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Hanf. — Bindfaden. 297 ständig durchnässten Zustand (Wasseraufnahme 146%) die Reisslänge (w. o. be rechnet) zu 26,5 km, die Bruchdehnung zu 9,1%; wobei zu berücksichtigen ist, dass durch die Wasseraufnahme sich der Faden um 3'/»% verkürzt hat. Für Schusterfäden fanden sich bei einer metr. No. 3,85 (engl, rund 6,5) die Reisslänge zu 17,7 km, die Bruchdehnung zu 9,0%; bei einer metr. No. 5,25 (engl. 8,5) die Reisslänge zu 18 km, die Bruchdehnung zu 10,7%. Die Verarbeitung des Hanfes zu Bindfaden'). Die Länge des Rein hanfes (S. 294) beträgt von 1 bis gegen 1,75 m; er ist daher meist viel zu lang, um ohne weiteres versponnen zu werden, und wird deshalb auf Schneide maschinen in 2, 3, ja 4 bis 5 gleiche Teile zerrissen, welches Verfahren man das Stossen nennt. Die Wurzelenden, die Spitz- oder Kopfenden und die Mittelstücke werden geschieden und gesondert verarbeitet, die ersteren zu grö beren, die letzteren zu feineren Garnnummern. Nach dem Schneiden folgt wiederholtes Hecheln (meist mit Hand) jeder Sorte für sich allein, die dann wieder nach der Feinheit, Weichheit, Farbe geschieden und in verschiedenen Nummern ausgelegt werden 2 ). Die weitere Verarbeitung des geschnittenen und gehechelten Hanfes gleicht der des Flachses, die Maschinen sind nur entsprechend kräftiger gebaut. Die Trockenspinnerei wird in der Regel bis Garn No. 16 angewendet; feinere Garne spinnt man meist nass. — Die Trockenspinnstühle werden häufig so gebaut, dass die Verzuglänge (Streckweite) soweit geändert, d. h. die Walzen einander genähert werden können, dass sie sofort zum Spinnen der Hanfhede verwend bar werden. In betreff der Leistung der Spinnstühle kann man rechnen für den doppel seitigen Spinnstuhl 120 bis 150 kg Garn täglich (trocken oder nass). Die Fein heit des Garnes ist hierbei ziemlich gleichgültig, da die Stühle für grobe Garne mit grösserer Spindel teil ung weniger Spulen haben, als Stühle für feinere Garne. Die Verarbeitung der Hanfheden ist die folgende: Die Streppatura (lange italienische Hanfhede) wird zunächst auf einem Reisswolfe (teazer) zu kurzer Hede zerrissen und dann mit anderer kurzer Hechelhede zur Erzeugung der feineren Garne benutzt. Andere Hanfheden für die gröberen Garne werden nicht weiter zubereitet. Die Heden werden vorerst sehr dick einer Vorkrempel vorgelegt, deren Bänder zu Wickeln auf Wickelmaschinen vereinigt oder in Kannen aufgefangen werden, dann folgt eine Feinkrempel, die immer mit Streckkopf versehen ist. Statt der bei der Flachsspinnerei üblichen Anordnung der Walzen rund um die grosse Trommel herum (Fig. 103, sog. Cirkular-Krempel) benutzt man in der Hanfhedespinnerei jetzt meist nur Krempeln, bei welchen die Bearbeitung nur auf dem unteren Teile (für gröbere Garne) oder nur auf dem oberen Teile (für feinere Garne) stattfindet (Halbcirkular-Krempeln). Nach dem Krempeln folgen meist 3 Streckmaschinen und die Vorspinnmaschine. Starke Garne, die zu Packstricken verarbeitet werden sollen, dreht man o. w. auf der gewöhnlichen 'Vorspinnmaschine fertig, zu welchem Zwecke diese mit den genügenden Drehungswechselrädern versehen sein muss. Etwas feinere Garne, No. ’/ 2 bis 2 (höchstens 3) spinnt man auf Spindelbank-Spinnmaschinen (S. 281, regulating-spinnings) oder auf Hechelspinnmaschinen (S. 281, gill- spinnings) mit lotrechten Spindeln. In diesen Fällen fehlt dann im Satze die Vorspinnmaschine. Feinere Garne (etwa von No. 3 an) werden aus entsprechen- ') Nach Pfuhl, Bindfadenfabrikation, Rigaer Ind.-Ztg. 1885, No. 1, 2, 3, 4, 5; 1889, No. 1 m. Abb. Pfuhl, Die Jute, I. Teil, Berlin 1888, S. 302—326 m. Abb. 2 ) 100 kg gerotteter und getrockneter Stengel geben gewöhnlich nahe bei 30 kg an geschwungenem Hanfe, was 9 bis 12 Hundertt. vom Gewichte der grünen Stengel ausmacht. — Aus 100 kg gebrochenen und geschwungenen Hanfes erhält man beim Hecheln 44 bis 68 kg reinen Spinnhanf, 1 bis 6 kg unbrauchbaren Abfall an feiner Schabe und Staub, das übrige als Werg.