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Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit Unterhaltungsbeilage Vie illustrierte Zeit und Sonntagsbeilage Feierabend , . «»je«,»» > I Annahme von Seschüft-anzemcn bi» >V UHr. von FamtNen- anze>»on b>» II Uhr. tzret» stk bi« PetN-LpaU^eilc !btt 4, tm RcNameteN SO 4 Lür undeutlich geschriebene, lowie durch Fernsprecher am- I gegebene Anzeigen können nnr die BcrantwortlichkeU für ' die Richtigkeit de» Lerte» nicht übernehmen. Redaktions-Eprechstunbe: I« bi» II Uhr vormittag». Für Rückgabe cingcsaiidter kchristst. macht sichdie Redaktion I nicht verbindlich! Rücksendung ersolgt. wenn Rückporto bei- I gesagt ist. Briesltchen Ansrngin ist Antwort »Porto deizustlgen. Rr. «7 «eschäftsstelle und Redaktion Dr-Sd«r,A. IS, Holbetuftrahe L« Dienstag den 23. März 1915 Fernsprecher 21366 14. Jahrs; § Der Fall von przemysl - N >«!tz MW WiNW (W. T. B. Amtlich.) Großes Hauptquartier 23. März 1915. Westlicher Kriegsschauplatz Zwei nächtliche Angriffe der Franzosen bei Carency, nordwestlich von Arras, wurden abgewiesen. In der Champagne nahmen unsere Truppen einige er folgreiche Minensprengnngen vor und schlugen einen Macht angriff nördlich von Beau SHour ab. Kleinere Borstöße der Franzosen bei Combrcs, Aprä- iiiont und Flirey hatten keinen Erfolg. Ein Angriff gegen unsere Stellungen nordöstlich von Badonviller brach mit schweren Verlusten für den Feind in unser,» Feuer zusammen. Auf Ostende warfen feindliche Flieger wieder mehrere I Bomben ab, durch die kein militärischer Schaden angerichtet, I dagegen mehrere Belgier getötet und verletzt wurden. Ein französischer Flieger wurde nordwestlich von Ver- I dun zum Absturz gebracht, ein mit zwei französischen Unter- I ossizicren besetztes Flugzeug bei Freiburg zur Landung ge zwungen; die Insassen wurden gefangen genommen. Östlicher Kriegsschauplatz Auf der Verfolgung der aus Memel vertriebenen Russen nahmen unsere Truppen Nussisch-Krottingcn und be freiten über AM deutsche, von den Russen verschleppte Ein wohner. Russische Angriffe beiderseits des Orzyc wurden abge schlagen. Oberste Heeresleitung. M «M IM Alk Torpediert Rotterdam, 22. März. Der „Nieuwe Rotlerd. Courr." meldet aus London: Der Damp fer „Cairntorr", mit einer Ladung Steinkohlen, wurde 11 Meilen von Beach Head torpediert. Der Steuermann sah den Torpedo, bevor das Schiff getroffen wurde. Die Boote konnten ohne Schwierigkeiten flott gemacht werden, auch eilten andere Rettungsboote zur Hilfe. Das deutsche Unterseeboot wurde in einer Entfernung von etwa 360 Metern gesehen. Andauernde Ruhe in den Dardanellen Konstantinopel. 22. März. Wie das Hauptquartier meldet, herrscht auch heute in den Dardanellen Ruhe. Verstärkung der Dardanellenflotte Athen, 22. März. (Voss. Ztg.) Die Flotte der Alliierten soll durch zwei französische Ueber- dreadnougth, France und Courbet, sowie die vier Dreadnougth Danton. Mirabeau, Coniorcet, Diderot und fünf Torpedojäger verstärkt werden. Zwei englischeLinienfchiffe seien bereits eingetroffen. Eine Vombe in Portugal Paris, 22. März. Der „Eclair" meldet aus Lissabon: In Allzuquer platzte eine Dyna mitbombe, wodurch ein Kind getötet wurde. Die österreichisch-ungarische Festung Przemysl gefallen Wien. (W. T. B.) Amtlich wird verlautbart den 22. März: Nach vlcrcinhalbmonatiger Einschließung am Ende ihrer Kraft angelangt, ist die Festung Przemysl am 22. März i n E h r c n g e f a l l c n. Als die Verpflegungs vorräte Mitte dieses Monats knapp zu werden begannen, entschloß sich der General der Infanterie v. Äusmanek zum letzten Angriffe. Tie Ausfalltruppen brachen am 19. d. M. zeitig morgens über die Gürtellinie vor und hielten in sicbcnstündigcm Gefecht gegen starke russische Kräfte bis zum äußersten stand. Schließlich zwang sie die Ueberlcgen- heit der Zahl zum Zurückgehen hinter die Gürtellinie. In den folgenden Nächten gingen die Russen gegen mehrere Fronten von Przemysl vor. Diese Angriffe brachen, gleich