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444 Y. Abschnitt. man die einfachen Rohseidenfäden, denen man jedoch, damit sie mehr Rundung erlangen und die nachherige Behandlung beim Kochen und Färben aushalten, ohne sich in die einzelnen Kokonfäden zu spalten, eine mehr oder weniger starke Drehung (file) giebt. Auch diejenige Seide, welche man zu zwei oder mehr Fäden zwirnt, erhält oft voraus im einzelnen Faden eine Drehung, Filato (filö), welche aber der beim Zwirnen stattfindenden (Torto, tors) entgegengesetzt sein muss. Nach den Verschiedenheiten in der Zusammensetzung und Drehung der Fäden sind hauptsächlich folgende Gattungen zu unterscheiden: a) Organsinseide, Organsin, Orsoyseide, Kettenseide (or gansin, organzine), welche zur Kette der meisten seidenen Stoffe dient und aus der schönsten Sorte der Kokons gewonnen wird. Sie ist aus zwei, seltener drei, Fäden gezwirnt, von welchen ein jeder aus 3 bis 8 einfachen Kokonfädchen besteht und vor dem Zusammenzwirnen einzeln so stark gedreht wird, dass bis 60 oder 80 Drehungen auf 1 cm Länge kommen. Man unterscheidet demnach zweifädige (organsin ä deux bouts) und dreifädige (organsin ä trois bouts) Organsinseide. Die Drehungen des einfachen Rohseidenfadens darin liegen nach Art rechter, die vom Zwirnen nach Art linker Schraubengänge. b) Tramseide, Trama, Einschlagseide (trame, tram, trame), von geringeren Kokons, zum Einschüsse bei seidenen Zeugen, zur Ver fertigung seidener Schnüre u. s. w. dienend, wird in einfädige, zwei- und dreifädige unterschieden, je nachdem sie aus einem einzigen mässig gedrehten Rohseidenfaden oder aus zwei oder aus drei solchen, zusammen gezwirnten, Fäden besteht. Die einzelnen, aus 3 bis 12 Kokonfäden gebildeten, Fäden der zwei- und dreifädigen Trama erhalten keine vor läufige Drehung und die Zwirnung, wodurch sie vereinigt werden, ist viel schwächer als jene der Organsin, findet aber in derselben Richtung statt (nämlich so, dass die Windungen wie Gänge einer linken Schraube liegen). Der Gesamtfaden ist, den angegebenen Umständen nach, weicher und flacher als die Kettenseide. c) Eine Mittelgattung zwischen Organsin und Trama (in Frankreich tors sans file genannt), welche öfters zur Kette seidener Stoffe angewendet wird, entsteht dadurch, dass man 2 Rohseidenfäden, ohne dieselben vor läufig zu drehen, stark zusammenzwirnt: die stärkere Zwirnung macht also hier den Unterschied gegen zweifädige Tramseide. d) Marabout-Seide, zu besonderen Zwecken der Seidenweberei bestimmt, wird aus drei (selten zwei) Fäden blendend weisser Rohseide nach Art der Trama gezwirnt, indem keine Drehung der einzelnen Fäden stattfindet; dann ohne vorausgehendes Entschälen oder Kochen (welches sonst regelmässig vor dem Färben verrichtet wird) gefärbt, endlich aber mals und zwar sehr scharf gezwirnt. Diese dralle Zwirnung, verbunden mit der Steifheit, welche von dem natürlichen, beim Färben fast unver sehrt gebliebenen Firnisse herrührt, giebt der Marabout eine kennzeich nende peitschenschnurartige Härte. Die volle Zwirnung erst nach dem Färben zu geben, ist nötig, damit die Farbe gehörig den Faden durch- <1 ringen kann.