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398 IV. Abschnitt. 3. Das Kämmen (peigner, peignage, combing). Das Wollkämmen war früher Handarbeit, jetzt wird es fast aus schliesslich mittels Wollkämmmaschinen (peigneuse, combing machine)') betrieben. a) Handkämmerei (I, 488). — Man hat zwei Verfahrungsarten des Kämmens zu unterscheiden: die deutsche und die englische. Bei beiden gebraucht man die Wollkämme (peignes, combs, wool-combs), deren jeder Kämmer zwei zugleich anwendet, und welche von folgender Beschaffenheit sind. Der Kamm hat mehrere Reihen runder Nadeln, welche in einem hölzernen mit einer dicken Hornplatte belegten Querstück (Lade) so befestigt sind, dass sie sich gegen den Stiel, mit dem das Werkzeug regiert wird, um etwa 50° neigen. Der erforderlichen Federung wegen bekommen die Nadeln die bedeu tende Länge von 195 bis 335 mm und wegen dieser Länge zum Schutze gegen das Abbrechen am Fusse 3 bis 5 mm im Durchmesser. Da die Spitzen nahe zusammen stehen müssen, bei rechtwinkeliger Aufstellung der Nadeln aber weiter auseinander zu liegen kämen, so erhalten diese auch eine nach der Mitte sich hinneigende Lage, sodass die Länge der Nadelreihe, mit 24 bis 30 Nadeln, am Fussende etwa 150 bis 170 mm, an der Spitze aber nur 80 bis 130 mm beträgt und sämtliche Nadeln in der Verlängerung nach einem Punkte zusammenlaufen. Die Zahl der Reihen beträgt mindestens 2 (deutsche), oft 3 bis 4 und mehr (englische Kämme) und die der Zähne in der Reihe 24 bis 30, je nach der Feinheit. Die einzelnen Reihen sind so geordnet, dass die Zähne der einen hinter den Lücken der anderen stehen, wobei die Länge der dem Stiele zugekehrten Zähne sich verringert 2 ). Die Kämme werden während der Arbeit in dem Kammtopfe, Kamm pott (pot, pot a peigne, comb pot) — einem runden gemauerten Ofen, um welchen herum z. B. sechs Kämmer arbeiten —_ stark angewärmt. Durch die Wärme wird die Wolle geschmeidiger und das Ol in derselben (sofern sie ein gefettet ist) flüssiger, sodass sich die Haare leichter auseinander ziehen lassen. Bei der deutschen Art zu kämmen, arbeitet der Kämmer grösstenteils sitzend. Br hält den einen Kamm in der linken Hand, schlägt eine Handvoll Wolle — ungefähr 80 bis 100 g — darauf ein (lashing) und kämmt sie mit dem anderen Kamme behutsam aus, wobei der grösste Teil in diesen zweiten Kamm übergeht. Hierauf wechselt er die Kämme und setzt das Kämmen fort. So wird, unter öfters wiederholtem An wärmen der Kämme, fortgefahren, bis die Auflockerung und Gleichlegung der Haare hinreichend geschehen ist. Un reinigkeiten, die sich in der Wolle darbieten, werden gelegentlich mit den Fingern ausgezupft. Die Kämme werden so gehalten, dass ihre Stiele fast *) A. Lohren, Die Kämmmaschinen für Wolle, Baumwolle, Flachs und Seide. Stuttgart 1875. D. p. J. 1831, 4-2, 357; 1835, 57, 196; 1836, 59, 346; 1838, 69, 418; 1842, 84, 429; 86, 89; 1843, 89, 257; 1846, 101, 89; 1847, 108, 255; 1848, 107, 415; 1851, 121, 22; 1852, 125, 249, 404, 407; 1853, 128, 412; 1855, 135, 91; 1856, 139, 252; 142, 411; 1858, 149, 335; 1864, 174, 184, 346; 1867, 183, 195; 1875, 216, 410, 481; 217, 445; 1879, 231, 134; 234, 111; 1880, 238, 392; 1884, 253, 305 m. Abb. — Z. d. V. d. Ing. 1886, S. 107; 1888, S. 242; 1890, S. 513, 899, 926; 1892, S. 728 m. Abb. — Verh. d. Gewerbfleissvereins 1880, S. 434; 1884, S. 224. — Leipz. Monatschr. f. Text.-Ind. 1886, S. 154, 385; 1887, S. 9, 63, 330; 1888, S. 177, 293, 348, 448; 1889, S. 50; 1890, S. 6, 165, 327, 437; 1891, S. 117; 1892, S. 146. — Armengaud, III. 305; VI. 238, 240, 243. — Bulletin d’Encouragement 1858, p. 266, 421. — Ge'nie ind., I. 40; II. 293; VI. 59, 129, 183, 247, 316. — Annales industrielles 1891, p. 406, 432, 469. 2 ) Prechtl’s techn. Encykl., Bd. 24, S. 541 m. Abb.