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Kammwoll-Spinnerei. — Vorarbeiten des Spinnens. 411 Es werden zur Vorbereitung der Kammwolle für die Spinnerei mehrere verschiedene Vorspinnverfahren angewendet, die zum Teil in bedeutenden Punkten voneinander abweichen, und sich — nach den Ländern, wo sie sich vorherrschend entwickelt haben — als englisches, deutsches und französisches Spinnverfahren bezeichnen lassen, doch sei gleich hier be merkt, dass in Deutschland heute hauptsächlich das französische Verfahren benutzt wird. a) Englisches Spinnverfahren für Garne aus langer schlichter Wolle, ohne Benutzung der Wasch- und Plättmaschine. a) Die Reihe der hier zur Anwendung kommenden Maschinen ist folgende: 1) eine Anleg- oder Anstückelmaschine, sliver box, breaking frame; 2) drei Streckmaschinen, drawing heads; 8) ein Fertigstuhl, finishing box; 4) die Vorspinnmaschine, roving head. Alle diese Ma schinen sind nach dem Grundgedanken der Watermaschine (S. 23) gebaut, d. h. sie strecken die Wolle durch Walzen und geben ihr durch Spindeln mit Spulen und gabelförmigen Flügeln eine Drehung. Im einzelnen bieten sie jedoch grosse Abweichungen von der Watermaschine für Baumwolle dar. Dahin gehört namentlich: dass die Streckwalzen von bedeutendem Durchmesser sind und wegen der Länge der Wolle weit auseinander stehen; dass durchaus nur 2 (nicht 3) Paar Streckwalzen vorhanden sind; endlich dass zwischen diesen zwei Walzenpaaren, zur besseren Fortbe wegung und zur Unterstützung der Wolle, teils eine einzelne mit Draht spitzen besetzte Walze (Stachelwalze, Igel) oder eine Reihe Kammstäbe mit Schraubenführung (S. 263), teils ein Paar kleiner, glatter Walzen angebracht ist, welche letzteren die Wolle zwischen sich durchgehen lassen, aber nicht in bedeutendem Grade ziehend wirken, indem zwar die untere (eiserne) Walze eine selbständige Drehung durch die Maschinerie empfängt, die obere aber bloss mit ihrer Schwere, ohne Gewicht- oder Federdruck, darauf liegt. — 1) Sliver box. Dieser Maschine werden auf einem schrägen Tische die Züge (S. 399) vorgelegt. Von dem Vor- legtische gelangt die Wolle in das erste Streck walzenpaar (Unterwalze von Eisen, 125 mm im Durchmesser, stumpf geriffelt; Oberwalze oder Druckwalze von Holz, mit Leder überzogen, 200 mm im Durchmesser); dann über eine Stachelwalze nach dem zweiten Streckwalzenpaare, welches dem ersten ähnlich ist. Die Umfangsgeschwindigkeit der Stachelwalze ist wenig grösser als jene der ersten Streckwalzen, aber viel kleiner als die der zweiten. Ganz nahe vor und unter dem zweiten Walzenpaare steht eine eiserne Spindel mit eiserner Gabel und grösser (bei 450 mm langer) auf- und absteigender Spule, welche letztere keine selbständige Drehung empfängt, sondern nur von dem gedrehten Wollbande nachgezogen wird. Die Züge werden auf dieser Maschine etwa zur fünffachen Länge gestreckt und schwach gedreht, sodass sie in einen wurstförmigen lockeren Körper (sliver) von ungefähr Fingersdicke sich verwandeln. — 2) Drawing heads (Streckmasehinen). Die Hauptteile sind die nämlichen wie bei der sliver box, nur kleiner; die Spulen haben nur ungefähr 300 mm Länge. Statt der Stachelwalze ist ein Paar kleiner Zwischen- oder Führungswalzen