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Spinnräder. 13 verhindert, wenn nicht der Faden sie nötigt, der umlaufenden Spule zu folgen. Alles, was zuvor über die erste Art gesagt worden ist, gilt hier wieder; nur dass, was dort von der Spule angeführt ist, jetzt auf die Spindel bezogen werden muss, und umgekehrt. Man sieht hiernach, dass die Spule eine grössere Geschwindigkeit hat (mehr Umdrehungen macht) als die Spindel, und dass das Zurückbleiben der letztem sich von selbst nach der Dicke der Spule und nach der ihr zugehenden Fadenmenge regelt; indem jederzeit (mit oben angenommener Bedeutung der Buch staben) S = s—^~ u ist. Die Aufwickelung geschieht also hier durch ein Voreilen der Spule in Bezug auf die Spindel, welches der oben unter c, cc erörterte Fall ist. Bei dem Spinnrade mit doppelter Schnur (welches im nordwestlichen Deutschland allgemein gefunden wird) besteht die Eigentümlichkeit darin, dass die Schnur des Rades zu gleicher Zeit die Spindel und die Spule in Umlauf setzt, jedoch die letztere mit grösserer Geschwindigkeit als die erstere. (vgl. Fig. 4 bis 7, S. 5). Es trägt nämlich sowohl die Spindel als die Spule eine Rolle; aber die an der Spule (der Rollenknopf) ist von kleinerem Durchmesser als jene auf der Spindel (der Wirtel), in dem Verhältnisse von 1 : 0,66 bis 0,88. Die Schnur umschlingt zwei mal das Rad, und einmal jede Rolle. Kann die Bewegung aller Teile ungehindert vor sich gehen, so muss demnach die Spule 100 Umläufe machen, während die Spindel nur 66 bis 88 vollbringt. Wir wollen für letztere beispielsweise die Zahl 80 annehmen. Ein solches Verhältnis der Geschwindigkeiten würde zur Folge haben, dass in der Zeit, während welcher die Spindel dem Faden 80 Drehungen giebt, eine Fadenlänge aufgewickelt wird, welche das Zwanzigfache von dem Umkreise der Spule beträgt, weil die Spule um 20 Drehungen der Spindel vorauseilt (s. oben c, cc). Wird nun der Umfang der Spule auch nur zu 70 mm an genommen, so ergiebt sich, dass auf 1,4 m Faden nicht mehr als 80 Drehungen kommen würden, oder auf 1 m 57 Drehungen. Beim Spinnen ist der Fall anders. In der Zeit, die während 80 Umläufen der Spindel verfliesst, liefert die Hand des Spinners stets viel weniger als 1,4 m- Faden, z. B. nur 125 mm. Auf diese Länge verteilen sich also die 80 Drehungen, wonach deren 640 auf 1 m oder 896 auf 1,4 m entstehen. Aber die Spule kann dabei ihrem Bestreben, 20 Umdrehungen mehr als die Spindel zu machen, nicht Genüge leisten, weil sie von dem Faden selbst zurückgehalten wird. Die bewegende Schnur muss also auf dem Umkreise der an der Spule befindlichen Rolle schleifen, d. h. schneller (mit der vom Rade ihr gegebenen Geschwindigkeit) über jenen Umkreis hingehen, als dieser ihr folgen kann. Das wirkliche Vorauseilen der Spule gegen die Spindel wird sich zugleich in jedem Zeitpunkte nach dem Durchmesser der Spule und nach der Geschwindigkeit, mit welcher der Faden zugeführt wird, so regeln, dass die Aufwickelung des Gesponnenen