Volltext Seite (XML)
Flachs. — Schneidmaschinen. 249 Vielfach wird zur Erzeugung feiner Garne (No. 50 his 100 und darüber) der Flachs nicht in seiner natürlichen Länge (als langer Flachs, Lang flachs, lin long, long flax, long line) verarbeitet, sondern auf einer Schneid maschine (Abschneidmaschine, coupeuse, cutting machine, breaking machine, flax breaker) in zwei, drei oder vier Teile geschnitten oder vielmehr zerrissen, sodass dadurch kürzere Fasern entstehen, welche sich leichter und feiner spinnen lassen. Dieses (dem Stossen des Hanfes entsprechende) Schneiden geschieht vor dem Hecheln und gewährt schon in Ansehung dieser eben genannten Bear beitung den Vorteil, dass weniger Werg abfällt, weil die Hechelmaschinen den kurzen Faserstoff leichter auskämmen, ohne einen grossen Teil Fasern zu zer- reissen. Die Bildung der Bänder aus geschnittenem Flachs (Kurzflachs, lin coupe, cut flax, cut line) und die weitere Bearbeitung findet dann auf die selbe Weise, wie bei langem Flachse, statt; das Feinspinnen jederzeit mit heissem Wasser auf sliori-roie/i-Maschinen (s. w. u.). — Die Schneidmaschine besteht aus vier, auf zwei gleichgerichteten Achsen paarweise befestigten, eisernen Scheiben von etwa 300 mm Durchmesser und 25 mm Dicke. Um den Flachs fest zu fassen, sind dieselben nicht glattrandig, sondern die oberen rund herum mit zwei Stäbchen, die unteren mit zwei entsprechenden Hohlkehlen versehen. Zwischen diesen Einführungsscheiben, welche sich mit mässiger Ge schwindigkeit umdrehen, befindet sich eine grössere verstählte und gezackt- randige, sehr schnell umlaufende Scheibe, deren Achse zu den Achsen der oberen Scheibe gleichgerichtet, etwas weiter hinten als diese, liegt. Ein Knabe nimmt den geschwungenen Flachs in beide Hände, hält eine starke Kiste des selben ausgespannt an zwei Punkten fest und bietet die zwischen den gefassten Punkten liegende Stelle den Einführungsscheiben dar. Letztere ziehen den Flachs hinein und führen ihn gegen die gezackte Scheibe, welche ihn schnell entzwei reisst. Wenn der Flachs in zwei Teile geschnitten ist, heisst er half- cut; hingegen fine-cut, wenn man drei oder vier Teile daraus gemacht hat. Im letzteren Falle wird aus den mittleren Teilen der Fasern (coeur de lin), welche die besten sind, wertvolleres und feineres Garn gesponnen, als aus den weniger festen Spitzen oder Kopfenden (tetes) und den gröberen Fuss- oder Wurzelenden (pieds); eignet sich z. B. die Mitte zu Garn No. 70, so taugt der Kopf nur etwa zu No. 50 bis 60, der Fuss zu No. 45. — Zum Zerreissen des Hanfes und der Jute verwendet man neuerdings eine andere Maschine, welche zwei wagerecht, schlank pyramidal gestaltete, in entgegengesetzten Richtungen umlaufende Stäbe enthält; der Arbeiter schlingt die beiden Enden des zu zer- reissenden Zopfes einigemal um diese Stäbe, deren Drehung unter Mitwirkung der entstehenden Umfangsreibung das Zerreissen des Zopfes herbeiführt. Hechelmaschinen (machine h peigner le lin, peigneuse, heckling machine) 1 ). — Maschinen zum Hecheln des Flachses sind vielfältig er dacht und zu einem hohen Grade der Vollkommenheit gebracht worden; doch wird selbst in den Maschinenspinnereien das Hecheln noch zum Teil auf Handhecheln insofern verrichtet, als das Vorhecheln — Vorspitzen — immer mit Hand ausgeführt wird, wenn man auch zum Ausführen dieser letzteren Arbeit, durch welche das Wurzelende zugespitzt wird und alle Fasern in demselben auf durchaus gleiche Länge gebracht werden, neuer- ') Verh. d. Gewerbfleissvereins 1844, S. 106; 1845, S. 30, 51, 220; 1847, S. 34. Armengaud I, 49; VI, 210; VIII, 449, 462; XI, 71, 97. Prechtl, Techn. Encykl., Suppl.-Bd. 3, S. 108 m. Abb. Deutsche Ind.-Ztg. 1876, S. 462, 472 m. Abb. Marshall, a.a.O., S. 29 m. Abb. A. Renouard, Etudes sur le travail des lins, Paris 1874.