Er gebnisse müsse» nun abgewartet werden. Jedenfalls kann man beute schon sagen, daß der Minister, der diesen Wasfea- s.'llstcnd zur ungeteilten Befriedigung des deutschen VoU.'s abickstießen konnte, wobl niemals existieren würde. Vom . Ve'sammlunaslciter ist allerdings jener Ausfall gegen das Zentrum nicht gebilligt worden. Wir wollen aber nickst ver- feblev. dem betnssei'dcn Herrn in Erinnerung zu bringen, daß die Rechtsparteien bei der Wahl zur Nationalversamm lung and Volkskammer ie ein Mandat im Kreise Ostsachsen nur der kftstenrerbindiiiig mit dem Zentrum »n verdanken haben, und laß wir stark hoffen, daß die Reckstsparteien beim Wiederaufbau unseres engeren Vaterlandes positive Arbeit leisten, auch wenn sie gezwungen sind, manche stirer gn ndiätzlichen Anschauungen über die Staatssorm znrück- zvstellen, wenn es sich nur einigermaßen mit dem Gesamt- wohle vereinbaren läßt. Die Wohlsabrt des ge i amten Volke s sei das höchste Gesetz und wir dürfen »ns der Arbeit an der Wohl fahrt der Allgemeinheit nickst cntzieben. auch wenn diele Allgemeinbeit historische und traditionelle Einrichtungen verwirft, deren Verlust wir tür sehr schwer halten. Unsere zukünftige Staatsform wird die Republik sein. Wir be dauern dies lebhaft, denn wir sind überzeugt, daß sich alle sozialen Reformen und alle politischen Neuordnungen mich unter der Monarchie hätten vollziehen lassen, und daß eine Monarchie eine größere Stetigkeit in der inneren und äußeren Politik garantiert als die Republik. Aber es läßt lickt nickst leugnen, daß infolge des verlorenen Krieges und der Verhinderung der Umgestaltung unserer Verfassung durch die frühere» politischen Machthaber der monarckstsch« Gedanke im Volke sebr diskreditiert und allerwahrscheinlichst die Mehrheit des Volkes republikanisch gesinnt ist. Dst- ienigen. die sich mit Vorliebe als die besonderen Stützen d Tbrones bczcichneten. müssen sich beute sagen, daß sie nickst schuldlos an der Entwicklung der Dinge sind. Wer aber wollte bebanpten daß die Wobftahrt de:- Volkes in > iwu' Republik ans keinen Fall gedeih. > kann. Christliche Moral und Ethik kann jedenfalls in einer Republik ebenso blühen und znm Wöhle der Mens... > beit wirken wie in der Monarchie. Thron und Altar l - dingen sich durchaus nickst. Nochmals möchte aber Schreib .: dieses betonen, daß er sür seine Person den Sturz d. Monarchie sür einen schweren Schaden für unser kulturell.: und politisches Leben hält und mit dem Verschwinden d.c Herrscherhäuser große geistige Werte sür immer verloi. gingen, die uns die Republik nickst wird erleben könne». Aber nicht nur der demokratisch-repulstitanische Gedai ' hat eine ungeheure Stärkung erfabreu, auch die sozialistisch- Ideen haben immer größere Massen in ihren Bann gezog- Den s o z i a l d e m o k r a t i s ch e n Sozialisierlmgsabsichl a stellt die Zentrumspartei durchaus ablehnend gegenüb. Hier wird man schars z» scheiden haben von den Best' bnngen, die sich nur ans das Wirtschaftsgebiet e > strecken und denen, die auch die g e i st i g e E n t w i ckI n i - d e r M e n schbeit ans dem Sozialismus ansbaneu woll- - Ob die kapitalistische Wirtschaftsordnung ein u"U > - taiir-iu-i- ist oder in eine sozialistische umgenmudelt werd-a kann, das hängt nur von der Frage ah, ob die Umwand!» , dem Allgemcinwolste zugute kommt oder nickst. Gruudsb.