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Streiehwoll-Spinnerei. — Ölen der Wolle. 349 Bestandteile, besonders im Sommer, rasch ranzig werden, wobei sich die Wolle erhitzt, klebrig wird und sich nur unter grossen Schwierigkeiten krempeln lässt und ferner, weil das Rüböl in der Walke schwer verseift. Raffiniertes Rüböl zeigt die unangenehmen Eigenschaften in weit geringerem Grade, ist aber meist zu teuer. Das beste Schmelzmittel ist Olivenöl (Baumöl; denaturiert mit Rosmarinöl), doch kommt das selbe des hohen Preises wegen nur bei feinsten Wollen oder zarten Earben zur Anwendung. Ein Gemisch von Olivenöl und Baumwo 11 samenöl wird gleich falls oft verwendet. Das heute sehr viel benutzte und für die billigere Massenerzeugung zweekmässigste und billigste Schmelzmittel ist die bei der Herstellung der Stearinsäure-Lichte in grösser Menge als Nebenerzeugnis gewonnene Ölsäure (meist Ole'in oder Elaln genannt); sie muss aber frei von Schwefelsäure und von Stearin sein, denn erstere greift die Beschläge der Krempeln, ja sogar die Hände der auflegenden Arbeiterinnen stark an, letzteres erschwert die Verteilung des Fettes auf der Wolle und ver schmiert die Krempelbeschläge rasch. Mineralöle (Bakusine) 1 ) aus Petroleumrückständen sind beson ders in der Shoddyspinnerei in neuerer Zeit vielfach verwendet worden, doch macht die Entfernung des Mineralöles grosse Schwierigkeiten, da es sich nicht oder nur äusserst schwer verseifen und in Emulsionen überführen lässt. Die sogenannten Walkfette oder Eitraktöle, welche aus den Walkwässern nach verschiedenen Verfahren, zumeist durch Abscheidung mit Schwefelsäure und darauf folgendes Abpressen des Fettschlammes gewonnen werden, benutzt man gleichfalls vielfach, doch sollen sie na türlich möglichst wenig unverseifbare Öle enthalten. Als höchstens zu lässig werden bis zu 15 °/ 0 unverseifbares Fett erachtet 2 ). Endlich sei noch auf die in neuerer Zeit wieder auftauchende Vermischung des Schmelzöles mit dem bedeutend billigeren schwarzen Rüböl (einem Abfall der Rübölraffinerien) aufmerksam gemacht, welche Vermischung von den Händlern meist in betrügerischer Absicht ausgeführt wird. Zum teilweisen Ersatz des Schmelzöles werden hier und da, hauptsächlich für geringere und dickere Garne, gallertige und seifige Abkochungen von Caragheen, Leinsamen, Seifenwurzel u. dergl., mit Zusatz von gelöster Seife, wohl auch Öl und Milch, Glycerin verwendet 3 ). Der in Frankreich gemachte Versuch, Wolle ganz ohne Öl zu verarbeiten, scheint einen sehr zweifelhaften Erfolg gehabt zu haben; es wurde die Wolle durch Einwirkung von Wasserdampf weich und geschmeidig gemacht. Man nimmt auf 100 kg Wolle 10, 15, auch 20 kg Öl, die grösseren Mengen bei feineren Wollsorten, weil diese in gleichem Gewichte mehr Haare, also mehr Oberfläche enthalten 1 )- Die Schmelzmittel werden *) Bramwell, The Wool-Carder’s Vademecum, p. 116. 2 ) Zeitschr. f. anal. Chemie 1887, S. 331. — Leipz. Monatschr. f. Text.- Ind. 1889, S. 522. 3 ) D. p. J. 1863, 168, 159. 4 ) Grothe, a. a. 0., S. 242. — Leroux, Filature de la laine peignee, cardee, p. 143.