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Streichwoll-Spinnerei. — Vigognegarne. Kunstwolle. 335 Streichgarnes; es wird das Spinngut ebenfalls gefärbt und vor dem Krempeln desselben findet das benötigte Mischen der Farben und Sorten statt. Von dem Vigognegarn, ebenso wie von dem Imitatgarn verlangt man das gekräuselte und moosige Aussehen, was dem Streichgarn eigen ist, es ist in dieser Beziehung also stark abweichend von dem gewöhn lichen glatten Baumwollgarn. Die Vigognegarne spinnt man meist in den metr. Nummern 17 bis 21 (20 bis 24 sächsischer Weife); doch kommt es in den Nummern 5 bis 27,5 (8 bis 32 sächsisch, vergl. S. 382) vor. Die Maschinen einer Vigognespinnerei mittlerer Grösse sind z.B. folgende: 1 Crighton-Öffner, 1 einfache Schlagmaschine für Baumwolle, 3 Reisswölfe, 2 Klopfwölfe für Wolle, 16 Satz Krempeln (1133 mm Arbeitsbreite, Vorspinn krempeln mit 2 Vorgarnspulen zu je 30 Faden), 2 Schleifmaschinen, 16 Selbst spinner zu je 480 Spindeln, 45,4 mm Teilung, zusammen also 7680 Feinspindeln. Flächenraum für sämtliche Maschinen 3900 qm, für Lagerräume 500 qm. Der Platzbedarf für die Lagerräume ist natürlich je nach der Lage der Fabrik, Absatzgebiet u. s. w. ein ausserordentlich verschiedener. Anhang: Gewinnung der Kunstwolle J ). Die Kunstwolle (Lumpenwolle, laine de renaissance, 1. arti- ficielle, shuddy wool, shuddy, shoddy, munco, mungo), d. i. aus neuen oder getragenen Lumpen oder Spinnerei- und Webereiabgängen wieder gewonnene Wolle, wird wie Streichwolle, namentlich auf Einschussgarne verarbeitet. Für sich allein lassen sich nur die längsten Sorten der Lumpenwolle (zu grobem Einschussgarn) verspinnen; in den vielfältig verarbeiteten Gemengen aus neuer (natürlicher) Wolle und Lumpen wolle beträgt letztere oft 75 bis 90 Hundertt. des Gesamtgewichtes; und es wird auf diese Weise möglich, wohlfeile Ware von verhältnismässig feinem Ansehen (aber freilich entsprechend geringerer Haltbarkeit) dar zustellen, welchen man in Frankreich den Namen tissus de renaissance gegeben hat 2 ). Meistens teilt man die Kunstwolle ein in Shoddy, Alpacca und Mungo. Shoddy wird aus reinen, ungewalkten Schafwollwebstoffen ge wonnen; ferner aus rein schafwollenen Wirkwaren (Trikotagen, Strümpfen) und endlich aus nicht gescherten Stoffen (z. B. Lama). Haarlänge meist über 2 cm. Alpacca (auch Extrakt genannt) gewinnt man aus denselben Ge weben (Lumpen), wenn dieselben noch pflanzliche Fasern enthalten. Diese letzteren können nur durch das 1851/52 von Köber erfundene Karbo nisierungsverfahren entfernt werden. Mungo wird aus tuchartigen gewalkten Geweben erzeugt, deshalb kurzfaserig (5 bis 20 mm lang). >) Grothe, Techn. d. Gespinstfasern, Bd. I, S. 209. — Scheuerle, Die Fabrikation der Kunstwolle und der Karbonisationsprozess. Preisarbeit. Deutsch. Wollengewerbe 1885, S. 157 u. flg. — Löbner, Die Karbonisation der Wolle, Gewebe, Lumpen u. s. w. und die Kunstwoll-Fabrikation. Grünberg 1890. 2 ) Über die Untersuchung der Gewebe auf Kunstwolle vergl. man: von Höhnel, Die Mikroskopie der techn. verw. Faserstoffe, S. 107 u. flg., und Cramer, Abhandlung im Programm d. Züricher Polyt. f. 1881/82. Karmarsch-Fischer, Mechan. Technologie III. 25