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Kammwoll-Spinnerei. — Kämmen. 399 senkrecht und die Ebenen ihrer äusseren Zahnreihen einander zugewendet sind. Der eine wird in der linken Hand (den Stiel abwärts gekehrt) gehalten und durch Drehen des Stieles in verschiedene Lagen gebracht. Den anderen Kamm hat der Kämmer in der rechten Hand (den Stiel aufwärts gerichtet), und die Bewegung, welche er ihm giebt, ist derjenigen ähnlich, welche man beim Kämmen der Haare mit einem Frisierkamme anwendet. Es wird Sorge ge tragen, immer nur von oben und was leicht herausgeht wegzukämmen, um keine Haare abzureissen. Ist das Kämmen beendigt und die Wolle ungefähr zu gleichen Teilen in beiden Kämmen verteilt, so steckt der Arbeiter (mittels eines doppelhakigen Eisens, Kammschraube, comb-screw) einen Kamm nach dem anderen an einem aufrecht stehenden Balken der Werkstätte dergestalt fest, dass die Zähne wagerecht stehen und eine senkrechte Ebene bilden; zieht dann mit beiden Händen, durch eine regelmässige Bewegung unter rechtem Winkel gegen die Kammzähne, die Wolle möglichst gleichförmig heraus; und bildet hierdurch aus jedem Kammvoll ein lockeres Band, welches 1,5 bis 1,8 m lang, gegen 150 mm breit und höchstens 6 mm dick ist. Dieses Band heisst ein Zug (trait, peignee, top, sliver) und wiegt meist zwischen 25 und 40 g. In demselben liegen die Wollhaare ziemlich gleichgerichtet; und wenn der Kämmer die gehörige Ge schicklichkeit besitzt, so erscheint der Zug gegen das Licht gehalten gleichmässig halbdurchsichtig und ohne dunkle (dicke) Stellen. Einzelne Knoten und Un reinigkeiten, welche nicht zu vermeiden sind, werden nachher von Arbeiterinnen, welche dabei den Zug gegen das Tageslicht halten und durchsehen, mit den Lippen entfernt (das Belesen und Ausbeissen der Züge). In der Regel wird die Wolle zweimal gekämmt, indem man den das erste Mal erhaltenen Zug in feinere Kämme wieder einschlägt und von neuem bearbeitet. Bei der Kämmerei nach englischer Art steht der Arbeiter und gebraucht, um die Wolle zweimal zu kämmen, das erste Mal dreireihige, das zweite Mal vierreihige Kämme. Einer der Kämme ist hier auch während des Kämmens in der Weise befestigt, wie zuvor beschrieben wurde; der andere wird mit beiden Händen geführt, wobei die Richtung seiner Zähne (zugleich die Richtung der Bewegung) die Richtung der Zähne am unbeweglichen Kamme kreuzt. Man schlägt eine Handvoll Wolle in den befestigten Kamm; dann kämmt man sie mit dem anderen Kamme durch und steckt diesen, nebst der nun darin befind lichen Wolle zur Erwärmung in den Kammtopf, nimmt den befestigten Kamm los, steckt dagegen den jetzt erwärmten Kamm fest auf und kämmt mit jenem ersteren, welcher nunmehr in den Händen geführt wird. In solcher Abwechslung wird fortgefahren. Nach Vollendung des ersten Kämmens wird die Wolle aus dem befestigten Kamme (nach oben erklärter Weise) in Gestalt eines Zuges abgelöst, welcher noch nicht frei von Ungleichheiten ist, daher wieder ein geschlagen und zum zweiten Male gekämmt wird. Nach der zweiten Bearbeitung gebraucht man einen Ring von Horn mit länglicher Öffnung, welcher mit der linken Hand nahe am Kamme gehalten wird, während die Rechte die Wolle durchzieht; oder das Abziehen geschieht mittels einer Zange. So erhält dieser zweite Zug mehr Gleichheit, und unter Anwendung der Zange wird das Geschäft beschleunigt. Das Belesen ist alsdann auch hier die zunächst folgende Arbeit. Um die Bildung eines guten Zuges von der Geschicklichkeit der Arbeiter unabhängig zu machen, hat man zum Abziehen der Wolle aus den Kämmen eine mechanische Vorrichtung anwenden wollen 1 ). Beim Kämmen erleidet die Wolle einen geringen Gewichtverlust (höchstens 3 bis 5%) durch zufälligen Abgang und abgesonderte Unreinigkeiten. Das Gewicht der rein gekämmten Wolle (der Züge) beträgt bei langer starker Wolle 72 bis 85% der gewaschenen und in die Kämme eingeschlagenen Wolle, bei Merinowolle 50 bis 60%- Das übrige bleibt, als ein Gewirre kurzer und etwas unreiner Haare in den Kämmen, nachdem die gute lange Wolle (coeur de laine) herausgezogen ist, sitzen. Dieser Abfall (die Kämmlinge, peignons, entredent, x ) Genie ind, VII. 32. — D. p. J. 1854, 181, 337.