30 II. Der Manilahanf. Abstammung, Vorkommen und Beschaffenheit der Pflanze. Der Manilahanf stammt von mehreren Arten der Pisang- und Bananengewächse, vornehmlich von Musa textilis aus der Classe der Gewttrzlilien. Die Pflanze ist als eine der wuch tigsten tropischen Culturpflanzen zu bezeichnen. Sie wird auf den Philippinen, Borneo und Java in grossen Mengen angebaut. Die Pflanze gehört zu den grössten bekannten krautartigen Gewächsen, da sie 5—7 m Höhe und eine Stammdicke von 300 mm erreicht. Der gerade Stamm ist ganz von den langen, fest ineinander gerollten Blattscheiden eingehiillt. Die Fasern finden sich zumeist in den Blatt scheiden, aber auch im Stamme, weshalb denn auch der Manilahanf in die Gruppe der Stengelfasern eingereiht werden könnte. Ernte und Fasergewinnung. Am Ende des dritten Jahres, nach Entwicklung der Blüte, werden die Musastämme abge hauen und hierauf so lange Zeit im Freien belassen, bis das kraut artige Stammfleisch in leichte Fäulnis übergeht. Hierauf werden die so gerotteten Stämme in einem Stampfwerke bei regem Wasserzufluss gestampft, um das faulige Blatt- und Stammfleisch wegzuschaffen, woraut die erhaltenen Fasern reingespült, getrocknet und gehechelt werden. Eigenschaften. Manilahanf hat eine gelblich-weisse oder hräunlicli-gelbe Farbe und eine Länge von 1—2 m und darüber. Im Zustande unvollkommener Bearbeitung durch Hecheln ist er mehr bastähnlich; wird er dagegen gut gehechelt, so erhält man ihn in feineren Fasern, wiewohl diese lange nicht die Feinheit des europäi schen Hanfes erreichen und auch stets eine gewisse Steilheit behalten, da sie nicht unerheblich mit Holzsubstanz durchsetzt (inerustiert) sind. Die besten Sorten zeigen seidenartigen Glanz, ziemliche Gleich förmigkeit und Festigkeit. Verwen d u n g. Aus feinen Manilahanfsorten fertigt man Matten, Taschen und Decken und gebraucht sie als Einschuss in seidene und baumwollene Möbelstoffe, wo Farbe und Glanz dieses Materials gute Wirkung machen. Mindere Sorten benutzt man in der Seilerei zur Erzeugung von Bindfäden, Schnüren, Tauen und Trans missionsseilen. Alle dieseErzeugnisse schätzt man wegen ihrer Wetter beständigkeit und wegen ihrer Leichtigkeit. Es wiegen Transmis sionsseile aus Manilahanf circa 30 P^oc. weniger als hänfene von gleicher Dicke, so dass sie für weite Kraftübertragungen wohl zu empfehlen sind.