- lieh kann man dem Staate das moralische Reckt nicht e - sprechen, Eingrisse in das Privateiaentum seiner Untertan - zugunsten der Allgemeinheit zu machen, wenn inan ihm d - Berechtigung Anerkennt, daß er znm Wähle der Allgemri - beit über Leben und Gesundheit seiner Untertanen verfüg darf. Grundbedingung ist aber eben vier wie dort, daß k : Maßnahme zum W ohle de s V o l l s g a n z e n aeschie'.a Wird sie nur im Interesse einer Berussklasse vorgenomm. so widerspricht sic der Moral. Tie christliche Sozialisier» m stellt das Zentrum der materialistischen der Svzi.mdrw. kratic gegenüber. -Wir stehen heute sicherlich am Beginne einer mn. ' Wcltepockje. Nene Ideen und Bestrebungen brechen sich a ' nationalen und internationalen Gebieten Balm. Das V- slreben des Zentrums ist es, aus den Grundlagen, die b Menschheit in IahiHunderten gelegt bat, weiter > bauen i m Sinne christlicher Wel tausch a ung. Weder Völkerbund noch soziale Resormcn wid:- »prechen der christlichen Moral. Im Gegenteil, würde de' Menschheit wahrhaft christlich denken, wir wären län st soweit. Daß sie führend und mitarbeitend an der Verw: lichung der Bestrebungen wahrer Menschlichkeit aus d- st Gebiete innerer wie äußerer Politik beteiligt ist. das ist : o Stolz der Zentrumspartei und der alleinige Grund, daß ; olme nennenswerte Einbuße die Revvlntionsära überstand m hat. I> ^ Der Verfaffungsentwurs in der Volks* Kammer. Die Frage des Staatspr«sidc»te» i„ Sachse». Dresden, V>. Februar 191r Hs Das Interesse des Publikums an der Wirksam?-? der Volkskammer hat bereits abgenomme». Tie Tribun sind zum Teile gar nickst, zum Teil nur halb besetzt. Im. Saale selbst sitzt beute alles ordnungsgemäß und die U'- abhängigen schmücken, so wie es sich gehört, die äußerst: Linke. Ans dem Platze des Herrn Fleißner von gestern sust beute der mchrheitssozialislische Abgeordnete Sisiderma n in seiner ganzen Behäbigkeit, die so gar nickst nach Pro!-.-- tariert»»!, sondern vielmehr nach Bourgeoisie aussieht. ist überbanpt interessant, von oben Betrachtungen aip - stellen. Auch der mehrheitssozialistische Präsident Flässt: ' macht einen ganz gemütlichen Eindruck, während sein Na bar Lipinski einen ganz verbissenen Ausdruck im Gesicht '. st und mit verschränkten Armen sozusagen jederzeit spr:.- - bereit dasitzt. Das, was man aber sür g.'wöbnlich als Kc -e bezeichnet, findet man so gut wie gar nicht im Saale. T- einzige, der einen geistig überragenden Eindruck mackst st olme Zweifel der Volksbeanftragte Gradnaiier. den u - ja auch tatsächlich als Herz und Seele der Mehrheilssozi demok:-it!e bezeichnen kann. Damit soll natürlich nickst sagt sein, daß es in der sächsischen Volkskammer nicht a d ,'misst »och ganz kluge Köpfe gibt. Aber ein Uebermaß a Kapazitäten ist jedensalls nickst vorbanden. Und das r bedauerlich, denn zum Nenausbau des Staates sollten eige - lick> in diesem Hanse die besten Köpfe des ganzen Landes r. saiunielt sein. Die Blume,, sind verschwunden und man ba! sich r ah an die Parlameniarischen Gebräuche von srübcr »»jeder wöhnt. Das merkt man vor allem daran, daß schon he: :c! manche Redner vor teilweise leeren Bänken spreche» »mßr a. Minister G radn a n c r begründete die V e r i a s s n » e - Vorlage. Die Frage des Staatspräsidenten »nacht - scheinend der Regierung am meisten zu schassen. Die me! <