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14 Formel des Verzuges. Kraftspeicher. Maschine“, wenn wir die Cylinderanordnungen mit „Maschine“ bezeichnen. Wollen wir diese Grösse bei irgend einer Maschine ermitteln, so brauchen wir also bloss die während einer gewissen Zeit vom Auszugscylinder entwickelte Länge durch die während derselben Zeit vom Rückhaltecylinder zugeführte Länge zu dividieren. Be zeichnen wir den Verzug mit V, die entwickelte Länge der Auszugsvorrichtung mit L und die zugeführte Länge der Rückhaltevorrichtung mit l. so haben wir als erste Formel: L f = t <>> d. li. der Verzug ist gleich dem Quotienten aus austretender und eintretender Länge in derselben Zeit. Damit diese Verzugs Vorrichtungen arbeiten können, ist es nötig, dass der Ober- cylinder auf den Untercylinder einen Druck ausübe, der der zu erzeugenden Reibung proportional ist. Ist die zu erzeugende Reibung gering, so wird das einfache Gewicht des Obercylinders hinreichen, um die zum Verziehen nötige Reibung zu erzeugen. Sollen jedoch starke Baumwollmassen bearbeitet werden, so müssen auch die die Arbeit ausführenden Kräfte dementsprechend wachsen. Da die Reibung nur von zwei Grössen beeinflusst wird, nämlich vom Normaldrucke und vom Zustand der reibenden Flächen, so bleibt uns nichts anderes übrig als entweder 1. den Normaldruck be trächtlich zu erhöhen, oder 2. die mitnehmenden Flächen zu rauhen, oder 3. beides zugleich auszuführen. 1. Zur Erhöhung des Normaldruckes muss man eigene „Kraftspeicher“ anwenden, deren Wirkungen noch durch Hebelübersetzungen erhöht werden können. Als „Kraftspeicher“ bezeichnen wir hier jede Kraft, die zu einer Thätigkeit bereit steht. Haben wir z. B. einen Stein auf eine bestimmte Höhe gehoben, so wartet er auf dieser Höhe, um beim Wegziehen der Unterlage wieder zu Boden zu fallen. Beim Fallen kann er dann irgend eine Arbeit leisten, z. B. das Schliessen einer Thüre, oder das Zermalmen eines auf dem Boden befindlichen Gegenstandes. Solange er also gehoben ist, ist in ihm eine Kraft aufgespeichert, die sehnsüchtig eine Arbeit zu leisten erwartet. Dasselbe lässt sich von einer Zugfeder in ausgestrecktem oder von einer Druckfeder in zusammengedrücktem Zustande nachweisen. Ebenso vom Dampfe, der eingezwängt in einen engen Raum sich auszudehnen strebt, wobei er beständig gegen die Wandungen des Raumes drückt und bei vermindertem Gegendruck diese sofort bewegt. Alle diese Kräfte im Zustande der Erwartung einer zu leistenden Arbeit nennen wir Kraftspeicher. Damit also aus einer Kraft ein Kraftspeicher werde, ist es unbedingt nötig, sie in den Zustand der Erwartung zu versetzen. Ein Gewicht muss, um Gewichtkraftspeicher zu werden, vorher auf eine bestimmte Höhe gehoben werden. Eine Feder, die als Federkraftspeicher dienen soll, muss vorher entweder auseinander gezogen oder zusammengedrückt werden, je nachdem wir es mit einer Zug- oder Druckfeder zu thun haben. Desgleichen genügt es nicht, bloss Wasser zu verdampfen, um einen Dampfkraftspeicher zu haben, sondern man muss den Dampf in einen für ihn viel zu engen Raum hineinpressen, damit er beim Nachlassen des Gegendruckes sofort bereit ist, die unter geringerem Gegendrücke stehende Wandung fortzubewegen und dadurch eine Arbeit zu leisten. Bei unseren Betrachtungen der Maschinen werden wir sehen, dass die ganze Arbeit dieser darin besteht, Kraftspeicher zu bilden, um sie im geeigneten Momente zur Bearbeitung der Masse (Baumwolle, Wolle, Seide u. s. w.)