allen früheren, im Feuer der tapfer vertei digten Festung zusammen. Da nach dem Ausfälle vom 19. d. M. auch die äußerste Beschränkung in der Ver pflegeration nur mehr einen dreitägigen Widerstand ge stattete, hatte der Festungskommandant mittlerweile de» Befehl erhalten, nach Ablauf dieser Frist und nach Vernich tung des Kriegsmaterials den Platz dem Feinde zu über lassen. Wie ein Flieger der Festung meldete, gelang es tat sächlich, die Forts samt Geschützen, Munition und befestigten Anlagen rechtzeitig zu zer stören. Dem opfermntigen Ansharren und dem letzte» Kampf der Besatzung gebührt nicht minderes Lob als ihrer Tapferkeit in den früheren Stürme» und Gefechten. Diese Anerkennung wird auch der Feind den Helden von Przemysl nicht versagen. Ter Fall der Festung, mit dem die Heeres- I leitnng seit längerer Zeit rechnen mußte, hat keinen Einfluß auf die Lage im großen. Bei der Feld armer dauern die Kämpfe im Karpathenabschnitte vom Nszoker Passe zum Sattel von Koniczna an. Ter Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: v. Höfer, Fclvmarschall-Leutnant. Ter Fall der Festung ist gewiß sehr zu bedauern, uoer in das wehmütige Gefühl mischt sich das Gefühl der Be wunderung für die heldenhafte Besatzung, die die Verteidi gung bis zn dem Augenblick durchführte, den der Hunger abschloß. Es muß allseitig, also auch vom Feinde, aner kannt werden, daß die Besatzung in hohem Maße ihre Pflicht tat. Das hat in erster Linie der Oberstkomniandiercnde der Oesterreicher anerkannt, denn aus Wien kommt folgende Nachricht: W i e n, 22. März. Seine K. u. K. Hoheit Feldmarschall Erzherzog Friedrich hat nachstehenden Armeebefehl erlassen: „Nach viereinhalbmouatigeu heldenmütigen Kämpfen, in welchen der rücksichtslos und zähe, aber stets vergeblich anstürmende Feind ungeheuere Verluste erlitt und nach blutiger Abweisung seiner noch in letzter Zeit, insbesondere am 20. nnd 21. März Tag und Nacht unternommenen Ver suche, die Festung Przemysl mit Gewalt in die Hand zu bekommen, hat die heldenmütige Festungsbesatzung, die noch am 19. März mit letzter Kraft versuchte, den übermächtigen Ring der Einschließung zu sprengen, durch Hunger be zwungen, über Befehl und nach Zerstörung und Sprengung aller Werke, Brücken, Waffen, Munition und des Kriegs materials aller Art, die Trümmer von Przemysl dem Feinde überlassen. Den unbesiegten Helden von Przemysl unseren kame radschaftlichen Gruß und Dank: sie wurden durch Natur gewalten und nicht durch den Feind bezwungen, sie bleiben uns ein hehres Vorbild treuer Pflichterfüllung bis an die äußerste Grenze menschlicher Kraft. Die Verteidigung von Przemysl bleibt für ewige Zei- ten ein leuchtendes Ruhmesblatt unserer Armee. Feldmarschall Erzherzog Friedrich." Dem heldenhaften Ende von Przemysl widmen die Berliner Morgenblättcr warme Worte. Die „Vossische Zeitung" schreibt: Zwanzig Wochen hat die Festung im heldenhaften Kampfe Widerstand geleistet. Die Ausfälle fesselten starke russische Kräfte, damit hat die Festung eine ihrer wichtigsten Aufgaben erfüllt. Es ist ein tragisches Schicksal, daß die Besatzung sich schließlich doch hat ergeben müssen. — Der „Lokalanzeiger" sagt: Es liegt uns fern, den Verlust verkleinern zu wollen. Unser Bundes- genösse wird nach kurzen Trauergedanken stolz und ent schlossen sein Haupt erheben, um der durch den Fall der Festung geschaffenen Lage mit altbewährter Tapferkeit ge recht zu werden. — Im „Berliner Tageblatt" liest man: ES muß auch vom Feinde anerkannt werden, daß der Verteidiger und seine Truppen im höchsten Maße ihre Pflicht mit der zähesten Ausdauer getan und bis zur letzten Möglichkeit gekämpft haben. Die Russen würden Wohl nie in den Besitz der Festung gelangt sein, wenn nicht der Proviantmangel und Hnnger die Besatzung zur Uebergabe gezwungen hätten. — Die „D e u t s ch e T a g e s z e i t u n g" erklärt: Die Festung ist nicht durch Kampf, sondern durch Hunger gefallen. Um was handelt es sich bei den Dardanellen? (Von