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52 II. Abschnitt. Luft, teils mit einem dünnen Häutchen von den getrockneten Eiweiss- körpern erfüllt, welche im unreifen Zustande das Rohr ausfüllen. Dieses innere Häutchen bleibt ebenso wie die Cuticula, welche die Baumwolle aussen überzieht, nach der Auflösung der Cellulose in Kupferoxydammoniak oder konzentrierter Schwefelsäure zurück. J ) Die Cuticula ist nicht immer in gleich deutlicher Weise zu sehen, weil sie dünner oder dicker, glatt oder körnig rauh sein kann. Am dünnsten und glattsten ist sie bei der Sea-Island-Baumvolle (langen Georgia), welche von Goss, barbadense stammt, während die dickfase rigen Baumwollsorten von Goss, flavidum, arboreum, herbaceum und reli- giosum eine derbe, gekörnelt rauhe Cuticula besitzen, womit auch der Umstand zusammenhängt, dass die genannten Arten matte Sorten liefern. An gut gebleichter Baumwollwäre (Zwirn, Kattun u. s. w.) kann die Cuticula fast vollständig fehlen; man findet sie dann auf weite Strecken hin gar nicht und treten die eigenartigen Quellungserscheinungen mit Kupferoxydammoniak dann auch nicht ein. 2 ) Die bandförmige Gestalt, insbesondere die schraubenartige Windung begründet das Aneinanderhängen der einzelnen Haare und die Leichtig keit, mit welcher die Baumwolle sich zu einem Faden spinnen lässt. Im allgemeinen beträgt die Breite des flachen bandartigen Haares (an der breitesten Stelle) 12 bis 42 rnmm, die Dicke desselben (d. h. die Breite der Kante) 4,5 bis 8,2 mmm. — Das Einheitsgewicht der reinen Baum- wollfaser beträgt 1,47 bis 1,50. Im mittleren Zustande der Luft (bei einer „relativen Feuchtigkeit“ von 50%) enthält rohe wie verarbeitete lufttrockene Baumwolle durchschnittlich 6% Pro zent ihres Gewichtes Feuchtigkeit 3 ), welche sie nur durch Trocknung in der Wärme gänzlich fahren lässt; in mit Feuchtigkeit gesättigter Luft längere Zeit aufbewahrt, kann sie so sehr an Gewicht zunehmen, dass sie an 27 Prozent Wasser enthält, ohne fühlbar nass zu sein, und dabei zieht unverarbeitete Baum wolle etwas mehr an als gesponnene. — Feucht in Ballen zusammengepresst, erleidet die Baumwolle eine langsam fortschreitende chemische Zersetzung, welche mit Wärmeentwickelung begleitet ist und unter gewissen Umständen, namentlich beim Vorhandensein vieler Samenkörner, sich so hoch steigern kann, dass im Innern der Ballen der Siedepunkt des Wassers überschritten wird, die Baumwolle bekommt dann ein struppiges rauhes Ansehen und ist aller Ge schmeidigkeit verlustig gegangen. Die eingehenden Versuche, welche Benno Niess auf Veranlassung der Kgl. Sachs, technischen Deputation über die Möglichkeit der Selbstent zündung feucht gewordener Baumwolle oder seebeschädigter Baumwollballen angestellt hat 4 ), lassen erkennen, dass mit 30% Wasser, oder auch 30% See wasser angefeuchtete Baumwolle in ungeheiztem Raume wochenlang liegen ge lassen, und ebenso auch zusammengepresst und unter starkem Druck stehende feuchte Baumwolle keine wesentliche Wärmeentwickelung wahrnehmen lässt, x ) Vergl. v. Höhnel, a. a. 0. S. 27. 2 ) Auf die Benutzung des polarisierten Lichtes zur Untersuchung von Pflanzenfasern im Mikroskope sei hier besonders hingewiesen, da hierdurch manche Eigentümlichkeiten der Fasern viel schärfer hervortreten. 3 ) Vergl. Civiling. 1882, S. 157; die auf S. 36 gegebene Zusammenstellung entspricht einer Luftfeuchtigkeit von ungefähr 70%. Leipz. Monatsschr. f. Text.-Ind. 1889, S. 316. 4 ) Vergl. Leipz. Monatsschr. f. Text.-Ind. 1886, S. 4 und 51.