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Rohseide. — Haspeln. beträgt. Man ersieht daraus, dass ein sehr grösser Teil der Zeit durch Anhalten des Haspels wegen vorkommender Fehler verloren geht, ungeachtet soviel mög lich nur sehr geschickte und aufmerksame Arbeiterinnen an die Haspel gesetzt werden. Von grober Seide, die aus einer grösseren Anzahl Kokonfäden gebildet wird, liefert ein Haspel zu 6 oder 8 Strähnen (S. 441) täglich 2750 bis 3i50</ oder noch mehr. Die angegebenen Leistungen erhöhen sich um 25 bis 30%, wenn der Hasplerin gut gekochte, d. b. ohne Anstand abhaspelbare und ge schlagene Kokons geliefert werden. An den Seidenhaspeln sind folgende neuere Verbesserungen hervorzuheben. Man hat den Antrieb so eingerichtet, dass man für jeden Faden einen beson deren Haspel nimmt und nur je 2 benachbarte für sich zum Ausrücken ein richtet 1 ). Dieser getrennte Antrieb gestattet eine grosse Bequemlichkeit und Erhöhung der Leistung, da je 2 Haspel immer unabhängig von den anderen abgestellt werden können, ohne dass die Haspelgeschwindigkeit erhöht wird. ° Die Camel’sche Selbstanlegevorrichtung 2 ) hat den Zweck, einen gerissenen oder ausgebliebenen Kokonfaden selbstthätig so an den aus dem Zusammenlaufe mehrerer Kokonfäden gebildeten Seidenfaden anzulegen, dass die Anlegestelle nicht flaumig wird. Mit den beiden angeführten Einrichtungen ist es ermöglicht, dass eine Arbeiterin stündlich 60 bis 80 g Seide abhaspeln kann. Auch Seidenhaspel mit elektrischer Abstellung bei Bruch eines Kokonfadens sind ausgeführt worden 3 ), ebenso solche mit selbstthätiger Zuführung der Kokons 4 ). Die nach dem Abhaspeln der Seide übrig bleibenden Kokonhäutchen werden zur Bereitung der Florettseide aufbewahrt; die berausgenommenen Puppen aber verbrannt oder als Dünger angewendet. Im gehaspelten Zustande führt die Seide den Namen rohe Seide, Rohseide, Grezseide (grhge, gröze, soie gröge, soie non-ouvree, raw silk). Es wird von ihr gefordert, dass sie einen runden, glatten, überall gleich dicken Eaden von gehörigem Glanze und ohne Knötchen (bouchons), Flocken u. s. w. darstelle. Zur Verarbeitung wird sie meist erst noch durch das Zwirnen vorbereitet (s. w. u.). Eine eigene Maschine ist erfunden worden, um die Rohseide nach der Feinheit ihres Fadens derart zu sondern, dass die dünneren und dickeren Teile ausgeschieden, also nur die nahezu gleich feinen zusammengehalten werden. Es ?st wesentlich eine Spülmaschine mit oben wagerecht liegenden Spulen, auf welche der von den Strähnen heraufkommende Faden aufgewickelt wird. Für jeden Strähn sind 4 bis 6 Spulen dicht nebeneinander auf derselben Achse vor handen. Vor seiner Ankunft bei der Spule geht der Faden zwischen zwei Rollen hindurch; ein Fadenführer, der ihn auf die Spule leitet, ist mit Fühlhebel- vorrichtung und der einen Rolle so verbunden, dass die höchst kleinen Orts veränderungen der Rolle, welche durch ungleiche Dicke des Fadens entstehen, den Fadenführer vor die eine oder andere der 4 (6) Spiden versetzen; kommt daher in der Seide eine dickere Stelle, so wickelt die Maschine den Faden auf eine andere Spule, als wenn die Seide dünner kommt; die Hin- und Herzüge von einer Spule zur anderen werden nachher durchschnitten; so erhält man freilich den Faden in Stücken aufgespult, aber das auf derselben Spule befind liche hat ziemlich genau gleiche Feinheit. 2) Das Zwirnen, Filieren oder Moulinieren der Seide (moulinage, throwing). —• Für die meisten Anwendungen werden zwei, drei oder mehr Fäden der rohen Seide zusammengedreht; zu einigen Zwecken gebraucht 4 ) Z. d. V. d. Ing. 1890, S. 1175. — Engl. Pat. No. 9363 v. J. 1887. 2) D. R.-P. No. 39 218. 3 ) Scient. American, Bd. 40, S. 40. ■— Centralbl. f. Textilind., Bd. 10, S. 56. 4 ) D. R.-P- No. 43 562; 45 223; D. p. J.‘1887, 2GG, 137 m. Abb.; weitere Neuerungen vergl. D. R.-P. No. 59 925; Z. d. V. d. Ing. 1892, S. 75 m. Abb.