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442 Y. Abschnitt. dass bei dem Reissen eines Fadens der gebrochene von dem anderen mitgeführt wird und dicke Stellen entstehen, welche ausgeschnitten werden müssen. Die Schalen und Tröge sind mit Dampfröhren zur Heizung ausgerüstet und unten mit Hähnen versehen, um das Wasser von Zeit zu Zeit teilweise abziehen zu können — reines Wasser ist Haupterfordernis 1 ). Zwischen den Trögen c sind Schalen mit kaltem Wasser, welches der Arbeiterin mit zur Er frischung der Hände dient, welche sonst durch die beständige Berührung mit Wasser von 50 bis 60° leiden und bald des für die Arbeit durchaus erforder lichen feinen Gefühls verlustig gehen würden. Die Hasplerin muss den ab laufenden Faden mit den Fingern von allen Knötchen u. dgl. reinigen (purger), ferner dafür sorgen, dass der Seidenfaden, den sie durch Vereinigung mehrerer Kokonfäden bildet, stets eine möglichst gleiche Dicke erhält, und hat deshalb öfters nach Erfordernis die Anzahl der Kokons um einen zu vermehren oder zu vermindern. Dies ist nicht nur wegen der ungleichen Feinheit verschiedener Kokonfäden, sondern auch darum notwendig, weil die Raupe beim Einspinnen anfangs gröber und späterhin feiner spinnt, daher der Faden eines jeden Kokons nach innen zu an Dicke abnimmt. Wenn der eine von zwei miteinander ge kreuzten Seidenfäden abreisst, sich dann an den anderen anschliesst und von demselben mit fortgezogen wird, so entstehen grobe Stellen in der Seide (mariages), welche sorgfältig vermieden und, einmal entstanden, sogleich aus gebrochen werden müssen. Der Haspel e wird zweckmässigerweise durch eine Reibungsscheibe f an getrieben. Damit die Windungen der Seide auf dem Haspel sich in weiten gekreuzten Schraubengängen übereinander legen, wodurch ein festes Zusammen kleben der Fäden in den Strähnen verhütet wird, sitzen die Fadenführer zunächst dem Haspel auf einer zu letzterem gleichgerichteten Stange g (Lauf stock), welche durch ein Getriebe in der Richtung ihrer Länge auf 100 bis 120 mm Entfernung schnell hin und her verschoben wird. Will die zwischen Schale c und Haspel e sitzende Arbeiterin die Trommel anhalten, so tritt sie auf den Tritt h, wodurch die Reibnngsscheibe der Haspelwelle von der Antrieb scheibe abgehoben und gegen den am Gestell festen Bremsbacken i gelegt wird. Um die aufgehaspelten Strähne leicht abnehmen zu können, ist einer der Haspel arme verstellbar angeordnet. Die Trommel ist in ein mit Fenstern versehenes, durch ein Dampfrohr k geheiztes Gehäuse eingeschlossen, wodurch die Seide geschützt ist und eine beinahe vollständige Trocknung derselben erreicht wird. Ein solcher Haspel hat 0,68 bis 0,72mDchm., also 2,04 bis 2,16 m Umfang und macht 80 bis 100 min. Umdr. 2 ). Die Geschwindigkeit des Fadens ist hiernach 2.7 bis 3,6 m; Haspeltrommeln von 0,46 m Dehm. erhalten 130 bis 140 Umdr. (Geschw. 2,75 bis 3,25 m)-, für Chinaseide wählt man Trommeldurchmesser bis zu 1 m. Die Umfangsgeschwindigkeit darf bei Darstellung der feinsten und schönsten Seidensorten höchstens ,4,5 m sek. betragen (wozu ein Haspel von 1.8 m Umfang 150, einer von 2,4 m 112 min. Umläufe macht); arbeitet man aber grobe Seide, so kann die Geschwindigkeit bis zu 7,5 m sek. (250 Umläufe für einen Haspel von 1,8 m, 188 für einen solchen von 2,4 m) gesteigert werden. Auf einem Haspel zu 2 Strähnen liefert eine Hasplerin, welche zugleich ihre Kokons schlagen muss, des Tages (in 12 Arbeitsstunden) durchschnittlich 200 bis 220 g Seide von 3 Kokons, 260 „ 290 „ „ „4 320 „ 350 „ „ „5 410 „ 425 „ „ „ 6 „ 480 „ 500 „ „ „ 7 „ u. s. f. Ein zu vier Strähnen eingerichteter Haspel liefert täglich 4 70 bis 580 g Seide von 4 bis 5 Kokons, was eine Fadenlänge von 361 000 bis 4 70 000 »» ungefähr *) Über den Einfluss des Wassers bei der Herstellung der Rohseide s. D. p. J. 1879, 232, 276 aus „Berichte der deutschen ehem. Gesellschaft“, 1879, S. 17~ 2 ) Karmarsch-Heeren, Techn. Wörterbuch, 6. Aufl., Bd. VIII, S. 131 mit Abb.