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Flachsspinnerei. — Feinspinnen. 271 Paaren der Streckwalzen — was die Engländer ratch oder reach (Streck- weite, öcartement) nennen (S. 21) — 330 bis 500 mm (und bei sehr langem Flachse selbst noch etwas mehr) betragen, wonach die hierher gehörigen Maschinen long-ratch spinning frame genannt werden. In einem so grossen Zwischenräume würde aber der Flachs sich senken, in Unord nung geraten, auch wohl den Zusammenhang verlieren, wenn man ihm nicht eine Unterstützung gäbe. Letztere kann durch eine glatte Rinne von Weissblech erreicht werden, in welcher das gestreckte Yorgespinst hingleitet, oder durch kleine Hilfswalzen, welche man (zu zwei oder drei Paaren) in dem Zwischenräume der Streckwalzen anbringt und die — mit keiner selbständigen Bewegung versehen — nur durch die Reibung des zwischen ihnen durchgehenden Flachses gelegentlich sich umdrehen, oder endlich dadurch, dass man die untere Streckwalze des hinteren Paares bedeutend dick macht und den Flachs so darüber leitet, wie es nötig ist, damit ihm der halbe Umfang jener Walze zur Unterlage dient. Übrigens kann mit einer oder der anderen dieser Anordnungen der Flachs trocken oder nass gesponnen werden. Im ersteren Falle (filage au sec, dry spinning), also bei der Trockenspinnmaschine, dry frame, sind die unteren Streckwalzen, wie an den Baumwollspinnmaschinen, von Eisen und geriffelt; die oberen (Druckwalzen) von Eisen, glatt und mit Leder bekleidet, oder auch nur Holz ohne Bekleidung. Beim Nass spinnen, filage au mouille, wet spinning (welches mehr in der Regel ist), muss das Eisen des Rostes wegen und das Leder der Fäulnis halber vermieden werden; man macht daher die Riffelwalzen von Messing, die Druckwalzen von Buchsbaumholz oder Guttapercha. Die Benetzung ge schieht, indem man ununterbrochen Wasser auf die Druckwalzen tröpfeln, oder die Riffelwalzen selbst mit der unteren Hälfte ihres Umkreises in einem Wassertroge gehen lässt, oder denselben Feuchtigkeit durch eine filzbekleidete, in Wasser gehende Hilfswalze mitteilt, oder endlich das Vorgespinst vor dem Eintritt in die Hinterwalzen durch Wasser leitet. Auf lony-ratch - Maschinen können nicht füglich Gespinste feiner als engl. No. 50 erzeugt werden. Alle trocken gesponnenen Garne sind nicht frei von auffallenden Ungleichheiten des Fadens, dabei weich, schlaff anzufühlen, rauh und wollig von Ansehen; die nass gesponnenen dagegen gleichförmiger, glatter, runder, dichter und härter. Die zweite Verfahrungsweise des Feinspinnens (filage au mouille avee eau chaude, hot wet spinning), welche gegenwärtig die am meisten ver breitete ist und auch schlichtweg Nassspinnen genannt wird (wo dann zur Unterscheidung das zuvor erwähnte Spinnen mit kaltem Wasser Halb- nassspinnen heisst), beruht darauf, dass das Yorgespinst durch heisses Wasser geleitet und dadurch erweicht wird, bevor es zwischen die Streck walzen eintritt. Letztere liegen nur etwa 100 mm weit (von Achse zu Achse) auseinander (daher: short-ratch spinning frame) und bewirken demnach eine Trennung des Flachshaares in seine Urfäserchen (S. 254), indem jedes Haar, während es noch von den hinteren Walzen (Einzieh walzen, retaining rollers) gehalten wird, auch schon von den schneller gehenden vorderen Walzen (Streckwalzen, drawing rollers) gefasst und