diplomatischer S^ite) Die gegenwärtige Pause im Tardanellenbombardemcnt soll angeblich nur den Uebergang zu einem Doppelangriff von der See- und Landseite her bilden. Was im einseitigen Seeangriffe mißglückt ist, soll durch einen kombinierten Hauptsturm erzwungen werden, lieber die Aussichten eines solchen ist schon viel geschrieben worden, und steht, worüber sich auch die Engländer und Franzosen keinen Illusionen hingeben, außer allem Zweifel, daß ohne Einsetzung gewal tiger Truppenmassen nichts erreicht werden kann, und selbst gegen solche die Türkei infolge der örtlichen Verhältnisse des Kampfseldes sich bedeutend im Vorteile befindet. Auch sollen in Gallipoli starke türkische Kräfte versammelt und alle Vorbereitungen zu ihrer leichten Verschiebung zwischen beiden Kanalufern getroffen sein. Auf die Entscheidung aber scheinen es die Drciverbandsmächte doch ankommen lassen zu wollen nno dürsten darum dabei kein Opfer scheuen. Es hat also nicht bloß eine Episode des Krieges be deutet, als der Dreiverband sich nach mehr als halbjähriger Dauer desselben anschickte, den Zugang zu den Meerengen von Konstantinopel zu erzwingen. Die Dardanellen bezwingung war vielmehr für ihn das zweite Eisen im Feuer, das herausgeholt werden mußte, als die vielgerühmte Zange im Norden gegen das Herz von Deutschland versagte. Was dort mißlungen ist, soll jetzt unter freilich anderen Modalitäten und Bedingungen im Süden versucht werden, nämlich die Möglichkeit zu erlangen, von West nach Ost und von Ost nach West sich die Hände zu reichen. Nach den, ersten gründlich mißglückten Versuche soll so ans andere Weise den durch weite Strecken Getrennten endlich der Mor- gen gemeinsamen Handels tagen. Hat sich doch der reisende Pau in Athen, Sofia und Bukarest dahin vernehmen lassen, daß die Entscheidung nicht mehr in Ost oder West, in einer Polenproviuz oder in einem Grenzgcbirge zu erwarten fei. Gewiß ist der spätauftauchende Dardanellenplan an erster Stelle ein Eiubekenntnis der Schwäche, die anfäng lich sich gesetzte Aufgabe, deren mögliche Erfüllung direkt als Vorbedingung zum Kriege galt, erreichen zu können. Das Handreichen in Berlin scheint man restlos aufgegcben zu haben, zweifelt selbst an der Möglichkeit, von der öst lichen oder westlichen Grenze aus Deutschland auf die Knie zwingen zu können. Töricht aber oder ungeschickt ist der Tardanellcnplan gewiß nicht, wenn er auch bereits Diffe renzen zwischen den drei Bundesgenossen gezeitigt hat und nicht gerade nahe Aussicht auf Erfolg besitzt. Es soll hier nicht die Rede sein von der Eröffnung der Wasserstraße für Rußlands Getreideüberschuß nach Westen oder Waffen- und Munitionslieferung nach Osten, auch nicht von der erhofften Möglichkeit, daß Frankreich durch die Er oberung der Dardanellen tvcnigstens einen Teil der in der Türkei investierten Millionen rette. Es handelt sich viel- mehr um Weittragende Folgen der geplanten Dardanellen eroberung für die allgemeine politische Konstellation über haupt. Und da geht die Rechnung des Dreiverbandes dahin: Wenn England und Frankreich vor .Konstantinopel Sieger bleiben, kommt der ganze Balkan noch einmal in Bewegung. Der Sultan und die türkische Regierung als Träger des Dreibundsgedankcns wären zur Flucht nach Asien ge zwungen, und ohne geradezu triumphalen Sieg des Zwei- bundes über die Entente wäre für alle Zukunft die euro- päische Türkei von der Landkarte gestrichen, also schon von diesem Standpunkte aus eine Veränderung, die an Be deutung dem Einmarsch in Belgien und seiner Besetzung gleichkäme. Für den Weiterverkauf des Krieges stände aber das wichtigste erst noch bevor, nämlich der Druck auf die Neu- tralen, bei denen bisher nichts verfangen hat und die an keine Triumphe des Dreiverbandes mehr glauben wollten, seitdem die anfänglichen Siegeslustschlösser so jämmerlich in sich zusainmengesunkcu sind. Mit der Eroberung der Dardanellen und Konstantinopels hätte der Dreiverband »II TßS>IW>Stz»ISI«»ISP»IVII »PRINA^